Projekt einer Ruhr-Lenne-(Sieg-)Oberlahn-Eisenbahn
Seit einer Reihe von Monaten erscheinen in allen hier bekannten Zeitungen, von X Orten datirt, Korrespondenzen, in welchen von einer bald in’s Leben tretenden Eisenbahn, welche Siegen und – in weiterer Ferne – Emden an der Nordsee mit der großh. hessischen Provinzialhauptstadt Gießen in Verbindung setzen soll, die Rede ist.
Wenn die Bewohner des Oberlahnthales in Preußen, Hessen-Darmstadt und Kurhessen diesem berechneten Kreuzfeuer seither nicht geantwortet haben, so hatte dies darin seinen Grund, daß sie glaubten, eine Bahn durch’s Oberlahnthal, welche die Steinkohlenlager der Ruhr mit den so großartigen Eisensteinlagern des Sieg- Dill- und Oberlahnthales, welche den Niederrhein in geradester Richtung mit der Main-Weserbahn verbindet und welche außerdem allein im Stande ist, dem allerdringendsten Bedürfnissen der von ihr berührten Landestheile abzuhelfen, liege so sehr im Interesse des Handels, der Industrie, des Kapitals und folglich auch der Regierungen, daß sie keiner weiteren Fürsprache bedürfe.
Dieses Glaubens sind wir auch noch heute – und wenn wir daher gleichwohl unser Schweigen brechen, so wollen wir damit nur den Bündnissen und Bemühungen Einzelner entgegen treten, welche die Verwirklichung einer guten Sache wohl verzögern aber nimmermehr vereiteln können.
Möge die unpartheiische Darlegung der Sachlage, die wir in Nachstehendem versuchen, den Gegenbestrebungen unserer Concurrenten (wenn wir sie so nennen dürfen) endlich ein Ende machen und denselben das Ohr derjenigen verschließen, welche sich durch unrichte Darstellungen für ihre unzweckmäßigen Projekte etwa haben gewinnen lassen. – –
Daß eine Verbindung des Niederrheins mit der Main-Weserbahn wirklichen Interessen und Bedürfnissen des Handels und der Industrie entspricht, dürften, wenn ein Blick auf das deutsche und europäische Eisenbahnnetz nicht hinreichte, die vielen Projekte beweisen, welche zu diesem Behufe gemacht worden sind. Das beifolgende Kärtchen zeigt deren nicht weniger als fünf. Das älteste Splingard’sche Projekt (über Deutz und Nenkersdorf) ist dabei nicht einmal angedeutet, eben weil es in neuester Zeit, wir wollen nicht untersuchen, aus welchen Grund, allen Anhang verloren hat.
Welchen der hier verzeichneten Linien werden Regierungen und Kapitalisten den Vorzug geben?
Offenbar derjenigen, welche zu gleicher Zeit die allgemeinen und lokalen Interessen im höchsten Maaße befriedigt, welche in Folge des verhältnißmäßig geringen auf sie verwendeten Baukapitals und des bedeutenden für sie zu erwartetenden Güter- und Personenverkehrs, die höchsten Zinsen verspricht und die zugleich, indem sie die Gewerbsthätigkeit und somit die Steuerkraft der von ihr berührten Gegenden erhebt, dem Staat indirekt hohe Zinsen abwirft.
