Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Spinnerei“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 17 (Supplement, 1890), Seite 768769
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Spinnerei. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 17, Seite 768–769. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Spinnerei (Version vom 23.07.2024)

[768] Spinnerei[WS 1] (Schutzvorrichtungen). Die Apparate und Maschinen, welche in der S. zur Anwendung kommen, gehören zum Teil wegen ihrer großen Geschwindigkeit zu den gefährlichsten maschinellen Einrichtungen. Zunächst sind die Wölfe zum Auflockern der Spinnfasern dadurch gefährlich, daß die Finger der Arbeiter sehr leicht in die Zuführungswalzen gelangen und dann von den Zähnen der Trommel zerschlagen werden. Eine Vorrichtung, welche dieser Möglichkeit vorbeugen soll, besteht in einer Holzwalze, welche quer über dem Zuführungstuch vor den Zuführungswalzen angebracht sind: die Zapfen der Walze sind zu beiden Seiten so gelagert, daß die Walze um einige Zentimeter auf und ab spielen kann. Hierdurch werden die Finger der Arbeiter von den Zuführungswalzen zurückgehalten. Die Schlagmaschinen (Flackmaschinen, Batteurs) zum Auflockern der Baumwolle und zur Bildung von Watten arbeiten mit sehr schnell rotierenden Schlägern (Flügeln), welche allerdings von einem Gehäuse umschlossen sind. Jedoch wird dies trotz aller Verbote häufig genug während des Betriebes von den Arbeitern geöffnet. Hier sind entweder Verschlüsse anzubringen, zu denen nur die Werkmeister die Schlüssel

Fig. 1. Oberansicht. Fig. 2. Seitenansicht.
Lejeunes Deckelverschluß für Schlagmaschinen.

haben, oder es sind Schutzbleche anzuordnen, welche verhüten, daß die Arbeiter, wenn sie den Deckel des Gehäuses abheben, in die Schläger geraten, [769] oder es werden Vorrichtungen angewendet, welche das Öffnen der Deckel an den Schlagmaschinen nur während des Stillstandes gestatten. Die hierher gehörige Konstruktion von F. Lejeune ist in Fig. 1 und 2 dargestellt. An dem Deckel d ist der Bolzen b, an dem Deckel d1 der gebogene Arm b1 befestigt. Beide, b und b1, sind durch die vortretenden, zu einem Stück D verbundenen Nasen n und n1 gegen Bewegung gesichert, so daß der Deckel in der gezeichneten Stellung des Sicherheitsdaumens D nicht geöffnet werden kann. Der Daumen kann infolge seiner zweiseitigen Wirkung nicht gedreht, sondern nur in der Richtung der Welle w verschoben werden, auf welcher er mit der Nabe a lose aufsitzt. In der Nähe dieser Nabe befindet sich die auf der Welle festgekeilte Scheibe s mit dem nach einer Seite abgeschrägten Zahn z, welcher in einen entsprechenden Ausschnitt der Nabe a paßt. Solange sich die Welle mit der Scheibe s dreht, kann der Daumen D nicht verschoben werden, weil bei der außerordentlich hohen Umdrehungszahl der Welle w der Arbeiter die übereinstimmende Stellung von Zahn und Ausschnitt nicht zu finden vermag. Auch würde das nichts helfen, da der Zahn den Daumen mittels der erwähnten schrägen Fläche sofort wieder zurückschieben würde. Erst wenn die Welle in Ruhe versetzt und Daumen und Zahn in die richtige gegenseitige Lage gebracht sind, kann der Daumen verschoben und die Schlagmaschine geöffnet werden. Eine Bewegung der Welle hat sofort wieder die Verschiebung des Daumens zur Folge. Die Zuführungswalzen werden zweckmäßig ebenso wie bei den Wölfen versichert. Bei den Krempelmaschinen ist die in kurzen Zwischenräumen erforderliche Wegnahme des Wollschmutzes während des Betriebes nur mit großer Gefahr ausführbar, da die Hand des Arbeiters leicht von der mit 500 Umdrehungen pro Minute laufenden Wendewalze w (Fig. 3), welche mit scharf zugeschliffenen Stahldrahtkratzen beschlagen ist, erfaßt werden kann. In vielen Fabriken ist daher zum Schutz der Arbeiter die Einrichtung getroffen, daß die Wegnahme des Schmutzes

Fig. 3. Dietrichs Fangkorb für Walzenkrempel.

von dem zur Aufnahme desselben vor der Wendewalze angebrachten Tisch nur beim Stillstand der Maschine erfolgen darf. Das hat aber ein oftmaliges Anhalten der Maschine und erheblichen Arbeitsverlust zur Folge. Der von Dietrich angegebene Fangkorb für die Abfallstoffe der Walzenkrempel (Fig. 3) soll die Gefahr beim Wegnehmen derselben beseitigen. Durch Löcher in dem Schutzblech b ist während des Betriebes des Krempels die Anhäufung des Wollschmutzes auf dem Tischblech c stets bemerkbar und somit auch zu ersehen, wann eine Entfernung desselben nötig ist. Hierzu legt der Arbeiter mit der Hand das um a drehbare Schutzblech b in der Pfeilrichtung um und zieht dadurch gleichzeitig das durch die Gelenkstangen e mit b verbundene und in Führungen auf der Unterplatte d gleitende Tischblech c derart zurück, daß, wie in der Figur punktiert angedeutet ist, die Bleche b und c eine Fläche bilden. Jetzt kann das Tischblech, da es von der Wendewalze etwa 15 cm entfernt ist, während des Ganges der Maschine leicht, schnell und ohne jede Gefahr gereinigt sowie durch Zurückklappen von b der Wendewalze wieder genähert werden. Im übrigen müssen alle die Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, welche bei Räderwerken etc. zur Sicherung der Arbeiter erforderlich sind (s. Räderwerke, Bd. 17). – Zur Litteratur: Hentschel, Praktisches Lehrbuch der Kammgarnspinnerei (Stuttg. 1889).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vgl. Spinnen in Band 15.