Ὁριοδείκτης ist ein (liturgischer?) Beamter in Ägypten, der vom 2.–7. Jhdt. n. Chr. (falls P. Soc. Ital. V 448 nicht noch dem 1. Jhdt. n. Chr. angehört; der späteste Stud. z. Pal. und Pap. VIII 829) nachweisbar ist. Seine Amtstätigkeit wird vom Etym. M. p. 632 kaum richtig mit den Worten ἀρχή τις, ἥτις ἀφώριζε τὰ ἴδια καὶ τὰ δημόσια οἰκήματα definiert. Die Papyri gaben folgendes an die Hand: in dem ältesten, obengenannten wird die Nachprüfung von ὑπόλογος χέρσος (Land, das keinen Ertrag bringt) der Toparchie Πατρὴ ἄνω im Hermopolites vorgenommen ἐ[πακο]λουθούντων κ(αὶ) τῶν [τῆς α(ὐτῆς)] κωμογραμματεων [ὁριο]δικτούν[τ]ων, wo also offenbar die Dorfschreiber der Toparchie selbst das Amt des ὁ. inne haben. Dies scheint jedoch Ausnahme zu sein. In BGU III 983, einer Beschwerde über Übergriffe des ὁ. πεδίων τῆς κώμης]; (sc. Καρανίδος), handelt es sich um einen Anteil an einem Haus nebst Hof und Scheune, über den der ὁ. zu befinden hat. Der zerstörte Schluß läßt noch erkennen, daß dieser ὁ. widerrechtlich 6 Jahre im Amt war (Oertel 182 vermutet τριετία als reguläre Amtsdauer). P. Amh. II 142 (4. Jhdt.) führt uns vor, wie in dieser Zeit bei widerrechtlicher Besitznahme eines Landes der πραιπόσιτος des Gaues zusammen mit dem ὁ. kommt, es in Augenschein nimmt, vermißt und dann dem rechtmäßigen Eigentümer zurückgibt. In BGU II 616 (2. oder 3. Jhdt.) tun dasselbe der ὁ. und der κωμογραμματεύς zusammen bei einer Grenzverletzung. Hingegen nehmen in P. Thead. 54 (299 n. Chr.) zwei Geometer die Landvermessung vor, während der ὁ. (nebst anderen Funktionären) nur zugegen ist und die Urkunde mitunterschreibt. Die Macht des ὁ. und zugleich seine gelegentlichen Übergriffe (vgl. o.) zeigt P. Stud. z. Pal. und Pap. XXII 49, indem sich zwei δημόσιοι γεωργοί beklagen, daß ihnen vom ὁ., obwohl sie ihr Land bebaut und ihre Steuern richtig bezahlt haben, aufgebürdet worden sei, Arbeiten als Unternehmer (strafweise?) auszuführen. Endlich Archiv f. Pap. III S. 348 = Preisigke Griech. Urk. d. äg. Mus. zu Kairo 8 = Wilcken Chrest. 240) ist ein Text, in dem ein γεωμέτρης. und ein γνωστήρ des Dorfes Sinape unter Beisein des ὁ. die Vermessung von Land bei Sinape vornehmen (von einer Idendität des ὁ. daselbst. mit dem δημόσιος γεωμέτρης, so Gelzer 60, ist keine Rede). Es kann also nicht zweifelhaft sein, daß die Tätigkeit des ὁ. sich auf die Beaufsichtung der Flur und der Hausanteilgrenzen (BGU III 983) und Ähnliches, aber auch der Kulturart des Bodens (P. Oxyrh. 1446 z. B), die Bebauung überhaupt (P. Ryl. II 87) bezieht. Mehrfach (z. B. P. Amh. 142. BGU II 616) ist der ὁ. bei der Landvermessung (in Verbindung mit dem Komogrammateus) selbst tätig, öfter aber ist er nur zugegen, wie bei der Prüfung des ertraglosen
[761] Landes in P. Soc. V 448 oder P. Thead. 54, wo die eigentlichen Vermesser des Landes zwei γεωμέτραι sind und der ὁ. nur eine Art Aufsichtsperson darstellt (vgl. Archiv III S. 348). Es scheint, daß jedes Dorf einen ὁ. (besonders deutlich BGU III 983. Stud. z. Pal. u. Pap. XXII 49; aber auch P. Thead. 54. BGU II 616 und sonst ist immer nur einer genannt) hat. (Freilich kann der in P. Thead. 54, 23 und 55, 19 für dasselbe Jahr und Dorf verschiedene Name des ὁ. auf ein Kollegium deuten). Archiv a. a O. ist nicht ganz klar, ob der Bezirk des ὁ. τῶν τόπων ἐκείνων über das Dorf Sinape, in dessen Gemarkung die Vermessung vorgenommen werden soll, hinausreicht.
Gelzer Stud. z. byzant. Verwaltung Ägyptens (Leipz. histor. Abh. 13) 60. Oertel Die Liturgie 181f.