Gallica (gallicula), eine Fußbekleidung, die, wie ihr Name sagt, aus Gallien stammte, von den Griechen τροχάς, τροχάδιον genannt (Corp. gloss. lat. ed. Goetz II 460, 21. III 449, 59; vgl. Ed. Dioclet. 9, 12, CIL III Suppl. p. 1938). Das Wort gallicula war noch im mittelalterlichen Latein gebräuchlich (vgl. Ducange Gloss. med. et inf. lat. s. v.). Die Hauptstelle über G. ist bei Gellius XIII 22 (21). Im Gegensatz zum calceus ist die G. ein leichter Schuh, der den oberen Teil des Fußes ganz oder fast ganz unbedeckt läßt; sie gehört zu den Sohlen und wird darum auch öfter als gleichbedeutend mit soleae und σανδάλια gebraucht (Thes. gloss. emend. conf. Goetz [Corp. gloss. lat. VI] S. 482 s. gallica, gallicula. Hesych. s. τροχάδες. Ps.-Rufin. interpret. Joseph. ant. IV 8. 23 übersetzt ἀδελφοῦ τὰ σανδάλια fratris galliculas. Im Ed. Dioclet. a. a. O. sind soleae und gallicae in einem Abschnitt behandelt. Vgl. auch Henzen Röm. Mitt. II 143). Nach Gellius kam die G. bei den Römern kurz vor Cicero in Gebrauch. Als billiger, leichter und doch fester Schuh wurde sie wohl besonders in den unteren Ständen getragen (Ed. Dioclet. a. a. O. nennt g. viriles rusticanae, bisoles und monosoles, g. cursuriae. Placid. lib. gloss. Corp. gloss. lat. V 71, 13: gallicula calciamenta pastorum sunt). Sie kamen darum auch in die Tracht der frühen christlichen Mönche (Hieronym. praef. in regulam S. Pachom. 4. Patrol. lat. Migne XXIII 67; vgl. dens. interpret. reg. S. P. 101. 104, Migne p. 78). Aber auch die feinen Sandalen, die man zur vestis cenatoria trug, werden gelegentlich statt soleae g. genannt, so erklären die Schol. zu Iuven. 3, 67 trechedipna als galliculas graecas currentium ad cenam, in einem Fragmente der Arvalacten heißt es nach Henzens Herstellung (a. a. O. 141): post epulas riciniatus gallicatus coronatus ille magister summoto supra carceres circi adscendit et signum misit quadrigis bigis desultoribus. In Ps.-Tertullian. Carm. ad senat. apostat. 22 (Patrol. lat. Migne II 1106) werden sogar die Sandalen der Isispriester als G. bezeichnet. Die Beziehung zu Gallien war also bei dieser Benennung des Schuhwerks im Bewußtsein ganz zurückgetreten. Wenn der unter Hadrian lebende Rhetor T. Castritius einige Schüler aus dem Senatorenstande heftig tadelte, weil sie die feriato in G. ausgingen (Gell. a. a. O.), so bezog sich seine Rüge nicht auf die besondere Form der G., sondern darauf, daß Leute von Stand in leichten Schuhen statt in dem von der Sitte geforderten calceus ausgingen. Etwas anders allerdings lag der Fall, wenn Cicero (Phil. II 30. 76) es dem Antonius zum schweren Vorwurf machte, daß er in der Narbonensis sich in G. gezeigt habe. Damals handelte es sich um eine gerade erst von den Galliern angenommene Fußbekleidung, die Antonius in der gallischen Provinz als Beamter, Magister equitum, öffentlich zu tragen sich erlaubte. Die Fabrikanten und Verkäufer dieser Schuhe heißen gallicarii (Hieronym. praef. in regulam S. Pachom. 6, Patrol. lat. Migne XXIII 67. Blümner Technologie I 272). Darstellungen der nationalen G. erkennt man z. B. in den mehr oder weniger offenen Schuhen gallisch-römischer
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Bronzefiguren des von den Römern dem Dispater gleichgesetzten keltischen Gottes (Daremberg-Saglio II 1454, Fig. 3479–3481; vgl. auch Anm. 12. S. Reinach Musée de Saint-Germain-en-Laye, Bronzes figurés fig. 149). Ein gutes Beispiel bietet auch der sich erstechende Gallier auf dem Sarkophage von Amendola im Capitolmischen Museum (Helbig Führer I2 276f., wo die weitere Literatur. Bieńkowski Darstell. d. Gallier in d. hell. Kunst, Hilfstaf. IV). Bestimmte Formen der manigfaltigen Fußbekleidung der klassischen Völker als G. anzusprechen verbietet schon die allgemeine Bedeutung, die das Wort offenbar bekommen hat. Ein guter Teil der in unserem späteren Denkmälervorrat erscheinenden leichteren Schuhsorten wird unter diese Bezeichnung fallen. Literatur: Becker-Göll Gallus III 229. Marquardt-Mau Privatleben der Römer 595. 597. Daremberg-Saglio Dict. II 1453ff., wo S. 1455 Anm. ältere Besprechungen aufgeführt werden.