Nachrichten und Gedanken von der Elektricität des Donners

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Autor: Christlob Mylius
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Titel: Nachrichten und Gedanken von der Elektricität des Donners
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aus: Physikalische Belustigungen. Siebenzehntes Stück, S. 457–493
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Erscheinungsdatum: 1752
Verlag: Christian Friedrich Voß
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Scans auf Commons
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[457]

I.
Nachrichten und Gedanken
von der
Elektricität des Donners.


Ich freue mich, daß ich in dieser Abhandlung Gelegenheit habe, dasjenige durch klare Exempel zu beweisen, was ich in der Vorrede zu dem ersten Bande dieser Monatschrift sagte, daß man nämlich nicht alle diejenigen physikalischen Untersuchungen verwerfen, und als unnöthig ansehen solle, welche nicht einen gleich in die Augen fallenden Nutzen haben. Es ist ein sicheres Kennzeichen niedriger Geister, wenn man den menschlichen Verstand nur zu einem Werkzeuge des Wuchers machen und die Wirkung gelehrter Bemühungen sogleich in seinem Beutel fühlen will. Die Entdeckung und Bestätigung der Wahrheit ist allemal Nutzen genug für edle Seelen, und unsere Bequemlichkeit und Nothdurft wird doch meistens auch dabey gewinnen.

[458] Die elektrischen Versuche wurden anfangs von vielen nur als gelehrte Spielwerke angesehen. Viele Gelehrte spielten auch wirklich mit der Elektricität, und sie thun es auch noch: dieses kann aber dem wahren Nutzen derselben keinen Eintrag thun. Ihr Nutzen in Heilung vieler Krankheiten ist bereits durch fast unzähliche Versuche augenscheinlich erwiesen: obgleich noch viele Aerzte, welche auf das Receptschreiben geschworen haben, es noch nicht begreifen können, daß es noch andere Arzneymittel, als Pillen, Pulver und Tropfen, geben kann; weil sie die elektrischen Curen mühsamer, und nicht so einträglich befinden.

Ein anderer höchstwichtiger Nutzen der Elektricität ist die Entdeckung der Aehnlichkeit derselben mit dem Donner und Blitz; eine Entdeckung, welche das itzige 1752ste Jahr vor hundert andern merkwürdig macht, und für deren Richtigkeit uns so viele in diesem Jahre glücklich angestellte Versuche die Gewähr leisten.

Es ist ohnstreitig kein anderer, als der Herr Benjamin Franklin, zu Philadelphia in America, welcher vor 3. Jahren daselbst durch Schlüsse entdecket hat, was man im verwichenen Sommer in ganz Europa durch unmittelbare Versuche wahr befunden. Es ist ein Vorzug großer Geister, die Geheimnisse der Natur durch Muthmaßungen zu errathen und Hypothesen zu machen, welche durch die Erfahrungen anderer zu Wahrheiten werden. Newton wußte, ohne unter die Linie und unter den Polarzirkel zu reisen, daß die Erde sphäroidisch sey; und diejenigen, die dieses durch die Erfahrung so befunden, [459] haben zwar mehr Mühe, als jener, gehabt: aber sie haben weit mehr für Newtons, als für ihre eigene Ehre, gearbeitet. Eben so sind so viele Naturforscher dieß Jahr in Europa beschäfftiget gewesen, Franklins Meynung, daß es mit der Elektricität und dem Donner einerley Beschaffenheit hat, durch Versuche zu beweisen. Ich habe diese Versuche sorgfältig gesammlet, und ich hoffe, die Wichtigkeit derselben wird mir von meinen Lesern einen Dank zuwege bringen, daß ich sie ihnen hier mittheile.

Ehe ich aber dieses thue, muß ich sagen, worinne des Herrn Franklins, dieses gelehrten Quäckers, Meynung bestehet. Ich will ihn fast mit seinen eigenen Worten reden lassen. Er hat in den Jahren 1747. 1748. und 1749. verschiedene Briefe an seinen guten Freund und Mitquäcker, Herrn Collinson, in London, geschrieben, in welchen er ihm seine neuen Versuche und Bemerkungen in der Elektricität meldet. Diese Briefe wurden im verwichenen Jahre zu London zusammen gedruckt, und kamen unter folgendem Titel heraus: Experiments and Observations on Electricity, made at Philadelphia in America, by Mr. Benjamin Franklin, and communicated in several Letters to Mr. P. Collinson, of London, F. R. S. London. printed and sold by E. Cave, at St. John’s Gate, 1751. In Quart, 86. Seiten. Ich habe das Englische Original vor mir, und nicht die Französische Uebersetzung. Ich habe diese zwar nicht gesehen: aber ich habe gar kein Vertrauen zu Französischen Uebersetzungen. Wenn wird es ein Franzose der Mühe werth achten, eine Schrift eines [460] Ausländers zu übersetzen, ohne etwas wegzulassen, oder hinzu zu thun, oder sie mit seinen Einfällen zu vermischen? Was die Elektricität des Donners betrift, ist in dem vierten Briefe und in dem ersten Anhange enthalten; woraus ich also einen Auszug machen will.

Herr Franklin glaubt, daß nur die Wolken, welche aus der See aufsteigen, elektrisch sind; die aber aus dem Lande aufsteigen, sehr wenig, oder gar nicht. Er schreibt das in der See enthaltene elektrische Feuer dem Meersalze zu. Die Gegenwart dieses elektrischen Feuers in der See beweiset er daraus, daß, wenn die Oberfläche der See gerieben wird, sich dasselbe sichtlich von unten auf sammlet. Man sieht es in der Nacht, wenn das Fördertheil des Schiffs die See durchschneidet; bey jedem Ruderschlage zeigt es sich, und bey Stürmen scheint die ganze See in Feuer zu stehen. Durch die heftige Bewegung des Meeres und durch die Wärme der Sonne steigen wässerige mit elektrischem Feuer vermischte Dünste in die Höhe, welche hernach elektrische Wolken ausmachen. Solche aus dem Meere gestiegene Dünste vereinigen sich mit Lufttheilchen. Die Luft ist ein an sich elektrischer Körper: denn sonst würde kein Körper elektrisiret werden können. Wenn man unmittelbar zwischen die Glaskugel einer elektrischen Maschine, und eine Stange Holz oder Eisen, Pech oder Siegellack stellte, so würden das Holz und das Eisen nicht elektrisch werden. Also, wenn nichts, als trockene Luft, zwischen dieser Glaskugel und der Stange Holz oder Eisen, oder jedem nicht an sich elektrischem Körper [461] ist, so werden letztere nicht elektrisch. Wenn dieses letztere geschehen soll, so müssen wässerige Dünste in der Luft seyn. Soll aber ein Haufen wässeriger Dünste, oder eine Wolke, die Stelle der Glaskugel an der elektrischen Wolke vertreten, und einen an sich nicht elektrischen Körper, z. B. eine Landwolke, elektrisiren können, so muß elektrisches Feuer darunter seyn.

Gemeines und elektrisches Feuer mit wässerigen Dünsten vermischt, macht, daß die dazwischen befindliche Luft sich ausdehnet und in die Höhe steigt. Die Wassertheilchen ziehen einander an, so, wie die Lufttheilchen einander zurückstoßen. Wenn die Anziehungskraft einer Menge wässeriger Dünste größer ist, als die Fortstoßungskraft der Lufttheilchen, so kommen die Wassertheilchen näher zusammen; sie berühren einander und fallen, nach Beschaffenheit, als Thau, oder als Regen, auf die Erde.

