Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Weigel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 484
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Weigel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 484. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Weigel (Version vom 09.06.2021)

[484] Weigel, 1) Valentin, Stifter einer mystischen Sekte, geb. 1533 zu Großenhain in Sachsen, studierte zu Leipzig und Wittenberg, wurde 1567 Pfarrer in Zschopau und starb 10. Juni 1588. Seine Schriften, zum Teil erst lange nach seinem Tod von dem Kantor Weichert, vielleicht durch eigenmächtige Zusätze entstellt, herausgegeben (1611–21), sind eine mit naturphilosophischen Ideen versetzte Bearbeitung der Mystik des Paracelsus und Tauler. Verschiedene derselben wurden auf landesherrlichen Befehl 1624 zu Chemnitz öffentlich verbrannt, hatten ihm aber bereits viele Anhänger erworben. Unter diesen, den sogen. Weigelianern, wurden am bekanntesten Jes. Stiefel (gest. 1627) und sein Neffe Ezech. Meth (gest. 1640), auch Jak. Böhme (s. d.). Vgl. Opel, Val. Weigel (Leipz. 1864); Israel, M. Val. Weigels Leben und Schriften (Zschopau 1888).

2) Erhard, berühmter Mathematiker und pädagogischer Schriftsteller, geb. 16. Dez. 1625 zu Weida, war von 1653 bis zu seinem Tod (21. März 1699) Professor in Jena. Groß war sein Einfluß auf die Zeitgenossen, unter denen namentlich auch Leibniz ihn hochstellte. Er war ein gesuchter Ratgeber in Fragen der Mechanik und Technologie. In einer Reihe streitbarer Schriften bekämpfte er die herrschende gelehrt-pedantische Weise des Unterrichts, dessen Umgestaltung nach praktischen Grundsätzen er verlangte. W. kann als der eigentliche Urheber des Begriffs der Realschule gelten, den sein Schüler Christoph Semler zu Halle 1706 ins Leben umzusetzen versuchte. Auch die Freunde der Knabenhandarbeit berufen sich mit Recht auf ihn als einen der ersten Vertreter dieses Unterrichtszweigs. Vgl. Israel, Die pädagogischen Bestrebungen E. Weigels (Zschopau 1884, Programm); Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts (Leipz. 1885).

3) Johann August Gottlob, Buchhändler und Kunstkenner, geb. 23. Febr. 1773 zu Leipzig, übernahm 1793 die Leitung der ehemaligen Müllerschen Buchhandlung und gründete, 1795 zum Universitätsauktionator ernannt, eine antiquarische Buchhandlung, von deren Bedeutung der von ihm herausgegebene „Apparatus litterarius“ (Leipz. 1807, neue Aufl. 1834) und der „Index librorum bibliophili Weigelii“ (das. 1838, 2 Hefte) Zeugnis geben, sowie 1797 eine eigne Verlagshandlung, aus der eine Menge ausgezeichneter, namentlich philologischer Werke und Klassikerausgaben hervorgegangen ist, deren Herausgeber er zum Teil mit seinen eignen Sammlungen von Kollationen der Handschriften unterstützte. Auch legte er eine treffliche Sammlung von Gemälden, Originalhandzeichnungen, Kupferstichen, Radierungen und xylographischen Arbeiten an. Eine Beschreibung derselben begann er unter dem Titel: „Ährenlese auf dem Felde der Kunst“ (Leipz. 1836–45, 3 Bde.) zu liefern. Er starb 25. Dez. 1846 und hinterließ das Geschäft seinem jüngsten Sohn, Theodor Oswald (geb. 5. Aug. 1812, gest. 2. Juli 1881 in Hosterwitz bei Pillnitz). Derselbe veröffentlichte auf Grund der vom Vater ererbten Sammlungen mit Zestermann das durch 145 Tafeln Faksimiles besonders wertvolle Werk „Die Anfänge der Druckerkunst in Bild und Schrift“ (Leipz. 1866, 2 Bde.) und das „Autographen-Prachtalbum“ (das. 1848–49). Am 1. April 1888 ging die Verlagshandlung T. O. Weigel in den Besitz des Dr. Christian Hermann Tauchnitz in Leipzig über. – Sein älterer Bruder, Rudolf (geb. 19. April 1804), errichtete 1831 in Leipzig ein eignes Kunstgeschäft, über dessen Bestand er einen wissenschaftlich geordneten „Kunstlagerkatalog“ (Leipz. 1834–67, 35 Tle.) herausgab. Auch lieferte er die Litteratur zu Rumohrs „Holbein“ und Supplemente zu Bartsch’ „Peintre-graveur“ (Leipz. 1843, Bd. 1); „Die Werke der Maler in ihren Handzeichnungen“ (das. 1865) u. a. Er selbst gab nach einer vom Vater übernommenen Sammlung „Holzschnitte berühmter Meister“ (Leipz. 1851–57, mit 66 Faksimiles) heraus. Nach seinem 22. Aug. 1867 erfolgten Tod ging das Geschäft an Hermann Vogel über.