Meinem lieben Röschen
Meinem lieben Röschen.
Zum Geburtstage, am 21. August 1793.
Nimm dieß Lied voll inniger Gefühle,
Das Dir heut die ferne Freundin singt,
Das, entrauscht dem heitern Saitenspiele,
Liebend sich in Deine Nähe schwingt.
Der Dich einst der Welt zur Freude gab,
Und der Freundschaft heil’gen Bund erneuern,
Der uns daure über Tod und Grab.
Heute war es, als zum ersten Male
Als entzückt im sanften Morgenstrahle
Deiner Aeltern Auge an Dir hing.
Da stand ungesehn an Deiner Seite
Himmelsunschuld, Deine Schützerinn,
Sie Dich bald zu ihrer Lieblinginn.
Auch die Freundschaft nahte Deiner Wiege,
Deines Herzens Pflegerinn zu seyn,
Liebe grub in jeden Deiner Züge
Zur Gespielinn bot sich Dir die Freude,
Mäßigkeit war Deine Wärterinn,
Und die Tugend sprach: „Befreit vom Leide,
Führ’ ich Dich durchs Erdenleben hin.“ –
Blühtest Du, der Rose gleich, empor,
Und sie streuten Blumen auf die Wege,
Die das Schicksal Dir zu gehn erkor.
Blicke Deiner Zukunft froh entgegen,
Denn der Menschheit bester, höchster Segen,
Reiner Liebe Wonnen harren Dein.
O, daß ich an Deine Brust nicht fliegen,
Heute nicht im feurigsten Päan,
Freundin! Dir entgegen rauschen kann. –
Hör’ den Wunsch, den mit der Morgenröthe,
Fern von Dir, mein wallend Herz Dir bringt!
Doch, er wird zum flammenden Gebete,
„Die ich innig, wie mich selber, liebe,
Segne sie, o Gott, du segnest gern!
Daß kein Kummer ihre Blicke trübe,
Halte jedes Unheil von ihr fern!
Neue Lust mit jedem Tag erblüh’n,
Und der Freundschaft heilige Gefühle
Stets für mich im treuen Herzen glüh’n!“
Wilhelmine Maisch.