Die durch die Bewegung der See und durch die Sonnenhitze aus der See aufgestiegenen Dünste können höher steigen und länger in der Luft bleiben, wenn sie sowohl mit elektrischem, als mit gemeinem Feuer, vermischt sind. Denn wenn diese Dünste in die kältesten Gegenden über das Land kommen, so vermindert die Kälte das elektrische Feuer nicht, wohl aber das gemeine Feuer. Daher, weil die Landwolken einen guten Theil ihres Feuers leicht verlieren, so können sich die wässerigen Dünste nicht lange in der Luft erhalten, sondern fallen bald und oft als Regen hernieder. Aber von Seedünsten entstandene Wolken haben sowohl gemeines, als auch vornehmlich viel elektrisches Feuer in sich. Sie erhalten [462] sich also lange in der Luft, steigen hoch, und wenn sie durch Winde fort gewehet werden, so kommen sie mitten von der weitesten See mitten über das entfernteste größte feste Land.

Wenn diese Wolken gegen Berge getrieben werden, so ziehen diese wenig elektrischen Berge dieselben an, und wenn sie selbige berühren, so nehmen sie ihnen ihr elektrisch Feuer, (vermöge dessen, was die bekanntesten elektrischen Versuche lehren) und auch, wenn sie kalt sind, das gemeine Feuer. Also hängen sich die Waasertheilchen an die Berge und an jeden ihnen entgegen stehenden dergleichen Körper an. Wenn die hergetriebene Luft nicht gar zu viel wässerige Dünste in sich hat, so fallen sie nur an die Spitzen und Seiten des Berges, machen Quellen und laufen als Wasser in kleinen Bächlein in die Thäler herab, aus deren Vereinigung größere Ströme und Flüsse entstehen. Hat die Luft viel wässerige Dünste und elektrisches Feuer in sich, so geht dieses auf einmal aus der ganzen Wolke, und indem dieses geschieht, giebt es einen starken Blitz und Knall. Da dieses Feuer, welches die Wassertheilchen von einander abgesondert erhielt, nunmehr weg ist, so vereinigen sich dieselben plötzlich, woraus ein Platzregen entstehet.

Wenn eine Reihe Berge die Wolken also aufhält, und aus der ersten Wolke, welche sie berühret, das Feuer heraus ziehet, so verliert gleichfalls die ihr zunächst folgende Wolke, wenn sie an sie kommt ihr Feuer mit einem Knall und Blitz und läßt ihr Wasser fallen. Wenn nun also die erste Wolke, welche itzt wieder elektrisch Feuer bekommen hat, [463] wiederum bey Berührung der Berge blitzt und donnert, so macht es die dritte, wie die zweyte; und so geschieht es mit allen den folgenden, welche sich auf 30. Landmeilen weit erstrecken. Dieses lehret die Erfahrung auf Gebirgen an der Seeküste, besonders auf den Nordostlichen Gebirgen von Südamerica.

Wenn ein Land eben ist, und die elektrischen Wolken keinen Bergen begegnen, so sind doch noch Mittel vorhanden, durch welche sie ihr Wasser können fallen lassen. Denn wenn eine elektrische aus der See kommende Wolke einer Landwolke, welche also nicht elektrisch ist, begegnet, so theilt die erstere der letztern ihr Feuer durch einen Knall mit, und also lassen beyde Wolken geschwind ihr Wasser fallen. Bey der Seewolke geschieht dieses deßwegen, weil das die Wassertheilchen von einander abhaltende Feuer vermindert ist, und also dieselben nunmehr zusammen hängen und zu Tropfen werden. In der Landwolke verursachet das ihr mitgetheilte elektrische Feuer den Regen, weil das hierdurch erfolgte Anziehen und Zurückstoßen der elektrisirten Dünste macht, daß diese sich vereinigen und gleichfalls zu herniederfallenden Tropfen werden. Die durch den Knall in der Luft verursachte Erschütterung macht, daß das Wasser nicht nur aus diesen beyden, sondern auch aus andern umher befindlichen Wolken herunter fällt. Daher entstehen die plötzlichen Regengüsse, welche unmittelbar nach den Blitzen erfolgen.

Wenn viel elektrische Seewolken zugleich auf viel unelektrische Landwolken stoßen, so blitzt und donnert es zugleich an verschiedenen Orten.

[464] Die aus einem irregulären elektrischen Körper ausfahrende Stralen sind in einiger Entfernung niemals gerade, sondern sie fahren krumm und wellenförmig durch die Luft. Eben so ist es mit den Blitzen; denn die Wolken sind sehr irreguläre Körper.

Da die Wolken an allen Erhöhungen anstoßen, und, wenn sie elektrisch sind, an denselben Knall und Blitz geben, so ist es gefährlich, bey einem Donnerwetter unter einen Baum zu treten.

Hingegen wenn einer auf dem freyen Felde ist, und der Blitz trifft ihn, so fährt er in das Wasser des beregneten Kleides: wenn aber seine Kleider trocken sind, so geht er in den Körper. Eine nasse Ratte kann man durch den Muschenbrökischen Versuch nicht tödten, wohl aber eine trockene.

Wenn das Elektrische Feuer durch einen Körper geht, so wirkt es in das in ihm enthaltene gemeine Feuer, bringt es in Bewegung, und wenn beydes in genugsamer Menge da ist, so entzündet es den Körper. Schweflichte und brennbare Dünste, welche aus der Erde aufsteigen, lassen sich leicht durch den Blitz entzünden.

Der Blitz schmelzt oft Metalle. Dieses geschieht aber vielleicht nicht durch die Hitze des Blitzes, sondern durch die heftige durch das elektrische Feuer verursachte Voneinanderstoßung der Theilchen des Metalls. Der Blitz zerreißt auch einige Körper. Der elektrische Funke macht auch ein Loch durch einen starken Bogen Pappier.

Nach dem, was hier gesagt worden, sollten auf der See, weit vom Lande, wenig Donnerwetter seyn. Einige alte Seecapitains haben dieses auch also befunden. [465] Auch auf den weit vom festen Lande entfernten Inseln sind sehr wenig Donnerwetter. Ein aufmerksamer Beobachter, welcher 13. Jahre auf Bermudas gewesen ist, sagt, daß in dieser ganzen Zeit weniger Donnerwetter daselbst gewesen, als er zuweilen in einem Monate in Carolina erlebet.

Der Blitz macht zuweilen blind, und durch die Elektricität hat Herr Franklin Tauben und Hühner blind gemacht.

Hales erzählt ein Exempel, daß der Blitz das Gold von einem Gemälde weggenommen, das übrige aber unverletzt geblieben. Eben dergleichen hat Herr Franklin durch elektrische Funken zuwege gebracht.

Die elektrischen Versuche lehren, daß scharf, wie Nadeln, zugespitzte metallene Körper die Elektricität in der Ferne allmählich an sich ziehen, und machen, daß sie keinen Funken und kein Geräusch von sich geben kann. Er glaubt also, wenn man solche spitzige Körper auf Häusern oder Schiffen aufrichtete, daß sie dieselben vor dem Einschlagen des Donners verwahren würden. Es müßte aber von diesen an ein Drat bis in Erde, oder auf dem Schiffe bis in das Tauwerk reichen. Auf diese Art würde das elektrische Feuer sich aus der noch weit entfernten Donnerwolke allmählich in die metallene Spitze ziehen und sich durch den Drat in die Erde oder in das Tauwerk vertheilen, ehe diese Wolke so nahe an das Haus oder an das Schiff heran käme, daß sie in selbiges einschlagen könnte. Und so würde diese Entdeckung von ungemeinem Nutzen im gemeinen Leben seyn.

