Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Weltpostverein“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 527528
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Weltpostverein. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 527–528. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Weltpostverein (Version vom 11.08.2022)

[527] Weltpostverein. Die Bestimmungen für den internationalen Postverkehr waren ehemals durch zahlreiche Einzelverträge zwischen den verschiedenen Ländern geregelt, welche ein buntes Gemisch der mannigfaltigsten Tarif- und Verkehrspolitik darstellten. Nachdem durch Rowland Hills Postreform die belebende Wirkung einer billigen Einheitsbrieftaxe auf den Gesamtverkehr an einem Beispiel dargethan war, machte sich in den Postverträgen der neuern Zeit ein freierer Geist geltend, welcher den Postverkehr von territorialen Sonderbestrebungen zu befreien suchte. Den unermüdlichen Bestrebungen der deutschen Postverwaltung und ihres Leiters, des Staatssekretärs Stephan, gelang endlich 1874 die Verwirklichung des Gedankens, die Gesamtheit der Kulturvölker zu einer vertragsmäßigen Regelung des Postverkehrs auf Grundlage einer allgemeinen völkerrechtlichen Einigung zu verbinden. Auf Betreiben Deutschlands trat 1874 ein internationaler Postkongreß in Bern zusammen, dessen Ergebnis der allgemeine Postvereinsvertrag vom 9. Okt. 1874 war. Durch diesen Vertrag ist für das Postwesen ein völkerrechtlicher Verband geschaffen worden, wie er auf keinem andern Zweig des internationalen Völkerlebens besteht; derselbe behandelt das Gesamtgebiet der vertragschließenden Staaten als ein einziges Postgebiet, innerhalb dessen nicht nur vollste Freiheit des internationalen Verkehrs gewährleistet, sondern auch die gleichmäßige Behandlung aller Sendungen der Hauptsache nach sichergestellt wurde. Das Werk des Berner Vertrags ist seitdem durch weitere internationale Postverträge weiter ausgebaut und befestigt worden. Durch eine Konferenz 1876 wurden Bedingungen für den Beitritt aller überseeischen Länder festgestellt. Ein Kongreß zu Paris 1878 beseitigte die noch vorhandenen Ungleichheiten der Portotaxen im Verkehr der kontinentalen Länder unter sich einerseits und mit den überseeischen Ländern anderseits und schuf den allgemeinen Postverein zu einem „W.“ um; ferner zog derselbe [528] den Austausch der Wertbriefe und Postanweisungen mit in den Bereich der internationalen Einigung. Nachdem eine neue Konferenz zu Paris 1880 auf Antrag Deutschlands endlich auch kleinere Pakete bis zum Gewicht von 3 kg im internationalen Postverkehr zuließ, wurde durch die Lissaboner Konferenz 1885 der internationale Paketpostdienst weiter verbreitet und verallgemeinert; auch wurde durch dieselbe Konferenz der Postauftragsdienst im internationalen Verkehr eingeführt. Die weitere Fortbildung der Einrichtungen des Weltpostvereins ist internationalen Kongressen vorbehalten, welche von 5 zu 5 Jahren stattfinden sollen. Weiteres s. Post und Postkongreß.