Pomologische Monatshefte:1. Band:4. Heft:Ueber den Werth mehrerer Obstfrüchte

Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 4, Seite 113–117
Georg Liegel
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Pomologische Monatshefte:1. Band:5. Heft:Ueber den Werth mehrerer Obstfrüchte
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Ueber mehrere Kirschen aus einem aus Belgien neu bezogenen Sortimente
[113]
Ueber den Werth mehrerer Obstfrüchte.
Vom Hrn. Dr. G. Liegel, Apotheker zu Braunau am Inn[1]

Es ist bekannt, daß der Verfasser die Baumzucht seit 1803 mit Eifer und Vorliebe betreibt; er hat daher über viele Obstfrüchte hinlängliche Erfahrungen gewonnen, hat manche Bäume viele Jahre erzogen und endlich ausgehauen; er hat die guten Früchte nach den wechselnden Jahrgängen beobachtet und ihren rechten Werth kennen gelernt. Zu bemerken ist, daß der hiesige Boden leicht und sandig, die freie Lage am Innstrom den Nord-Ostwinden preisgegeben, und daher für die Obstbaumzucht ungünstig ist. Seine drei Gärten, von denen der eine a. in der Stadt in sehr geschätzter Lage, der zweite b. ebenfalls in der Stadt, jedoch minder geschätzt und zwar gegen NO. ziemlich offen, der dritte c. in völlig freier Lage sich befindet, gestatten die Obstbäume nach ihrer Tragbarkeit und Empfindlichkeit gegen Kälte um so genauer zu beobachten und kennen zu lernen, als dieselbe Sorte oft in den drei verschiedenen Verhältnissen angepflanzt ist.

115. Englische Sommerbutterbirne. I. Rang. Diel 6. Birnenheft S. 51.

Eine mittelgroße, blaßgrüne, kegelförmige Sommer-Herbstbirne mit butterhaft schmelzendem Fleische.

Da diese Frucht hochstämmig, auch noch in ganz freier Lage sehr wohl gedeiht, überdieß fast jährlich und oft strotzend trägt, so ist sie allgemein zur häufigen Anpflanzung geeignet. Kommt auf Quitte fort, gibt aber auf Wildlinge bessere Zweige. Zeitigt im zweiten Drittel des September und hält sich, etwas vor der Zeitigung gebrochen, länger als zwei Monate, ohne zu welken, und ohne teig zu werden. Da es [114] bei uns sehr wenige hochstämmige butterhaft schmelzende Birnen gibt, so hat diese Frucht großen Werth.

Der Verfasser erhielt davon Zweige von Diel. Aus der Sammlung der berühmten Pariser Carthause. Siehe Anleitung zur Kenntniß und Anpflanzung des besten Obstes, von J. G. C. Oberdieck S. 292.[2]

195. Coloma’s köstliche Winterbirne. I. Rang. Supreme Coloma. Diel III. neues Heft S. 131.

Eine mittelgroße, gelblich-grüne, kurz eiförmige Winterbirne mit einem butterhaft schmelzenden, müskirten Fleisch.

Diese köstliche Frucht darf recht häufig gepflanzt werden, gedeiht auf Quitte, und gibt hochstämmig auf Wildling ganz vollkommene Früchte und ist dabei reichlich tragbar. Wird im Dezember eßbar und hält sich bis in den Februar, ohne zu welken.

Der Verfasser erhielt davon Zweige von Hrn. Pfarrer Langerker in Buschitz bei Töplitz 1830 mit Zueignung seines Namens als: Liegel’s Winterbutterbirn, mit welcher Benennung diese Frucht auch von mir sehr oft versendet wurde; erst später durch Zweige von Diel überzeugte ich mich von der Identität beider Früchte. Diel erhielt diese Frucht von Dr. van Mons aus Brüssel,[WS 1] der die obige Bennenung, Supreme Coloma, dem Grafen Coloma, dem Erzeuger mehrerer guten Früchte, zu Ehren gab.

Oberdieck in seiner Anleitung zur Kenntniß und Anpflanzung des besten Obstes sagt, S. 420., daß sie auch vorkomme unter den Benennungen Kopert’sche fürstliche Tafelbirne, Graf Sternberg’s Winterbutterbirne, Postelberger, Weinhuberbirn, etc. Der Verfasser würde rathen, die von Diel ursprünglich erhaltene Benennung allein beizubehalten. Siehe Oberdieck’s Anleitung etc. S. 301.[3]

Eben geht uns der folgende interessante Beitrag über die genannte Birne zu, den wir hier gleich mit einschalten.

Die Redaktion.

Ueber die Dauer von Coloma’s köstlicher Winterbirne (Supreme Coloma).