[466] Um durch die Erfahrung zu sehen, ob die Materie der Elektricität und die Materie des Donners wirklich einerley ist, schlägt Herr Franklin folgenden Versuch vor. Man soll auf einen erhabenen Ort eine Art eines Schilderhäuschens, in welchem eine Person auf einen elektrischen Stativ stehen kann, stellen. Mitten aus dem elektrischen Stativ soll zur Oeffnung des Schilderhäuschens eine eiserne oben scharf zugespitzte Stange heraus gehen und 20. bis 30. Fuß in die Höhe reichen. Wenn das Stativ rein und trocken wäre, so würde die Person, wenn Donnerwolken niedrig über dem Schilderhäuschen weg zögen, bey Annäherung an die Stange elektrisiret werden, und Funken herauslocken, indem dieselbe Feuer aus der Wolke an sich zöge. Wenn die Person eine Gefahr befürchten sollte (welche zwar nicht zu vermuthen ist,) so darf sie nur unmittelbar auf dem Boden des Schilderhäuschens treten, und der eisernen Stange einen Drat oder andern unelektrischen Körper nähern, welcher an eine Handhabe von Wachs oder von einem andern elektrischen Körper angemacht ist. Also wird der Funke den Drat, und nicht die Person, treffen.

So weit Franklin. Bey dem ersten Durchlesen wird man dessen Meynungen für verwegen, hernach aber für sinnreich, und endlich für wahrscheinlich halten. Itzo will ich, durch Anführung der im Sommer 1752. in Europa deßwegen angestellten Versuche darthun, daß diese Meynungen in der Hauptsache, nämlich daß der Donner und die Elektricität einerley sind, durch die Erfahrung völlig bestätiget worden. Ich will diese Versuche nach den verschiedenen [467] Europäischen Ländern, in welchen sie angestellet worden, ordnen, und mit Frankreich anfangen, weil man sie daselbst zuerst gemacht.

Ich will, um als ein getreuer Geschichtschreiber zu verfahren, diese Nachrichten so her setzen, wie sie eingelaufen sind. Obgleich die meisten aus den Zeitungen genommen sind, so bin ich doch durch Briefe und andere Nachrichten von ihrer aller Richtigkeit überzeugt worden.


Frankreich.

Paris, den 26. May. Die neuen elektrischen Versuche, welche Herr Benjamin Franklin, zu Philadelphia in Nordamerica, angestellet hat, und welche durch die Uebersetzung seiner Briefe an den Herrn Collinson allhier bekannt worden, sind hier als sehr wichtig angesehen worden, und dieses durch die Muthmaßungen des Herrn Franklin von der Aehnlichkeit der Elektricität mit dem Donner, und durch die Mittel, welche er erfunden hat, sich davon zu überzeugen. Nachdem der König die vornehmsten dieser Versuche sehen wollen, so begab sich der Herr von Lor, welcher die meisten davon für wahr befunden, am 3ten Febr. mit den Herren von Buffon und Dalibard nach St. Germain en Laye, und hatte die Ehre, dieselben Sr. Majestät zu zeigen. Seit dem hat der Herr von Lor öffentlich alle Tage diese Versuche in seinem Cabinet der Experimentalphysik, auf dem Wippenplatze, mit gutem Fortgange, wiederholet. Nachdem dieser Naturforscher, wie auch der Herr Dalibard, sich gehörig vorbereitet, sich zu versichern, daß die Materie des Donners [468] und die Materie der Elektricität wirklich einerley seyn, so ist der Erfolg den Muthmaßungen des Herrn Franklin vollkommen gemäß gewesen. Die wichtigste darunter ist diese, daß man sich vor den Donnerschlägen verwahren könnte, wenn man an den höchsten Theilen eines Gebäudes oder eines Schiffes eiserne Stangen, 10. bis 12. Schuh lang, anmachte, welche sich mit einer sehr scharfen Spitze, die, den Rost zu verhüten, vergoldet seyn müßte, endigte, und wenn man an dem untersten Ende dieser Stangen einen messingenen Drat anmachte, welcher neben den Gebäuden in die Erde, und auf den Schiffen in die Schiffseile reichte. Nachdem also Herr Dalibard in der Stadt Marli eine eiserne Stange, ohngefähr 40. Fuß hoch, auf einen elektrischen Körper gestellet hatte, so nahm er wahr, daß, als den 10. May, nachmittags um 2. Uhr und 20. Minuten über den Ort, wo diese Stange war, eine Gewitterwolke zog, der dortige Geistliche, und etliche andere Personen, Funken und Erschütterungen aus dieser Stange gelocket, welche denen ähnlich gewesen, die man bey der ordentlichen Elektricität bemerket. Am 13. gab er der Königl. Akademie der Wissenschaften hiervon Nachricht. Nachdem der Herr von Lor auf der Poststraße bey der Wippe eine Stange, 99. Fuß hoch, auf einem Pechkuchen, 2. Fuß ins Gevierdte und 3. Zoll dick, hatte aufrichten lassen, so brachte er den 18. nachmittags zwischen 4. und 5. Uhr, während einer halben Stunde, da eine Wolke darüber stund, Funken heraus. Diese Funken waren vollkommen denjenigen gleich, welche sein Flintenlauft von sich giebt, wenn die [469] Kugel nur von dem Küssen gerieben wird, und sie zeigten eben das Geräusch, eben das Knistern und eben das Feuer. Der Herr von Lor brachte die stärksten Funken in einer Entfernung von 9. Linien hervor, als Regen und etwas Hagel aus der Wolke fielen, ohne daß es jedoch dabey blitzte oder donnerte. Es schien aber dieses die Folge von einem anderwärts gewesenen Gewitter zu seyn. Herr Bouguer, Mitglied der Akademie, gab derselben den 19. Nachricht davon. Sie bekräftiget die erstere Erfahrung; und aus beyden erhellet, daß man vermittelst zugespitzter Eisenstangen den Gewitterwolken ihr Feuer benehmen kann.

Paris, den 12. Jun. Der Königl. Arzt, und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Herr le Monnier, hat auch den elektrischen Versuch mit dem Donner angestellet. Er machte ihn bey dem Ungewitter am 7. dieses zu St. Germain en Laye. Er hatte hierzu den Noaillischen Garten erwählet, in welchem er eine eiserne Stange aufrichten ließ. Bey dem ersten Donnerschlage bemerkte er, daß dieselbe vollkommen elektrisch geworden war, indem sich eben solche Phänomena dabey zeigten, als wenn sie wirklich wäre elektrisiret worden. Eben dieses dauerte fast den ganzen Nachmittag. Viele Leute versicherten sich davon nicht nur durch das Sehen, sondern auch durch das Fühlen. Dabey war merkwürdig, daß die Elektricität nur drey Minuten nach einander währete, indem sie sich immer wechselweise zeigte, und wieder vergieng. Hieraus folgt unwidersprechlich, daß der Donner und die Elektricität von einerley Natur sind.

[470] Paris, den 16. Jun. Die elektrischen Versuche mit dem Donner, welche die Herren Dalibard und von Lor am 7. dieses allhier machten, sind nicht, wie sonst, von statten gegangen, weil die taffetenen Netze und die Pechkuchen naß geworden waren. Der Herr le Monnier hat ein Mittel erfunden, zu machen, daß die Feuchtigkeit der elektrisirten eisernen Stange nicht schadet. Der damit zu St. Germain en Laye gemachte Versuch ist vollkommen wohl von statten gegangen.

Zu Anfang des Julius meldete der Herr le Monnier, der Arzt, dem Herrn von Maupertuis in Berlin, daß er ein ganz leichtes Mittel entdeckt habe, Körper durch Donnerwolken elektrisiren zu lassen. Er wäre nämlich, schrieb er, bey dem letzt vorhergehenden Gewitter nur auf einen Pechkasten auf der platten Erde getreten, da er denn, als die Gewitterwolke über ihn weg gezogen, ganz elektrisch geworden, so, daß er nicht nur Funken von sich gegeben, sondern auch leicht brennbare Sachen angezündet. Er meldete auch nachgehends, daß ihm der Versuch mit stumpfen Körpern eben so wohl von statten gegangen, als mit spitzigen, ja daß er nur die Hände in die Höhe halten dürfen, um elektrisch zu werden.

