Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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t.t. in d. Baukunst
Band II,1 (1895) S. 603606
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2) In der Baukunst allgemein der Bogen oder das Gewölbe (s. Bogenbau), im besonderen aber auch die Gebäude, bei denen der Bogen die [604] am meisten in die Augen fallende Bauform ist. So wird in Rom etwa seit 200 v. Chr. zunächst unter fornix und ianus, dann unter dem später üblich gewordenen a. (seit Caracalla nachweisbar a. triumphalis, CIL VIII 1314. 7094–7098. 8321), griechisch (ἁψίς, die besondere, heute Triumphbogen genannte Gattung von Bauwerken verstanden, in der die Form des Thores, und zwar weniger des Stadtthores als des Propylaion zu irgend einem Bezirk innerhalb der Stadt, mit der Form des Postamentes vereinigt worden ist. Dieser Doppelcharakter der Triumphbögen macht es schwer, sie einerseits von den Thoren, andrerseits von den Postamenten scharf zu unterscheiden und über den Ursprung der Bauform sicher zu urteilen. Am meisten empfiehlt es sich, darauf Gewicht zu legen, dass zu jedem a. als wesentlicher Teil der statuarische, ihn krönende Schmuck, gehörte (vgl. Plin. n. h. XXXIV 27 columnarum ratio erat tolli super ceteros mortales, quod et arcuus significant novicio invento), sollte dieser auch einmal nicht ausgeführt worden, d. h. der Bogen unvollendet geblieben sein. Bauten, wie die Porta Maggiore in Rom, eine kunstmässig gestaltete Strassenüberbrückung im Zuge eines Aquaeducts, die erst durch den Bau der aurelianischen Mauer zum Stadtthor geworden ist und wohl nie eine Statue tragen sollte (CIL VI 1256–1258), sind folglich nicht zu den Triumphbögen zu rechnen. Um die eigentümliche Form der a. zu verstehen, muss man sich daran erinnern, dass der griechischen und römischen Welt der Anblick von Gebäuden, die mit Statuen bekrönt sind, nichts Ungewöhnliches war. Tempel- und Propylaeendächer wurden regelmässig auf dem First und über den Giebelecken mit Akroterien versehen, und dazu verwendete man häufig nicht nur einzelne Figuren, sondern auch grosse, umfangreiche Gruppen (vgl. Furtwängler Arch. Ztg. XL 1882, 341ff.; Meisterwerke der griech. Plastik 250ff.), wie z. B. auf dem First des capitolinischen Iupitertempels eine Quadriga (Arch. Ztg. XXX 1872 Taf. 57). Dieser Standort auf dem Dache eines hervorragenden Gebäudes wurde seit alter Zeit auch für Aufstellung von Weihgeschenken, von Trophaeen und Ehrenstatuen benützt, so am Zeustempel in Olympia für den goldenen, von den Spartanern und ihren Bundesgenossen nach der Schlacht von Tanagra geweihten Schild (Paus. V 10, 4, vgl. Purgold Arch. Ztg. XL 1882, 179ff.), und auf einer πύλη mitten in Athen für das Tropaion des Sieges über Pleistarchos 318 v. Chr. (Paus. I 15, 1, vgl. E. Curtius Stadtgesch. v. Athen 295); endlich liegt ein solcher Fall besonders deutlich bei dem der Athena Archegetis geweihten Thor in Athen vor, wo auf dem First eines regelrechten Propylaion in griechischem Stile eine Ehrenstatue des jungen L. Caesar gestellt worden ist (Stuart Ant. of Athens I ch. 1. CIA III 445, vgl. Curtius a. a. O. 255). Vgl. auch die Marktthore in Korinth und in Patrae, Paus. II 3, 2. VII 20, 7. Die griechische Architectur hatte ausserdem mannigfache Formen selbständiger architektonischer Postamente ausgebildet, indem sie teils die einfache Postamentsäule verdoppelte, teils eigene, vollständige Gebäude wie das Lysikratesdenkmal zu diesem Zwecke schuf (vgl. Humann [605] und Puchstein Reisen in Kleinas. u. Nordsyr. 299f.). Als eine neue Form in der Reihe derartiger griechischer Schöpfungen scheint in Rom der sog. Triumphbogen erfunden worden zu sein; es ist jedoch zweifelhaft, ob man sich dabei allein durch Weihgeschenke tragende Thore von der in spätgriechischer Zeit eben üblichen Bogenform, oder etwa auch durch Postamente, deren Standplatte mit Hülfe einer einfachen Bogenconstruction hergestellt war, hat bestimmen lassen. Die älteste Nachricht über die neue Gebäudegattung bezieht sich auf drei fornices, die L. Stertinius 196 v. Chr. aus der spanischen Beute errichtet und mit Bildwerk bekrönt hatte (Liv. XXXIII 17); davon standen zwei, vermutlich als Propylaeen, vor Tempeln (vgl. die einen ähnlichen Fall betreffende Weihinschrift CIL VIII 1310 [tem]plum cum arcu et porticibus et osteis et opere albari a fun[damentis]), einer, vermutlich ganz freistehendes Postament, im Circus Maximus. Einige Jahre darauf baute Scipio Africanus aber der aufs Capitol führenden Strasse einen fornix, der sieben Figuren und zwei Pferde trug, und widmete zwei marmorne labra davor (Liv. XXXVII 3); dieser Bogen wird ringsum frei gestanden haben, aber doch wohl als Propylaion des Capitols aufgefasst worden sein. Als erster echter Triumphbogen kann der fornix (oder a.) Fabianus auf dem Forum von Rom gelten, falls er wirklich, wie Ps.