Verschiedene Wunder-Geschichte, so sich mit Hn. Joh. Arnds sel. Paradieß-Gärtlein im Feuer zugetragen
[10r] Verschiedene Wunder-Geschichte / so sich mit Hn. Joh. Arnds sel. Paradieß-Gaertlein im Feuer zugetragen.
IM Jahr 1624. beym dreyssig-jaehrigen Krieg kam am 3. Jan. ein Span. Lieutenant / Zacharias von Brechen genannt / nach Langen-Goenß / (der Zeit Landgr. Philipps von Hessen Durchl. zustaendig) nahm sein Quartier im Wirthshause / und gieng / die Zeit zu vertreiben / in dasige Pfarrwohnung / als eben der Pfarrer M. Just. Gelfuß nicht anheimisch war. Dessen Trompeter ersiehet in der Studier-Stube das Paradieß-Gaertlein (bey Joh. Beithmann zu Jena 1621. gedruckt / in schwartzem Leder mit vergueldtem Schnitt und gruenen Baendern) und nimmts zu sich. Am 7. Jan. blaettert er drinn / das siehet der Lieutenant / reists ihm augenblicks ungestuemmlich aus den Haenden / eilet damit nach dem Ofen / und wirffts ins Feuer / bleibt bey einer Viertheilstunde dabey stehen / biß ihn duencket / es muesse nun zu Pulver seyn. Von dannen verfueget er sich in den Hof / und spricht zum dasigen Trompeter: Er solle nun suchen / er werde wol Asche finden aber kein Buch. Die Wirthin hatte eben starck Feuer gemacht / vermeynte also / es seye dem Lieutenant zu warm / und eile er aus Ungedult nach dem Ofen / das Feuer selbst zu stoeren; von dem sich klaeglich stellenden Trompeter aber auf die beschehene Frage eines andern / und der unbesonnenen That verstaendiget / kan sie sich der Thraenen nicht enthalten / weßwegen eine von des Lieut. zwo Toechtern hoenlaechelnd spricht: Was weynet ihr? die Schand-Buecher! Sind sie wol eines bessern wehrt? Das ist nun das sechste / so meine Vatter zum Feuer geschiket. Wie dem allen / ueber eine gute Stunde wil die Wirthin zum Braten etwas glueende Kohlen aus dem Ofen langen / und ziehet unvermerckt bemeldtes Paradieß-Gaertlein auf der Schaufel mit heraus / gantz unversehret / sauber und schoen / wie es [10v] hinein geworffen worden. Sie erstaunet vor Verwunderung / bald weinet sie vor Freuden / und spricht unter andern zu den Ihrigen: Nun / liebe Kinder / wie GOtt die drey Maenner im feurigen Ofen; also hat er auch diß Buechlein in der Glut erhalten / darum lasset uns bey GOttes Wort / daraus dieses Buechlein gezogen / bestaendig bleiben. Der Trompeter selbst musste die Allmacht und Wunder GOttes dießfalls erkennen; der Lieutenant hingegen wurde nichts besser / sondern je mehr es auskam / je hoeher empfunde ers / daß er dem Wirth den Tod schwure / ihm auch von Wetzlar aus verschiedene mahl vorpassete / und einstens richtig erschossen haette / wenn er sich nicht vorgesehen / und GOtt gute Leute darzwischen geschicket / die solches verhindert. Wiewol die Wirthin dieses Buechlein zum Gebrauch und Andencken selbsten gern beybehalten / ists doch von der Obrigkeit des Orts abgefordert / und dem Herrn Hauptmann zu Giesen / und von ihm Landgraf. Philipps zu Hessen Durchl. nacher Butzbach eingelieffert worden / woselbst es noch in der Fuerstl. Bibliothec zu ewigem Gedaechtnis verwahrt und gezeiget wird. Der gottlose Lieutenant ist um Michaelis 1626. auffm March nach denen Niederlanden zu Coelln an einem hitzigen Feiber erkrancket / und hat endlich / als ein toller Hund rasend / seinen unseligen Geist auffgegeben; wie solches Harßdoerff. im Schaupl.Lust- und Lehrr.Gesch. Th. 5. Gesch. 102.[1] aus des Mercure Francois Tom. 10. f. 309.[2] gruendlich anfuehret / und
II. beyfueget / daß / als Anno 1645. 25. Octob. zu Kreutzendorff bey Lischwitz in der Schlesie im durch Verwahrlosung eines Jungen des Nachts entstandenem Feuer einem Quartiermeister vom Goertzischen-Regiment der Wagen im Quartier mit verbrannt / und er nach dem Brand das darauf gewesene Zien und Kupffer aus der Asche zusammen suchen wollen / habe er ueber alles Gedencken das dabey gelegene Paradieß-Gaertlein gantz unversehret / und ohne daß man einen Brand daran riechen koennen / wieder gefunden. Wie wol gemeldter Hr. Obrister [11r] viel andern Befehlshabern mit eydischer Bejahung erzehlt / und dessen gantzem Regiment auch vielen dasigen Buergern unverborgen war. W[e]iter