Paris, den 31. Jul. Die elektrischen Versuche werden hier noch immer mit gutem Erfolg fortgesetzt und geben zu allerley neuen Betrachtungen Gelegenheit, welche, wenn sie werden reifer geworden seyn, viele Dinge werden deutlich machen können, die man noch nicht weiß, oder wovon man bisher nur sehr unvollkommene Begriffe gehabt. [471] Die eisernen zugespitzten Stangen, welche in der Luft aufgerichtet werden und auf elektrischen Körpern stehen, z. E. auf Glas, Seide, Harz etc. werden elektrisch, wenn es blitzet und donnert, wie der Herr le Monnier verschiedene male zu St. Germain, und die Herren Cassini, Vater und Sohn, auf der Platteforme des Observatorii den Versuch damit gemacht haben. Aber die Substanz der Körper, ihre Figur und ihre Lage sind bey diesen Versuchen nicht nothwendig in Betrachtung zu ziehen. Der Herr le Monnier hat eiserne einen Quadratzoll dicke Stangen, deren Enden platt, als Vierecke, abgeschnitten gewesen, auf diese Art elektrisiret. Er hat dieselben horizontal, 5. bis 6. Schuh über der Erde, in einem Garten auf Stücken Holz gelegt, welche auf gläsernen Flaschen geruhet. Auf eben diese Art hat er Holz und andere Körper elektrisiret, sogar, daß er mit seinen Fingern Weingeist anzünden können. Die Maschine, welche der Herr Nollet auf der Platteforme des Observatorii aufgerichtet, und welche er den Herrn Cassini zu beobachten gebeten hatte, ist auch so elektrisch geworden, daß nicht nur an dem Eisen, sondern auch sogar an den Stücken Holz, feurige Büschel zu sehen gewesen, wenn man einen Finger, oder einen ieden andern nicht elektrisirten Körper, nahe daran gebracht. Da diese Versuche so gut von statten gegangen, so hat es Herr Nollet auch bey sich zu Hause versucht, ob er gleich an dem niedrigsten Orte von Paris wohnet, und ein sehr großes Gebäude über sein Zimmer hervorraget. Er machte in sein Fenster ein 15. Quadratzoll großes Loch. Durch dieses Loch stellte er eine 18. Schuh [472] lange blecherne Röhre, so, daß sie halb auswendig und halb inwendig war, und horizontal, auf seidener Rundschnur ruhete. Das erste mal donnerte es wenig; dennoch nahm Herr Nollet Funken wahr. Als es aber ziemlich stark donnerte und blitzte, waren die Funken so stark, daß man das gefährliche Musshenbrockische Experiment daran wiederholen konnte. Hierbey hat Herr Nollet wahrgenommen, daß ein jeder Donnerschlag, anstatt die Elektricität mitzutheilen, vielmehr macht, daß ihre Kraft aufhöret, und daß dieselbe bald darauf wieder kömmt, besonders, wenn die Blitze häufiger werden, ohne daß man es donnern höret.

Paris, vom 4. Aug. Der Herr le Monnier setzt seine bekannten elektrischen Versuche fort. Er hat die Spitze der eisernen Stange, unterwärts gekehret, und der Versuch ist gleichfalls von statten gegangen. Als sich sein Bedienter auf einen Pechkasten stellte, kamen Funken aus seinem Kopfe und aus seinen Händen.

Merac, in der Landschaft Bazadois, dem 8. Aug. Der Herr Viceassessor Romas, Correspondent der Akademie zu Bourdeaux, hat allhier zu verschiedenen malen die elektrischen Versuche mit dem Donner wiederholet. Er hat nicht nur die anderwärts bemerkten Wirkungen eben so befunden, sondern auch bemerket, daß nach einem schwachen Gewitter mit etlichen starken Regentropfen, da die Sonne von Wolken frey und der Himmel sehr helle geworden, die eisernen Stangen elektrisch worden. Er ward davon, ohne aus seinem Zimmer zu gehen, benachrichtiget, und zwar durch [473] das Klingen zweyer Glöckchen, welche bey diesen Stangen angemacht waren, und welche durch die elektrische Anziehung und Zurückstossung klungen.


Niederlande.

Brüssel, den 18. Jul. Am 9ten dieses hat man allhier eine sehr merkwürdige Probe von den elektrischen Wirkungen des Donners gehabt. Als abends um 6. Uhr 5. Min. einige dichte Wolken über der auf dem Hause des Herrn Torre aufgerichteten eisernen Stange wegzogen, sah man an ihrem äusersten Ende einen Feuerstrom, wie ein Büschel gestaltet, welcher einen martialisch-schwefligen Geruch gab. Als jemand den Finger der Stange näherte, kamen Funken heraus, welche ihm entsetzliche Schläge gaben. Bey einigen darauf folgenden Donnerschlägen bemerkte man noch folgendes. Man nahm wahr, daß einige Secunden vor dem Donnerschlage das feurige Büschel verschwand, daß man alsdenn keine Funken aus der eisernen Stange herauslocken konnte, und daß nach dem Donnerschlage sich das Feuer, wie vorher, zeigte. Die Zuschauer sahen allemal, wenn es donnerte, das Feuer verschwinden, und wieder erscheinen. Einer glaubt beständig bemerkt zu haben, daß jeder Schlag später auf den andern folgte, wenn man den Finger in einiger Entfernung gegen die Stange hält, und dadurch einen mehr ununterbrochenen Ausfluß dieses Feuers verursachet. Wenn diese Entdeckung genugsam bestätiget würde, so würde sie von der äusersten Wichtigkeit seyn. Einen Augenblick [474] nach dieser Beobachtung brach ein so heftiges Feuer gegen den Finger des Herrn Torre aus, daß er beynahe davon wäre zu Boden geworfen worden. Zwey dabey stehende Officiers empfanden den Stoß auch sehr heftig. Während der Zeit, da man beschäftiget war, die erstaunlichen Wirkungen dieser Luftelektricität zu beobachten, versicherten einige Personen, daß sie Feuer, in der Figur einer Spirollinie, um die Stange hätten herunter fahren gesehen. Alle diese Versuche beweisen, daß die Spitze der Stange gleichsam einen sehr engen Canal vorstellet, durch welchen das Luftfeuer allmählich hindurch fließet.


England.

In England dachte man nicht eher daran, die Meynung eines scharfsinnigen Engländers durch die Erfahrung zu bestätigen, als bis dieses schon in Frankreich geschehen war; und da man daran gedacht, hat man doch gar wenig gethan. Doch hat man den Versuch daselbst auf eine besonders leichte Art gemacht. Herr Watson in London schreibt mir in seinem Briefe vom 23. Sept. folgendes:

„Ein stets kühles und nasses Wetter hat uns in England gehindert, des Herrn Franklins Hypothese zu untersuchen, und die Elektricität aus den Wolken zu ziehen. Unser Sommer ist ein beständiger Frühling gewesen, und wir haben seit der ersten Nachricht aus Frankreich nur ein einziges Donnerwetter in England gehabt, wobey aber der Regen unsere gehoften Beobachtungen gar sehr hinderte. Doch hat mein guter Freund, Herr [475] Canton, einige wenige Versuche durch die Erfahrung wahr befunden, und Herr Wilson war einige wenige Meilen von hier, als er es in einiger Entfernung donnern hörte. Da er keine elektrische Geräthschaft bey der Hand hatte, so ging er aus dem Hause, wo er damals war, auf ein nahe gelegenes Feld, und nahm eine dünne, ohngefähr 6. Fuß lange eiserne Stange, und eine gemeine gläserne Flasche mit. Diese Flasche hielt er in einer Hand, und steckte in dem Hals derselben die eiserne Stange. In dieser Stellung lockte er oft mit einem Finger der andern Hand elektrische Funken aus verschiedenen Theilen der eisernen Stange heraus. Ob ich gleich auf dem Gipfel meines Hauses, welches ganz in der freyen Luft steht, meine Maschine gehörig angebracht hatte, so versäumte ich doch, weil ich eben, da es donnerte, ausgegangen war, Kranke zu besuchen, die Beobachtung, auf welche ich mir sonst mit Grunde Hoffnung machen konnte. Sie sehen also, daß wir wegen des Wetters in England wenig Gelegenheit gehabt haben, diese Versuche anzustellen. Ueberhaupt glaube ich, daß, weil Großbritannien eine Insel ist, das Wetter daselbst den Veränderungen mehr unterworfen ist, als auf dem festen Lande unter eben der Breite. Die Donnerwetter folgen gemeiniglich auf anhaltendes heisses und trockenes Wetter, und dieses hält bey uns selten lange an.“

Sonst ward folgendes noch, diese Versuche betreffend, aus London gemeldet.

