Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Maifeier 1898.
Untertitel: Mai-Festzeitung der Sozialdemokratie
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Buchhandlung Vorwärts
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Paul Singer
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[3]

Maifeier 1898.

Frischauf, mein Volk, Du armes Volk der Bienen,
Frischauf zum Fest, wer irgend kann und mag!
Der erste Tag des Maien ist erschienen,
Der Arbeit höchster, einz’ger Feiertag!

5
Wenn durch den Hag die linden Lüfte wehen

Und aus den Forsten dringt des Kukuks Ruf,
Dann laßt den Ambos und das Schwungrad stehen,
Um froh und stolz vereinigt zu begehen
Den einz’gen Festtag, den das Volk sich schuf.

10
Sie lassen Euch an manchem Tage rasten,

Um dessen Feier sie Euch nicht gefragt;
Sie lassen Euch und Eure Kinder fasten
Und fragen nicht, ob Ihr an Rinden nagt.
Die Arbeit ruht, wenn mit Musik von Geigern

15
Und Trommlern sich der Glocken Hall vermählt,

Wenn sie zum Jubel ihr Behagen steigern;
Mit welchem Rechte will man Euch verweigern
Den einz’gen Tag, den Ihr Euch selbst gewählt?

Man thut es doch. Man thuts, um Euch zu trotzen;

20
Sie wollen „Herr in ihrem Hause“ sein;

Und ob vom Golde ihre Kassen strotzen,
Auf diesen Tag verzichten? Dreimal nein!
„Sie steh’n in meinem Brod ― sie sollen‘s wagen,
Davon zu bleiben, wenn ich’s nicht erlaubt!“

25
Es würde wenig ihm ein Grund verschlagen,

Doch kitzelt‘s ihn, den Tag Euch zu versagen,
Weil Ihr ein Recht auf ihn zu haben glaubt.

Nun, achtundneunzig giebt es kein Verbieten
Und wären selber gierig wie der Hai

30
Aufs rothe Gold, die Eure Kräfte miethen ―

Auf einen Sonntag fällt der erste Mai!
Es fällt der Zwang für ungezählte Massen
Und zöge selber schief es ihn und krumm,
An diesem Tag muß Euch gewähren lassen,

35
Und mag es ihm auch noch so wenig passen,

Der Mächtigste sogar ― der König Stumm!

Nun bleibt nur Eins, die kleinlichen Chikane
Der Polizei vom Niemen bis zum Rhein;
Geschlossner Zug, Musik und vollends Fahne

40
Wird hochnothpeinlich Euch verboten sein.

Man wird zu Roß die Wandrer eskortiren,
Wie Deportirte, die nach Irkutsk gehn,
Man wird nach langem, unverwandtem Stieren
Aufs rothe Tuch die Truppen konsigniren,

45
Und sie mit Pulver und mit Blei versehn.


Daß man zum Schutz der Throne und Altäre
Die alten Künste immer wieder übt ―
Zum Lachen wär’s, wenn’s nicht so traurig wäre,
Doch hat es nie die Andacht uns getrübt.

50
Wir wissen doch, wir können ihrer spotten,

Denn die Gedanken konfiszirt man nicht;
Sie sind unfehlbar und nicht auszurotten
Und man verbrennt unfehlbar wie die Motten
Die Flügel sich an ihrem stillen Licht.

55
Und Macht und Fülle lebt in dem Gedanken,

Der alle Lande siegend heut‘ durchdringt,
Der mit der Zeit, der siechen, fieberkranken,
Verwirrten Welt die sichere Heilung bringt.
Von Land zu Lande laßt die Losung klingen,

60
Von Fels zu Fels, von Bai zu Bai:

               „Es wird sich den Achtstundentag erringen
               Und Friede wird für alle Welt erzwingen
               Der freie Völkerbund vom ersten Mai!“
                                                                                     R. L.