MKL1888:Ungern-Sternberg
[1015] Ungern-Sternberg, Alexander, Freiherr von, Romanschriftsteller, geb. 22. April 1806 auf dem väterlichen Gut Noistfer bei Reval, sollte sich dem Studium der Rechte widmen, folgte aber seiner Neigung zur Poesie und lebte seit 1830 in Deutschland, wo er sich nach wechselndem Aufenthalt später bleibend in Dresden niederließ. Er starb 24. Aug. 1868 zu Dannenwalde in Mecklenburg-Strelitz. U. hat in einer langen Reihe von Romanen und Novellen, immer aber mit hervorstechender Frivolität, die verschiedenartigsten Stoffe behandelt. Die Rokokozeit ist die eigentliche Domäne seines Talents. Der romanhafte Inhalt dieser Novellen (z. B. „St. Sylvan“, Frankf. 1839; „Die gelbe Gräfin“, Berl. 1840) ist dürftig, die künstlerische Komposition schwach, die Charakteristik oft oberflächlich; aber der kulturhistorische Hintergrund ist treu und sicher gezeichnet so namentlich in „Berühmte deutsche Frauen des 18. Jahrhunderts“ (das. 1848). Zu dem Besten, was U. schrieb, gehören die Erzählungen: „Galathee“ (Stuttg. 1836) und „Psyche“ (Frankf. 1838, 2 Bde.) Als der soziale Tendenzroman Mode wurde, trat er mit „Diane“ (Berl. 1842, 3 Bde.) und „Paul“ (Hannover 1845, 3 Bde.) hervor, ohne es freilich zur rechten ethischen und psychologischen Tiefe zu bringen. Letzteres Werk hatte zugleich die Absicht, für eine Reorganisation des Adels Propaganda zu machen, und diese Tendenz bewirkte 1848 des Verfassers Anstellung als Mitarbeiter am Feuilleton der „Kreuzzeitung“. Da aber seine „Neupreußischen Zeitbilder“ (Brem. 1848–49, 2 Bde.) wenig Beifall fanden, ließ er die Politik fallen und suchte durch die Erfindung von Pikantem auf frivolem Gebiet zu gefallen, so namentlich in den „Braunen Märchen“ (das. 1850, 4. Aufl. 1875) und in den „Rittern von Marienburg“ (Leipz. 1853, 3 Bde.). Die „Erinnerungsblätter“ (Leipz. 1855–60, 6 Bde.) erzählen des Verfassers Lebensgeschichte. Viel Fesselndes enthält die „Dresdener Galerie“ (Leipz. 1857–58, 2 Bde.), eine Reihe von Kunstnovellen und biographischen Skizzen. Die historischen Romane: „Dorothea von Kurland“ (Leipz. 1859, 3 Bde.), „Elisabeth Charlotte“ (das. 1861, 3 Bde.), „Peter Paul Rubens“ (das. 1862) u. a. verfielen schon völlig dem Ton der Leihbibliothek. Kleinere Erzählungen erschienen gesammelt als „Novellen“ (Stuttg. 1832–35, 5 Bde.), „Erzählungen und Novellen“ (Dess. 1844, 4 Bde.) und „Kleine Romane und Erzählungen“ (Jena 1862, 3 Bde.).