Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Iulia Avita Mamaea Augusta, Mutter des Alexander Severus, Caracallas Cousine
Band X,1 (1918) S. 916923
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558) Iulia Avita Mamaea.

I. Quellen. a) Die Inschriften sind ziemlich zahlreich, vgl. besonders die Indices des CIL.

b) Münzen: vgl. Cohen² IV 480ff. Vgl. auch v. Sallet Die Daten der alexandrinischen Kaisermünzen 55.

c) Antike Literatur. Vgl. die Indices zu Cassius Dio (ed. Dindorf); Herodian (ed. Mendelssohn); Hist.aug. Alex. Sever. Macrin. (ed. Peter). Ulp. Dig. I 9; 12. Aur. Vict. Epit. 24. Zosim. I 11. 13. Zonar. XII 15. Sonstige gelegentliche Erwähnungen, die unten zitiert sind.

d) Neuere Literatur. L. de Tillemont Histoire des empereurs, Venise 1732, III (vgl. Table des mat. 574). Edward Gibbon History of the decline and fall of the Roman empire, London 1875, Chap. VI p. 60. 68. XVI p. 221. v. Ranke Weltgesch. III 387ff. Schiller Gesch. der röm. Kaiserzeit I 2, 760. 765ff. 774ff. 901f. Herzog Gesch. und System der röm. Staatsverfassung II 484. 488ff. Duruy-Hertzberg Gesch. d. röm. Kaiserreichs IV 323ff. Bernoulli Röm. Ikonogr. II 3, 108ff. Dessau Prosop. imp. Rom. II p. 225 nr. 429. M. G. Williams University of Michigan Studies 1904 I 67ff. W. Thiele De Severo Alexandro imperatore, Berolini 1909. v. Domaszewski Gesch. der röm. Kaiser 264. 278–283. K. Hönn Quellenuntersuchungen zu den Viten des Heliogabalus und des Severus Alexander. Leipzig und Berlin 1911 (s. Register!).

