MKL1888:Werkzeugmaschinen

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Werkzeugmaschinen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 537
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Werkzeugmaschinen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 537. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Werkzeugmaschinen (Version vom 06.12.2023)

[537] Werkzeugmaschinen (Arbeitsmaschinen), mechanische Vorrichtungen zur Bearbeitung der Metalle, des Holzes etc., bei denen die entsprechenden Werkzeuge (Hammer, Hobeleisen, Scheren, Bohrer, Fräsen, Sägen etc.) automatisch in Thätigkeit gesetzt werden. Nach diesen Werkzeugen unterscheidet man Hobel-, Bohr-, Fräsmaschinen etc., außerdem Universal- und Spezialwerkzeugmaschinen, je nachdem sie allgemein (Drehbank, Bohrmaschine, Sägemaschine etc.) oder nur für bestimmte Zwecke (Zahnradhobelmaschine, Cylinderausbohrmaschine etc.) anwendbar sind. Um das Werkzeug (Stahl genannt, wenn es meißelartig wirkt) mittels Werkzeugmaschine zur Wirkung zu bringen, ist eine gegenseitige Bewegung von Arbeitsstück (Werkstück) und Werkzeug erforderlich, durch welche das letztere nach allen Punkten der zu bearbeitenden Fläche gelangt. Dazu dienen stets zwei Bewegungen: eine, welche die eigentliche Arbeit, z. B. Abnehmen eines Spans, verrichtet (Arbeitsbewegung), und eine zweite, welche dem Werkzeug neue Angriffsflächen zuführt (Schaltbewegung, Fortrückungsbewegung). Beide Bewegungen können auf das Werkstück und Werkzeug verteilt sein (wie bei der Sägemaschine) oder auch einem der beiden allein zufallen, wie bei den Bohrmaschinen, wo der Bohrer die drehende Arbeits- und die in der Achsenrichtung notwendige Schaltbewegung gleichzeitig ausführt. Beide Bewegungen sind ferner periodisch wiederkehrende (Hobelmaschine) oder ununterbrochene (Drehbank) oder in der Weise angeordnet, daß eine periodisch und die andre stetig vor sich geht (Sägegatter mit kontinuierlichem Vorschub des Werkstücks). Da die periodischen Bewegungen einen Zeitverlust während der Arbeit bedingen, so werden die stetigen immer vorgezogen, wie unter andern die fortwährend zunehmende Verwendung der Fräsmaschinen anstatt der Feilmaschine beweist. In der Regel erhalten die W. ihren Antrieb von einer Transmission vermittelst Riemen, in einzelnen Fällen direkt von einer Dampfmaschine (Dampfhammer, Dampfschere) oder von einer hydraulischen Presse (hydraulische W.), seltener von einem Luftkompressor (pneumatische W.). Die W. sind dem Bedürfnis entsprungen, die kostspielige und unsichere Handarbeit auf das geringste Maß zu beschränken. Sie fanden demnach zuerst in England und später erst auf dem Festland Eingang. Dem entsprechend blieben bis in die neueste Zeit die englischen Ausführungen typisch und wurden namentlich in Deutschland vielfach nachgebildet. Die W. in Amerika zeichnen sich durch eine überaus praktische Anordnung der einzelnen Teile, Originalität und Zweckmäßigkeit der Formen, geringen Kraftverbrauch und Anpassen an den beabsichtigten Zweck, namentlich durch eine weitgehende Ausbildung von Spezialmaschinen für Massenerzeugung (z. B. Blechbüchsen) aus und werden in Europa mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und zum Vorbild genommen. Vgl. Hart, Die W. für den Maschinenbau zur Metall- und Holzbearbeitung (2. Aufl., Heidelb. 1874); Hesse, Die W. (Leipz. 1874); Wencelides, Amerikanische Hilfsmaschinen und Werkzeuge für Metallbearbeitung (Wien 1877); Meißner, Die Werkzeug- und Holzbearbeitungsmaschinen (Leipz. 1876).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 826
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[826] Werkzeugmaschinen. Da die Bearbeitung außergewöhnlich großer unhandlicher Arbeitsstücke, wie sie z. B. bei eisernen Brücken, am Eiffelturm u. dgl., vorkommen, mit den gewöhnlichen W. sehr zeitraubend und unbequem wird, so konstruiert man neuerdings vielfach Spezialmaschinen, welche, den einzelnen Fällen angepaßt, sich höchst wertvoll erwiesen haben. Zur Herstellung der Forth-Brücke ist beispielsweise dieses Prinzip vollständig durchgeführt. Die wichtigsten der hier zur Verwendung gelangten W. sind folgende. Eine Bohrmaschine zum Bohren der Blechträger und Gurtungen, besteht aus zwei Bohrmaschinen mit je vier auf Schienen laufenden Rädern, verbunden durch zwei Traversen, die eine Anzahl (3) vertikal gestellter Bohrer tragen. Die eine Maschine besitzt an ihrem untern Teil vier, die andre zwei horizontale Bohrer; außerdem ist jede Maschine auf der Rückseite mit zwei Radialbohrern versehen, die sich beliebig verstellen lassen. Die leicht transportable Maschine, deren sämtliche Bohrer gleichzeitig durch Drahtseile und Kegelräder angetrieben werden, ist also im stande, mindestens 16 Löcher auf einmal zu bohren. Eine Hobelmaschine zur Bearbeitung der Endstücke mit Einrichtung zum schnellen und sichern Einspannen und einem Stahl an einer pendelnden Stange, die an einem Support angebracht ist, der an dem Arbeitstisch hin und her geht. Eine ähnliche, zum Abstoßen der Plattenkanten mit zwei Supports an den Längsseiten und einem durch eine Leitspindel hin und her geführten Arbeitstisch. Eine aus zwei selbständigen rechtwinkelig zu einander stehenden Hobelmaschinen gebildete Maschine, um gleichzeitig die Längs- und Querkanten der Platten zu hobeln. Eine hydraulische Nietmaschine zum Vernieten der Blechröhren, welche die Pfeiler ersetzen sollen. Zum Anbohren dieser Röhren dient eine Vereinigung von mehreren vollständigen, mit zwei Bohrern versehenen Bohrmaschinen, die auf zwei vertikalen, ringförmigen Gleitbahnen von solchem Durchmesser laufen, daß man die ganze Röhre horizontal einlegen kann. Das Biegen der schweren Stahlplatten, welche die Wände der hohlen Pfeiler bilden, verrichtet eine hydraulische Presse mit vier Stempeln und den entsprechenden Formen unter einem Druck von etwa 1600 Ton. Hydraulische Nietmaschinen von verschiedener Größe und besonderer Anordnung zu ihrer Einstellung etc. sind zahlreich vorhanden, doch so eingerichtet, daß ebenfalls ihre Hebung und Senkung mit Wasserdruckhebevorrichtungen stattfindet. Es ist ferner bemerkenswert, daß man die W. immer mehr und mehr auch so konstruiert und ausführt, daß sie, zur Verwendung im allgemeinen als insbesondere zu einzelnen Arbeiten brauchbar, kleinern Werkstätten zugängig werden, wo als Betriebskraft vielfach Elektrizität gewählt wird.