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Titel: Macht der Glaube schön?
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aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 642
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[631]

Römische Pilgerinnen am Ziel ihrer Wanderung.
Originalzeichnung von Julius Jury.

[642] Macht der Glaube schön? (Mit Abbildung S. 631.). Die Behauptung ist nicht neu, daß die vielen schönen Madonnenbilder in den italienischen Kirchen nicht ohne Einfluß seien auf die Bildung der vielen schönen Madonnengesichter der gläubigen Jugend, besonders des weiblichen Geschlechts in jenen Ländern. Die ärztliche Wissenschaft steht zwar noch unentschieden in der Streitfrage, ob eine solche Einwirkung durch’s Auge auf die Gesichtsbildung möglich sei. Sehen wir aber nicht tagtäglich überall, wie die Beschäftigung des Menschen an seinem Gesichtsausdruck arbeitet? Ist es nicht Gesichtsumbildung, welche das Antlitz des Ackerknechts, der den größten Theil seines Lebens mit seinen Thieren zubringt, anders erscheinen läßt, als das des Künstlers und Dichters, der seine besten Stunden dem Ideale weiht? Prägt sich nicht der Charakter des Menschen in seinen Gesichtszügen aus? Darum glauben wir auch an seine geheimnißvolle Bildungsmacht; spricht doch für uns die eine Thatsache, daß in den Madonnenländern auch die Madonnengesichter am häufigsten vorkommen. Ebenso erfreulich ist es aber, daß, wie Schiller der Dichtkunst zur Verherrlichung nichts Schöneres zu bieten weiß, „als in der schönen Form die schöne Seele“, so auch die bildende Kunst die Schönheit nicht rührender und erhebender darstellt, als in der selbstvergessenen, sich ganz hingebenden Andacht.

Eine solche Darstellung hat J. Jury in der Gruppe vor dem Kirchenportale vollendet, die wir nach seinem Oelbilde im Holzschnitte mittheilen. Es ist ein römisches Bildchen, und daß die frommen Waller aus der Umgegend Roms herein in die ewige Stadt gekommen sind, darauf deutet ebenso der Riemen des Ränzchens um die Brust des schönen Knaben, wie der Pilgerstab in der Hand des Landmädchens neben ihrer jungen städtischen Nachbarin hin. Alle drei Menschenbilder kann man nicht auf die Länge anschauen, ohne auf den Gedanken zu kommen, wie entzückend auch ihr Lächeln sein muß. Weniger angenehm berührt der ihnen nachschielende Beter hinter ihnen, von dessen Andacht wir keine hohe Meinung gewinnen. Den Hirten und den Mönch im Hintergrunde hätte unser Künstler wohl zur Hauptgruppe in sichtliche Beziehung bringen können und sollen.