Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Teichwirtschaft“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 561
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Teichwirtschaft. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 561. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Teichwirtschaft (Version vom 11.09.2022)

[561] Teichwirtschaft, s. Teich.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 908909
korrigiert
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[908] Teichwirtschaft. In der ersten Jugend ernähren sich nach Susta alle für die T. in Betracht kommenden Fische von der kleinen Wasserfauna, späterhin wird jedoch die Ernährung sehr verschieden, weshalb je nach der Nahrung die Teichfische in Raubfische, Kleintierfresser und pflanzenfressende (Grünweide-) Fische unterschieden werden können. Die Nahrung der ausgewachsenen Raubfische besteht vornehmlich in Fischen und deren Brut, größern Wassertieren und selbst warmblütigen Tieren. Die Kleintierfresser ernähren sich von der kleinen Wasserfauna, besonders von Gliederfüßlern und Weichtieren, welche sie massenhaft zu erhaschen vermögen. Die pflanzenfressenden Fische verzehren Teichpflanzen, Stalldünger und sonstige vegetabilische Substanzen. Speziell als Hauptnahrung des Karpfens dienen von den Krebstieren die Hüpferlinge (Cyclopidae), Wasserflöhe (Daphnidae), Linsenkrebs (Lynceus) etc.; von den spinnenartigen Gliederfüßlern die Wassermilben (Hydrachnidae); von den Insektenlarven jene der Eintagsfliegen, der Köcherfliegen, Mücken etc.; von den Weichtieren die Muscheltiere, die Schnecken etc., welche ihrerseits wieder zumeist von Infusorien, Jauche, Feldschlamm, Tierexkrementen, vegetabilischen und animalischen Überresten sich nähren. Nächst der Aufklärung über die Art und Beschaffenheit der Fischnahrung verdient in der Karpfenteichwirtschaft die [909] Ersetzung der Brutteiche durch ein neues Aufzuchtverfahren hervorgehoben zu werden. Bei demselben werden kleine, durchsömmerte Streichteiche verwendet, die Brut 5–8 Tage nach der Geburt abgefischt und allsogleich noch im Geburtsjahr unter Anwendung künstlicher Fütterung gestreckt. Die einjährigen Streckfische treten dann mit weit höherm Gewicht in die nächstjährige Strecke als bei dem ältern Aufzuchtverfahren in Brutteichen. In den Streckteichen kommt man heute immer mehr von der Zugabe dreijähriger Karpfen als Leitfische als unzweckmäßig ab. Die Leistung besonders der nicht gesömmerten Hauptteiche wird bei verdoppelter Besatzung durch künstliche Fütterung der Karpfen zweimal die Woche wesentlich erhöht. Zu letzterer werden Fleischmehl, Rapskuchenmehl, Weizenkleie, gekochte Hülsenfrüchte, Biertrebern u. dgl. verwendet. Zur Zeit rechnet man pro Hektar Wasserfläche bei schlechten Teichen 20–35 kg, mittlern Teichen 40–60 kg, guten großen Teichen 60–80 kg, kleinen reichen Teichen 120–190 kg, Dorfteichen mit reichlichem Jauchezufluß 200–400 kg jährlichen Karpfenzuwachs. Eine sehr empfehlenswerte Teichmelioration vor der Sömmerung ist das Schlammaufführen im Winter aus den zu tief mit Wasser bedeckt gewesenen Schlammablagerungen an den tiefsten Teichstellen auf die sandigen Teichränder unter Zuhilfenahme von transportabeln Schienenbahnen. Durch die Sömmerung in Verbindung mit Düngung mit Stallmist, menschlichen Exkrementen, Jauche, Kalk (6–12 Ztr. pro Hektar), Superphosphat etc. erhält die nachfolgende Fischbesatzung einen um so wertvollern Zufluß von Nahrung, je besser der Stand der Feldfrüchte war. Durch das Trockenliegen und Beackern während des Sommers werden Rohr, Schilf, Binsen und ähnliche hartstengelige Pflanzen zerstört, welche das Gedeihen der Karpfen erheblich beeinträchtigen. Vgl. Susta, Die Ernährung des Karpfens (Stettin 1888).