Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Tischbein“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Tischbein“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 15 (1889), Seite 726
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Tischbein. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 726. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Tischbein (Version vom 27.06.2022)

[726] Tischbein, deutsche Künstlerfamilie: Johann Valentin, geb. 1715 zu Haina in Kurhessen, malte Landschaften und Dekorationen und starb 1767 als Hofmaler in Hildburghausen. Johann Heinrich, der ältere, Bruder des vorigen, geb. 3. Okt. 1722 zu Haina, ging 1743 nach Paris, wo er sich bei Vanloo bildete, 1748 nach Venedig, dann nach Rom und ward 1752 Kabinettsmaler des Landgrafen von Hessen-Kassel, später Professor an der Kunstakademie zu Kassel, wo er 22. Aug. 1789 starb. Er entlehnte seine Stoffe meist der Mythologie. Seine Zeichnung ist im ganzen korrekt; das Nackte verrät das Studium der Antike, die Gewänder sind im großen Stil behandelt. Viele seiner vom Geiste des Rokokostils erfüllten Arbeiten finden sich im Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel. Auch seine Brüder Johann Jakob, gest. 1791 in Lübeck, und Anton Wilhelm, gest. 1804 als Hofmaler in Hanau, erwarben sich einen Namen, jener durch Tierstücke, dieser durch historische Darstellungen und Genrebilder. Johann Heinrich, der jüngere, Neffe der vorigen, geb. 1742 zu Haina, gest. 1808 als Inspektor der Galerie zu Kassel, stach vieles nach Joh. Heinr. T., dem ältern, und schrieb eine „Abhandlung über die Ätzkunst“ (Kassel 1808).

Sein Bruder Johann Heinrich Wilhelm, der Neapolitaner genannt, geb. 15. Febr. 1751 zu Haina, der bedeutendste der Familie, bildete sich unter Leitung seiner Oheime Joh. Heinr. und Joh. Jakob T. und war dann zu Hamburg, in den Niederlanden, in der Schweiz, seit 1782 zu Rom und seit 1787 in Neapel thätig, wo er 1790 als Direktor der Malerakademie angestellt ward; doch kehrte er bald darauf nach Deutschland zurück und lebte abwechselnd in Hamburg und Eutin, wo er 26. Juli 1829 starb. Von seinen Arbeiten sind hervorzuheben: Konradin von Schwaben und Friedrich von Österreich wird beim Schachspiel das Todesurteil verkündigt; Christus und die Kindlein, für die Ansgariikirche zu Bremen; der wütende Ajax, die Kassandra von der Statue der Pallas wegreißend. Unter den von ihm herausgegebenen und zum Teil mit Radierungen ausgestatteten artistischen Werken sind zu erwähnen: „Têtes de différents animaux, dessinées d’après nature“ (Neap. 1796, 2 Bde.), „Sir Will. Hamilton’s collection of engravings from antiques vases“ (das. 1791–1809, 4 Bde.) und sein berühmtestes Werk: „Homer, nach Antiken gezeichnet“, mit Erläuterungen von Heyne (Heft 1–6, Götting. 1801–1804) und Schorn (Heft 7–11, Stuttg. 1821–23). Seine Selbstbiographie wurde von Schiller („Aus meinem Leben“, Braunschw. 1861, 2 Bde.) herausgegeben. Vgl. Alten, Aus Tischbeins Leben (Leipz. 1872).

Johann Friedrich August, Sohn Joh. Valentin Tischbeins, geb. 1750 zu Maastricht, als Familienporträtmaler ausgezeichnet, bereiste Frankreich und Italien, ward dann Hofmaler in Arolsen und lebte hierauf einige Zeit in Holland, seit 1795 aber zu Dessau und ward 1800 Ösers Nachfolger als Direktor der Akademie zu Leipzig. Er starb 1812 in Heidelberg. Sein Sohn Karl Ludwig, geb. 1797 zu Dessau, wurde in Dresden gebildet, ging 1819 nach Italien, ward 1825 Professor der Zeichenkunst an der Universität Bonn und 1828 Vorsteher einer Zeichenschule und Aufseher über die fürstlichen Sammlungen zu Bückeburg, wo er 13. Febr. 1855 starb. Beifall fand sein Besuch Egmonts bei Klärchen sowie seine Ansichten von Städten, z. B. Bonn, Frankfurt, Leipzig. Vgl. Michel, Étude biographique sur les T. (Lyon 1881).