Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Assyr.-babylon. Herrscher
Band III,2 (1899) S. 2283
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Chinzeros (Χίνζηρος), assyrisch-babylonisch Ukînzêr), etwa seit der Mitte des 8. Jhdts. v. Chr. Beherrscher des, wie es scheint, im Anfange des neunten gegründeten chaldaeischen Fürstentumes Bît-Amukkâni südlich von Babylon. Während der Zeit vorübergehender Schwäche des assyrischen Reiches vor der Thronbesteigung Tiglathpilesars III. 745 oder während der ersten Regierungsjahre dieses Königs scheint er eine Art Hegemonie über die in den Grenzen des alten babylonischen Reiches ansässig gewordenen chaldaeischen Stämme errungen zu haben. Nach dem Tode des letzten altbabylonischen Königs Nabûschumukîn 732 bemächtigte er sich des Thrones von Babylon (Babylon. Chronik B 16ff. bei Eb. Schrader. Keilschriftliche Bibliothek, Berlin 1889ff. II 276f.; vgl. Königsliste A IV a. a. O. II 287), behauptete sich aber unbehelligt kaum etwas über ein Jahr auf demselben. Als 731 Tiglathpilesar zur Züchtigung der Chaldaioi in Babylonien einrückte, scheint er Babylon ohne Schwertstreich preisgegeben und sich nach Sapêa der befestigten Hauptstadt seines Stammlandes, zurückgezogen zu haben. Hier von dem assyrischen Heere belagert (Thontafelinschr. Tiglathpilesars III. A 23ff. a. a. O. II 15f.; vgl. Verwaltungsliste a. a. O. I 214f.), muss er einige Zeit erfolgreich Widerstand geleistet haben, da ihm die babylonische Chronik B (22, a. a. O. II 276f.) als babylonischem König eine Regierungszeit von drei Jahren giebt und in der That Tiglathpilesar erst 729 oder 728 officiell in Babylon die Regierung antrat (Verwaltungliste a. a. O. I 214f.). Bei der schliesslich doch erfolgten Eroberung von Sapêa gefangen genommen, scheint Ch. allerdings nicht hingerichtet worden zu sein (vgl. Babylon. Chron. B 19ff. a. a. O. II 276f.), aber für die Annahme Tieles (Babylonisch-assyrische Geschichte, Gotha 1886ff. I 236) ,Tiglathpilesar hat ihm wohl eine gewisse Unabhängigkeit und ein eigenes Gebiet lassen müssen‘, fehlt jeder Anhaltspunkt. Wie nach der Platteninschrift Tiglathpilesars (11f. Keilschr. Bibl. II 4ff.) wenigstens ein erheblicher Teil seiner Unterthanen, wird er vielmehr aus dem Heimatlande nach Assyrien deportiert worden sein. Der ptolemaeische Kanon bei Sync. 207 d. 208 d. 209 c. nennt Ch. für das J. 731 als babylonischen König zusammen mit Πῶρος (= Phul, d. h. Tiglathpilesar III.; s. Artikel Poros).