London, den 4. Aug. Am 31. des verwichenen Monats, war allhier ein Donnerwetter, [476] bey welchem verschiedene Personen, die in Paris und anderwärts gemachten elektrischen Versuche anstelleten. Die elektrische Wirkung war so stark, daß diese Personen kaum den Schlag von der eisernen Stange aushalten konnten.


Rußland.

Petersburg, den 1. Aug. Da in verschiedenen Zeitungen eine der wichtigsten Entdeckungen, nämlich, daß die elektrische Materie und die Materie des Gewitters einerley sey, bekannt gemacht worden, so hat der Professor der Experimentalphysik, Herr Richmann, allhier, sich und einige Zuschauer auf folgende Art hiervon überzeugt. Er schlug mitten aus dem Boden einer gläsernen Flasche ein Stück aus, steckte durch die Flasche eine 5. bis 6. Fuß lange und einen Finger dicke eiserne Stange mit stumpfen Enden, und befestigte dieselbe mit Pantoffelholz im Halse der Flasche. Darauf ließ er aus dem obersten Giebel des Daches einen Dachziegel ausbrechen, und steckte die Stange heraus, so, daß sie 4. bis 5. Fuß hervorragte, und der Boden der Flasche auf den Ziegeln zu ruhen kam, doch so, daß die eiserne Stange nirgends die Ziegel berühren konnte. An dem Ende der Stange, welches unter dem Dache, unter dem Boden der Flasche, hervorragte, befestigte er einen eisernen Drat und leitete denselben bis ins mittlere Stockwerk, allezeit mit der Vorsicht, daß der Drat keinen Körper von der fortpflanzenden Electricität berührete. Endlich machte er an das äuserste Ende des Drats ein eisern Lineal an, so, daß dasselbe senkrecht herunter hing, [477] und knüpfte an das obere Ende des Lineals einen seidenen Faden, der mit dem Lineal parallel und mit der breitesten Seite des Lineals in einer Fläche hing. Die Beschreibung dieser Anstalten zum Versuch las er in einer Untersuchung der vorgegebenen Abwendung des Gewitters von den Gebäuden im Anfang des Monaths Julius in der akademischen Versammlung den gegenwärtigen Mitgliedern vor, und fing schon vom 17. Jul. an, alle Tage zu untersuchen, ob der Faden vom Lineal zurück gestoßen würde, und also ein Zeichen der Elektricität gäbe: aber er nahm nicht die geringste Veränderung an dem Faden wahr. Er wartete also mit größtem Verlangen auf ein Donnerwetter, welches sich endlich den 29. Jul. gegen Mittag einstellte. Das Gewitter schien dem Gebäude eben nicht nahe zu seyn, und dennoch bemerkte er gleich nach dem ersten Donner, daß der seidene Faden von dem Lineal zurückgestoßen wurde, und die Materie mit einem Geräusche aus der Spitze des Lineals in hellen Funken hervorbrach, und bey jeder Berührung eben die Empfindung verursachte, welche die elektrischen Funken zu verursachen pflegen. Bey einigen, die das Lineal berührten, ging die Erschütterung durch den ganzen Arm. Das Geräusch der hervorströmenden Materie war anfänglich so stark, daß einer, der zugegen war, einige Schritte weit von dem Lineal das Geräusch hören konnte. Man bemerkte auch währendem Regen an dem Lineal die elektrischen Funken, und auch nach dem Donner. Dieses alles dauerte über anderthalb Stunden, und es äuserten sich die elektrischen Wirkungen bald stärker bald schwächer. [478] Um 2. Uhr Nachmittags hörte die Elektricität auf, und man hatte auch nicht weiter bemerkt, daß es gedonnert hätte. Es ist also zu dem Versuch keine elektrische Maschine und kein elektrificirter Körper nöthig: sondern das Gewitter vertritt die Stelle der elektrischen Maschine vollkommen. Man sieht auch, das aus Misverstand in einigen Zeitungen gestanden, daß die eiserne Stange auf einem elektrificirten Körper ruhen müßte, an statt daß es hätte heissen sollen, daß sie auf einem elektrischen Körper, oder auf einem solchen, der der ursprünglichen Elektricität fähig ist, ruhen müsse. Es ist also vollkommen erwiesen, daß die elektrische Materie, und die Materie des Gewitters einerley sind, und es wird diejenigen gereuen, welche zu zeitig, durch weniger, als Scheingründe, erweisen wollen, daß beyde Materien ganz verschieden wären.

Petersburg, den 10. Aug. Am 1. dieses hatte der Herr Prof. Richmann wieder Gelegenheit, die Elektricität des Gewitters, in Gegenwart einiger Herren Professoren und Mitglieder der Akademie, auch anderer Gelehrten und Akademisten, zu betrachten. Um 4. Uhr Nachmittags kam die Wetterwolke so nahe, daß sich an dem Lineal die elektrischen Erscheinungen, aber nicht nur in der Stärke, wie den 29. Jul. zeigten. Er versuchte an der Kette, die Kleistische und Musschenbrockische Art, die Elektricität zu verstärken. Er verknüpfte nämlich einen eisernen Drat mit der Kette und ließ das Ende desselben in eine bis an den Hals mit Wasser gefüllte gläserne Flasche herunter. Der Hals der Flasche war trocken. Die Flasche setzte er in ein [479] Gefäß mit Wasser, und in das Gefäß mit Wasser ein Stück Eisen. Wenn man nun dieses Eisen mit der einen Hand hielt, und mit der andern Hand das von dem Donner elektrificirte Lineal anrührete, so fühlte man öfters eine Erschütterung in beyden Armen, wie unter diesen Umständen bey der künstlichen Elektricität zu geschehen pflegt. Es bekräftiget also auch dieses, daß die Materie des Gewitters von der elektrischen Materie auch hierinnen nicht unterschieden sey. Da nun alle Körper von der fortgepflanzten Elektricität elektrificiret werden können, so müssen alle solche Körper, z. E. alle Metalle, Menschen, Thiere, Wasser, Eis, Geld etc. wenn sie mit dem Drat verknüpft und gehörig unterstützt sind, durch die Materie des Gewitters elektrificiret werden, und da aus dem Drat wahre elektrische Funken entstehen, so muß durch diese Funken sich der hochrectificirte Weingeist, Naphtha, Frobens Spiritus etc. entzünden lassen, und da der Herr Prof. Richmann durch die künstliche Elektricität Namen und Figuren blitzen läßt, auch Naphtha und hochrectificirten Weingeist, ohne sie vorher über einer Flamme warm zu machen, anzündet, so können auch durch die natürliche Elektricität des Gewitters Buchstaben und Figuren blitzend gemacht und benannte flüßige Materien angezündet werden. Also kann das Gewitter, so erschrecklich es uns ist, auch zum Vergnügen und zum Lustfeuer dienen.


