RE:Iarbas, Hiarbas
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Mythischer König in Afrika | |||
Band IX,1 (1914) S. 746–748 | |||
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Iarbas = Hiarbas; über ihn vgl. Lenschau o. Bd. VIII S. 1388. Während der historische Hiarbas bei den römischen Schriftstellern nur mit anlautendem H geschrieben wird, worauf auch die entstellten Formen hinweisen, schwankt bei dem Namen des mythischen Königs die Schreibweise. Bei Vergil, Ovid, Iuvenal überwiegt in den Hss. die Lesart ‚Iarbas‘, bei Iustin und den anderen Römern, die ihn erwähnen, ‚Hiarbas‘. Plut. Pomp. 12 schreibt den Namen des historischen Königs Ἰάρφας. Ähnlich stehen auch bei anderen punischen oder afrikanischen Namen die griechische Schreibweise ohne und die lateinische mit anlautendem Hauchlaut einander gegenüber, z. B.: Ἀμίλκας Hamilcar, Ἀσδρούβας Hasdrubal, Ἀννίβας Hannibal, Ἄννων Hanno, Ἰμίλκων Himilco, Ἰάμψας Hiempsal. Vergil scheint also die griechische Form des Namens übernommen zu haben, während Iustin wohl die eigentlich römische Übertragung bietet.
Zu Hiarbas Nr. 1. Abgesehen von Sil. Ital. II 56ff., wo die Königin Asbyte als sein Nachkomme erwähnt wird, ist uns der mythische I. nur durch seine Beziehungen zu Dido und der neu angelegten phoinikischen Stadt bekannt. Von ihm erwirbt die Königin durch die bekannte List das Land für die neue Ansiedlung (Serv. Aen. I 367. Eustath. zu Dionys. Perieg. 195. Myth. Vat. I 214). Später, als Karthago mächtig geworden, begehrt I. Dido zur Gattin und droht mit Krieg, falls sie ihn abweise. Die stolze Königin entzieht sich darauf seinen Werbungen durch den Tod (Iustin. XVIII 6. Serv. Aen. I 340. IV 335. Hieron. ep. 123, 8; adv. Iovin. I 43). Vergil gedenkt nur beiläufig des afrikanischen Königs und seiner Werbung (Aen. IV 36. 196ff. 326ff.). Auf ihn gehen Ovid. Heroid. VII 125 und Iuven. V 45 zurück (vgl. Schol. zu dem Vers, Iuven. V 42ff. und Verg. Aen. IV 261). Aus der Drohung eines Krieges ist bei Serv. Aen. IV 36 ein wirklicher Krieg geworden. Ovid. fast. III 551ff. läßt I. nach dem Tode der Dido sogar die Stadt erobern. Ihm folgt Sil. Ital. VIII 50ff. Auch Eustath. a. a. O. kennt die Eroberung der neu gegründeten phoinikischen Kolonie, der I. den Namen ‚Neustadt‘ [747] gibt. Malalas VI p. 162 und Kedrenos I 245f. verknüpfen wieder die I.- und Aeneassage. Nach ihnen hat Aeneas aus Furcht vor I. Dido verlassen. Epigr. Anth. Plan. 161 und Ps-Ausonius epigr. 118 verwerfen die Vergilianische Darstellung und entscheiden sich aus chronologischen Gründen für die Form der Erzählung, die nur den I. und seine Werbung als Ursache des Todes der Dido kennt.
Movers Das phönic. Altertum II 2, 1850 p. 504ff. sieht in I. einen libyphoinikischen Gott und bringt ihn mit dem bei Polyb. VII 9, 2 genannten Gott Iolaos zusammen, den er wieder dem Esmun oder Asklepios der Karthager gleichsetzt (vgl. Baethgen Beitr. z. sem. Religionsgesch. 1888, 46). Ihm folgt in der Hauptsache Meltzer Gesch. d. Karthager I 1879, 135f. und 477. Nur hält; er I.-Iolaos nicht für einen Gott der Libyphoinikier, sondern der Punier, mit dem eine Gottheit der Libyer identifiziert sei. Nach Movers 508 und Euting bei Meltzer 477 bedeutet ‚Iarbas‘ ‚Baal erweckt‘. Vielleicht ist der punische Gott I. mit dem auf palmyrenischen Inschriften erwähnten Ἰαρίβωλος (Roscher Myth. Lex. s. v. II 59) verwandt, der mit Hierobolus (Drexler s. v. bei Roscher Myth. Lex. I 2656f.) identifiziert wird.
In unserer Überlieferung ist I. aber durchaus nur der Repräsentant der afrikanischen Urbevölkerung gegenüber den phoinikischen Eindringlingen. Darauf weisen die Namen des Stammes oder der Stämme, über die er gebietet, der Maxitaner (Iustin. XVIII 6 , Gaetuler (Verg. Aen. IV 325f. Ovid. Heroid. VII 125), Numider (Ovid. fast. III 551. Sil. Ital. VIII 56. Eustath. zu Dionys. 195), Maurer (Ovid. fast. III 552. Myth. Vat. I 214), Maziker (Eustath. a. a. O.), Libyer (Serv. Aen. IV 36)‚ und die Namen der Länder und Völker bei Sil. Ital. II 56ff. Das zeigt die Sage, die Dido das Land für die neue Ansiedlung von I. erwerben läßt. Darauf weist vielleicht auch seine Abstammung von Hammon und der garamantischen Nymphe (Verg. Aen. IV 198. Sil. Ital. II 59ff).
Das zum erstenmal von Schneidewin (Philol. I 421ff., vgl. Bergk PLG III⁴ frgm. adesp. 84) aus Hippolytos herausgegebene Fragment, in dem eine Reihe von Autochthonen aufgezählt wird, wird wohl nicht Pindar, ja überhaupt keinem Lyriker angehören (v. Wilamowitz Herm. XXXVII 331). Vielleicht hat aber Schneidewin den Namen des libyschen Autochthonen Ἰάρβαντα richtig koniziert. sachlich und hsl. ist seine Konjektur wohl möglich. Bietet der cod. die Lesart Τάρβαντα (Schneidewin, vgl. aber v. Wilamowitz‚ dann liegt Ἰάρβαντα sogar näher als Bergks Konjektur Γαράμαντα, die auch v. Wilamowitz angenommen hat. Das Fragment böte dann einen Beleg dafür, da8 die Libyer I. als den ersten Menschen und Autochthonen des libyschen Landes angesehen haben. Πρωτόγονος ist er ja auch als Sohn des Gottes Iuppiter Hammon und der garamantischen Nymphe. Die Worte ἀπάρξασθαι Διὸς βαλάνου bezeichnen I. vielleicht als Stifter des Götterkultes, als der er ebenfalls bei Verg. Aen. IV 199ff. erscheint.
Zu Nr. 2 Über Münzen, die dieser König vielleicht hat schlagen lassen, vgl. L. Müller [748] Numismatique de l’ancienne Afrique III 1862, 41 f. und 72.