« [[Ostindianische Kriegsdienste/|]] Johann Jacob Saar
Ostindianische Kriegsdienste
1. Kapitel »
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[III]
Erklärung des Kupfer-Tituls.

WAs Nutz Meerfahren bringt / ist zwar der Welt schon kund:
Man führet so zu Uns / der fremden Länder Waaren.
Dem Nutzen folgt die Lust. Frag / was vor Lust es gunnt?
Der Echo Gegenlaut / antwortet dir: Erfahren.
     Erfahrung bringt / die Fahrt: Der / schiffet über Meer /
     und holet / Wissenschafft von fernen Landen / her:
daß Ich zu Haus im Buch / kann alle Welt durchreisen.
     Der Teutsche / deutet diß in Seiner Sprache an /
     die der Natur gemäß die Sachen nennen kann:
Das Wort / Erfahrung / muß Ihm von den Fahren heisen[1]
     Das Schiff / pfeilt durch die Flut / erzielet manchen Fund:
Es führt Europen hin / und bringt nach vielen Jahren
uns Asien zu rück / ja gar das gantze Rund.
Ein Beyspiel sihe hier / und schaue an Herr Saaren.

[IV]
DISCOURS
Uber die
Holländische Kriegs-Dienste:
In
Ost-Indien.
D. W.
[V]



[VI]
Deme
Erbarn und Vesten
Herrn Georg Fierer /
Eines Wohl-Edlen / Bestrengen /
Fürsichtig- und Hochweisen Rahts der freyen
Kaiserl. Reichs-Stadt Nürnberg wohlverordnetem
Banchier,


Meinem Großgünstigen / wehrt-geliebtesten
Herrn Bevattern / und altem grossen
Freund und Gönner.


Erbarer und Vester /


ES ist schon eine geraume Zeit dahin / da Wir / in unserer Kindheit / und Jugend / einander bekannt worden sind / in damahls gemeiner unserer Information bey unsern seel. Herrn Præceptoribus, sonderlich Johanne Gravio, dessen Wir / und

[VII] noch mehr mit Uns Seine gewesene Discipuli, billich mit Ehren in Seinem Grab gedenken. Nach der Hand aber / da E. E. und Vest / die / in so frühen Jahren unsers Lebens angefangene / Freundschaft großgünstig Sich gefallen lassen zu continuiren / und Mir / und den Meinigen / in vielen particular-Stücken / zum Theil mit Raht / und That / löblich / und nützlich / an die Hand gegangen / so wohl vor / als nach / der Zeit / da Ich Mich gar erkühnet / Selbe Mir zu einen lieb-wehrten Herrn Gevattern zu erbitten; zum Theil mit manchen schönen Discursen, zu vielen mahlen / Mich mit Lust / und Nutz / zu belehren / dazu Selbigen / neben vieler Conversation mit Fürsten / Graven / und Herren / so in Teutschen / so Welschen Landen / die eigene Reisen / und solchen Orten erlernete Sprachen / auch darinn gelesene manche rare und schwehre Schriften / so glücklich geführet; zum Theil mit Darweisung unterschiedlicher / so in Europa, so ausser demselben / zur Hand geschaften Raritäten; zumahlen eines Schlangen-Balgs / der / uneracht schon ausgedorret / und wohl um ein merckliches eingegangen / dannoch über fünf Ellen lang / und in der Breiten einen Werk-Schuh betraf / dadurch denen der Mund gestopfet worden / die / in des seeligen Herrn Saarens erstesmahls aufgelegtem Reis-Buch / mit Verlachen anstehen wolten / da Er von so grossen Schlangen redete / die Er gesehen / daß Menschen / und Vihe / verschlungen hatten; daß Ich / um besagtes alles willen / schon vorlängsten Ursach gehabt habe / neben den bißher nur [VIII] gegebenen / in der Stille verbliebenen Wort-Dank / auch einmahl einen öffentlichen Dank abzulegen / und ungescheut zu bekennen / daß / da Ich auch ermeldtes Itinerarium erstesmahls zum Druck befördert / Ich eines / und anders / durch / mit E. E. und Vest / gepflogene Discursen, mit grösserer Confidenz hingesetzet habe.