Italien.

Bologna, den 1. Aug. Man hat auch allhier am 27. vorigen Monats bey einem entstandenen [480] Ungewitter das neue Phänomenon der Elektricität auf dem astronomischen Observatorio versucht. Es ist dieses von dem Herrn Verati und dem Abt Matetrucci, welche beyde Mitglieder der hiesigen Akademie des Instituts sind, nebst dem Herren Marini, Bonnelli und Paganuzzi geschehen. Das merkwürdigste dabey ist, daß, als einer von ihnen die eiserne Stange mit der rechten Hand, und ein anderer mit beyden Händen die Kette gehalten, ein dritter aber sie mit der Hand über die seidene Schnur stellen wollen, unversehens ein heller Lichtkegel[WS 1] erschienen, welchem kurz darauf ein großer Knall gefolget. Der unten in der Stadt für einen Donnerschlag gehalten worden, und in eben dem Augenblicke, da der Lichtkegel erschienen, haben 3. Personen einen gewaltigen Stoß an sich empfunden, der bey dem ersten durch die rechte Seite des Leibes bis an das äuserste Ende des Fusses, bey dem andern in beyde Arme durch die Brust, und bey dem dritten von dem rechten Arme nach dem linken, sodann aber von dem Schenkel bis unten in den Fuß gegangen.


Deutschland.

Leipzig, den 20. Aug. Am 18. dieses hat der Herr Prof. Winkler allhier nachmittags zwischen 2. und 3. Uhr, da ein Donnerwetter von Mitternacht her entstund, und ihm in kurzer Zeit darauf ein anderes folgte, welches auf der Abendseite über Leipzig ging, von der in den Donnerwolken befindlichen elektrischen Kraft, wovon bisher höchstmerkwürdige Phänomena in den öffentlichen Blättern [481] sind bekannt gemacht worden, folgendes wahrgenommen. In Ermangelung einer großen Höhe hat er in seiner gegen Abend 2. Treppen hoch gelegenen Stube eine blecherne Röhre an seidenen Schnüren in horizontaler Lage zum Fenster hinaus hängen lassen. Die Wetterwolke kam dem Hause zwar nahe, zog aber eigentlich nicht darüber. Unter die Röhre hielt er anfänglich Goldblättchen. Zum ersten male zeigte sich die Elektricität, da es aus der Wolke auf die Röhre regnete. Die Goldblättchen kamen in hüpfende Bewegungen, welche am stärksten waren, indem es blitzte. Nach dem Blitze hörten sie fast gänzlich auf, wurden aber nach und nach immer stärker, bis es wieder blitzte, da sie durch eine Höhe von etlichen Zollen an der Röhre hinauf sprungen. Sodann nahete er sich der Röhre mit einem Finger. Da zeigten sich vor dem Blitze kleine stechende und knackende Fünkchen, die gleichfalls immer stärker wurden, ie näher die Zeit des Blitzes heran kam. Auch wurden beyderley elektrische Wirkungen immer stärker, jemehr sich die Gewitterwolke dem Hause näherte, und hingegen immer schwächer, je weiter sich die Wolke entfernete.

Der Herr Prof. Bose in Wittenberg, hat auch vermittelst einer zum Fenster hinaus gesteckten Stange, die Elektricität des Donners wahrgenommen.

In Berlin war ich wohl der erste, der diese Versuche anzustellen bedacht war. Kaum hatte ich die erste Nachricht davon aus Paris in den französischen Zeitungen gelesen, so beschloß ich, diese [482] wichtigen Versuche hier zu wiederholen, und ich hatte auch einen bequemen Ort dazu erwählet. Allein da es nicht überall und allemal erlaubt ist, etwas gutes zu thun, zumal da, wo es solche Leute verwehren können, welche den Ruhm, etwas gutes gethan zu haben, gern allein haben möchten, so ward ich aus einer dergleichen Ursache davon abgehalten, bis ich endlich, da es andere thaten, meiner Mühe überhoben seyn konnte. Doch versuchte ich es bey etlichen Gewittern, welche wir im verwichenen Sommer allhier in großer Menge und Stärke gehabt haben, indem ich einen aufwärts gebogenen starken Drat an eine etwas lange gläserne Röhre befestigte, und beydes zusammen zum Dachfenster hinaus steckte. Aber der Versuch gelang mir niemals. Es ist von andern angemerket worden, daß man, wenn gleich nicht einen hohen, doch einen freyen und der Luft und den Wolken offenen Ort zu diesen Versuchen haben muß. Dieser aber hat mir in dem Hause, wo ich wohne, gänzlich gefehlet. Denn auf beyden Seiten und auch hinten sind hohe Häuser, und ganz nahe gegen über ist das Rathhaus mit dem Thurme. Es regnete auch allemal sehr stark, wodurch meine Glasröhre wohl zu naß kann geworden seyn.

Derjenige, welcher allhier diesen Versuch mit aller gehörigen Vorbereitung und Sorgfalt glücklich angestellet hat, ist der Königl. Feldarzt, und Mitglied der Akademie den Wissenschaften, Herr D. Ludolf, welchem fleissigen und geschickten Naturforscher man verschiedene schöne Entdeckungen in der Naturlehre und ins besondere auch in der Elektricität, [483] zu danken hat; wie er denn der allererste gewesen, welcher Spiritus durch die elektrischen Funken angezündet hat.

Dieser Herr D. Ludolf richtete in dem Ludolfischen Weinberge, an dem äusersten Ende der Stadt, und an einem ganz freyen und etwas erhabenen Orte, eine 60. Fuß hohe hölzerne Stange auf, an welche er oben eine scharf zugespitzte eiserne 6. Fuß lange Stange, vermittelst zweyer horizontalen gläsernen Röhren, welche mit blechernen Cylindern, um sie vor dem Regen zu bedecken, umgeben waren, befestigte. Von dem untersten Ende der eisernen Stange reichte eine Kette, von starkem eisernen Drat in ein 30. Schritte von der hölzernen Stange befindliches Lusthaus, in welchem sie an der Wand mit seidener Rundschnure angemacht war.

Bey dem am 19. Jul. nachmittags zwischen 4. und 5. Uhr allhier mit starkem Regen eingefallenen Donnerwetter, gelang der Versuch zum ersten mal. Sowohl der Herr D. Ludolf, als auch verschiedene andere Gelehrte und Neugierige, lockten durch Annäherung der Finger, oder eines an eine gläserne Röhre befestigten Stückes Blech, viele und oft sehr starke Funken aus dem Drate. Einer von ihnen bekam einen so starken Schlag, daß er ihm den Kopf und Leib auf der einen Seite so heftig erschütterte, daß er es über eine halbe Stunde lang fühlte.

Den 26. Jul. gegen Abend zogen sich zwar dichte Gewitterwolken von Südwest in die Höhe: es war aber weiter nichts von einem Gewitter zu spüren, als daß es um 8. Uhr einige mal von ferne [484] blitzte. Dennoch beobachtete der Herr D. Ludolf, auf die itzt beschriebene Art, daß der Drat einige, obgleich nicht starke Funken, gab.

