Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 15 (1889), Seite 2831
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Sonne. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 28–31. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Sonne (Version vom 20.06.2022)

[28] Sonne (hierzu Tafel „Sonne“), der Zentralkörper des Planetensystems, zu dem die Erde gehört, an Volumen und Masse weitaus der größte unter den Körpern dieses Systems und für sie alle Quelle von Licht und Wärme.

[Entfernung von der Erde, Parallaxe.] Da die Erde sich in einer Ellipse um die im Brennpunkt stehende S. bewegt, so ist die Entfernung beider Himmelskörper voneinander veränderlich, wie sich schon aus den zwischen 32′36″ und 31′32″ schwankenden Werten des scheinbaren Halbmessers der S. ergibt. Die mittlere Größe dieser Entfernung ist eins der wichtigsten Elemente der Astronomie, denn sie bildet die Einheit, in welcher man die Entfernungen der Weltkörper zunächst ermittelt. Man bezeichnet sie gewöhnlich mit den Namen Sonnenweite, Sonnenferne oder auch Erdweite. Dem dritten Keplerschen Gesetz zufolge verhalten sich die dritten Potenzen der mittlern Entfernungen zweier Planeten von der S. wie die Quadrate ihrer Umlaufszeiten. Sind daher die letztern durch Beobachtung bekannt, so kann man das Verhältnis zwischen den mittlern Entfernungen berechnen. Ebenso läßt sich die Entfernung derjenigen Fixsterne, bei denen die Bestimmung der jährlichen Parallaxe (s. d.) gelungen ist, in Erdweiten angeben. Um nun die Größe einer Erdweite in geographischen Meilen oder Kilometern zu finden, muß die Parallaxe der S. bekannt sein. Diese kann man aber, ihrer Kleinheit wegen, nicht direkt durch Beobachtung von Sonnenhöhen an verschiedenen Punkten der Erde finden; man bestimmt sie vielmehr indirekt, indem man die Parallaxe und Entfernung der Planeten Mars und Venus in ihrem geringsten Abstand von der Erde durch Beobachtung ermittelt. Dom. Cassini leitete zuerst aus den Beobachtungen des Mars zur Zeit seiner Opposition eine Parallaxe von 25″ ab, und da die Entfernung des Mars von der Erde zur Zeit der Beobachtung 0,4 von der Entfernung der Erde von der S. betrug, so ergab sich daraus die Sonnenparallaxe = 0,4 ⋅ 25″ oder 10″, was eine Entfernung der S. von 20,700 Erdhalbmessern gibt. Statt des Mars kann man auch die Venus in ihrer Erdnähe beobachten. Dieselbe kehrt uns dann ihre dunkle Seite zu und ist nur sichtbar, wenn sie vor der Sonnenscheibe vorübergeht, wenn ein sogen. „Durchgang der Venus durch die S.“ stattfindet. Halley machte zuerst (1677) auf die Wichtigkeit der Venusdurchgänge für die Bestimmung der Sonnenparallaxe aufmerksam und schlug eine hierzu geeignete Beobachtungsmethode vor (1691 u. 1716). Seitdem sind alle Venusdurchgänge (9. Juni 1761, 2. Juni 1769, 8. Dez. 1874 und 6. Dez. 1882) mit größter Sorgfalt beobachtet worden. Aus den Beobachtungen von 1761 und 1769 hat Encke den Wert der Sonnenparallaxe zu 8,57116″ bestimmt, was eine Entfernung der S. gleich 24,043 Erdhalbmessern oder 20,682,000 geogr. Meilen gibt. Bis Anfang der 60er Jahre galt dieser Wert als der zuverlässigste. Eine neue Berechnung von Powalky, bei welcher genauere Werte für die Längen einiger Beobachtungsorte benutzt wurden, gab für die Sonnenparallaxe den größern Wert 8,855″. Ferner berechnete Newcomb aus den Beobachtungen des Mars zur Zeit seiner Opposition 1862, die nach einem von Winnecke entworfenen Plan auf zahlreichen Sternwarten angestellt wurden, den Wert 8,848″. Später hat Galle aus Oppositionsbeobachtungen des Planeten Flora, der im Oktober und November 1873 sich der Erde bis auf 0,87 Sonnenweiten näherte, den Wert 8,873″ berechnet, fast übereinstimmend mit der Zahl 8,879, welche Puiseux aus den französischen Beobachtungen des Venusdurchganges von 1874 abgeleitet hat. Leverrier hatte früher aus den Störungen der Venus den Wert 8,95″ berechnet, und ähnliche Werte, sämtlich größer als der Enckesche, sind von Hansen, Delaunay und Plana aus gewissen Ungleichheiten der Mondbewegung gefunden worden. Endlich kann man die Sonnenparallaxe auch finden, wenn man die Lichtgeschwindigkeit unabhängig von astronomischen Beobachtungen bestimmt und die sogen. Lichtgleichung, d. h. die Zeit, in welcher das Licht von der S. zur Erde gelangt, oder auch den Aberrationswinkel (s. Aberration des Lichts) kennt. Nach den neuesten Versuchen von Newcomb beträgt aber die Lichtgeschwindigkeit im leeren Raum 299,860 km, und daraus ergibt sich mit Nyréns Wert der Aberrationskonstanten (s. Aberration) eine Sonnenparallaxe von 8,794″, entsprechend einer Entfernung der S. von 149,61 Mill. km. Da eine Bearbeitung der sämtlichen Beobachtungen der Venusdurchgänge von 1874 und 1882 zur Zeit noch nicht vorliegt, so bedient man sich gewöhnlich des Newcombschen Wertes 8,85″ für die Sonnenparallaxe. Hiernach beträgt die mittlere Entfernung der S. 23,307 Erdhalbmesser = 148,670,000 km = 20,036,000 geogr. Meilen. Das Licht braucht 8 Min. 18 Sek. zur Zurücklegung dieses Wegs. Da die Exzentrizität der Erdbahn ungefähr 1/60 beträgt, so wird die Entfernung im Perihel um etwa 1/3 Mill. Meilen verkleinert, im Aphel um ebensoviel vergrößert.

