Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Zillerthal“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 905
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Zillerthal. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 905. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Zillerthal (Version vom 27.09.2024)

[905] Zillerthal, eins der Hauptthäler Tirols, vom Ziller, einem Nebenfluß des Inn, durchströmt, ist gegen 18 Stunden lang und von den hohen Gletschern der Zillerthaler Gruppe begrenzt, gegen N. aber, wo es in das Innthal ausmündet, ziemlich fruchtbar. Die Zillerthaler Alpen werden vom Wippthal, dem Inn, dem Ziller (bis Zell), dem Gerlosthal, dem Krimmler Achenthal und dem Ahrenthal und im S. vom Pusterthal eingeschlossen und erstrecken sich somit vom Brenner bis zum Krimmler Tauern. Die höchsten Gipfel des Hauptzugs sind: Hochfeiler (3506 m), Mösele (3480 m), Löffelspitz (3386 m) und Schwarzenstein (3367 m); eine besondere Gruppe bilden die westlichen, durch das Pfitscher Joch von den übrigen Zillerthaler Alpen geschiedenen Tuxer Ferner (mit dem Olperer, 3489 m). Die Bergtouren in den Zillerthaler Alpen sind durch Errichtung mehrerer Alpenunterkunftshütten in den letzten Jahren zugänglicher gemacht worden. Die obern an Wasserfällen reichen Seitenthäler drängen sich weit ins Hochgebirge, so schon das Gerlosthal bei Zell; bei Mairhofen aber zerteilt sich das Thal fächerförmig in vier „Gründe“: den Ziller- und den Stillupgrund, das Zemmthal und Tuxer Thal, welche beiden letztern dauernd bewohnt sind. Die frequentesten Übergänge sind das Pfitscher und das Tuxer Joch, beide zur Brennerbahn. Von Mairhofen abwärts ist das Thal weit und freundlich, und es folgt ununterbrochener blühender Anbau und außer den beiden Hauptorten Zell und Fügen eine Reihe von Ortschaften, welche meist ein freundliches Ansehen haben und mit schönen Obst- und andern Bäumen geziert sind. Das Z. umfaßt eine Fläche von 940 qkm (17,11 QM.) mit 14,000 Einw. Es gehört zur Bezirkshauptmannschaft Schwaz und bildet zwei Gerichtsbezirke: Fügen und Zell. Die Zillerthaler sind selbst in Tirol ihrer schönen, kräftigen Gestalt wegen gerühmt und ihre hübschen Alpenlieder überall beliebt. Der Hauptreichtum des Zillerthals ist Viehzucht; es gehört in dieser und in Bezug auf Käsebereitung zu den fortgeschrittensten Gegenden Tirols. Der Ackerbau ist beträchtlich, aber das Getreide doch nicht für den Bedarf hinreichend. Daher wandern viele ärmere Einwohner als Händler mit Handschuhen, Teppichen etc. ins Ausland. Die Industrie ist durch eine Nadelfabrik in Fügen vertreten. Erwähnenswert ist auch die Gewinnung von Granaten in Tux und im Schwarzensteingrund. Der Hauptort ist der Marktflecken Zell. Vgl. Sonklar, Die Zillerthaler Alpen (Gotha 1862); Löw, Aus dem Zillerthaler Hochgebirge (Gera 1878); Heß, Führer durch die Zillerthaler Alpen (Wien 1887). In neuerer Zeit erregte das Z. dadurch Aufmerksamkeit, daß sich etwa 400 Personen von der katholischen Kirche lossagten, zum Protestantismus übergingen und, als man ihnen Schwierigkeiten in den Weg legte, 1837 nach Schlesien auswanderten, wo sie bei Erdmannsdorf die Kolonie Z. gründeten. Vgl. Beheim-Schwarzbach, Die Zillerthaler in Schlesien (Bresl. 1875); Hahn, Die Zillerthaler im Riesengebirge (Schmiedeb. 1887).