Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Blauer Farbstoff
Band IX,2 (1916) S. 13671368
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Indigo, blauer Farbstoff, hauptsächlich von mehreren Arten der Papilionaceengattung Indigofera (I. tinctoria L., anil L. u. a.) stammend, jedoch auch in anderen Pflanzen vorhanden und neuerlich synthetisch hergestellt. Die Alten kannten die der ostindischen Flora angehörige Pflanze noch nicht, wohl aber den aus ihr oder Verwandten durch einen Gärungsprozeß gewonnenen Farbstoff, ἰνδικόν, Indicum benannt, der anscheinend auf dem Handelswege über Kleinasien eingeführt wurde; doch scheint dies nicht viel vor den Beginn unserer Zeitrechnung zu fallen (Vitruv. VII 9, 6. 10, 4. Plin. n. h. XXXIII 163 non pridem adportari et I. coeptum est). Plinius n. h. XXXV 46 und Dioskurides m. m. V 107 berichten ziemlich übereinstimmend, es gebe zweierlei I. ‚Der eine, ein Naturprodukt, ist gleichsam eine Ausscheidung der indischen Rohre‘, was vielleicht auf Bambusstöcke deutet, mit denen man in den Gärungsgruben die Färbemasse entfernte. ‚Dieses sieht schwarz aus, gibt aber aufgelöst eine schöne Mischung von Blau und Purpur‘. ‚Der andere (τὸ βαφικόν) ist ein purpurfarbener Schaum, der in den kupfernen Kesseln (der Purpurfärbereien) obenauf schwimmt, abgeschöpft und von den Künstlern getrocknet wird. Der beste sieht wie Lasur aus, ist wasserhaltig und glänzend‘. Man verfälschte die Ware nach Plinius a. O., indem man echten I. mit Taubenmist vermischte oder die weiße Kreide von Selinunt und sog. Ringkreide mit Waid färbte (vgl. auch Vitruv VII 14, 2). Man erkannte das echte daran, daß es auf Kohle erhitzt eine schöne purpurne Flamme gibt – was tatsächlich zutrifft – und der Rauch nach Seewasser riecht, weshalb man (irrig) glaubte, es werde auf Klippen gesammelt. Eine eigenartige Beschreibung hat der sog. Galen ad Patern. (cod. Pal.) s. v.: Hindicum species habit duas, est enim unum levem et pulverastrum et valde ceroleum, quod invenire solent circa primitiae et quasi radicola foliurum calamorum, qui in India nascitur. Est aliut quod maxime in Italia fit, cum purpora tingitur. nam quod est spumusum et quasi supernatat in lateribus vasurum illurum alidere collegitur et contusa si eret detersam mixtum de terra in similitudinem digiturum formantur vel in pillulas siccantur. cuius optimum est, quod vehementissimo colurem ceraleum fulgit leve aequaliter fragile. Darnach ist die erste Art wohl wirklich I., während die zweite nur ein Nebenprodukt der Purpurfärberei darstellt. Auf welche von beiden Arten sich die Angaben des Plinius beziehen, daß das I. zu den lebhaften Farben gehöre (XXXV 30), ferner (XXXIII 163) ratio in pictura ad incisuras (Konturen ?)‚ hoc est umbras dividendas ab lumine sowie die Preise: 7 Denare das Pfund (XXXIII 163) und 20 Denare (XXXV 46) ist mir unklar. Das atramentum Indicum, dessen Anfertigung aus Ruß u. a. Plin. [1368] n. h. XXXV 43 schildert, ist dagegen chinesische Tusche.

Blümner, dessen musterhafter Darstellung in seiner Technologie (IV 2, 507 und I 254, 2) ich hier folge, meint, es sei sonach sicher, daß die Alten den I. zur Malerei benutzten, ob auch zur Färberei, zwar nicht nachweisbar, aber auch nicht unwahrscheinlich. Die medizinische Wirkung gibt Dioskurides dahin an, daß er leicht adstringiere und Geschwülste sowie Oedeme aufreiße. Auch reinige er Geschwüre und bilde sie zurück; vgl. Plin. n. h. 46. Galen. ad Patern. s. v. potest igitur siccare et refrigerare, unde locis turgentibus et distensis inpositum cito mollit et quasi rugulas facit.