Nachdem es aber also viele Nachfrag gemacht / daß selbige Exemplaria beyzeiten abgegangen / und zum andernmahl aufgelegt werden sollen / und von E. E. und Vest inzwischen gemachte Communication dergleichen Reis-Bücher / hie und da eine / fast so grosse / Vermehrung / als das jenige erste Werk war / an die Hand gegeben / wodurch des seel. Reisenden bey vielen unbeglaubtere Erzählungen confirmiret werden kunnten / hat es je nicht wohl anderst seyn können / als daß Ichs nicht so wohl meinem eignen Lesen solcher communicirten Autorum, als an die Hand gegebenen Erinnerungen / zuschreiben müssen / davon diese andere Emission fast um so viel gewachsen / als die erste war / und deßwegen etwan eher ein neues Werk heisen mögte / daran nicht so wohl Ich / als E. E. und Vest gearbeitet hätten. Um deßwillen zweifle Ich nicht / E. E. und Vest werden es desto geneigter an- und aufnehmen / weil es sich mehr dahin gesehnet / wo es herkommen ist / als da bleiben wollen / wo es in Handen war.

An Sich ists E. E. und Vest zwar nichts Neues / die derer Dinge mehr gelesen haben / und zuvor

[IX] wissen; Das ist aber das Neue daran / daß Ichs E. E. und Vest dienst-freundlich dedicire / und zuschreibe / das alte damit zu bekräftigen / daß das ein Werk meines Danks sey / und ein öffentliches bleibendes Testimonium, meiner / einen Weg als den andern / haftenden Schuldigkeit / die / weil es nach Würden abzustatten in andern nicht seyn kann / mit ferner beharrendem Gebet / wie für E. E. und Vest: Also auch für dero Wohl-Edle Ehe-Liebste / und sämtliche lieben Angehörigen / ja gantze wohlfürnehme Fiererische Familia, die Mich / und die Meinige / anderweit unterschiedlich hoch obligiret / dessen Ich billich auch mit Dank Mich erinnere / Seel und Leibes beständigen Wohlergehen erwiedert werden solle von


Nürnberg / den 1. Martii,

Anno 1672.


E. E. und Vest

verbleibendem

Gebet- und Dienst willigem


Daniel Wülfern / Predigern
zu St. Lorentzen / und P. P.
[X]
Günstiger Lieber Leser!


ES ist nicht unbewust / daß hiebevor derer mehr gewesen / die die Orientalische Indien / so wohl / was / der Geographi nach / eigentlich Indien heiset / intra und extra Gangem : als was man ins gemein Ost-Indien heiset / und die Insul Ceilon, die Insul Java, Amboina, Banda, und dergleichen / unter solchen Namen / mitgebrauchet / aufs fleissigste beschrieben haben / um weßwillen man meinen mögte / dieser zum andern mahl wieder aufgelegten Reis-Beschreibung die Welt wohl entbehren könnte / bey solcher vorhin der Bücher / und Bücherschreiber / Menge / um welches willen auch die Reise dahin / im Eingang gegenwärtiger Beschreibung kürtzer verfasset ist / Zum Theil / weil sich nichts sonderliches begeben: Zum Theil / weil die Passage, und die unter Wegs ligende Ort dahin / bey andern wissend / und zu finden sind; Um weßwegen auch die Gradus Longitudinis, und Latitudinis, ausgelassen sind / weil sie in der Mappa und Land-Charten / Jedermann / vor Augen [XI] stehen / und leicht abgecircult werden können / weil / wie sie einmahl stehen / allezeit stehen / so lang die Insul / und der Ort / stehet / wie er gestanden ist.