[Scheinbare und wahre Größe.] In mittlerer Entfernung erscheint der Sonnenhalbmesser unter einem Winkel von 16′ 1,8″ oder 961,8″; daraus berechnet sich der wahre Durchmesser der S. = 961,88,85 = 108,556 Erddurchmessern = 1,387,600 km = 187,000 geogr. Meilen, also ungefähr 14/5mal so groß als der Durchmesser der Mondbahn. Ein Bogen auf der Mitte der S., der uns unter einem Winkel von 1″ erscheint, hat eine Länge von 720 km, und selbst der feinste Spinnwebenfaden eines Mikrometers verdeckt noch gegen 200 km. Die S. hat 11,800mal soviel Oberfläche und 1,279,000mal soviel Volumen als die Erde, 600mal soviel als alle Planeten zusammen. Ihre Masse ist das 319,500fache von der Erdmasse, mehr als das 700fache aller Planetenmassen. Die mittlere Dichte aber ist nur 0,253 oder ungefähr 1/4 von der unsrer Erde, also 1,4 von der des Wassers. Da die Schwerkraft an der Oberfläche eines Himmelskörpers, abgesehen von den Wirkungen der Zentrifugalkraft, proportional ist dem Produkt aus mittlerer Dichte und Durchmesser, so ist dieselbe auf der S. 108,6 ⋅ 0,253 = 27,5mal so groß als bei uns, und während ein Körper auf der Erde 4,9 m in der ersten Sekunde fällt, beträgt der Fallraum auf der S. 135 m.

[Oberfläche.] Während bei Anwendung mäßiger Vergrößerung die leuchtende Oberfläche der S., die Photosphäre, glatt und gleichförmig erscheint, erblickt man sie durch Instrumente von großer Öffnung mit starker Vergrößerung bei klarer und ruhiger Luft wie bedeckt mit leuchtenden, in ein weniger helles Netzwerk eingebetteten Körnern. Schon W. Herschel hat dieselben wahrgenommen und als „Runzeln“ bezeichnet, später hat sie Nasmyth mit Weidenblättern, Secchi aber mit Reiskörnern verglichen. Nach

[Ξ]

Die Sonne.
Fig. 1. Die Sonne (photographiert von Rutherford).
Fig. 2. Sonnenflecke, beobachtet vom 10.–22. Mai 1868.
Fig. 3. Totale Sonnenfinsternis am 18. Juni 1860, nach Rümker. I–VI sind Koronastrahlen.
Fig. 4. Protuberanzen, beobachtet von Zöllner 1869.
Fig. 5. Protuberanzen, beobachtet von Zöllner 1869.
Fig. 6. Protuberanzen, beobachtet von Secchi 1871.

