Franz Joseph Werfer
Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd
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Religions-Reformation in Deutschland sich entsponnenen kriegerischen Zwistigkeiten deutscher Fürsten mitgenommen. Es kamen nämlich auch nach Gmünd Prediger der neuen Lehre; aber der größte Theil der Einwohner hielt sich fest an die alte, von ihren Vätern überkommene, und wohl in ihr Gemüth eingeprägte katholische Glaubenslehre, welche für ihr Herz und Kopf auch gleich befriedigend seyn mochte, und wobey sie sich bis dahin ungetrennt und friedlichen Sinnes wohl befunden, somit auch keine gegründete Ursache zu einer neuen Veränderung dieser Art hatten und finden mochten, wovon die Folgen für das Ganze bey den damaligen gleichzeitigen innern und äussern Gährungen und Erbitterungen der Gemüther anstatt des nüchtern Geistes und friedlichen Herzens auch nicht so leicht zu berechnen seyn mochten; sie verschmäheten daher jede Zudringlichkeit, die ihnen diesfalls gemacht wurde; jedoch war es indessen nicht ganz zu verhindern, daß die neue Lehre nicht auch hie und da unter einigen Bürgern Anhänger fand, welche aber verfolgt und im erwiesenen Fall zufolge des herrschenden Zeit- und Partheigeistes scharf gestraft wurden; und eben diese Verfolgung und Mißgunst gegen die protestantisch gesinnte Bürger zogen nachher der Stadt bey der Belagerung und dem erfolgten Einrücken des verbündeten Heeres großentheils auch härtere und feindlichere Behandlung zu. Schon im Novemb. 1546 wurde die Stadt von demselben bombardirt, und mußte sich nach zweymal versuchter, aber allzeit mißlungener gütlicher Uebereinkunft auf Gnade und Ungnade mit Erlegung der Summe von 80,000 fl. ergeben; gleich darauf wurde Dr. Leonhard Haug,

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nachdem ihm zuvor alles Geld genommen war, vom sächsischen Marschall Wolf gefangen weggeführt; der Bürgermeister Rauchbain, mehrere andere, die Geistlichen und Dominikaner wurden von den Hessen rein ausgeplündert, ihr Geld, Tuch und andere Mobilien weggenommen; in der Stadt-Kasse wurde alles Geld aufgezeichnet und mitgenommen, und das Waaghaus ausgeplündert; von 50,000 fl. Brandschatzung durfte jedoch zufolge endlicher Uebereinkunft, und nach bewilligtem Abzug einer gehabten Foderung von 8000 fl., nur 11000 bezahlt werden; in die Stadt wurden zwey Compagnien gelegt, welche sich aber durch Geld bewegen ließen, bald wieder abzuziehen; auch wurde während der Belagerung das wiedererbaute Kloster Gotteszell von den Hessen verheert und verbrennt und manches Unheil angerichtet. Noch mehr aber litt die Stadt in dem nachher ausgebrochenen unseligen 30 jährigen Krieg, während dem dieselbe mehrmal noch obendrein mit grosser Theurung, besonders 1622-25 und 1626 heimgesucht wurde, nachdem kurz zuvor die Zeit der so berüchtigten Hexenprozesse, wo in einem Zeitraum von drey Jahren, 1613 bis 1617 gegen 65 vermeintlich verhexte Personen theils todt, theils lebendig hier verbrennt wurden, vorübergegangen war.

Wie hart unsre Stadt und Gegend während dem französischen Revolutions-Krieg mitgenommen worden, ist bekannt und noch im lebhaften Andenken jedes Bürgers. 1796 mußte die Stadt, nachdem die kaiserl. Oestreichische Truppen unter dem Erzherzog Karl abgezogen waren, den von Lorch herkommenden Franzosen am 1. August die Stadtschlüssel einhändigen, und sich ihnen völlig überlassen. 1800 war sie