MKL1888:Tabakskollegium

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Tabakskollegium“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 482
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Tabakskollegium. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 482. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Tabakskollegium (Version vom 25.10.2022)

[482] Tabakskollegium, Abendgesellschaft, welche König Friedrich Wilhelm I. von Preußen fast täglich abends zu Berlin, Potsdam oder Wusterhausen um sich versammelte, und zu der die Vertrauten des Königs (Leopold von Dessau, Grumbkow, Seckendorff), Minister, Stabsoffiziere, Gelehrte (s. Gundling 2) und durchreisende Standespersonen gezogen wurden. Die Erholung war dem König um so erwünschter, als er in diesem vertrauten Kreise sich völlig gehen lassen, seine eigne Meinung frei aussprechen zu können und die andrer zu vernehmen glaubte. Alles Zeremoniell war verbannt; niemand durfte aufstehen, wenn der König hereintrat. Der König betrachtete sich bloß als Offizier und als unter seinesgleichen. Man rauchte (aus kurzen thönernen Pfeifen), und die, welche nicht rauchten, mußten die Pfeifen wenigstens in den Mund nehmen. Dazu ward Ducksteiner Bier aufgetragen; im Nebenzimmer stand für den Bedarf kalte Küche. Die Unterhaltung bezog sich auf Lektüre von Zeitungen, Bemerkungen über Politik und Kriegsgeschichte und Besprechung von Tagesneuigkeiten; auch wurden mancherlei Späße, bisweilen sehr derber Art, getrieben, namentlich mit Gundling. Von Spielen war nur Schach- und Damenspiel gestattet. Der Einfluß, den in diesen Abendgesellschaften namentlich die von Österreich bestochenen Vertrauten auf den König ausübten, der sich arglos ihnen preisgab, machte dieselben selbst für die preußische Geschichte wichtig. Eine Schilderung des Tabakskollegiums liefert die Biographie Gundlings in Öttingers „Narrenalmanach“ für 1846, eine dramatische Darstellung Gutzkows „Zopf und Schwert“.