[29] Langley hat die Photosphäre ein wollig-wolkenartiges Aussehen, aber neben den verwaschen wolkenartigen Gebilden unterscheidet man noch zahlreiche schwache Fleckchen auf hellem Grund, und unter günstigen Umständen lösen sich die wolkenähnlichen Gebilde in eine Menge kleiner intensiv leuchtender Körner auf, die in einem dunklern Medium suspendiert erscheinen. Die erwähnten Fleckchen haben jetzt das Aussehen von Öffnungen oder Poren, entstanden durch Abwesenheit der weißen Wolkenknoten und Durchscheinen des dunklern Grundes; der Durchmesser beträgt bei den deutlicher wahrnehmbaren 2–4 Bogensekunden. Die hellen Knötchen oder Reiskörner Secchis bestehen nach Langley aus Anhäufungen kleiner Lichtpunkte von ungefähr 1/3″ Durchmesser. Janssen hat Photographien der S. bis zu einem Durchmesser von 30 cm und mehr dargestellt, die unter der Lupe sehr deutlich die granulierte Beschaffenheit der Photosphäre zeigen. An Stellen, wo die Granulationen am deutlichsten ausgeprägt sind, besitzen die Elemente alle eine mehr oder minder kugelförmige Gestalt, und das um so mehr, je geringer ihre Größe ist. Der Durchmesser dieser Kugeln ist sehr verschieden, von wenigen Zehnteln der Bogensekunde bis zu 3 und 4″. Die ganze Oberfläche der Photosphäre erscheint in eine Reihe von mehr oder minder abgerundeten, oft fast geradlinigen, meist an Vielecke erinnernden Figuren abgeteilt, deren Größe sehr verschieden ist, oft einen Durchmesser bis zu 1′ und darüber erreicht. Während nun in den Zwischenräumen dieser Figuren die einzelnen Körner bestimmt und gut begrenzt, obwohl von sehr verschiedener Größe sind, erscheinen sie im Innern wie zur Hälfte ausgelöscht, gestreckt oder gewunden; ja, am häufigsten sind sie ganz verschwunden, um Strömen von leuchtender Materie Platz zu machen, die an die Stelle der Granulationen getreten sind. Janssen hat diese Gestaltung als photosphärisches Netz bezeichnet.

[Sonnenflecke, Rotation.] Ferner bemerkt man auf der Sonnenfläche schon bei schwachen Vergrößerungen bald einzelne, bald in Gruppen zusammenstehende dunklere Stellen, sogen. Sonnenflecke. Dieselben wurden zuerst 1610 von Fabricius wahrgenommen, 1611 auch von Galilei und von Scheiner in Ingolstadt entdeckt. Während ersterer die S. mit ungeschütztem Auge beobachtete, wenn sie in der Nähe des Horizonts stand, wandte Scheiner zuerst dunkel gefärbte Blendgläser an. Gegenwärtig polarisiert man auch das Licht im Fernrohr durch Reflexion und kann es dann durch abermalige Reflexion beliebig abschwächen (Helioskop von Merz). Vielfach beobachtet man auch das objektive Sonnenbild, das durch ein Äquatorial auf einer weißen Fläche entworfen wird. Auch wendet man jetzt nach dem Vorgang von Warren de la Rue häufig die Photographie an, um getreue Abbildungen der Sonnenfläche mit ihren Flecken etc. zu erhalten. Fig. 1 der Tafel „Sonne“ zeigt den Anblick der S. nach einer Photographie von Rutherfurd in New York 23. Sept. 1870. Außer den Sonnenflecken zeigt dieselbe auch noch nach dem Rand hin helle Adern, sogen. Fackeln, in Silberlicht glänzende Streifen, die schon Galilei beobachtete. Die Sonnenflecke sind von sehr verschiedener Größe, oft nur als dunkle Punkte erkennbar, sogen. Poren, und oftmals 1000 Meilen und mehr im Durchmesser haltend. Schwabe beobachtete im September 1850 einen Fleck von 30,000 Meilen Durchmesser. Große Flecke von mehr als 50″ = 4800 Meilen Durchmesser sind auch mit bloßem Auge sichtbar, wenn man die S. durch dünnes Gewölk oder nahe am Horizont oder auch ein berußtes Glas beobachtet, und es sind solche schon vor Erfindung der Fernröhre, namentlich von den Chinesen, vereinzelt gesehen worden. An den größern Flecken unterscheidet man meist einen dunkeln Kern, den Kernfleck, bisweilen mit noch dunklern Stellen, Dawes’ Centra. Diese Kerne sind umgeben mit einem matten, nach der leuchtenden Sonnenfläche gut abgegrenzten Hof oder Halbschatten (penumbra), ungefähr von der grauen Färbung der Mondmeere. Doch sind auch bisweilen rötliche Färbungen beobachtet worden, namentlich hat Secchi größere Flecke wiederholt wie durch einen rötlichen Schleier gesehen. Nicht selten fehlt übrigens die Penumbra, andre Male wieder der Kernfleck.

