Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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in Ägypten Steuer auf Wein- und Gartenland für kultische Zwecke
Band S VII (1940) S. 4344
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Apomoira. Bezeichnung für eine Steuer auf Wein- und Gartenland, die in Ägypten unter den Ptolemäern und in römischer Zeit bis in den Anfang des 3. Jhdts. hauptsächlich für kultische Zwecke erhoben wurde. Zum erstenmal ist die A. in der Zeit Ptolemaios II. Philadelphos (283-246) belegt (s. u.). Wie lange vorher sie schon erhoben wurde, läßt sich nicht feststellen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß sie bis in die pharaonische Zeit hinaufreicht.

Die Höhe der Steuer betrug bei Weinland 1/6 des Ertrages in Wein (P. Rev. 24, 4-5; vgl. 36, 9 = Wilcken Chrest 249), bei Gartenland dagegen 1/6 des Ertrages in Geld (P. Rev. 24, 12; vgl. 36, 9 = Wilcken Chrest. 249). Wegen dieses Steuersatzes wird die Abgabe häufig nur als ἕκτη bezeichnet. Ein ermäßigter Satz von 1/10 des Ertrages wurde u. a. von Militärkolonisten erhoben: παρὰ δὲ τῶν κ[ληρούχων κα]ὶ τῶν στρατευομένων καὶ τοὺ[ς ἑαυτῶν] κλήρους πεφυτευκότων καὶ τῆ[ς ἐν τῆι] Θηβαίδι ἐπαντλητ⟨οῦ γ⟩ῆς ... τὴν δεκάτην (P. Rev. 24, 5-10). Diese δεκάτη galt aber nur für den Besitzer von Weinland. Die Zahlungen der A. in natura sind nur für das 3. Jhdt. v. Chr. belegt (z. B. Wilcken Gr. Ostr. 711. BGU 1540. Ostr. Straßb. 299. Ostr. Tait. Bodl. 144), vom Ende des 3., Anfang des 2. Jhdts. ab erfolgen sie alle in Geld.

Anfangs floß die Steuer den Tempeln zu, die sie auch selbst einzogen (P. Rev. 37, 15-18 = Wilcken Chrest 249), im J. 265/64 ordnete jedoch Ptolemaios II. Philadelphos an διδόν[α]ι τ[ῶ]ν γενη[μ]άτων ἕκτην [Ἀρσ]ινόηι Φ[ι]λαδ[έλ]φωι εἲ[ς] τ[ὴν] θυσίαν κα[ὶ] τὴν σπονδήν (P. Rev. 36, 19; vgl. 36, 9. 37, 7). Das bedeutete, daß die A., die jetzt der Staat durch seine Beamten einziehen ließ, den Tempeln entzogen wurde, um den vom König neu eingerichteten Kult für Arsinoe Philadelphos, die verstorbene Königin und Schwester des Königs, zu finanzieren.

Diese Änderung in der Erhebung und Verwendung [44] der A. wurde einerseits als Maßnahme zur Erhöhung der Staatseinnahmen angesehen (Literaturangaben bei W. Otto Priest. u. Temp. 343). Auf der anderen Seite trat besonders Otto (a. O.) dafür ein, darin nur eine Änderung der Steuerverwaltung zu sehen, die zwar den Tempeln eine Einnahmequelle verschloß, aber sie den Tempeln doch wieder zufließen ließ für den neuen Kult. Ottos Hauptargument war, daß bisher eine Verwendung der A.-Gelder ‚nicht für den angegebenen Zweck, sondern für staatliche Bedürfnisse‘ nicht belegt sei. Dieser Einwand wird zum mindesten stark erschüttert durch P. Col. Zen. 55 (250 v. Chr.). In diesem Text bestätigt ein Nomarch einem κωμογραμματεύς den Empfang von 75 Maß Wein aus den Lieferungen für die A., die er als Verpflegung für Polizisten benutzt hat (ὁμολογεῖ... ἔχειν ... ὥστε τοῖς ὑφ’ αὑτοῦ φυλακίταις ἀπὸ τῆς (ἕκτης) τῆς (γινομένης) τῆι Φιλαδελφῶι εἰς τὸ ὀψώνιον ὡσαύτως οἴνου με(τρητὰς) οε. Vgl. dazu Arch. f. Pap. XI 289.

Seit der Zeit Ptolemaios V. Epiphanes (203—181) haben wir Belege dafür, daß die A. auch dem Kult anderer Gottheiten zufloß. So heißt es allgemein ausgedrückt in der Inschrift von Rosette (Syll. or. 90, 15 aus dem J. 196): τὰς καθηκούσας ἀπομοίρας τοῖς θεοῖς.

Welche θεοί gemeint sind, geht aus P. Petr. III 57 b (S. 166, J. 202/01) hervor, wo es heißt τὴν γινομένην ἀπομοίραν τῆι Φιλαδέλφωι καὶ τοῖς Φιλοπάτορσι θεοῖς. Ob diese Einrichtung, daß Ptolemaios IV. Philopator und seine Frau Teilhaber der A. waren, von Philopator selbst getroffen worden ist oder erst von seinem Nachfolger, läßt sich nicht entscheiden. Auch BGU 1216, 90 (110 oder 88) zeigt dieselbe Verwendung der A.: ἡ ἀπόμοιρα τελεῖται τῆι Φιλαδέλφωι καὶ τοῖς [Φι]λοπά[τορ]σι [θε]οῖς. Schubart vermutet in dem Kommentar zu der Stelle, daß die Dionysosverehrung des Philopator den Anlaß zu der Teilhaberschaft an der A. gegeben hat.

Den letzten Beleg für die Zahlung der A. in ptolemäischer Zeit bildet, jetzt das Ostraka Tait S. 84 Nr. 52 aus dem J. 56. Die A. ist aber sicher bis an das Ende der Ptolemäerzeit gezahlt worden, da sie auch in römischer Zeit erhoben wird.

Der Steuersatz beträgt in der Kaiserzeit 10 Drachmen auf 1 Arure Weinland, 5 Drachmen auf 1 Arure Gartenland (P. Ryl. II S. 242ff. P. Hamb. 82 Einl.). Einen Ptolemäerkult hat es in römischer Zeit nicht mehr gegeben. Es ist deshalb ungewiß, wozu die A. verwendet wurde. Eine Verwendung für den Kaiserkult wäre möglich, läßt sich aber nicht nachweisen. Nach P. Fay. 41 (186 n. Chr.) und P. Bour. 30 (2. Jhdt.) werden die Eingänge aus der A. zu dem Ressort der διοίκησις, d. h. der Staatskasse im engeren Sinne, geschlagen (vgl. BGU 1894 Einl.).

Die letzten Belege für die Kaiserzeit fallen noch ins 3. Jhdt., P. Ox. 1437 (ca. 208) und Ox. 1046, 9 (218/19). Das Verschwinden der A. ist vielleicht wie das der Laographia durch die constitutio Antonina (212) bedingt.

Literatur. W. Otto Priester und Tempel im hellenist. Äg. I 340-356. Bevan A history of Egypt under the Ptolem. dyn. 183-185. Ostr. Oslo 3; 4. Préaux Ostr. Wilb. 4. BGU 1894.

Nachträge und Berichtigungen

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Band R (1980) S. 36
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Apomoira

Aegypt. Steuer auf Wein- und Gartenland. S VII.