II. Name und Titulatur. Die griechischen Autoren schreiben Μαμαία, die lateinischen schwanken zwischen Mamaea und Mamea. Auf den Münzen (Cohen² IV 480f.) findet sich fast durchwegs Mamaea, auf einer einzigen (Cohen 490 nr. 3) Mammaea. Die Inschriften, auf denen der Name der Kaiserin zumeist eradiert ist, zeigen am häufigsten die Form Mamea: CIL II 3413 (hier heißt sie Iulia Avita Mamea Augusta; dieselbe Namengebung s. Bull. d. Inst. 1884, 27 = Dessau Inscr. sel. 484, ebenso CIL VIII 19 981. Vgl. Hübners Anmerkung zu der ersteren Inschrift, aus der allein er das Cognomen Avita kannte: cum filia esset Maesae ex Iulio Avito, cognomen Avitae nihil habet offensionis). CIL III 798. 3427. 3639. VI 13. 32 544. VIII 2620. IX 963. XIII 7495 a. 7713. XIV 125. Bull. de com. d. trav. hist. sect. d’arch. 1902, 325. Österr. Jahresh. VI 1903 Beibl. p. 29. Rev. arch. XLIX p. 433 nr. 147. XL 1902 p. 140 nr. 11 (eradiert). IV 1904 p. 300 nr. 74. XXIII 1914 p. 470 nr. 80. Vgl. CIL III p. 6694 Berytus: Grabschrift einer Iulia C. f. Mamaia. Selten ist die Form Mamia (CIL IX 3037. XIV 3037. Brit. School at Rome I 276); Iulia Mamias (Korr.-Bl. f. siebenbürg. Landeskunde XIII 1890 p. 41 nr. 110). Die Schreibung Mammaea oder Mammea erklärt sich höchstwahrscheinlich daraus, daß der Name von der Volksetymologie mit mamma zusammengebracht wurde, vgl. Hist. aug. Alex. Sev. 29, 9: in matrem Mammaeam unice pius fuit, ita ut Romae in Palatio faceret diaetas nominis Mammaeae, quas imperitum vulgus hodie ,ad Mammam‘ vocat (Mammaea CIL VIII p. 15 846, Mammea CIL II 3393. VII 319). S. Krauss (Rh. Mus. 1903, 629) erkennt in der jüdischen Elia-Apokalypse in dem ,Sohne der Magd Gigith‘ den Kaiser Alexander [917] Severus. ,Das neuhebräische Wort Qigitk bedeutet nämlich Röhre, eine witzige Anspielung auf den Namen der Mutter des Kaisers: Mammaea = weibliche Brust, über die nähere, bes. sprachliche Begründung dieser Deutung Tgl. den Aufsatz desselben Autors ,Der römisch-persische Krieg in der jüdischen Elia-Apokalypse' (Jewish Qoarterly Review XIV 359–372). Vgl. dagegen K. Hönn Quellenunters, zu den Viten d. Heliogab. und des Sev. Alex. 25, 70: ,Die Verdopplung des m ist un-'. wesentlich. Es ist mit ihr ähnlich wie mit der des l, in dessen graphischer Darstellung man seit Beginn des 3. Jhdts. ebenfalls nicht konsequent und korrekt verfährt' usw. Gleich nach der Erhebung ihres Sohnes Alexander Severus zum Imperator (März 222) erhält Mamaea den Titel Augusta (vgl. Zonar. XII 15), den sie auf den Münzen konstant führt, ebenso in den Inschriften (Maesa und Mamaea als sanctissi-mae Augustae, vgl. Bull. d. Inst. 1884, 27 =' Dessau Ins«, sei. 484 und Rev. arch. XLIX 433). Gleich ihrer Tante Iulia Domna und ihrer Schwester Soaemias führt auch sie den Ehrentitel Mater Augusti (bzw. Imperatoris oder Dornini). Iulia Mamaea Aug(usta) Mater Aug(usti) heißt sie auf sämtlichen Münzen, die ihr und Alexander Severus' Porträt tragen (C o h e n2 IV 480S.), ebenso iu allen Inschriften (soviel ich wenigstens sah); griechisch: Ma/iuilq. Seßaoxjj urjrQi tov üeßaarov (IGR III 2, 354 Sagalassus; vgl. v. Sallet Diel Daten d. alexandrin. Kaisermünzen 55). Auch die Titel Mater castrorum, Maler senatus, Mater patriae hat sie geführt, vgl. CIL II 3413: luliae Avitae Mameae Aug(ustae) matri domini n(ostri) sanctisswii imp(eratoris) Severi Alexandri Pii Feli-eis Aug(usti) et castrorum et senatus et patriae et universi generis humani conventus Karthagfinien-sium). Diese Inschrift ,should be considered, pro-bably, as attributing to the Empress the honors of Cybele' (M. G. W i 11 i a m s Miehig. Studies I 94). Vgl. ferner CIL II 3393. III 798 (Widmung von Iasdius Domitianus im Namen der Ala Frontoniana Alexandriana, vgl. o. Bd. IX S. 751). 3427.3639. VII 319. VIII 2620. VIII Suppl. 15846. IX 963. 