Philippine Welser bei Kaiser Ferdinand I.

Textdaten
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Titel: Philippine Welser bei Kaiser Ferdinand I.
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aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 93, 98–99
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Philippine Welser vor Kaiser Ferdinand I.
Nach einem Gemälde von A. Delûg.

[98] Philippine Welser vor Kaiser Ferdinand I.. (Zu dem Bilde S. 93.) „Ihre Haut ist so zart, daß man den rothen Wein, den sie trinkt, durch ihren Hals gleiten sieht“, so rühmten die Zeitgenossen von der Augsburger Bürgerstochter Phillppine Welser, dem schönsten Mädchen der damaligen Welt. Und Kaiser Ferdinands I. Sohn, Erzherzog Ferdinand von Tirol, sah sie, als er mit seinem Vater und seinem Oheim, dem Kaiser Karl V., im Jahre 1547 einzog in die alte Reichsstadt, und es ergriff ihn eine Liebe zu dem wunderbaren Mädchen, gegen die kein Bedenken und keine Furcht vor dem gestrengen Vater mehr aufkam. Wohl widerstand Philippine lange seinen glühenden Werbungen: erst 1550 ließ sie sich, wie es scheint, im Einverständniß mit ihren Eltern, heimlich zu Innsbruck mit dem Fürstensohne trauen. Aber über dem Glücke der Liebenden schwebte drohend der Zorn des kaiserlichen Vaters. Sechs Jahre lang blieb aller Verkehr zwischen ihm und dem Sohne unterbrochen: da endigte Philippine durch eine kühne That den unseligen Zwist.

Sie zieht mit ihren zwei Kindern nach Prag, wo der Kaiser sich aufhält. Unerkannt mischt sie sich bei der nächsten Audienz unter die Reihen der Bittenden, unter fremdem Namen trägt sie dem Herrscher das bittere Leid vor, das sie von einem harten Schwiegervater erdulde. Und sie entlockt dem alten Manne eine Thräne der Rührung, bei seinem kaiserlichen Worte verheißt er, ihr Recht zu schaffen - da giebt sich Philippine zu erkennen, und die gewaltige Macht ihrer engelgleichen Schönheit, die liebliche Unschuld ihrer reizenden Kinder siegen über den aufsteigenden Grimm des Getäuschten. Er weist die Versöhnung nicht mehr zurück und wenn auch die Ehe Ferdinands und Philippinens noch eine [99] Reihe von Jahren geheim bleiben muß, so ist doch der schwere Bann von ihnen genommen, und in stillen Glück leben die Gatten fortan in den schönen Räumen des Ambraser Schlosses bei Innsbruck.

Der Maler hat den Augenblick dargestellt, in welchem der Kaiser, überwältigt von dem Anblick, der sich ihm bietet, und hingerissen von den Empfindungen, welche die holde Frau durch ihre Worte in ihm geweckt hat, tiefsinnend zurückgesunken ist auf seinen Stuhl. Scheu blicken die blühenden Enkelkinder empor zu dem erschütterten Manne, in welchem sie zum erstenmal den Großvater erschauen.

Erst 1654, nach dem Tode Kaiser Ferdinands I., wurde die Ehe auch öffentlich anerkannt und Philippine zur Markgräfin von Burgau ernannt, ein Name, der auch auf ihre Kinder überging.