Diese vortreffliche Frucht muß in Böhmen sehr stark gebaut werden, denn die aus diesem Lande alljährlich ihre Obstschiffe nach Berlin führenden Händler bringen in solcher Fülle keine andere Birne mit.

Ihr wahrer Name ist hier nur Pomologen bekannt. Die Böhmen nennen sie [115] entweder Kopitz’sche Birne (offenbar eine Verderbung von Kopert’scher fürstlicher Tafelbirne, wie die Frucht in Sachsen häufig genannt wird), oder Winter-Muscateller und behaupten: das kaufende Berliner Publikum habe diesen Namen sich selbst erfunden.

Ende September, oder Anfang Oktober wird die Frucht hier eingeführt, wahrscheinlich in manchem kalten Jahre etwas zu früh vom Baume genommen. Dessenungeachtet fehlt die lange Dauer nicht. Bei ihrer Ankunft ist die Birne grün und hart. Sie bewahrt diesen Zustand fast so lange, als sie in den Kähnen, also den Wasserdünsten ausgesetzt bleibt. Was davon in die Keller der Händler gebracht wird, beginnt allmälig gelblich und weich zu werden.

Schon im November wird die Frucht für den Rohgenuß geeignet und namentlich wenn sie 8 bis 14 Tage an einem kühlen, trockenen Orte, z. B. in einem ungeheizten Zimmer gelegen hat, vollkommen schmelzend. Auf diese Weise, indem man immer frische, noch härtliche Früchte vom Schiffe holt, wird der Genuß dieser ausgezeichneten Frucht nicht nur bis tief in den Winter, bisweilen sogar bis gegen das Frühjahr hin erhalten.

Seit fünf Jahren beobachte ich ihre Dauer. Immer hat sie mindestens bis in den Februar ausgehalten, einige Male aber noch länger. So habe ich am 30. März 1852 eine Gesellschaft von Freunden mit zahlreichen Exemplaren dieser Frucht bewirthet, deren Trefflichkeit Nichts zu wünschen übrig ließ.

Da dieser seltenen Dauer einer Frucht, welche schon im November zeitigt und unter gewöhnlichen Verhältnissen ziemlich rasch vorüber geht, bisher, meines Wissens, noch nicht Erwähnung geschehen ist, habe ich mich veranlaßt gefunden, meine Erfahrungen mitzutheilen.

Berlin am 12. Januar 1855.
v. Pochhammer.

131. Kronprinz Ferdinand von Oesterreich. I. Rang. Diel 1. neues Birnenheft. S. 217.

Eine große, hellgelbe, unregelmäßig eiförmige, butterhaft schmelzende Winterbirne.

Diese köstliche Frucht ist eine der ersten Birnen, deren Baum zugleich auch ziemlich tragbar ist, gedeiht nicht gut auf Quitte, bringt darauf im hiesigen leichten, sandigen Boden nur verkümmerte, zersprungene Früchte; gibt aber auf Wildling kleine, baldtragende Zwerge mit vollkommenen Früchten. Reift im Dezember und hält sich, ohne zu welken, gut den ganzen Winter hindurch. Man lasse die Frucht am Baume so lange, als es möglich ist, bis starke Fröste eintreten. Einige Tage von 1 bis 2 Grade unter Null schadet der Frucht am Baume noch keineswegs. Hochstämmig fordert der Baum eine vor rauhen Winden geschützte, warme Lage.

Der Verfasser erhielt davon Zweige von Diel im Jahre 1822. Im Jahre 1825 erhielt ich von dem Pomologen Schmidberger die nämliche Birne unter dem Namen Hardenpont’s Winterbutterbirne. Es ist in der Pomologie schon lange allgemein bekannt, daß Kronprinz Ferdinand und Hardenpont’s Winterbutterbirne gleiche Früchte sind. Im Baum-Katalog der Jahre 1852 und 1853 des F. Thieri zu Harlem bei Limburg in Belgien sind von dieser Birne folgende Synonyme angegeben: Beurré d’Hardenpont, Glou morceau, Beurré de Kent, Goulu morceau de Cambron, Beurré Lombard, Beurré d’Arenberg. Siehe Oberdieck’s Anleitung etc. S. 297. u. 367.[4]

[116] 3. Forellenbirne. I. Rang. Diel’s 5. Birnenheft. S. 51.

Eine meistens große, abgestutzt kegelförmige, gelbe, an der Sonnenseite mit Forellenflecken oder brauner Röthe, und butterhaft schmelzendem Fleische.