Gleich die ersten Beobachter bemerkten, daß die Sonnenflecke sich vom östlichen Rande der S. nach dem westlichen bewegen, und erklärten diese Bewegung richtig durch eine Rotation der S. um eine Achse. Die Bestimmung der Dauer der Rotation ist aber mit Schwierigkeiten verbunden, einesteils wegen der Veränderlichkeit, andernteils wegen der eignen Bewegung der Flecke, die nach Laugier bisweilen über 100 m in der Sekunde beträgt. Verhältnismäßig nicht viele Flecke behalten ihre Gestalt so lange, daß man sie während mehrerer Rotationen verfolgen kann; viele ändern von einem Tag zum andern ihre Gestalt teils durch Zerfallen (s. Tafel, Fig. 2), teils durch Zusammenfließen mit andern derart, daß sie nicht wieder zu erkennen sind; andre verschwinden gänzlich, neue erscheinen. Das Auftreten neuer Fleckengruppen wird meist vorher angezeigt durch ausgedehnte helle Fackeln an der gleichen Stelle. Dessenungeachtet hat man zahlreiche Flecke durch mehrere Rotationen beobachtet. Man findet nun, daß ein Fleck ungefähr 271/2 Tage nach seinem ersten Erscheinen sich wieder am Ostrand zeigt, und daraus ergibt sich, mit Berücksichtigung der Bewegung der Erde, die wahre Dauer einer Rotation der S. zu ungefähr 251/2 Tagen. Die genauere Bestimmung liefert aber für Flecke, die dem Sonnenäquator nahe sind, eine kürzere Dauer als für solche in höhern Breiten. Spörer fand z. B. für 1,5° heliographischer Breite 25,118 Tage, für 24,6° aber 26,216 Tage. Es deutet dies auf eine Bewegung der Flecke parallel zum Äquator. Außerdem aber ändern sich auch die Breiten, es zeigen die meisten Flecke eine Bewegung vom Äquator nach den Polen hin. Spörer vermutet, daß diese Bewegungen mit Winden auf der S. zusammenhängen. Nach seiner Bestimmung beträgt die Rotationszeit der S. 25,234 Tage, der Sonnenäquator ist um 6°57′ geneigt gegen die Ekliptik, und die Länge seines aufsteigenden Knotens ist 74°36′; Carrington hat 25,38 Tage, 7°15′ und 73°57′ gefunden.