3037. XIV 125. Rev. arch. P7 1904 p. 300 nr. 74 (aus dem J. 227). XXIII1914 p. 470 nr. 80. Auf Münzen wird sie gefeiert als Venus victrix, genetnx, felix, daneben Vesta (Cohen 496ff.); Aufzählung und Besprechung von M. G. Williams Michigan Studies I 95ff. III. Leben. Mamaea ist die jüngere Tochter des Consulars C. Iulius Avitus (s. d.) und der Iulia Maesa (s. d. und Iulia Soaemias; Dio LXXVIII 30, 2), Caracallas Base (Ulp. Dig. I 9, 12). Die Wohnung des Avitus befand sich offenbar in der Nähe des Teatro Costanzi (Fund einer Bleiröhre mit dem Namen C. Iulius Avitus, vgl. Not. d. scavi 1879, 113). Ihr Gatte war Gessius" Marcianus, der ebenso wie der Gemahl ihrer Schwester Soaemias aus Arke in Syrien stammte und ebenfalls l'ro-curator war (vgl. Dio a. O. entzgoneias xivas tiqoo-raz evzos). Vorher war sie mit einem Manne ronsularischen Ranges vermählt gewesen; Caracalla gestattete ihr, den Rang auch in der zweiten Ehe beizubehalten (Ulp. a. O.; vgl. Dig. I 9, 1). Die Annahme Mommsens, daß dieser Marcianus mit dem im J. 213 in den Arvalakten als Magister arva-lium erwähnten Iulius Gessius Bassianus (Act. arv. 213, 19 Mai. CIL VI 516. 2013 b, 6) identisch sei, also senatoriBchen Bang erhalten habe, ist wegen der Differenz der Namen nicht zu halten. Dagegen entbehrt die Vermutung, dieser Bassianus sei der Kaiser Severus Alexander selbst (Prosop. imp. Rom. II 195, s. Gessius Bassianus) nicht einer gewissen Wahrscheinlichkeit (Hönn Quellenunters. 26). Über den Namen und seine Bedeutung vgl. y. Domaszewski Rh. Mus. LVIII 223. Gleich ihrer Schwester Soaemias soll auch Mamaea geheimen Umgang mit Caracalla gepflogen haben, als dessen natürlicher Sohn Bassianus (Dio LXXVIII 30, 8) oder Alexianus (Herodian. V 3, 3), der sich dann als Caesar und Blagabals Adoptivsohn Alexander nannte (Herodian. V 7, 3), galt; vor allem bemühte sich Maesa um die Verbreitung dieses Gerüchtes (Herodian. V 3, 10. 7, 3; vgl. Dio LXXIX 19, 4. Hist. aug. Mx. Sev. 5, 3). Der Geburtstag Alexanders ist der 1. Oktober des J. 208 (s. Groebe o. Bd. II S. 2528). Mamaea soll den Knaben in dem Alexandertempel bei Area geboren haben, cum casu illuc die festo Alexandri cum uxore pater isset solemnitatis inplendae causa (Hist. aug. Alex. Sev. 5,1, vgl. 13,1. Aurel. Vict. Caes. 24,1). Die Nachricht klingt sehr unglaubwürdig; man könnte eine Anlehnung des Autors an die Geburtsgeschichte des Heilands vermuten (Ev. Luc. n lff.). Der Verfasser der Vita scheint der Ansicht gewesen zu sein, der Kaiser habe schon seit seiner Geburt den Namen Alexander geführt (vgl. dagegen Herodian. V 3, 3. 7, 3). Alexander Severus hatte zwei Schwestern, eine altere, die im J. 218 bei den Kämpfen zwischen Macrinus und Elagabal ums Leben kam (Dio LXXVIII 34), und eine jüngere, Theoelia, die Alexander dem Sohne des Kaisers Maximin als Gemahlin zudachte; vgl. Hist. aug. Max. duo 29 (der Brief ist höchstwahrscheinlich gefälscht): de hoc adulescente Alexander Aurelius ad mattem suam scribit Mamaeam, ewpiens ei sororem suam Theocliam dare e. q. s. Alexander fürchtet, seine Schwester Graecis munditiis erudita werde sich den barbarus socer nicht gefallen lassen; daher schlägt er seiner Mutter außerdem einen Messalla als Schwiegersohn vor ex familia nobili, oratorem potenlissimum eundemque doetissimum et in rebus bellieis, si adplicetur, fortem futurum (vgl. Michig. Stud. I 68. 7). Theoelia genoß also, wie wir sahen. eine feine Erziehung. Auch ihrem Sohne ließ Mamaea eine sehr sorgfältige Erziehung ange-deihen; von Elagabals unwürdigem Treiben hielt sie ihn ängstlich ferne, berief für ihn Lehrer aller Fächer (Hist. aug. Alex. 3, 2ff.), vernachlässigte auch seine körperliche Erziehung nicht und verschaffte ihrem Sohne so die griechisch-römische Bildung (vgl. Herodian. V 7. •".). Zwischen Mamaea und Soaemias bestand nach Dio LXXIX 20 ein Antagonismus, der schließlich zu offener Feindschaft führte (vgl. Univ. of Michig. Mijdies 1 71. Duruy-Hertzberg IV 321). Vor dem Haß und den Nachstellungen seines ihm so unähnlichen Vetters wurde Alexander durch seine Mutter sorgfältig geschützt: Mamaea kontrollierte alle für Alexander bestimmten Speisen und Getränke und sorgte dafür, daß er nicht dieselben Bedienten habe wie Elagabal; außerdem sicherte sie ihrem Sohne die Gunst der Soldaten durch Geldgeschenke (Herodian. V 8, 2fl.). Maesa unterstützte sie dabei (Dio LXXIX 19, 2) Nach [919] [923] -->