Uneracht aber dessen / wie sich nur in einem kleinem Hauswesen / in wenigen Jahren / viel ändert / und wenn der alte Possessor Selbst wieder kommen solte / es fast nimmer kennen mögte: Also ists vielmehr in grossen Insulen / oder Königreichen / in denen viel grössere Mutationen sich finden / entweder / weil sie gar fremde Herren bekommen / und mit denen neue Gesetz / Kleidung / Gebrauch / Speise / Tranck / und so fort; oder / weil die Innwohner Selbst neue Vortheil / und Arten / so klüglich ersinnen: so aus Noht wohl gezwungen werden zu ersinnen. Daher eben in dieser Beschreibung viel geändert zu finden / was andere zu Ihren Zeiten beobachtet haben: Viel aber beygefügt / was von andern nicht bemercket worden ist; am meinsten / was sich in denen damahligen funfzehen nechstverwichenen Jahren / also am jüngsten und neuesten begeben hat; welches zum guten Theil auch confirmiren die hierinn allegirte Autores, und insonderheit der fürtreffliche / wohlversuchte Meckelburgische von Adel / Herr Johann Albrecht von Mandelslo seeligen Angedenkens; Johann von der Behr / der von Anno Christi 1641. biß Anno 1649; Jürgen Andersen aus Schleßwig / so Anno Christi 1644. biß in das 1650. Jahr; Volquard Iversen / der Anno 1655. biß in das 1668; Albrecht Herport / der Anno 1659. biß auch in das 1668. und des seel Autoris gewesener guter Freund / Johann Jacob Merklein / der Anno Christi 1644. biß in das 1653. Jahr viel in [XII] Ost-Indien Sich aufgehalten / und dem gedachtem seel. Autori in gar vielen Zeugnus gegeben haben.

Was aber gegenwärtiges betrifft / wäre zwar ein mehrers zu geben gewesen / weiln der Autor auf viel Jahr alles von Tag zu Tag genotiret hat / und gäntzlichen verhoffet / es also zu continuiren / biß alles beysamm wäre in Seiner Retour; Sintemahl aber solches / durch Unglück zur See / leider! verlohren gangen / und inzwischen auch Selbst verschieden / wird der günstige Leser doch dieses / wessen Er Sich noch eigentlich erinnert / und observiret / hat / mit mehrern Umständen von andern auch bemercket / nicht unbelieben lassen / und Sich versichern / daß Er die pur lautere Warheit testiret / ohne einigen Zusatz einiges Dinges; allermassen Er es meinst Selbst gesehen / Selbst erfahren / Selbst Mündliche Rede und Antwort darum zu geben Sich in Seinem Leben erbotten / im übrigen den Günstigen Leser zu allen möglichen Diensten Sich gebührend offeriret, und von Hertzen gewünschet / daß Jedwederm bey den Seinigen glücklicher ergehe / als Ihm Selbsten / dessen manche Travaglien Er hierinnen finden wird.