III. ueberschrieb ein vornehmer Brehmischer von Adel dem Verleger Staadischer im J. 1687. beschehener Außfertigung (Caspar Holweinen) von seinem alten im J. 1623. zu Luebeck gedrucktem und zugleich mit eingesandtem Paradieß-Gaertlein folgendes eigenhaendig:
„Demselben dienet nachrichtlich / mit warhafftem Berichte / daß zwischen dem 15. und 16. des letztverwichenen Martii 1687. Nachts um 12. Vhr mein Wohnhof / Freudenthal genant / im Kirchspiel Behlem / Ampts Neuenhauß / in eine grausame Feuersbrunst (woher / ist Gott bekant) gerahten sey / also / daß wo nicht durch Gottes Gnade ein Knecht erwachet / 13. Seelen darin verbrant waeren: und kaum so viel Zeit mehr gewesen / daß ich samt Frau und Kindern / jedoch nicht ohne grosse Beschaedigung / entrinnen koennen. Als es Tag ward / und viele Einwohner zu versuchender aber vergeblicher Rettung sich anfunden / kam auch der Hr. Hoffger. Assessor von N. mir das Leid zu klagen. In desselben Gegenwart brachte mir ein junger Haußmanns-Sohn mein Betbuechlein / oberwehntes Paradieß-Gaertlein / welches er mitten in der grossen Glut / da meine taegliche Stube gewesen war / gefunden und heraus geholet hatte. Darueber fassete mein Herz / obschon bey so grosser Betruebniß / dennoch eine Zuversicht / daß ich sagte: Hat Gott dich daselbst / da das Feuer am staercksten gewesen / erhalten / und mir sonst alles genommen / aber sein Wort nicht / so wil ich dich zum Gedaechtniß / so lang ich lebe / behalten / etc.“
Dieses Buechlein haben / des Verlegers Bericht nach / viel vornehme Leute in Staade gesehen: Es seye zwar der Band gantz davon / und das Register oben ein wenig versenget gewesen / dem Buch aber selbst gantz kein Schade geschehen. Ist demnach wol ein rechtes Wunder / indeme das Feuer / so damal gantze Balcken und Steine / Zweiffels ohne auch andere Buecher verzehret / gleichwol dieses nicht gar drey Finger dicke Buechlein uebrig lassen muessen. Er meldet auch
IV. ihm sey von einer gewissenhafften / unverdaechtigen / geistlichen Person berichtet / daß vor ungefehr 2. Jahren (von selbiger Edition an zu rechnen) im Hildesheimischen / und zwar ihres Behalts etwa zu Bockeln / dergleichen mit vielgedachtem Paradieß-Gaertlein im Feuer sich zugetragen: Weilen aber selbiger Zeit der eigentliche Verlauf dem Verleger noch nicht kund war / auch nach dem niemand / unseres Wissenes / sich dießfalls weiter bemuehet / als waere zu wuenschen / daß doch der Ends jemand den Grund untersuchte / und von einer so wichtigen Sache gewierigen Bericht abstattete.
Vnsers Orts erkennen daher nicht allein das sonderbare Wolgefallen / so GOtt ob den geistreichen Schrifften des sel. Hn. Arnds traeget / indem er ja solche wider alle Vernunfft erhaelt / zweiffels ohn auch kuenfftig hin retten / schuetzen und erhalten wird / sondern auch wie lieb wir dieses Buechlein haben / und wie gerne wir daraus beten sollen / als welches GOtt selbst mit Wundern bekraefftiget und gleichsam gut geheissen hat. So hoere dann HErz / und erhoere uns / wenn wir daraus zu dir ruffen!
Von des Paradieß-Gaertleins Erhaltung und Nutzen ist auch Hn. Scrivers Seelenschatz im Anhang des 4. Theils zu besehen.
Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ Georg Philipp Harsdörffer: 102. Joh. Arnds Paradiß-Gärtlein, in: Der Grosse Schauplatz Lust- und Lehrreicher Geschichte, Zweiter Band, Fünffter Theil, zeno.org
- ↑ Jean Richer, Théophraste Renaudot: Historie de notre temps in: Mercure Francois, Band 10, Paris 1624, S. 308-309 (französisch)