Bei der Rotation der S. zeigen die Flecke, den Regeln der Perspektive entsprechend, gewisse regelmäßige Formveränderungen: wenn ein Fleck sich vom Ostrand aus nach der Mitte der S. bewegt, so wird seine Ausdehnung parallel zum Äquator immer größer; entfernt er sich aber von der Mitte, so wird sie immer kleiner, während gleichzeitig seine Ausdehnung senkrecht zum Äquator ungeändert bleibt. Wilson in Glasgow beobachtete 1769 an einem großen Sonnenfleck, daß die Penumbra, als derselbe in der Mitte der S. stand, links und rechts ungefähr gleich groß, vor- und nachher aber, bei exzentrischer Stellung, allemal auf der dem Rande der S. zunächst liegenden Seite sich am breitesten zeigte. Wilson kam dadurch zu der Ansicht, daß die Penumbra gebildet werde durch die trichterförmig nach unten abfallenden, nur wenig leuchtenden Seitenwände einer Öffnung in [30] der Lichthülle der S., durch welche wir deren dunkeln Kern erblicken. Daß der eigentliche Sonnenkörper dunkel sei, hatte schon Dom. Cassini (1671) behauptet; Bode (1776) und später W. Herschel haben der Wilsonschen Hypothese, daß der dunkle Kern der S. zunächst von einer wenig leuchtenden, wolkenähnlichen Hülle umgeben sei, über welche sich die eigentliche Lichthülle ausbreite, allgemein Eingang verschafft. Erst Kirchhoff (1861) machte darauf aufmerksam, daß die leuchtende Hülle der S. unmöglich bloß nach außen Licht und Wärme senden könne, daß vielmehr auch die unter ihr liegende wolkenartige Schicht und der Sonnenkörper selbst längst durch Leitung und Strahlung erwärmt und ins Glühen versetzt worden sein müßten. Aus diesen Gründen ist die Wilsonsche Hypothese aufgegeben worden.

Die Sonnenflecke erscheinen nicht an allen Stellen der Sonnenoberfläche in gleicher Häufigkeit. In der Hauptsache sind sie beschränkt auf die Zonen zwischen 10 und 30° heliographischer Breite, die sogen. Königszonen. In der Nähe des Sonnenäquators selbst sind sie nur spärlich vorhanden, und ebenso finden sie sich selten jenseit des 35. Breitengrads.

Ferner sind die Sonnenflecke nicht zu allen Zeiten gleich häufig, und es hat zuerst Schwabe 1843 aus seiner seit 1826 fortgesetzten Beobachtung auf eine etwa zehnjährige Periode der Häufigkeit geschlossen. Zu allgemeiner Anerkennung gelangte diese Behauptung namentlich durch die Diskussion älterer Fleckenbeobachtungen durch Wolf 1852. Derselbe fand eine mittlere Dauer der Periode von 111/9 Jahren mit Abweichungen von durchschnittlich 12/3 Jahren; etwa fünf solcher Perioden bilden wieder eine größere Periode, die durch die Höhe der Fleckenmaxima und die Tiefe der Minima charakterisiert ist. Merkwürdig ist das 1852 von Sabine, Gautier und Wolf erkannte Zusammentreffen der Sonnenfleckenperiode mit derjenigen der erdmagnetischen Störungen und Variationen. Später hat man auch in den Erscheinungen der Nordlichter, des Regenfalls, der Stürme etc. dieselbe Periode zu erkennen geglaubt; auch hatte schon W. Herschel einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Sonnenflecke und der Fruchtbarkeit der einzelnen Jahre zu erkennen geglaubt. Vgl. Hahn, Über die Beziehungen der Sonnenfleckenperiode zu meteorologischen Erscheinungen (Leipz. 1877); Fritz, Die Beziehungen der Sonnenflecke zu den magnetischen und meteorologischen Erscheinungen der Erde (Haarlem 1878).