Diese sehr schöne, edle Birne sollte in keinem Garten fehlen; man pflanze den Baum aber nur in Zwergform, und wo möglich an eine Wand, da er hochstämmig nur verkümmerte Früchte liefert, die selbst auch auf freistehenden Pyramiden nicht immer vollkommen werden. Gedeiht auf Quitte. Wird im November eßbar, und hält sich, ohne zu welken, bis im Januar. Die Frucht, überzeitig vom Baume genommen, wird schnell teig, ist daher etwas vor der Zeitigung zu pflücken. Das schnelle Teigwerden einer Birne ist ein großer Fehler. Herbst- und Winterbirnen müssen sich lange im schmelzenden Zustande halten; wie die Birne teig ist, verliert sie ihren guten Geschmack.

Der Verfasser erhielt davon Zweige von Diel 1820; jener hat drei hochstämmige Bäume dieser Frucht nach 15 Jahren ausgehauen. Man gebe ihr einen warmen Stand, und tiefen guten, nahrhaften Boden, wenn man Freude und Nutzen erleben will. Vgl. Oberdieck’s Anleitung etc.[5]

78. Diel’s Butterbirne. I. Rang. Diel 8. Birnenheft S. 70.

Eine meistens sehr große, ziemlich eiförmige, gelbe Herbstbirne mit butterhaft schmelzendem Fleisch.

Wenn man in einem Garten nur für einen einzigen Baum Platz hätte, so sollte dieser gepflanzt werden. Wenn sie auch in ihrem Geschmack von einigen Früchten übertroffen wird, so verdient sie allen Vorzug wegen ihrer Größe und Güte, wegen der großen Fruchtbarkeit des Baumes, der auf Quitte gedeiht, und im Hochstamm auf Wildling noch vollkommene Früchte liefert. Doch habe ich oft bemerkt, daß sie darauf bisweilen nicht mehr ganz vollkommen schmelzend werden. Im November und Dezember genießbar. Welkt nicht.

Der Verfasser erhielt davon Zweige von Diel im Jahre 1819. Zwei Pyramiden im gegrabenen, gebauten Grunde tragen fast jährlich strotzend, oft ungeheuer große Früchte. Zwei Hochstämme in freier Lage tragen ebenfalls bedeutend, aber minder große und etwas minder gute Früchte. Ich erhielt sie auch von Diel unter dem Namen Fourcroy und Poire magnifique. Der General-Katalog der königl. Baumschule zu Brüssel von 1853 bis 1854 gibt folgende Synonymien an: Beurré magnifique, Beurré incomparable, Beurré royal, Beurré de Trois tours, Drytoren, Graciole d’hiver, Fourcroy, Poire Melon. Siehe Oberdieck’s Anleitung etc. S. 290.[6]

[117] 371. Slavonische Wasserbirne. III. Rang. Liegel’s Beschreibung neuer Obstsorten S. 96.

Eine große, gelblich-grüne, dickbäuchige Sommerbirne mit brüchigem Fleisch.

Eine gute Haushaltsbirne, wird teig, fließt dann über von einem zuckersüßen, sehr edlen Saft; sie ist in diesem Zustande nicht wie gewöhnlich weich, sondern fest und hält sich dadurch länger als vier Wochen. Zum Dörren vorzüglich geeignet. Zeitigt Anfangs September.

Der Verfasser erhielt Zweige vom Herrn Grafen Breßler aus Fernesee bei Nagybanya in Siebenbürgen 1842. Im Jahre 1844 erhielt ich die nämliche Birne von Herrn Hartwiß, Oberst und Direktor der kaiserl. russischen Gärten in Nikita in der Krim als: Poire Ackalzig I. Der Baum treibt auffallend große Kronenblätter.
(Fortsetzung folgt.)

  1. Anmerk. der Redaktion. Um die nachstehenden Bemerkungen des Hrn. Dr. Liegel über die Güte verschiedener Obstfrüchte, die von einem so langjährigen Beobachter gewiß überall sehr willkommen seyn werden, wo möglich für den Obstbau noch nützlicher zu machen, wird die Redaktion, wie Hr. Dr. Liegel freundlich genehmigt hat, hin und wieder bestätigende oder erläuternede, mit O. oder L. bezeichnete Anmerkungen hinzufügen, wenn in ihrer Gegend das Urtheil über eine Obstsorte nicht dem des Hrn. Dr. Liegel ganz gleich seyn sollte, so daß gleich das Verhalten der genannten Früchte in mehreren Gegenden übersichtlich wird.
    O.
  2. Die gedachte Frucht ist auch im nördlicheren Deutschland eben so zu loben, verträgt jedoch zu trockenen Boden nicht. Im feuchten Sulinger Boden waren die Früchte groß und köstlich, in Nienburg klein und von geringerer Güte, doch noch ziemlich gut. Herr Dr. Liegel gibt sowohl bei dieser Frucht, als nachstehend noch oft eine weit längere Dauer der Birnfrüchte in ihrer Reife an, als wozu ich, auch bei frühem Pflücken, sie je bringen konnte. Obige hielt, selbst in den Keller gebracht, sich nie über vier Wochen. Schätzbar wird es daher seyn, wenn, wie ich bitte, Hr. Dr. Liegel in einer späteren Lieferung Nachricht geben will, wie er die gebrochenen Birnen aufbewahrt hat.
    O.