Wie man aus der Ueberschrift dieses Aufsatzes und aus der Karte ersieht, sind wir für eine Bahn, welche von der Ruhr aus zunächst durch das Lennethal geführt werden soll. Auch die Interessenten des Siegerlandes und des Lennethales wollen diese Richtung eingehalten haben und wir adoptiren daher dieses Projekt – soweit es sich auf die Richtung der Bahn von der Ruhr bis zur Einmündung der Hundem in das Lennetahl bezieht – nicht nur deßhalb, weil wir, wenn auch nur für eine gewisse Strecke, mit unseren Concurrenten Hand in Hand zu gehen wünschen, sondern auch, weil wir die Vorzüge, die es vor Allen andern, selbst vor dem Splingard’schen Plane, voraus hat, anerkennen müssen. Wir geben der Richtung durch das Lennethal den Vorzug:
1) weil sie direkt in das Herz der Steinkohlenlager führt und die letzteren mit den Eisensteinen auf dem kürzesten Wege zusammenbringt;
2) weil sie den Niederrhein, die nun gesicherte Münster-Emdener, sowie die Ruhr- und Märkischen Eisenbahnen auf dem nächsten Wege mit der Main-Weser-Bahn und Frankfurt a. M. verbindet;
3) weil sie die bedeutenden preußischen Fabrikgegenden, (Altena, Iserlohn, Lüdenscheid, Hagen, Limburg, Dortmund, Menden etc.) mit ihren großartigen Puddelwerken, Stahlraffinerien und den schwer in die Schaale fallenden Grobeisen- und Stahlwaaren-Fabriken direkt oder indirekt berührt;
[2] 4) weil die preußische Regierung, dem Vernehmen nach, ohnehin eine Strecke der Linie (von Altena, nach Hagen an die bergisch-märkische und die Dortmunder Bahnen), zu bauen gesonnen[WS 2] sein soll;
5) weil das mittlere und obere Lennethal und dessen Nebenthäler, bei hinreichenden Wasserkräften, bedeutende Eisen-, Stahl- und andere Erz-Ablagerungen besitzen (die wahrscheinlich Fortsetzungen der Siegener Lager sind), die, bei den so nahen Steinkohlenlagern und den ebenfalls nahen bedeutenden Holzbeständen bei Arnsberg, Meschede, Winterberg, Astenberg, Schmallenberg, Berleburg mit Vortheil gefördert und verarbeitet werden können, und besonders
6) weil diese Linie mit den geringsten Terrainschwierigkeiten verbunden und die wohlfeilste ist. – –
Nach dem Siegen-Dillenburger Projekt soll nun die Bahn von der Hundem-Mündung an weiter über das Rothaargebirg ins Siegthal und von da im Zickzack über die Höhen des Westerwaldes ins Dillthal und weiter ins mittlere Lahnthal geführt werden, es soll dieselbe also auf einer kurzen Strecke und auf großen Umwegen zweimal sehr hohe Wasserscheiden überschreiten und nicht weniger als fünf Flußthäler berühren.
Wir dagegen sind für eine Linie, die nach Ueberwindung nur eines Gebirgszugs das obere Lahnthal gewinnt und diesem in gerader Richtung bis nach Marburg hin folgt.
Wir schlagen nämlich vor: Von dem Lennethal aus suche die Bahn in der Gegend von Heinsberg die dasigen Höhen zu erreichen, verlasse aber die Letzteren nicht wieder, sondern gehe auf dem Rücken derselben zwischen Hilchenbach und Lützel weiter, um, mit Benutzung des hier ausgezeichneten Terrains, ohne große Schwierigkeit zu dem Anfang des Lahnthals und von da auf dem vom der Natur vorgezeichneten Wege nach Marburg an die Main-Weserbahn zu gelangen.
Siegen würde hiernach freilich vor der Hand nicht an die Hauptlinie zu liegen kommen; es würde ihm aber bis auf weiteres mit einer Zweigbahn geholfen werden können, welche entweder über die Rahrbacher Höhen, oder besser, durch das so gewerbreiche Hilchenbacher Thal nach der Hauptbahn geführt werden könnte und welche, indem sie das Siegerland mit den Kohlenbezirken und der Main-Weserbahn in Verbindung brächte, ihm, was den Bezug der Rohmaterialien und die Waarensendung betrifft, fast alle Vortheile der Hauptbahn zuwenden würde. Der Hilchenbacher Linie dürfte deßhalb der Vorzug für eine Zweigbahn einzuräumen sein, weil sie später, als kürzeste Verbindungslinie[1] zwischen der von uns befürworteten Lenne-Oberlahn-Bahn und einer in Aussicht stehenden Sieg-Bahn, dieser letzteren angefügt werden könnte. – Daß aber eine Bahn das Siegthal herauf über kurz oder lang gebaut werden wird, dürfte für so lange nicht zu bezweifeln sein, als es dem so bedeutenden Cölner Handelsstand vom dringendsten Interesse sein muß, auf dem nächsten Wege nach Osten, besonders nach den beiden Hessen, dem Königreich Sachsen, den sächsischen Herzogthümern, Böhmen, Schlesien Polen und einen Theil von Rußland gelangen zu können, um seinen Speditions- und anderen Handel nicht an Düsseldorf, Duisburg und andere Handelsplätze tiefer am Niederrhein zu verlieren (die bei der Cöln-Mindener-Bahn so sehr betheiligten Cölner Kapitalisten werden freilich dieser näheren Verbindung nicht huldigen.) Würde, woran kaum zu zweifeln, diese Siegbahn gebaut, so käme Siegen dadurch an zwei Hauptbahnen zu liegen.