[Korona und Protuberanzen.] Bei totalen Sonnenfinsternissen erscheint der vor der S. stehende Mond rings umgeben mit einem silberglänzenden, wallenden Lichtschimmer, aus dem einzelne, oft wunderbar gekrümmte Strahlengruppen hervorschießen. Es ist dies die sogen. Korona. Außerdem aber hat man auch noch bei diesen Gelegenheiten eigentümliche rosenrote Gebilde am Sonnenrand bemerkt, die bald wie Berge oder Flammen an der S. haften, bald wie Wolken frei schweben, die Protuberanzen (vgl. Tafel „Sonne“, Fig. 3). Solche Protuberanzen sind bereits 1733 von Vassenius in Gotenburg beobachtet und abgebildet worden; ihr genaueres Studium beginnt aber erst mit der Sonnenfinsternis vom 8. Juli 1842, wo Arago, Airy, Schumacher u. a. sie wahrnahmen; 1860 wurden sie bereits photographiert, und 1867 glückte es Rziha, bei Ragusa eine Protuberanz während einer zehnzölligen ringförmigen Finsternis zu beobachten. Endlich haben 1868 Lockyer, Janssen, Huggins und Zöllner Methoden angegeben, um diese Gebilde auch bei vollem Sonnenschein zu beobachten. Als Mittel hierzu dient das Spektroskop. Das Sonnenspektrum ist ein kontinuierliches Spektrum, welches von zahlreichen dunkeln (Fraunhoferschen) Linien unterbrochen wird, die genau dieselbe Stelle einnehmen wie die hellen Linien in den Spektren verschiedener Metalldämpfe. Kirchhoff zeigte, daß ein jedes glühende Gas ausschließlich Strahlen von der Brechbarkeit derer schwächt, die es selbst aussendet, so daß die hellen Linien eines glühenden Gases in dunkle verwandelt werden müssen, wenn durch dasselbe Strahlen einer Lichtquelle treten, die hinreichend hell ist und an sich ein kontinuierliches Spektrum gibt. Um also die dunkeln Linien des Sonnenspektrums zu erklären, muß man annehmen, daß die Sonnenatmosphäre einen leuchtenden Körper umhüllt, der für sich allein ein kontinuierliches Spektrum gibt. Die wahrscheinlichste Annahme scheint Kirchhoff die zu sein, daß die S. aus einem festen oder tropfbarflüssigen, in der höchsten Glühhitze befindlichen Kern besteht, der umgeben ist von einer Atmosphäre von etwas niedrigerer Temperatur. Durch das erwähnte Zusammentreffen der Fraunhoferschen mit den hellen Linien in den Spektren gewisser Metalldämpfe ist zugleich die Anwesenheit der letztern in der Sonnenatmosphäre nachgewiesen, und man hat auf diese Weise gefunden, daß Natrium, Calcium, Baryum, Magnesium, Eisen, Chrom, Nickel, Kupfer, Zink, Strontium, Kadmium, Kobalt, Wasserstoff, Mangan, Aluminium, Titan in der Sonnenatmosphäre vorkommen; Wasserstoff und Eisendampf bilden die Hauptgemengteile. Die Sonnenflecke zeigen nach Huggins und Secchi dasselbe Spektrum wie die übrige Sonnenfläche, nur sind die dunkeln Linien breiter; Secchi schließt daraus, daß in ihnen die metallischen Dämpfe sich im Zustand größerer Dichte befinden. Die Protuberanzen aber zeigen ein Linienspektrum mit den hauptsächlichsten Linien des Wasserstoffs und einigen Eisenlinien. Darauf beruht die Möglichkeit, diese Gebilde bei hellem Sonnenschein selbst auf der Sonnenscheibe zu beobachten. Man bringt nämlich im Spektroskop eine größere Anzahl Prismen an, durch welche das Spektrum des störenden Sonnenlichts so vergrößert wird, daß es nicht mehr blendet; dagegen bleibt die Protuberanz im Licht einer der hellen Wasserstofflinien sichtbar, wenn man den Spalt weit öffnet (Lockyer, Zöllner). Man weiß gegenwärtig, daß die Protuberanzen in der Hauptsache aus glühendem Wasserstoff bestehen, der in Massen von mannigfachster Form bis zur Höhe von 1–3′, ja in einzelnen Fällen bis über 4′ Höhe (23,000 geogr. Meilen) mit rasender Schnelligkeit (über 20 geogr. Meilen in der Sekunde) aufsteigt. Durch die Neigung der obern Teile der Protuberanzen gibt sich eine in den höhern Schichten der Atmosphäre herrschende Strömung nach den Polen kund. Eine Hülle glühenden Wasserstoffgases umgibt auch den ganzen Sonnenkörper, in der Fleckenregion fast zu 6000 Meilen, anderwärts nur etwa zu 1000 Meilen aufsteigend, die sogen. Chromosphäre, welche namentlich in mittlern Breiten zahlreiche haarförmige Hervorragungen zeigt. Die Korona endlich gibt ein kontinuierliches Spektrum mit einigen hellen Linien, darunter einer grünen Eisenlinie, die auch im Nordlichtspektrum auftritt. Zwischen Protuberanzen und Fackeln besteht eine enge Beziehung; es treten durchschnittlich die schönsten Protuberanzen in der Region der Fackeln auf, und Secchi versichert, noch niemals eine einigermaßen glänzende Fackel am Sonnenrand selbst angetroffen zu haben, ohne daselbst zugleich eine Protuberanz oder wenigstens eine höhere Erhebung und [31] einen stärkern Glanz der Chromosphäre zu sehen. Spörer hält die Protuberanzen für Vorläufer später erscheinender Fleckengruppen. Fig. 4–6 auf Tafel „Sonne“ zeigen eine Anzahl Protuberanzen: Fig. 4 I eine Protuberanz von 2′ (11,500 geograph. Meilen) Höhe 3 Uhr 45 Min., II, III, IV eine andre von 35 bis 40″ (3400–3800 Meilen) Höhe 6 Uhr 45 Min., 55 Min. und 57 Min.; Fig. 5 I 2. Juli 1869, 11 Uhr 35 Min., Höhe 65″ (6300 Meilen), II 4. Juli, 9 Uhr, Höhe 40″ (3800 Meilen), III und IV eine Protuberanz von 50–60″ (4800–5700 Meilen) Höhe 4. Juli, 11 Uhr 50 Min. und 12 Uhr 50 Min.

