Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wöhler“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Wöhler“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 714715
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: Friedrich Wöhler
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Wöhler. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 714–715. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:W%C3%B6hler (Version vom 06.04.2022)

[714] Wöhler, Friedrich, Chemiker, geb. 31. Juli 1800 zu Eschersheim bei Frankfurt a. M., studierte seit 1819 in Marburg Medizin, dann in Heidelberg auch Chemie und Mineralogie, arbeitete ein Jahr lang in Berzelius’ Laboratorium zu Stockholm und begleitete diesen und Ad. Brongniart 1824 auf einer zweimonatlichen geognostisch-mineralogischen Reise durch Skandinavien. 1825 ward er als Lehrer und 1827 als Professor an der neubegründeten Gewerbeschule zu Berlin angestellt; doch ging er schon 1831 nach Kassel, wo er mit der Organisation der neu zu errichtenden höhern Gewerbeschule betraut und dann als Lehrer der Chemie und technischen Chemie an derselben angestellt wurde. 1836 folgte er einem Ruf als Professor der Medizin, Direktor des chemischen Instituts und Generalinspektor der hannöverschen Apotheken nach Göttingen, wo er 23. Sept. 1882 starb. Wöhlers zahlreiche Untersuchungen umfassen alle Zweige der Chemie und sind zum Teil epochemachend gewesen. Schon 1827 und 1828 entdeckte er das Aluminium, Beryllium und Yttrium, und in derselben Zeit beschäftigte er sich mit der Cyansäure und entdeckte nicht nur neue Cyanverbindungen, sondern auch die Bildung des Harnstoffs aus cyansaurem Ammoniak, wodurch die Grenze zwischen anorganischer und organischer Chemie verwischt wurde. Seine Arbeiten mit Liebig über die Benzoylverbindungen bezeichnen den Beginn der eigentlich rationellen Behandlung der organischen Chemie und trugen wesentlich zur [715] Ausbildung der Radikal- und Substitutionstheorie bei. Mit Liebig entdeckte er auch die zahlreichen Derivate der Harnsäure, die Zusammensetzung der Mellithsäure, die Zersetzung des Amygdalins unter Abscheidung von Zucker, die Darstellung von Chromrot etc. Von seinen andern Arbeiten sind besonders noch die über die Titan-, Wolfram- und Kieselverbindungen und die Entdeckung des kristallisierten Bors und Siliciums (mit Saint-Claire Deville) erwähnenswert. Er schrieb: „Grundriß der unorganischen Chemie“ (Berl. 1831, 15. Aufl. 1873); „Grundriß der organischen Chemie“ (11. Aufl., das. 1887); „Mineralanalyse in Beispielen“ (2. Aufl., Götting. 1861) und „Praktische Übungen in der chemischen Analyse“ (Berl. 1854). Er gab auch eine deutsche Bearbeitung von Berzelius’ „Lehrbuch der Chemie“ (Dresd. 1825, 4 Bde.; 5. Aufl. 1843–48, 5 Bde.) und seit 1838 mit Liebig die „Annalen der Chemie und Pharmazie“ heraus. Vgl. Hofmann, Zur Erinnerung an F. W. (Berl. 1883); Derselbe, Aus Justus Liebigs und Fr. Wöhlers Briefwechsel (Braunschweig 1888, 2 Bde.).