-Asconius behauptet, 121 vor Chr. für den Sieg des Q. Fabius Allobrogicus gestiftet worden ist (vgl. CIL I 606. 607 = VI 1303. 1304); in früheren Jahrhunderten war es in Rom Sitte, Triumphatoren wie Maenius und Camillus oder Duilius auf einfachen Säulen nach griechischem Vorbilde aufzustellen (Liv. VIII 13, 9. Plin. n. h. XXXIV 20, vgl. Marquardt Röm. Staatsverw.² II 590). Dass der Bogen in der letzten republicanischen Zeit auch für nicht triumphale Ehrenstatuen im Gebrauch war, bezeugt der für Verres auf dem Forum von Syrakus errichtete fornix, dessen Hauptfigur die Reiterstatue des Verres selbst war (Cic. in Verr. II 2, 154). Von der architektonischen Gestalt aller dieser fornices, namentlich von ihrem etwaigen Säulenschmuck, können wir uns keine deutliche Anschauung mehr verschaffen; es ist allerdings kaum wahrscheinlich, dass sie im Constructionsschema von den Formen der uns besonders seit Augustus durch litterarische Überlieferung und durch Denkmäler bekannten Bögen abgewichen seien. Den Kaisern und Mitgliedern des kaiserlichen Hauses pflegte man die Bögen für erfochtene Siege, für den Bau von Strassen oder für andere Wohlthaten zu widmen; sie trugen dementsprechend obenauf eine kaiserliche Statue, Trophaeen und anderes Bildwerk, wovon wir uns bei der gänzlichen Zerstörung dieser Teile an den erhaltenen Bögen nur nach Münzen und Reliefdarstellungen eine Anschauung bilden können; sie waren auch sonst an den Seitenwänden mit Reliefs und Statuen reich ausgestattet. Sie sind sowohl an den Stätten des Sieges (mit Trophaeen, vgl. z. B. die Augustus nach dem Siege über die Salasser errichtete ἁψὶς τροπαιοφόρος in den Alpen, Dio LIII 26, d. i. der Bogen von Aosta, C. Promis Le antichità die Aosta 190. Mommsen CIL V p. 907) als auch in Rom selbst, sowie in Provincialstädten [606] gebaut worden. Für die stadt-römischen (Jordan Top. II 411ff.) ist es nicht möglich, eine sichere Beziehung zu der porta triumphalis zu ermitteln; durch dies Thor ging der Triumphzug (vgl. Marquardt II 588; im 4. Jhdt. n. Chr. gab es übrigens auch in Puteoli ein solches, s. CIL X 1695), und vielleicht hat Philippi 289ff. mit Recht auf einigen Reliefs eine Darstellung der Porta triumphalis erkannt. Die Triumphbögen enthielten jedenfalls die Statue des Kaisers in der altrepublicanischen Darstellung des Triumphators auf der Quadriga (vgl. Plin. n. h. XXXIV 19): bei der in der Kaiserzeit häufig einzelnen Männern verliehenen Ehre einer statua triumphalis (Marquardt II 592) ist dagegen wohl niemals an die Aufstellung auf einem Bogen zu denken. Wie in republicanischer Zeit hat auch unter den Kaisern die Sitte fortbestanden, Göttern (z. B. CIL VIII 1310. X 202. XII 2590) und Privaten (z. B. den Sergiern in Pola, CIL V 50, den Gaviern in Verona V 3464; sonst vgl. noch II 3558. 3997. III 2922) Bögen zu weihen. Bei den bekannten Bögen der Kaiserzeit überwiegt der Charakter des freistehenden, über der Strasse, auch über Strassenkreuzungen (ianus quadrifrons) errichteten Postaments mit einem oder mehreren überwölbten Durchgängen (bis zu vier); seltener tritt in ihrer Lage die Bedeutung als Propylaion eines bestimmten Bezirks sichtbar hervor, wie bei Brückeneingängen oder den wenigen Beispielen, dass Stadtthore unter Vernachlässigung der fortificatorischen Bedürfnisse triumphbogenartig gebaut sind (z. B. in Rimini CIL XI 365; vgl. auch die goldene Pforte in Constantinopel, Strzygowski Arch. Jahrb. VIII 1893, 1ff.).

     Litteratur: A. Philippi Über die röm. Triumphalreliefe, Leipz. 1872 (Abb. d. sächs. Ges. d. W.). W. Helbig Untersuch. üb. d. camp. Wandmal. 46f. H. Jordan Top. d. Stadt Rom I 1. 29, 1. P. Graef bei Baumeister Denkm. d. class. Alt. III 1865ff., wo besonders die erhaltenen Bögen gesammelt sind und ihre architectonische Entwicklung dargestellt ist; vgl. auch H. Wölfflin Repertorium f. Kunstwissenschaft XVI 1893, 11ff. Eine Untersuchung auf Grund des neueren inschriftlichen Materials fehlt.