[Temperatur.] Über die Temperatur, welche auf der Oberfläche der S. herrscht, gehen die Ansichten der Forscher weit auseinander: während Zöllner aus theoretischen Erwägungen über 27,000° C. findet, hat Secchi aus aktinometrischen Messungen 5–6 Mill. Grad als untere Grenze abgeleitet. Aus solchen Messungen haben aber anderseits Pouillet und neuerdings wieder Vicaire und Violle bloß 1500° gefunden. Diese verschiedenen Resultate sind Folge verschiedener Annahmen des Wärmestrahlungsgesetzes, dessen Form uns freilich nur innerhalb ziemlich enger Temperaturgrenzen sicher bekannt ist. Licht- und Wärmestrahlung sind infolge der Absorption in der Sonnenatmosphäre am Rand geringer als in der Mitte der Sonnenscheibe. Secchi fand die Wärmestrahlung am Rand nur halb so groß als in der Mitte, auch am Äquator bedeutender als an den Polen. Langley hat 1874 diese ältern Beobachtungen bestätigt gefunden. Die Flecke strahlen weniger Wärme aus als die benachbarte Sonnenfläche (Henry 1845); doch gibt nach Langley selbst ein Kernfleck noch mehr Wärme als ein gleich großes, hell leuchtendes Randstück.