    Auch in Hohenheim ist die Engl. Sommerbutterbirn eine der schätzbarsten und tragbarsten spätern Sommerbirnen und gedeiht als Hochstamm in ganz freier Lage vortrefflich; sie wurde seither als Jelängerjelieber von hier aus verbreitet.

    L.
  3. Die gedachte Frucht war bei Nienburg gleichfalls ganz vorzüglich schätzbar, mürbet jedoch, auf einer Obstkammer aufbewahrt, stets im November. Nachrichten, die ich unlängst von Herrn Gutsbesitzer Clemens Rodt in Sterkowitz[WS 2] in Böhmen, einem sehr eifrigen Pomologen erhielt, machen es wahrscheinlich, daß ihr ursprünglicher Name wohl nach der Gegend, wo sie aus dem Kern erwuchs, Kopert’sche fürstliche Tafelbirne ist, und wird Herr Rodt darüber bald in der Monatsschrift nähere Nachricht geben. Ist die Supreme Coloma in Belgien erzogen, so sind an verschiedenen Orten zwei gleiche Früchte entstanden, die ich weiter nicht unterscheiden kann, als daß bisher (was vielleicht nicht wesentlich ist) die Supreme Coloma etwas schwächer wächst.
    O.
  4. Vorstehende köstliche Frucht scheint wohl in ganz Deutschland bereits ihre Güte bewährt zu haben, da man sie überall lobt. Sie gab in Nienburg selbst vom Hochstamme delikate, nur weniger große Früchte. Bei Aufbewahrung auf einer frostfreien Obstkammer konnte ich sie bisher in der Reife doch nie viel über den Dezember hinaus erhalten.
    O.
  5. Mein Urtheil über die Forellenbirn ist noch etwas günstiger, indem sie in Bardowick und Sulingen auch hochstämmig noch gute, schmackhafte, schmelzende Früchte liefert. In Nienburg waren in trockenen Jahren die Früchte von einer Pyramide merklich kleiner, doch noch gut, und liegt es vielleicht mehr am Boden wenn sie klein bleibt, als am Klima der meisten Gegenden Deutschlands. Diel hält sie für eine in Deutschland entstandene Frucht. Ich habe indeß gleichfalls bei Hameln in schwerem Boden Früchte der Forellenbirn am Spalier an einer Wand gesehen, die ganz beträchtlich größer und lebhafter und schöner gefärbt waren, als vom Hochstamm.
    O.
    Auch hier in Hohenheim ist die Forellenbirne auf Hochstämmen tragbar und erlangt ihre volle Güte, obschon sie kleiner bleibt.
    L.
  6. Ueber Diel’s Butterbirn muß ich in hiesiger Gegend ebenso günstig urtheilen, wenn der Boden trocken und warm, doch gut ist. In feuchtem Boden wie in Sulingen nimmt sie einige Herbigkeit im Geschmack an, und war dies, nach einer brieflichen Mittheilung aus Tyrnau in Ungarn ebenso, wo man sie deshalb schon verwerfen wollte. Sie bleibt selbst in feuchtem Boden noch eine schätzbare Haushaltsfrucht. Die Aehnlichkeit der Fourcroy mit Diel’s Butterbirn habe ich gleichfalls früher bemerkt, hatte jedoch von der Fourcroy nicht recht vollkommene Früchte. Im Vilvorder Kataloge von 1853 ist noch bemerkt, daß Beurré Diel irrthümlich Fourcroy und Poire Melon heiße, und muß man, nach vorstehender Nachricht, später auch in Belgien die Identität eingesehen haben.
    O.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Jean-Baptiste Ferdinand Antoine Joseph van Mons (* 11. November 1765 in Brüssel; † 6. September 1842 in Löwen) war ein belgischer Physiker, Chemiker, Botaniker, Gärtner und Pomologe, und 1817–1830 in Löwen Professor für Chemie und Agrarwissenschaften. Er gilt bis heute als einer der produktivsten Birnenzüchter.
  2. Vorlage: Starkowitz (vgl. Anzeige von Druckfehlern)