Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ostermorgen
Untertitel:
aus: Der Wahre Jacob
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: J. H. W. Dietz
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Der Wahre Jacob, Nr. 174, Seite 1433
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[1433]

Ostermorgen.
(Siehe das Bild auf der Titelseite.)

Wie sie dahin in Feierkleidern wallen,
Von frommen Betern ein gewalt‘ger Strom!
Die Orgel braust, die Osterglocken hallen
Und Haupt an Haupt erfüllt den weiten Dom.

5
Den sie ans Kreuz auf Golgatha geschlagen

Und dessen Gruft mit Wachen sie umstellt ―
Er stand vom Tode auf nach dreien Tagen
In Herrlichkeit ― der Heiland dieser Welt!

Ein Wunder war’s. Und dennoch kann in Schweigen

10
Vor diesem Glauben fest und unverzagt

Sich auch der Sohn der neuen Zeit verneigen,
Der allem Glauben längst schon abgesagt.
Muß doch auch er in gläubigem Vertrauen,
Von Hohn und Spott der Feinde unbewegt,

15
Nach einer Gruft seit vielen Jahren schauen,

In die den Leib der Freiheit sie gelegt.

Sie kam, den Frieden in die Welt zu bringen
Und ihre Rechte war von Blute rein;
Man schritt entgegen ihr mit Psalmensingen

20
Und über Palmen zog die Hehre ein.

Doch nur zu bald ist sie dem Haß erlegen,
Den ihre milde Größe nicht gerührt
Und der auf krummen, vielgewundnen Wegen
Mit arger List der Armen nachgespürt.

25
Sie ward verrathen an der Feinde Rotte,

Verleugnend hat der Freund sich abgewandt;
Sie ward verhöhnt mit giftig-kaltem Spotte,
Sie ward gekreuzigt von des Henkers Hand,
Und als die letzten Worte sie gestammelt

30
Als ihrer Milde schönes Unterpfand,

Da war am Fuß des blut’gen Stamms versammelt
Ein Häuflein nur, das treue Liebe band.

Man schloß ins Grab die dorngekrönte Leiche,
Die speerversehrte, wundenreiche, ein,

35
Und daß zu ihr sich nächtlich Keiner schleiche,

Wälzt vor die Gruft man einen schweren Stein.
In Helm und Harnisch ziehn die ruhelosen,
Die finstern Wächter um das Grab ihr Rund
Und ihre schweren Hellebarden stoßen

40
Die Söldnerfäuste klirrend auf den Grund.


Und dennoch wird der Ostermorgen kommen!
Da blendet sie ein wundersamer Schein
Und in die Kniee sinken sie beklommen
Und fortgewälzt ist von der Gruft der Stein,

45
Und tausend Stimmen künden’s allen Landen

Und jeder Brust, die Leid in Treuen trug:
„Es ist die Freiheit glorreich auferstanden,
Die man ans Kreuz mit blut‘gen Händen schlug!“
                                                                                R.L.