Bey dem am 28. Jul. eingefallenen Gewitter, war die Wirkung wieder ziemlich stark, und ich hatte das Vergnügen, bey diesem Versuche mit zugegen zu seyn. Die Wirkungen zeigten sich nachmittags zwischen 4. und 5. Uhr, und ich habe selbst sehr viele Funken aus dem Drat gelockt, wovon aber die stärksten mir nur einen Stich gaben, welchen ich durch den ganzen Finger durch, und weiter nicht, fühlte. Gegen das Ende des Drats hatte der Herr D. Ludolf einem seidenen Faden darüber weggehangen. Durch die Auseinanderweichung der Schenkel desselben, wurden wir allemal benachrichtiget, wenn der Drat elektrisch war, und wenn der Faden dieses Zeichen nicht gab, so waren auch niemals elektrische Funken an dem Drate zu spüren. Wir wurden von der schon von andern beobachteten wechselsweisen Verstärkung und Abnahme der elektrischen Kraft vollkommen überzeuget. Denn allemal, so bald es geblitzt hatte, war gar keine elektrische Wirkung zu spüren. Sie fing hernach allezeit, nach etlichen Secunden, auch wohl Minuten, ganz schwach wieder an, verstärkte sich alle Augenblicke allmählich, und wenn die Funken am stärksten geworden waren, so folgte allemal unmittelbar ein Blitz darauf, mit welchem die elektrische Kraft wieder verschwand.

Dieses sind die elektrischen Versuche mit dem Donner, welche in dem Sommer 1752. in Europa angestellet worden, so viel ich derselben habe sammlen [485] können. Es werden mir vielleicht wenige unbekannt geblieben seyn, und ich bin zufrieden, daß ich ohne Zweifel die merkwürdigsten angemerket habe.

Aus diesen Versuchen nun siehet man zur Genüge, wie glücklich Herr Franklin gemuthmaßet hat, und es ist also gewiß, daß die Donnerwolken eben diejenige Materie in sich haben, welche bey den künstlichen elektrischen Versuchen wirket.

Ob alle elektrischen Wolken von der See herkommen, dieses wäre noch zu untersuchen. Herr Franklin macht ohne Zweifel einen gegründeten Unterschied zwischen dem in den Wolken enthaltenen gemeinen und elektrischen Feuer. Dieses ist viel subtiler, als jenes, und es scheint in dem Aether, so wie jenes in der Luft, seinen Sitz zu haben. Vielleicht ist das gemeine Feuer nichts anders, als die innigst heftig bewegte Luft mit denjenigen Theilchen zusammen genommen, welche durch ihre innere Vermischung mit derselben den Grad ihrer Zartheit bekommen, und also derselben ihre eigene innige heftige Bewegung mittheilen können. Und vielleicht ist auch der Aether selbst das elektrische Feuer, mit denjenigen Theilchen, welche so subtil werden können, als der Aether ist, oder welche in dessen Zwischenräumchen eindringen, und durch ihre Bewegung ihn selbst in eine heftige Bewegung setzen, und mit ihm zusammen das elektrische Feuer ausmachen können. Es wäre also, wo möglich, zu untersuchen, ob das Seesalz, oder sonst etwas darinnen enthaltenes, so beschaffen ist, daß es, nach gehöriger Auflösung, mit dem Aether ein solches elektrisches Feuer ausmachen kann? und ob aus der [486] Erde aufsteigende Dünste etwas dergleichen nicht in sich enthalten?

Wie es eigentlich zugeht, daß, wenn eine elektrische Seewolke auf eine unelektrische Landwolke stößt, dadurch ein elektrischer Funken und Knall entsteht, welche sich, wegen ihrer Heftigkeit, uns als Blitz und Donnerschlag sehen und hören lassen, dieses scheint doch noch etwas dunkel zu seyn. Denn man kann sich die Wolken nicht so vorstellen, wie diejenigen dichten und wohlterminirten Körper, durch deren Annäherung an einander man bey der künstlichen Elektricität Funken und Geräusch hervorbringt. Eine Wolke ist ein Haufen von einander abstehender Dünste. Diese sind an den Enden der Wolke nicht etwan gleichsam wie mit dem Messer abgeschnitten, sondern es ist nichts natürlicher, als daß ihre Dichtigkeit nach den Enden zu allmählich abnimmt, und also die Wolke an den Enden so dünne ist und die darinne befindlichen Dünste so weit von einander abstehen, daß sie fast nicht mit zu der Wolke gerechnet werden können. Welches ist also nun derjenige Grad der Dichtigkeit der Dünste, der zu einer elektrischen oder Gewitterwolke erfordert wird? und in welchem Theile der Wolke ist derjenige Punct, welcher sich einem gewissen Puncte in der andern Wolke nähern muß, um Funken und Knall, das ist, Blitz und Donner, hervorzubringen? Vielleicht nähern sich beyde Wolken einander mit so einer Geschwindigkeit, daß die allmählige Annäherung der äusern Enden der Wolken, der Zeit nach für nichts zu achten ist. Vielleicht verursachet aber das elektrische Feuer in der einen [487] Wolke wirklich nur nach und nach, in der andern Wolke eine Erhitzung, welche endlich, wenn sich die dichten elektrischen Dünste immer mehr und mehr nähern, diejenige knallende plötzliche Entzündung verursachen, welche wir Blitz und Donner nennen.

Es sey nun dieses auf die eine oder die andere, oder auf eine noch ganz verschiedene Art zu erklären, so läßt sich doch aus der Franklinischen Theorie, die durch alle gemachten Versuche bestätigte Erscheinung erklären, daß die elektrische Wirkung mit dem Blitze aufhöret, hernach allmählich stärker wird, und unmittelbar vor dem Blitze am stärksten ist. Denn der elektrischen Wolken sowohl, als der unelektrischen, sind bey einem Gewitter viel. Wenn nun eine elektrische Wolke erst von ferne gegen die eiserne Stange gezogen kömmt, so können allerdings die äusersten weitläuftigen elektrischen Dünste erst nur schwach in die Stange wirken. Wie aber die Dichtigkeit der Wolke immer zunimmt, so muß auch die elektrische Wirkung in der Stange immer zunehmen, indem ihr die dichtern Dünste immer näher kommen. Trifft nun die elektrische Wolke an eine unelektrische, so geschieht der Blitz, welcher, nach Franklins Theorie, das elektrische Feuer durch beyde Wolken gleich vertheilet, und also sehr schwächet; Daher denn die nunmehr derjenigen Menge des elektrischen Feuers, welches sie zu einer elektrischen Wolke machte, beraubte Wolke, nicht mehr in die Stange wirken kann, in welcher sich die elektrischen Erscheinungen erst alsdenn nach und nach wieder zeigen können, wenn eine neue elektrische Wolke gegen sie anrücket.

[488] Bey verschiedenen der oben angeführten Versuche hat man so ein Licht gesehen, dergleichen man bey dem künstlichen Elektrisiren an spitzen metallenen Körpern wahrnimmt. Ein solches Licht muß allemal an dem spitzen Ende der eisernen Stange seyn: Doch kann man es nur in der Nacht, oder wenn es sehr stark ist, sehen. Wenn die Elektricität einer Donnerwolke sehr stark ist, so sollte man dieses Feuer vielleicht auch an andern in der freyen Luft stehenden spitzen metallenen Körpern sehen können, wenn sie gleich nicht auf einem elektrischen Körpern ruhen, oder daran befestiget sind. Die Erfahrung ist sehr stark für diese Muthmaßung. Es ward im verwichenen Junius aus Paris gemeldet, daß der Herr von Lor, der dortigen Akademie der Wissenschaften folgendes merkwürdige Phänomenon gemeldet: „Auf dem Glockenthurme der Kirche zu Plauzat in Auvergne ist ein eisern Kreuz ohne Malerey und Firniß. Die äusersten Enden dieses ohngefähr 2. Fuß hohen Kreuzes, sind nicht mit Knöpffen geschlossen, sondern an statt derselben sind Figuren von Lilien, welche spitz zulaufen. Allemal, wenn ein stark Gewitter mit dichten Wolken und häufigen Blitzen ist, sieht man ein Licht an jedem äusersten Ende dieses Kreuzes. Von undenklichen Zeiten her wird erzählet, daß das Gewitter zu Plauzat und in dortiger Gegend sehr selten einschlägt, wenn sich dieses Phänomenon zeigt, oder zeigen will. So bald es sich anfängt zu zeigen, ist man versichert, daß man von dem Gewitter nichts mehr zu befürchten hat. Die drey erwähnten Lichter haben verschiedene Farben, wie der Regenbogen. Unten sind sie [489] rund, und oben laufen sie kegelförmig zu. Zuweilen lassen sie sich 2 ½ Stunden sehen, und sie widerstehen dem Regen, er mag so stark seyn, als er will. Alles dieses wird von allen Einwohnern zu Plauzat und durch einen Brief des Herrn Binon, Predigers bey derselben Gemeine, welcher seit 27. Jahren daselbst wohnet, und ein genauer Beobachter ist, bekräftiget.“ Vor 3. Jahren hat der Herr Pastor Lesser, nebst andern, zu Nordhausen, bey einem stürmischen Ungewitter, an den Spitzen eines eisernen Geländers auf einem Thurme daselbst, itzt erwähntes Phänomenon gleichfalls bemerket. Ein gelehrter Schweizer hat mich versichert, daß in der Schweiz ein Thurm ist, auf welchem sich bey diesen Umständen dasselbe ebenfalls zeigt. Diese Lichter, welche bey Ungewittern zu sehen sind, rühren ohne Zweifel von einer starken Elektricität der Donnerwolken her.

