Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Waldemar“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 346347
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Waldemar. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 346–347. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Waldemar (Version vom 27.03.2023)

[346] Waldemar, 1) Markgraf von Brandenburg, Sohn des Markgrafen Konrad II., dem er 1303 in der Herrschaft über einen Teil des askanischen Besitzes folgte. Nach dem Tod seines Oheims Otto IV. 1309 vereinigte er sämtliche märkische Besitzungen des Hauses in seiner Hand. Er entriß den Polen Pomerellen, das er mit dem Deutschen Orden teilte. Als 1312 der Markgraf Friedrich der Gebissene von Meißen in sein Gebiet einbrach, schlug ihn W. 1313, [347] nahm ihn gefangen und besetzte Meißen und Dresden; doch ward jener von seinen Vasallen wieder befreit. Da W. als Schutzherr für die hansische Stadt Stralsund gegen die Ansprüche des Rügenfürsten Witzlav auftrat, bildete sich gegen ihn ein großer Bund der Könige von Dänemark, Schweden und Polen, der Herzöge von Sachsen-Lauenburg, von Braunschweig-Lüneburg, der Markgrafen von Meißen, der Herren von Mecklenburg u. a. W. verlor zwar die Schlacht von Gransee (August 1316) gegen die Dänen und Mecklenburger, behauptete aber im Frieden von Templin (1317) seine Besitzungen und erlangte von Meißen noch die Abtretung der Niederlausitz. Er regierte nun in Ruhe und Frieden, hielt einen glänzenden Hofhalt, förderte die märkischen Städte, starb aber schon 14. August 1319. Das askanische Haus beruhte nun noch auf Waldemars unmündigem Vetter Heinrich, der mit seiner Mutter zu Landsberg residierte, aber auch schon 1320 starb. Die Belehnung des Hauses Wittelsbach mit Brandenburg durch Kaiser Ludwig den Bayern (1324) stürzte das Land in große Wirren und verderbliche Kriege, so daß das Volk sich lebhaft nach der glänzenden Zeit der Askanier, besonders Waldemars, zurücksehnte. Da erschien 1347 ein Pilger, der falsche W., vor dem Erzbischof von Magdeburg, der sich für den angeblich verstorbenen Markgrafen W. ausgab. Er habe, behauptete er, um seine Ehe in verbotenem Grad mit seiner Base Agnes zu lösen, sich krank gestellt und befohlen, einen fremden Leichnam statt seiner in Chorin zu begraben, sei aber selbst nach dem Heiligen Grab gepilgert und dort bis jetzt festgehalten worden. Der Erzbischof und auch die askanischen Fürsten von Sachsen und Anhalt erklärten, daß er der wahre Markgraf sei. Bald fiel ihm das ganze Land zu, und nur noch wenige Städte hielten zu dem bayrischen Markgrafen Ludwig, als Kaiser Karl IV. 1348 in Brandenburg erschien und W. aus Feindschaft gegen die Wittelsbacher 2. Okt. feierlich belehnte, nachdem viele Fürsten und Ritter seine Echtheit beschworen und er die Lausitz an Böhmen abgetreten hatte. Nachdem jedoch Ludwig von Bayern den Gegenkönig Gunther von Schwarzburg fallen gelassen und Karl IV. anerkannt hatte, ward W. 1350 vor den Reichstag zu Nürnberg beschieden, seine Ansprüche zu erweisen. Da er nicht erschien, erklärte ihn der Kaiser für einen Betrüger. Von allen verlassen, da er die überspannten Erwartungen der Märker von seiner Herrschaft nicht erfüllen konnte, floh W. nach Dessau, von wo aus er die Bewohner der Marken 1351 ihrer Pflichten entließ und bis an seinen 1357 erfolgten Tod fürstliche Ehren genoß. Man hat den falschen W. für einen Müllerburschen, Jakob Rehbock aus Hundeluft, oder einen Bäckergesellen, Mähnicke aus Belitz ausgegeben, der als Knappe beim wahren W. in Diensten gestanden und seine Ähnlichkeit mit diesem zu einem von den Askaniern und Karl IV. angestifteten Betrug glücklich benutzt habe. Die Unechtheit ist zwar höchst wahrscheinlich, aber nicht völlig erwiesen. Vgl. Klöden, Geschichte des Markgrafen W. (Berl. 1844–46, 4 Bde.). W. Alexis hat den Stoff zu einem Roman benutzt.