Was die Kosten der von uns vorgeschlagenen Hauptbahn betrifft, so wird es Jedem in die Augen fallen, daß es von Hundem oder dessen nächster Umgebung aus, auf der Linie nach Marburg, die Main-Weser-Bahn zu erreichen ist, ohne die Hälfte von dem auszugeben, was die über Dillenburg vorgeschlagene Route kosten würde. Die Entfernung von der Einmündung der Hundem in die Lenne bis an die Main-Weser-Bahn bei Marburg beträgt im Ganzen, die nicht zu umgehenden Krümmungen eingerechnet, höchstens 10 Meilen, wogegen die Entfernung von der Hundem-Mündung bis Gießen, wenn die Route über Dillenburg eingehalten wird, sich auf 18 Meilen beläuft, – wobei außerdem noch zu berücksichtigen ist, daß auf der letzteren Linie, wie oben auseinandergesetzt, 2 bedeutende Höhen zu bewältigen sind und daß das dortige Gelände verhältnißmäßig weit theurer ist, als das auf der Linie durch das Oberlahnthal. Ueberdies ist der Umweg, welchen die Linie durchs Dillthal beschreiben muß, so bedeutend, daß sogar der Weg von der Hundem-Mündung durch das Oberlahnthal nach Gießen um mindestens 3½ Meilen kürzer ist, als der längs der projektirten Dilllinie. Hiernach würde also die Marburger Route, welche die Entfernung des Niederrheins von der Main-Weser-Bahn um 12½ Meilen abkürzt, selbst für den südlichen Verkehr den Vorzug vor der Dilllinie verdienen, ganz abgesehen davon, daß die letztere, mitsammt der Zweigbahn nach Siegen,[2] mindestens 3 Millionen Thaler weniger kosten würde, als die erstere.
Hinsichtlich der Rentabilität möchte, vor Allem, in’s Auge zu fassen sein, daß das ganze untere Lennethal und der weitere Norden, bei einer Richtung über Dillenburg, des Umwegs halber, außer Stande ist, die Bahn zum Versandt nach dem Osten mit Vortheil zu benutzen, während letzteres recht gut auf dem kürzesten Wege durch das Oberlahnthal geschehen kann.
Ein Blick auf das anliegende Kärtchen wird genügen, dies zu beweisen. Bei sehr vielen Mehrkosten wäre es also, wenn nicht die von uns vorgeschlagene kurze Linie eingehalten wird, dahin gebracht, daß die so bedeutenden für die östliche Ausfuhr bestimmten Eisenproduckte von Altona, Hagen u. s. w. der Bahn verloren gingen – ein Verlust den die Produzenten des Dillthals bei aller Anstrengung wohl niemals würden ersetzen können. Noch mehr: Das Dillthal hat bei seinen engen Seitenthälern keine Frucht, keine Kartoffeln, kein Vieh, kein Holz, und somit auch keine Holzkohlen auszuführen, während das Oberlahnthal viel Holz, Holzkohlen und Vieh ausführt, während die Gegend von Marburg mit den so fruchtreichen Thälern der Ohm, Wetter u. s. w. eine wahre Fruchtkammer zu nennen ist, aus welcher auf den bestehenden gewöhnlichen Landstraßen bereits Massen von Getraide in’s Siegerland und weiter nördlich hin abgesetzt werden. Außerdem hat dieselbe Gegend große Massen der besten Sand-, Bau- und Mühlsteine, den besten feuerfesten und Töpferthon, ausgezeichneten Formsand und Dachschiefer, sowie, an der Bahnlinie, billigen Luft- und Wasserkalk, der zum Eisenschmelzen von vorzüglicher Qualität ist.
Auch in Betreff des Erz-, namentlich des Eisenerzreichthums, auf welchen es hier allerdings vorzüglich ankommt, dürfte das obere Lahnthal dem Dillthal nicht nachstehen.