Ehe man die oben erzählten elektrischen Versuche mit den Gewitterwolken gewußt, würde man schwerlich die Ursache dieser Lichter haben errathen können, so wenig als die Ursache verschiedener anderer leuchtender Lufterscheinungen, als z. E. der Irrlichter, der fliegenden Drachen, des Feuers St. Elmo etc. Ja, Herr Franklin erkläret auch sogar die Nordscheine aus die Luftelektricität. Weil ich aber an dieser Erklärung noch keinen rechten Geschmack finden kann, so will ich sie übergehen, und vielmehr etwas von dem Feuer St. Elmo gedenken.

Nach des Plinius (im 2. Buche im 37. Cap.) und anderer alten und vieler neuern bekannten [490] Berichte, zeigt sich bey Stürmen auf der See zuweilen ein Licht um die Mastbäume der Schiffe, welches die Portugiesen Corpo Santo, die Spanier Sant Elmo und die Holländer Vrede-vyer nennen. Wenn es nur einfach war, so nennten es die Alten Helena, und Plinius meldet, daß dieses Feuer zuweilen bis in die Schiffe herunter käme, und einen unglücklichen Sturm anzeigte. Wenn sich 5. solche Lichter neben einander zeigen, so nennen es die Portugiesen Corona de nostra Senhora, und dieses wird für ein Zeichen des bald aufhörenden Sturms gehalten. Das einzelne Feuer, oder die Helena, bewegt sich auf und nieder, wie Irrlichter oder fliegende Drachen. Wenn zwey Lichter oben über dem Schiffe erscheinen, so glauben die Schiffer gleichfalls, daß die Gefahr des Ungewitters vorüber sey. Die Alten nenneten dieses doppelte Licht Castor und Pollux, und sagten, daß diese die Helena verjagten. Sie hielten auch diese beyden für ihre Schutzgötter zur See, und setzten ihre Götzenbilder auf manche Schiffe als ein Zeichen derselben, so wie die Flaggen, Pavillons und besondern Namen noch itzo jedes Schif bezeichnen. Paulus fuhr auf seiner Reise nach Rom, auf einem solchen von Alexandria gekommenen Schiffe, von Malta nach Italien (Apost. Gesch. 28.)

Es ist nicht zu läugnen, daß bey diesen Erzählungen noch unterschiedenes dunkel ist. Doch ist die Aehnlichkeit des Castor und Pollux, mit dem sowohl durch die künstliche, als auch durch die natürliche Elektricität hervorgebrachtem schwachen Lichte allzugroß, als daß man nicht beyde für einerley [491] halten sollte. Kann dieses elektrische Licht bey Ungewittern sich auf Thürmen zeigen, welche gewiß nicht auf elektrischen Körpern stehen, so kann es auch bey großen Ungewittern zur See auf den eisernen Spitzen der Mastbäume in der Nacht zu sehen seyn.

Plinius meldet am angeführten Orte, daß diese Lichter zuweilen ein Geräusch von sich gäben; und eben dieses geschieht auch bey dem elektrischen Lichte. Auch berichtet er, daß sie den Leuten auf dem Schiffe um die Köpfe herum leuchteten; welches nichts anders ist, als die elektrische Beatification des Herrn Prof. Bose. Wenn es wahr ist, daß das Feuer, welches die Alten Helena nenneten, ganz in das Schiff herunter kommt, und hin und her tanzt, so könnte man es für eine Art von fliegenden Drachen oder Irrwischen halten.

Das elektrische Licht sowohl auf einigen Thurmspitzen, als auch das auf den Mastbäumen und andern Theilen eines Schiffs, scheinen die Muthmassung des Herrn Franklin, daß man sich durch Aufrichtung zugespitzter metallener Körper vor dem Donner verwahren könne, zu bestätigen. Denn sowohl, wenn sich der Castor und Pollux, auf den Schiffen, als auch, wenn sich das Licht auf der Thurmspitze zu Plauzat zeigt, geht das Ungewitter ohne Schaden vorüber. Wie es aber zugeht, daß spitze metallene Körper die Elektricität, oder bey Gewittern die Materie des Blitzes und Donners, von ferne allmählich an sich ziehen, und in den großen Zusammenhang unelektrischer Körper vertheilen, dieses ist noch etwas schwer zu begreifen. Aber doch [492] hat sich Herr Franklin durch Versuche der künstlichen Elektricität davon versichert. Vielleicht macht die spitz zulaufende conische Fläche dieser metallenen Körper, daß die elektrische Materie, ob sie gleich nicht dichte ist, dennoch sich an dieser engen Fläche sammlet, und sowohl an den Seiten, als auch besonders oben, dicht genug zusammen kömmt, um ein elektrisches Licht zu verursachen, welchem alsdenn der fernere Zufluß der elektrischen Materie desto eher allmählich folgt. An den Flächen breiter, dicker und stumpfer metallener Stangen oder anderer Körper hingegen würde sie immer weit aus einander und schwach bleiben, bis die recht elektrische Wolke selbst ganz heran käme.

Daß der Castor und Pollux die Helena vertreibt, ist wohl mehr ein Einfall der Alten, als eine natürliche Begebenheit. Man könnte es sich vorstellen, daß die Helena, oder die Irrwische, die Gegenwart der das Ungewitter verursachenden Dünste anzeigen, welche alsdenn mit dem Ungewitter vergehen, wenn die Spitzen der Mastbäume die Donnermaterie, so zu sagen einsaugen, daß ist, wenn sich das elektrische Feuer, oder das Feuer St. Elmo auf denselben zeiget.

Uebrigens vermuthe ich nicht, daß die elektrischen Versuche mit dem Donner jemanden gefährlich seyn sollten. Es sind ja eben solche Versuche, wie die künstlichen elektrischen Versuche, und die größte Stärke des Musshenbroekischen Versuchs, hat man doch noch nicht dabey empfunden. Das große Knallen und Erschüttern, welches die Herren auf dem Observatorio zu Bologna empfunden, halte ich [493] mit Grunde für einen wirklich um sich herum geschehenen Donnerschlag, wozu ihr Versuch nichts beygetragen.

Ich hoffe, daß diese neuen Entdeckungen nur noch das Vorspiel viel mehrerer wichtiger Entdeckungen in dieser Materie seyn werden. Die nächstfolgende Zeit wird meine Propheceyung bald wahr machen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Lichkegel