Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Epiklesis des Poseidon
Band VIII,1 (1912) S. 911
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Helikonios (Ἑλικώνιος). 1) Epiklesis des Poseidon, schon Hom. Il. XX 404, dadurch berühmt geworden, daß das Heiligtum des Poseidon H. auf der Nordseite der Mykale das Bundesheiligtum der Ionier war, jenes Panionion, in dem die [10] Mitglieder des Bundes zu politischen Beratungen zusammentraten und das Fest τὰ Πανιώνια gefeiert wurde, Herodot. I 142–148. 170. VI 7. Strab. VIII 384f. XIV 639. Diod. XV 49. Schol. Hom. a. a. O. Vitruv. IV 1; vgl. Nilsson Griech. Feste 74ff. v. Wilamowitz S.-Ber. Akad. Berl. phil.-hist. Kl. 1906. 38ff. Aus der Zeit, da Priene die Leitung des Heiligtums hatte und die Priester stellte (Strab. a. a. O.), stammen die dem Poseidon H. geltenden Inschriften: Hiller v. Gaertringen Inschr. v. Priene 116. 199. 200. 201–203 (Rechte des Priesters). Die Schilderung der Ilias XX 403ff.: αὐτὰρ ὁ θυμὸν ἄϊσθε καὶ ἤρυγεν, ὡς ὅτε ταῦρος | ἤρυγεν ἑλκόμενος Ἑλικώνιον ἀμφὶ ἄνακτα | κούρων ἑλκόντων· γάνυται δέ τε τοῖς Ἐνοσίχθων bezieht sich auf den Brauch, das Opfertier an einem Baum oder an einer Stele aufzuhängen und erst dann zu töten, vgl. Dörpfeld Troia und Ilion 514ff. 563ff. (v. Fritze und Brückner). Stengel Berl. Phil. Wochenschrift 1903, 124ff. Nilsson a. a. O. 235. Starkes Brüllen der Tiere galt dabei als gutes Vorzeichen, Schol. Hom. a. a. O. nach Kleitophon.

Kult des Poseidon H. ist ferner bekannt aus

  • a) Athen: Altar des Poseidon H. auf dem Helikon-Hügel, Kleidem. Atthis bei Bekker Anecd. Gr. 327, 1, vgl. Judeich Topogr. v. Athen 42, 5. 370.
  • b) Milet: Altar vor der Stadt, Paus. VII 24, 5.
  • c) Teos: Peribolos und Altar, Paus. VII 24, 5.
  • d) Samos: Opfer und πανηγυριακὴ σύνοδος im Helikonion, Köhler Athen. Mitt. X 32ff.
  • e) Sinope: Priester, Bull. hell. XIII 299, Kopf des Poseidon auf Münzen.
  • f) Tomoi: ὁ ἐν Κωνσταντινουπόλει φιλολογ. σύλλογος IV 168.

Erklärt wurde H. schon im Altertum auf verschiedene Artikel. Da Hom. Il. VIII 203 von Poseidonkult in Helike spricht (οἱ δέ τοι εἰς Ἑλίκην τε καὶ Αἰγὰς δῶρ’ ἀνάγουσιν) und Il. II 575 Ἑλίκην εὐρεῖαν in Achaia nennt, erklärte man H. als den Poseidon von Helike in Achaia. Von dorther seien die Ionier gekommen, die nach Kleinasien gewandert, das Bundesheiligtum auf der Mykale ihrem Gotte von Helike geweiht hätten, vgl. Herodot. I 145. Kallim. hymn. IV 401. Diod. XV 48f. Strab. VIII 384f. Paus. VII 24, 5ff. Polyaen. VIII 46. Schol. Hom. Il. XX 404. Aelian. nat. an. XI 19 u. a., die zum Teil noch von Resten des Poseidonkultes in dem zerstörten Helike berichten, vom Hain, Altar und Bildnis des Gottes. Dem gegenüber wandte Aristarch (Schol. Ven. B Hom. Il. V 422 = Etym. M. s. Κύπρις) mit Recht ein, der Poseidon von Helike müsse Ἑλικήιος heißen, die Form Ἑλικώνιος hänge mit dem Helikon zusammen, in ganz Boiotien sei Poseidon verehrt worden (ἡ Βοιωτία ὅλη ἱερὰ Ποσειδῶνος). Vgl. Schol. Hom. Il. XX 404. Apoll. Soph. lex. 66, 23. Cramer Anecd. Oxon. I 152. IV 329. Etym. M. s. ἐτώσιος, Hesych. s. Ἑλίκη und Ἑλικώνιον. In der Tat bestehen zwischen den Ioniern der Mykale und Boiotien alte Beziehungen, Priene rühmte sich, eine Gründung von Boiotern zu sein, dem Namen Mykale entspricht Mykalessos. Und von einem Kult des Poseidon auf dem Helikon sprechen Hom. hymn. XXII 3: ὅς θ’ Ἑλικῶνα καὶ εὐρείας ἔχει Αἰγάς und Hom. epigr. VI 2: εὐρυχόρου μεδέων ἠδὲ ζαθέου Ἑλικῶνος. In Athen hieß der Hügel, auf dem der Altar des Poseidon [11] H. stand, Helikon. Vielleicht gab es einst beim Heiligtum auf der Mykale einen ebenso genannten Berg oder Hügel. Beide Erklärungen von Helike und Helikon bekämpft der Gegner Aristarchs, auf den die interessante Abhandlung über Götterbeinamen im Schol. Ven. B Hom. Il. V 422 = Etym. M. s. Κύπρις zurückgeht, aus prinzipiellen Gründen. Nach ihm sind die Beinamen nicht von Orten, sondern stets aus dem Wesen der Götter herzuleiten, und so habe Poseidon das Epitheton H. erhalten, διὰ τὸ ἕλικας καὶ περιφερεῖς εἶναι τὰς τῆς θαλάσσης δίνας. Von ähnlichen Gesichtspunkten ausgehend sieht Gruppe Griech. Myth. 744, 0. 1138, 1 in Poseidon H. den Stiergott von ἕλιξ = Rind.

[Jessen. ]