Martinique
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Martinique.
Wenn Luft sich machen unterird’sche Gluthen
Und rings der Donner ihres Zornes schreckt,
Wenn Aschenregen und der Lava Fluthen
Die blühenden Gelände überdeckt,
Ins Thal den Hagel heißer Trümmer schickt,
Wenn tückisch er mit seinen gift’gen Gasen
Zu Tausenden die Flüchtenden erstickt ―
Dann faßt die Menschheit ein gewalt’ger Schauer
Auf allen Herzen lastet schwere Trauer
Und weicher Menschen Augen werden naß;
Und überall wird tief und schwer empfunden
Als ein vernichtender, gewalt’ger Schlag
Die schöne Insel fern im Meer erlag.
Und doch ist das, was in gespenst’ger Schnelle
Die Tausende versenkt in bittern Tod,
Nur eine einz’ge, eine kleine Welle
Und die um Mitleid für die Insel werben,
Die jäh zum Friedhof das Geschick gemacht,
Sie lassen kühl und ungerührt verderben
Millionen Brüder in des Elends Nacht.
Verkommen, hungrig, rußig und verstaubt,
Doch hat den Reichen dieses Loos der Massen
Nur eine Stunde je des Schlafs geraubt? ―
So sammelt denn mit christlichem Erbarmen,
An allen Ecken gründlich für die Armen,
Die heute übrig noch auf ― Martinique.
R.L.
Anmerkungen (Wikisource)
Bearbeiten- Das Gedicht entstand, nach dem am 8. Mai 1902 auf Martinique, einer Karibikinsel, der Vulkan Montagne Pelée ausgebrochen war.