Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stoff zum Löten v. Gold
Band III,2 (1899) S. 25132515
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Χρυσοκόλλα.[1] 1) Wie der Name es andeutet, war der erste und wesentlichste Zweck dieses Stoffes, bei der Lötung des Goldes zu dienen. Die zahlreichen Erwähnungen und Beschreibungen ermöglichen mit ziemlicher Sicherheit die Bestimmung des so genannten Stoffes. Nach Theophr. de lap. 26 (vgl. ebd. 51) kam die χ. in Gold- und Kupferbergwerken vor; Plin. XXXIII 86 bezeichnet sie als eine in den Schächten (putei) der Goldbergwerke vorkommende Flüssigkeit (umor), die durch die Adern des Metalls abfliesse, infolge der Kälte aber bis zur Festigkeit des Bimsteins erstarre. Eine noch bessere Sorte komme in den Kupfergruben vor, eine gute auch in den Silberbergwerken, während die aus Bleigruben stammende die geringste sei. Auch Vitr. VII 9, 6 bezeichnet die Erzbergwerke als wesentlichste Fundstätte. Nach allgemeiner Annahme (vgl. [2514] Lenz Mineral. d. Gr. u. Röm. 21, 71. Bussemaker und Daremberg zu Orib. II 517, 1. 576, 10. 722, 10. Sprengel zu Diosc. II 645. Jacob bei Daremberg Dict. des antiqu. II 1134. Nies Mineral. d. Plinius 17f.) handelt es sich bei diesen Angaben um den natürlichen Malachit oder Kupfergrün, der sehr häufig erdig vorkommt. Was nun die Verwendung der χ. als Goldlot anlangt, so konnte Malachit in natürlichem Zustande hierzu freilich nicht dienen, und ebensowenig an und für sich allein. Wahrscheinlich war das Goldlot der Alten, wie das der heutigen Goldarbeiter, eine Mischung von Gold, Silber und Kupfer, und da mochte das Kupfer häufig aus geschmolzenem Malachit gewonnen werden. Doch wurden anstatt dieses Minerals auch andere kupferhaltige Substanzen zur Bereitung des Goldlots genommen. Diosc. V 92 giebt dafür das Recept, Kupferrost (ἰός Grünspan) in kupfernem Mörser und kupfernem Stössel mit dem Urin eines Knaben vermischt zu reiben; hier ist also die χ. das so gewonnene, nicht das dazu benutzte Material, während bei Gal. simpl. med. IX 3, 38 (XII 242 K.) dieselbe Procedur mit der χ. selbst beschrieben wird; vgl. ebd. X 2, 15 (XII 286). Ausführlicher ist das Recept bei Plin. XXXLVII 93: er hat ausser Grünspan (aerugo) und Knabenharn noch nitrum (Soda) als Zusatz und giebt als lateinischen Namen dieses zum Löten silberhaltigen Goldes dienenden Lotes santerna an; um kupferhaltiges Gold zu löten, nehme man zu jener Mischung noch Gold und ein Siebentel Silber hinzu; vgl. dazu auch XXXIV 116. Vom Mineral, das χ. heisst, ist auch hier nicht die Rede; aber das Lot heisst so, und der Name ist auf alle kupfergrünen, zu Lötzwecken benutzten Stoffe überhaupt übergegangen, vgl. Plinius ebd. chrysocollam et aurifices sibi vindicant adglutinando auro et inde omnis appellatas similiter virentes dicunt. So viel ist klar, dass auch beim alten Goldlot Gold, Silber und Kupfer vertreten waren und zur Gewinnung des letzteren teils Malachit, teils Kupferrost verwandt wurde; der Name des Lotes selbst ging dann auf den Malachit über. Das beigesetzte Natron sollte gewiss, wie Beckmann zu Aristot. mirab. ausc. p. 124 bemerkt, als alkalisches Salz die Stelle des heut dafür benutzten Borax vertreten, nicht dass, wie man früher häufig annahm (vgl. Höfer Hist. de la chimie I² 173. Saglio bei Daremberg Dict. des antiqu. I 794; Kopp Gesch. der Chemie IV 166 hält die χ. für ein phosphorsäurehaltiges Harnsalz), die χ. selbst Borax gewesen wäre. Der Zusatz des Knabenurins wird wesentlich dem Aberglauben zuzuschreiben sein.

Neben der natürlichen χ. kommt auch eine künstliche vor, über deren Gewinnung Plin. a. a. O. 86 berichtet. Die Methode bestand darin, dass man den Winter über Wasser in die Erzgänge leitete und dies dann im Juni und Juli trocknen liess; doch galt das so erzeugte Material für schlechter als das natürliche. Diese künstliche Art scheint besonders von den Malern benutzt worden zu sein. Schon Theophrast kennt die χ. als Malerfarbe, de lapid. 51; über die Bereitungsart geben Diosc. V 104 und Plin. XXXIII 87 eingehende Vorschriften, wonach das Mineral im Mörser zerstossen und gesiebt wurde, welche [2515] Procedur mehrmals sich wiederholte zur Erreichung grösserer Feinheit: das Pulver wurde entweder in der Sonne getrocknet oder in Tiegeln mit Essig vermischt, aufs neue gestampft, geschlämmt und getrocknet. Dazu kamen dann noch Zusätze wie Alaun u. a. Die Angaben über diese Zusätze sind aber nicht leicht verständlich, weshalb die Auffassung der Neueren über die χ. benannte Malerfarbe und die Bereitung derselben verschieden ist, s. Davy Gilberts Ann. d. Physik LII (1816) 28f. John Malerei d. Alt. 214; vgl. Blümner Technol. d. Gr. u. Röm. IV 508ff. und Fol bei Daremberg a. a. O. II 1328. Die beste Sorte kam nach Diosc. a. a. O. aus Armenien und hatte eine satte grüne Farbe; demnächst geschätzt waren die makedonische und die kyprische. Vitr. a. a. O. kennt nur makedonische, Plin. a. a. O. 89 ausser kyprischer, armenischer und makedonischer auch spanische von saatgrüner Farbe. Über Verfälschungen vgl. Plin. XXXV 48f.

Vielfache Verwendung fand die χ. auch in der Medicin, zumal für Pflaster, Salben etc., innerlich als Brechmittel; vgl. Hippocr. VIII 130, 6 Littr. Diosc. a. a. O. Galen a. a. O. auch comp. med. III 2 (XIII 568). IV 1 (XIII 662) u. ö. Plin. XXXIII 92.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. transkribiert Chrysokolla