Melpomene/Band 2/019 Bei dem Grabe der Rosina Simler von hier, die am Schlagfluß starb

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 70-72
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19. Bei dem Grabe der Rosina Simler von hier, die am Schlagfluß starb.

Melod. III. XVIII.

1. Ach ach! schon wieder eine Leiche,
Die dieser Grabeshügel deckt,
Sie wurde, wie vom Sturm die Eiche,
Von einem Schlage hingestreckt;
Gelähmet war die rechte Seite,
Sie senkte hin das welke Haupt,
Und wurde mit dem Tod im Streite
Der Kraft des Lebens ganz beraubt,

2. So lag sie auf dem Schmerzenbette,
Es nahte langsam sich der Tod,
[71] Und was man angewendet hätte,
War nicht zur Lindrung ihrer Noth;
Bewegungslos war ihre Zunge,
Und blaß und starr ihr Thränenblick,
Und durch die Flügel ihrer Lunge
Kam schnell ihr Athemzug zurück.

3. Doch hatte sie bei ihren Schmerzen
Noch das Bewußtseyn und Gefühl,
Empfand im krampfdurchwühlten Herzen
Das End von ihrem Lebensziel;
Ihr Puls und Athem wurden schwächer,
Sie bleichte ab in Todesfarb,
Und trank den bittern Todesbecher,
Und neigte sanft ihr Haupt, und starb.

4. So rief sie ab ein Himmelsbothe
Ins dunkle Reich der Ewigkeit;
Allein sie war zum gähen Tode
Durch weise Vorsicht stets bereit,
Und hat, von Gottes Geist erleuchtet,
Am Tag, wo sie der Schlag berührt,
Reumüthig ihre Sünd gebeichtet,
Und glaubenvoll kommunizirt.

5. Auch ward sie mit dem heil’gen Öle
Gesalbet von Jesu Dieners Hand,
Wodurch sie wahre Ruh der Seele,
Und süßen Trost im Tode fand;
Deswegen können wir auch hoffen:
Daß, als ihr Lebenshauch verschwand
Ihr Geist für sich den Himmel offen,
Und beim Gerichte Gnade fand.
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6. Laßt uns daher durch frommes Leben
Zum Tode stets bereitet seyn,
Zurück von jeder Sünde beben,
Und unser Herz der Tugend weihn:
Dann mag uns gäh der Tod befallen,
Er wird uns stets willkommen seyn,
Wir ziehen durch des Himmels Hallen
Ins Reich der sel’gen[1] Geister ein.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Der Apostroph wurde ergänzt; in der Vorlage ist dort aufgrund eines Drucks- oder Reprint-Fehlers nur ein Leerzeichen zu erkennen. Das Versmaß spricht allerdings deutlich für „sel’gen“ gegenüber dem ebenfalls möglichen „seligen“.