Im Dillthal befinden sich 6 Hochöfen, 3 Puddelöfen und 5 Stabeisenhämmer, die dem Bereich der Bahnlinie angehören, (die 2 Hütten und Stabhämmer bei Ebersbach und Steinbrücken sind hier weggelassen, da sie der projektirten Lahnbahn eben so nahe liegen, wie [3] der Dillbahn.) Freilich kommen, nordöstlich von Dillenburg und Herborn, bedeutende Eisensteinlager vor, die zusammen eine nicht unansehnliche Masse zum Transport abgeben können. Bei diesen Angaben ist aber auch in’s Auge zu fassen, daß diese Eisensteinlager sich von der Dill, bis zu den Ufern der Lahn und über dieselben hinaus erstrecken, daß außerdem im Oberlahnthalgebiet reiche Brauneisenstein-Ablagerungen vorkommen. In diesem Augenblick existiren im Lahnthal 7 Hochöfen, 6 Stabeisenhämmer, 2 fertige und 1 im Bau befindlicher Puddelofen; wobei aber zu berücksichtigen ist, daß in dieser Gegend der Bergbau erst seit 20 Jahren frei ist, während im Dillthal schon seit Jahrhunderten fiscalische, und seit geraumer Zeit auch privative Hütten existiren, deren Bestreben vorzugsweise darauf gerichtet war, zu schürfen und Erzlager zu entdecken. Es hat aber schon diese kurze Zeit gezeigt, daß das Lahnthal in dieser Beziehung, wie auch hinsichtlich der edleren Metalle, dem Dillthal in keiner Weise nachsteht.
Wirft man nun einen Blick auf die ganze von uns vorgeschlagene kürzeste Linie, bedenkt man, daß die mehrere Millionen Frachtgüter, welche die Siegerländer der Bahn garantirt haben sollen, der von uns vorgeschlagenen Linie in erhöhetem Maaße zu gute kommen würden, erwägt man, daß sich dieses Quantum in den sonstigen Eisensteinrevieren wenigstens verdoppeln müßte, nimmt man die Fracht hinzu, für deren Versandt sich die Kohlengrubenbesitzer der Ruhr verbürgt haben, so schwindet jeder Zweifel, daß sich die von uns beantragte Bahn nicht schon mittelst des bloßen Lokal- und Rohmaterialien-Verkehrs hinlänglich rentiren könne und werde. Nimmt man aber noch die ausgezeichneten Eigenschaften, welche diese Linie vor allen andern für den Welt- und Personen-Verkehr besitzt, hinzu, so muß sich Jedem die Ueberzeugung aufdringen, daß sie sich, ausgeführt, den bedeutendsten Verkehrslinien Europa’s anreihen werde. Welche andere Linie dürfte sich mit der von uns vorgeschlagenen vergleichen? Welche führt vom Niederrhein, von Emden, von Elberfeld, Hagen und dem unteren Lennethal, auf kürzerem Wege nach Frankfurt? Welche übersteigt nur einen einzigen Geburgsrücken, welche kann mit einem so geringen Anlagekapital hergestellt werden? Die Zickzacklinie durch’s Dillthal gewiß nicht? Welche andere Linie gewährt ferner dem Lennethal, der Gegend von Elberfeld, dem Niederrhein und der Nordsee bessere Gelegenheit in praktische Verbindung mit dem Osten zu treten? Welche bietet der Ueberlandpost zwischen London und Triest eine geradere und kürzere Linie?
Weiter: Diese Eisenbahn mit ihrer Nebenbahn nach Siegen befriedigt nicht nur die augenblicklichen Bedürfnisse der Eisenindustrie des Sieg- und Lahn- und selbst theilweise des Dillthals, sondern sie bietet auch für die Zukunft die Möglichkeit, aus den Gewinnsten die sie abzuwerfen verspricht, oder in anderer Weise, Seitenbahnen nach allen Richtungen anzulegen.
Aus der Nähe der Eder-, Sieg- und Lahnquellen, welche Flüsse bekanntlich in nächster Entfernung von einander entspringen, kann man nach allen Richtungen und unter den günstigsten Steigungsverhältnissen bauen; von hier aus kann man in der Nähe von Sohl, oberhalb der Ebersbacher und Eibelshäuser Hütten- und Hammerwerke über Simmersbach und Herzenhain in den Hauptsitz der nassauischen Eisensteingruben und Hüttenwerke, überhaupt in’s Dillthal gelangen und auf beiden Wegen diesem Thale die Steinkohlenreviere um 5 bis 6 Meilen näher bringen, als durch die projektirte Hauptbahn über Bubach u. s. w.