[XIII]
Abschied des Autoris, den Er zu Batavia erhalten.
ICK BURCHART COCKX, eerste Capiteyn in dienst van de Ho: Mo: Heeren Staten General der vereenichde Nederlanden, mitsgaders de Edle Heeren Bevvinthebberen der geoctroyeerde Oost-Indische Compagnie onder t’gesach en beleyt van de Edle Heer Joan Maetsuycker Gouverneur Generael over alle Steden, Forten, Scheepen, Jachten, Volckeren, en Natien in Orienten, doen cunt ende verclare mits desen, dat Hans Jacops Saar van Neurenburch, de tyt van ongeveer vyftien, aen en volgende Jaren, in qualité voor Adelborst onder myn Companie ende Commando, gevveest is, binnen vvelken tyd hy sich in alle voorvallende occasien en de viands rescontren (soo te Water als te Lande) Manhaftich ende eerlievent als een vroom soldaet hem heest gequeten, ende nu laetst inde belegeringe stormen ende overvvinninge der vermaerde Portugeese Stad Colombo, geleegen opt groot Eylandt Cheylon, sulckx getoont ende bevveesen, soo dat dier oorsaecke, ende den dienst onser Heeren Mayores sulcks vereyschende, niet eender heest connen nac desier gerelargert vverden, nu by persisteeringe; om sich naert liere Vaderlandt te transporteeren geneegen blyft, demoedelyck dese getuygenisse, aengaende syne goede getrouvve diensten, aen my heest versocht, t vvelcke hem niet en hebbe vvillen nock kunnen resuseeren, maer mits desen in amplissimâ formâ goetgunstelyck verleent, Versoecke derhalven aen alle Gheestelycke en Wereltlycke persoonen, t’sy van vvat staet of conditie deselve souden mogen vvesen, voorst. Hans Jacops Saar vry en onverhindert te laeten passeeren ende repasseeren sonder denselven aen te doen eenige verhinderinge nock Empeschement aen lyf nock goet, Maer ter contrarie alle hulpe ende faveur (des noot synde:) te bevvysen, sullen ons in diergelycke gelegentheyt aen alle vroom eerdragende boorsten verpflicht ende verschuldicht houden. Toirkonde hebben dese met eygen handt ende Signature bevesticht. ICh Burckhard Koch / vorderster Capitain in Diensten der Hochmögenden Herrn General-Staten, der vereinigten Niederlanden / wie auch der Edlen Herrn Theilhabere der befreyten Ost-Indianischen Compagnie, unter dem Gebiet des Edlen Herrn Johann Maßzuckers / General-Gubernators über alle Städt / Schantzen / Schiffe / Jachten / Völcker / und Nationen / in Orient / Thue kund / und bekenne hiemit / daß Hanns Jacob Saar von Nürnberg / die Zeit ungefehr Funfzehen Jahr aneinander in Qualität der Adelspursch unter meiner Compagnie und Commando gedienet hat / in welcher Zeit Er Sich in allen vorgefallenen Gelegenheiten / und feindlichen Begegnussen / so wohl zu Wasser / als zu Land / Mannhaftig und ehrlich / als ein redlicher Soldat / erwiesen / und solche Seine Treu und Dapferkeit / vornehmlich unlängsten in der Beläger-Stürm- und Einnehmung der berühmten Portugäsischen / auf der grossen Insul Ceilon gelegenen / Stadt Columbo, bezeiget hat; Also / daß Er hierum / und weiln es Unserer Herrn und Obern Dienste erforderten / nicht eher Seinem Verlangen nach hat erlassen werden können / anjetzo aber / und bey vorgenommener Heimraiß nach den geliebten Vatterland / und dieses Gezeugnus Seiner geleisteten guten und getreuen Diensten / mich demütig ersucht / welches Ich Ihme dann nit habe versagen wollen noch können / sondern hiemit in bester und kräftigster Gestalt genaigt günstig verliehen. Ersuche demnach alle Geistliche / und Weltliche / Personen / Sie seyen wes Stands / und Gelegenheit / Sie wollen / vorbenannten Hanns Jacob Saaren / frey und unverhindert / ohne einige Aufenthalt / oder Kränckung an Leib / oder Gut / passiren / und repassiren / zu lassen / und Ihme benebens / alle Hülfe und Gunst / (da Er deren bedörftig) zu erweisen; dagegen Wir Uns in dergleichen Begebenheit allen frommen ehrliebenden Hertzen verpflichtet / und zu dienen schuldig / halten. Zu Urkund habe Ich diesen Brief mit eigner Hand / und Pittschafft / bekräftiget.
Gedaen ende gegeven inde gefortificeerde Stad Batavia opt’ Eylandt groot Iava, desen 16. Novemb. 1659. Geschehen und geben in der bevestigten Stadt Batavia, auf der Insul Java Major, den 16. Novemb. 1659.
(L. S.) BURCHART COCQX. (L. S.) Burckhard Koch.

  1. Erfahren / experiri, ist der Metaphorische Verstand des Wortes Erfahren / vectando vel velificando adsequi: wird also das Wort Erfahrenheit / gar bedeutsam von Fahren abgeleitet: weil / durch Reisen zu Land und Wasser / die Welt-Erfahrung erlanget wird.