[Dänemark.] 2) W. I., der Große, König von Dänemark, geb. 14. Jan. 1131, Sohn Knut Lavards und der Ingeborg von Nowgorod, erhielt 1152 Südjütland, nach Svends Tod 1157 das ganze Reich, kämpfte in Gemeinschaft mit Heinrich dem Löwen gegen die Wenden und eroberte Rügen, brachte Norwegen unter seine Lehnshoheit und starb nach einer ruhmvollen Regierung 12. Mai 1182.

3) W. II., der Sieger, König von Dänemark, geb. 28. Juni 1170, jüngster Sohn des vorigen, folgte seinem Bruder Knut 1202, vollendete die Unterwerfung der Elbherzogtümer, unternahm 1219 einen Kreuzzug gegen die Esthen, eroberte Esthland, wobei der Danebrog, das Gnadenzeichen des heiligen Kreuzes, welches bei der Schlacht von Reval vom Himmel fiel und den Sieg brachte, Reichsfahne wurde, ward aber 1223 vom Grafen Heinrich von Schwerin auf der Insel Lyöe gefangen genommen und erst, nachdem er Mecklenburg und Holstein dem Deutschen Reich zurückgegeben, 1225 freigelassen, dann 1227 bei Bornhövede von den Niedersachsen völlig besiegt, so daß er auf alles Land südlich der Eider verzichten mußte und die Übermacht Dänemarks im Norden für lange gebrochen war. W. starb 1241. Sein ältester Sohn, W. (III.) der Junge, geb. 1209, schon 1215 zum Nachfolger gewählt und 1218 gekrönt, war 1223–25 mit seinem Vater in Heinrichs von Schwerin Gefangenschaft, starb, ohne eigentlich regiert zu haben, 1231 an den Folgen einer auf der Jagd erhaltenen Wunde.

4) W. III., König von Dänemark, Herzog von Schleswig, geb. 1314, ward 1326 von seinem Oheim Gerhard von Holstein, dem er dafür Schleswig verlieh, an Stelle Christophs II. auf den dänischen Thron erhoben, legte aber schon 1330 die Krone nieder, da er sie gegen die Überzahl seiner Gegner nicht behaupten konnte.

5) W. IV., Atterdag (Wiedertag, weil er aus Bedachtsamkeit alles auf den nächsten Tag verschob), König von Dänemark, jüngster Sohn Christophs II., ward nach Gerhards Sturz 1340 auf den Thron erhoben, regierte mit Kraft und Einsicht, unterdrückte allen Ungehorsam, sicherte die Rechte des Adels durch die Kallundborger Handfeste (1360), eroberte alle zeitweilig verlornen Besitzungen Dänemarks (Schonen, Halland, Blekinge) wieder, entriß der Hansa Öland und Gotland, geriet aber dadurch in zwei verderbliche Kriege mit den Hanseaten, welche Dänemark plünderten, so daß 1370 die Stände während Waldemars langjähriger Abwesenheit auf Reisen auf eigne Hand mit jenen den Stralsunder Frieden schlossen, und starb 1375. Ihm folgte der Sohn seiner Tochter Margarete, Oluf, unter deren Vormundschaft. Vgl. Reinhardt, Valdemar Atterdag og hans Kongegjerning (Kopenh. 1880); Schäfer, Die Hansestädte und König W. (Jena 1879).

[Preußen.] 6) Friedrich Wilhelm W., Prinz von Preußen, geb. 2. Aug. 1817, Sohn des Prinzen Wilhelm, Bruders des Königs Friedrich Wilhelm III., erhielt eine sorgfältige Erziehung und war 1844 bis zum Obersten aufgerückt, als er eine Reise nach Ostindien unternahm. In dem Krieg der Engländer mit den Sikh hatte er Gelegenheit, den Schlachten bei Mudli 18. Dez. 1845, bei Serozscha 21. und 22. Dez. und bei Sobraon 10. Febr. 1846 beizuwohnen, in welch letzterer sein treuer Arzt Hoffmeister blieb. Mitte Juni 1846 traf er wieder in Berlin ein. 1848 ging er als Kommandeur einer Kavalleriebrigade nach Münster, wo er 17. Febr. 1849 starb. Von seinen Tagebüchern und Zeichnungen gaben seine Geschwister das Prachtwerk „Zur Erinnerung an die Reise des Prinzen W.“ (Berl. 1855, 2 Bde.; Auszug von Kutzner, das. 1857) heraus.