Noch mehr! Die von uns gewünschte Bahn bietet, in ihrer Eigenschaft als Weltbahn, allein die Mittel, nebst den allgemeinen, die lokalen industriellen Zwecke in genügender Weise zu erfüllen. Sie, und nur sie, wird im Stande sein, Kohlen und Eisensteine als bloße Beigüter zu betrachten und denselben möglichst billige Frachtpreise zu setzen, – was eine Lokal- oder eine auf jenen Verkehr allein angewiesene Bahn selbstredend zu thun außer Stand ist. Hierdurch aber würde sie denjenigen Theil der deutschen Industrie, welche an der Lahn, Sieg, Dill, Ruhr u. s. w. ihren Sitz hat oder noch aufschlagen wird, in den Stand setzen, der englischen und belgischen Concurrenz, welche gegenwärtig, trotz aller Zölle, Deutschland so viele Millionen entzieht, mit solchem Erfolg die Spitze zu bieten, daß sie sich in kurzer Zeit aller Schutzzölle entschlagen könnte. – –
Wir glauben jetzt genug gesagt zu haben zur Empfehlung eines Unternehmens, das sich, nach unserer innigsten Ueberzeugung, in handelspolitischer, nationalökonomischer und örtlicher Beziehung vor allen andern auszeichnet und das, indem es denen, welche es ausführen und concessioniren werden, die nachhaltigsten directen und indirecten Vortheile verspricht – zugleich die Interessen des großen, wie des lokalen Publikums befriedigt. Mögen die Herren Kapitalisten unser Projekt prüfen mit anderen vergleichen und sich dann entscheiden!
Daß die betreffenden Regierungen nur unserm Project den Vorzug geben werden, hoffen wir mit Zuversicht, insbesondere von der Großherzoglich Hessischen, die weiß, daß diese Eisenbahn eine Lebens- u. Sterbensfrage für einen Landestheil des Großherzogthums, das Hinterland mit mehr als 35,000 braven fleißigen Einwohnern, ist. Bei dem in materiellen Fragen so richtig calculirenden und auf das Wohl des Landes so sehr bedachten preußischen Gouvernement, dürfen wir wohl ebenfalls schon in Erwägung des Lokalwerthes der Bahn, eine günstige Neigung für unser Project prognosticiren, denn die Verhältnisse des „Wittgensteiner Landes“, welches durch die Bahn berührt werden würde, ähneln denen des Hinterlandes in vieler Hinsicht. Es besitzt Waldungen, Wasser und Arbeitskräfte in Fülle; es liegt zwischen den großen Eisensteinlagern an den Lahn-, Dill- und Lenne[WS 3] und den Kohlen-Revieren, bietet also ebenfalls die Möglichkeit, große Eisenindustrie-Anlagen zu gründen, da es sich in Zukunft gleich bleiben wird, ob die Eisensteine zu den Kohlen oder diese zu jenen, oder beide in der Mitte zusammengeschafft und verarbeitet werden. Doch mehr noch glauben wir uns dieser Hoffnung hingeben zu können, wenn der Werth der Linie als Weltbahn in Erwägung gezogen wird und hegen insbesondere zur Großh. Hess. Regierung, in deren Hand hauptsächlich[WS 4] die Entscheidung liegt, das gegründetste Vertrauen, daß sie, wie früher beim Bau der Main-Neckar- und der Main-Weser-Bahn auch hier, wo doch die allgemeinen mit den besonderen Landesinteressen in so glücklichem Einklang stehen, diesen allgemeinen deutschen Interessen, welche zugleich hessische sind, Rechnung tragen wird, und glauben namentlich nicht im Irrthum zu sein, wenn wir annehmen, daß auch sie, wie dies von der kurfürstlich hessischen Regierung bereits früher geschehen sein soll, eine Zinsengarantie gewähren werde, ja wir sagen vielleicht nicht zu viel, wenn wir aussprechen, daß sogar ein Antrag auf Herstellung der Bahn auf Staatskosten oder auf Erleichterung des Baues durch Freistellung des Geländes u. s. w. keinen großen Schwierigkeiten begegnen würde.
Aus dem Oberlahnthal im Februar 1852.
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Gedruckt bei Leopold Dietzsch in Darmstadt.
[Karte]Anmerkungen der Vorlage
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ In der Vorlage fehlt die schließende Klammer.
- ↑ Vorlage: gesonnen gesonnen
- ↑ Handschriftlich zu Sieg geändert.
- ↑ Vorlage: haupssächlich