Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Verlassene Grundstücke in spätrömischer Zeit durch Gesetze Anbau geregelt
Band V,1 (1903) S. 249
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Deserti agri nahmen im Latifundienwesen des spätrömischen Rechtes so sehr überhand, dass die Gesetzgebung sich veranlasst sah, zu ihrer Bebauung durch eine Reihe besonderer Vorschriften (Cod. XI 59 [58]) anzutreiben. Dies geschah nicht blos in dem allgemeinen Interesse der Volksernährung (Cod. XI 59, 3), sondern vornehmlich um die Beitreibung der Grundsteuern zu sichern, die im spätrömischen Staatshaushalte eine grosse Rolle spielten. Die wichtigste dieser Verordnungen ist ein Gesetz der Kaiser Valentinian, Theodosius und Anastasius, Cod. XI 59 (58), 8. Dies entzog dem Grundherrn, der sein Land zwei Jahre lang vernachlässigt hatte, das Eigentum zu Gunsten dessen, von dem es in dieser Zeit bebaut worden war. Auch vor Ablauf dieser Frist erhielt der Eigentümer sein Gut nur dann zurück, wenn er dem Bebauer die Arbeitsunkosten ersetzte. Dass der Grundherr solche erwerbslustige Landwirte kraft seines Eigentums oder Besitzes wenigstens dann hinaustreiben konnte, wenn mit der Bebauung noch nicht begonnen war, und dass diese Aneignung fremden Landes unter obrigkeitlicher Controlle stand, ist in keiner Weise bezeugt, wenn auch nicht gerade unwahrscheinlich. Bezeichnend für die spätrömischen Zustände war auch das Verbot, von einem ererbten Grundstücke nur einen unfruchtbaren Teil preiszugeben, den Überrest aber zu behalten, Cod. XI 59 (58), 4, was zur Minderung der Grundsteuer versucht worden sein mag. Litteratur: Puchta-Krüger Institution.10 220 § 241 Anm. 1. R. Leonhard Institutionen 131. 279, vgl. auch über die Grundsteuern und die Grundherrschaften der Kaiserzeit M. Weber Die römische Agrargeschichte, Stuttg. 1891, 193ff.