Γὴ ἐν ἀφέσει. Im ptolemäischen Ägypten bestand in der 2. Hälfte des 2. Jhdts. der gesamte Grund und Boden, der ausschließlich Eigentum des Königs war, aus βασιλικὴ γή und γῆ ἐν ἀφέσει (P. Tebt. 27, 54 [113 v. Chr.]). Die βασιλικὴ γή ließ der König selbst bewirtschaften, die γὴ ἐν ἀφέσει dagegen war anderen zur Bearbeitung überlassen (= ἀφιέναι). Wie verschiedene andere Tebtunis-Papyri zeigen, bestand die γὴ ἐν ἀφέσει aus ἰερὰ γῆ, κληρουχικὴ γῆ, ἰδιόκτητος γῆ (P. Tebt. 5, 89, 110 [118]; 63, 3 [116/15]; 82, 2 [113?]) und wahrscheinlich auch aus der γῆ ἐν δωρεᾶι. Dieser Zusammensetzung der γὴ ἐν ἀφέσει widersprach eine Stelle aus P. Par. 63, 177 = UPZ 110, 177 (164), wo es heißt: τὰ κτήνη ... τὰ τῶν τὴν ἐν ἀφέσει καὶ τὴν ἱερὰ[ν γ]εωργούντω[ν] καὶ τὴν λοιπὴν πᾶσαν. Wilcken glaubte diese ,unvollständige Einteilung des Gesamtbodens‘ übergehen zu können; er erklärte sie aus
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der aufgeregten Art des Schreibers (Grundz. S. 271; UPZ 110 zu 177). Nun enthält aber ein neuer Tebtunis-Papyrus, P. Tebt. 705 (209) die Angabe: παρὰ τῶν ἐχόν[των ἐν συντάξει?] καὶ δωρεᾶι καὶ ἀφέσει γῆ[ν]. Einmal bedeutet diese Stelle das älteste Vorkommen von γῆ ἐν ἀφέσει, dann zeigt sie ebenso wie UPZ 110, daß im ausgehenden 3. und beginnenden 2. Jhdt. die Bezeichnung γῆ ἐν ἀφέσει noch nicht solch umfassender Begriff war. Die Wandlung muß zwischen 164, dem Jahre, aus dem UPZ 110 stammt, und 118 liegen, da in dieses Jahr durch P. Tebt. 5, 89, 110 die erste Erwähnung von γῆ ἐν ἀφέσει als umfassendem Begriff fällt.
Aus dem 1. Jhdt. v. Chr. und aus der römischen Zeit finden sich keine Erwähnungen von γῆ ἐν ἀφέσει.
Literatur: Bevan A History of Egypt under the Ptol. Dyn. 145f. Rostovtzeff Stud. z. Gesch. d. röm. Kolonats 4–6. Wilcken Grundzüge 271. P. Tebt. III 705.