[Theorie der Sonne.] Nach Kirchhoffs Ansicht, die auch von Spörer, Zöllner u. a. in der Hauptsache adoptiert worden ist, besteht die S. aus einem in der höchsten Glühhitze befindlichen Kern, der von einer Atmosphäre von niedrigerer Temperatur umgeben ist. Die Sonnenflecke sind Wolken, die Kernflecke werden durch tiefer liegende dichtere, die Höfe durch darübergelagerte dünnere und ausgebreitetere Wolken gebildet. Zöllner dagegen hält die Kernflecke für Schlackenmassen, die sich auf der glühend flüssigen Sonnenoberfläche durch Abkühlung gebildet haben und sich auch infolge der in der Sonnenatmosphäre erzeugten Gleichgewichtsstörungen von selbst wieder auflösen. Diesen Anschauungen gerade entgegengesetzt, denkt sich Faye die Sonnenmasse als einen gasförmigen, infolge seiner hohen Temperatur in einem Zustand allgemeiner physischer und chemischer Dissociation befindlichen Körper, an dessen durch Strahlung etwas erkalteter Oberfläche sich chemische Verbindungen bilden können, welche aber sofort wieder untersinken und durch neue ersetzt werden; die Lichthülle oder Photosphäre ist daher diese in beständiger Neubildung begriffene Oberfläche. Wird diese Hülle an einer Stelle durch aufsteigende Strömungen unterbrochen, oder werden Teile des Innern an die Oberfläche gebracht, in denen der chemische (Verbrennungs-) Prozeß nicht thätig ist, so haben wir den Anblick eines Sonnenflecks. Während nach diesen und andern Theorien die S. allmählich kälter wird, hat neuerdings William Siemens („Die Erhaltung der Sonnenenergie“, deutsch, Berl. 1885) eine Theorie aufgestellt, nach welcher die von der S. ausgestrahlte Energie derselben beständig wieder zugeführt wird. Vgl. Faye, Sur la constitution physique du soleil (in den „Comptes-rendus“ 1865 ff.); Secchi, Die S. (deutsch von Schellen, Braunschw. 1872); Young, Die S. (Leipz. 1883); kürzere Darstellungen von Reis (das. 1869) und Hirsch (Basel 1874).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 766767
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[766] Sonne. Bezüglich der heliographischen Verteilung der Sonnenflecke ist seit 1854 durch drei elfjährige Fleckenperioden hindurch beobachtet worden, daß vor dem Minimum der Fleckenhäufigkeit nur in niedern Breiten Flecke auftreten und der alte Fleckenzug am Äquator aufhört, worauf in etwa 30° Breite ein neuer Fleckenzug beginnt; von da an vermindert sich während der neuen Periode allmählich die heliographische Breite der Flecke. Daß auch in frühern Zeiten bis zurück zum Jahr 1618 derselbe Verlauf der Erscheinungen sich vielfach wiederholt hat, ist durch die Untersuchungen von Spörer dargethan. Derselbe hat aber auch gefunden, daß während eines sehr langen Zeitraums, nämlich in der zweiten Hälfte des 17. bis zu Anfang des 18. Jahrh., wesentlich andre Verhältnisse auf der S. geherrscht zu haben scheinen. Wann der regelmäßige Gang der heliographischen Breiten wieder begonnen hat, ist allerdings nicht festgestellt; vielleicht geschah dies nach dem Minimum von 1713, wenigstens wurden nach demselben Flecke in höhern Breiten beobachtet. Spörer hat auch noch auf eine andre Unregelmäßigkeit in der Verteilung der Sonnenflecke aufmerksam gemacht. In der mit dem Minimum von 1879 beginnenden Fleckenperiode haben sich seit November 1882 die Flecke überwiegend auf der Südhalbkugel der S. gezeigt, während in den beiden vorhergehenden Jahren die meisten auf der Nordhalbkugel auftraten. Vorher hatte ein Vierteljahrhundert hindurch keine der beiden Halbkugeln hinsichtlich der Anzahl oder Größe der Flecke ein Übergewicht über die andre gehabt. Indessen ist diese Ungleichheit in der Verteilung auf die beiden Hemisphären keine ganz vereinzelte Erscheinung und sind mindestens noch zwei längere Zeiträume bekannt, in denen die Südhemisphäre der S. bei weitem fleckenreicher war als die nördliche, nämlich die Jahre 1621–25, aus denen Beobachtungen von Scheiner vorliegen, und die Zeit von 1672 bis 1714, während welcher Periode nur 1705 einige Flecke auf der Nordseite des Sonnenäquators sichtbar wurden.

Während die Sonnenflecke sich mit um so geringerer Winkelgeschwindigkeit um die Achse der S. bewegen, je größer ihre heliographische Breite ist, findet bei den Sonnenfackeln eine solche Verschiedenheit nicht statt, wie Wilsing in Potsdam bei seiner Bestimmung der Rotationsdauer der S. mit Hilfe von Photographien von Fackeln gefunden hat. Der tägliche Rotationswinkel der Fackeln beträgt nämlich 14,27°, entsprechend einer Umdrehungszeit der S. von 25 Tagen 5 Stunden 28,5 Minuten, was ungefähr der Rotationsdauer der Flecke in 10° heliographischer Breite entspricht. Wir müssen daraus schließen, daß die Kräfte, welche den Flecken ihre eigentümliche, der Rotation entgegengesetzte Bewegung erteilen, nur in einer obern atmosphärischen Schicht, in welcher sich auch die Flecke befinden, wirksam sind, während die zentrale Masse des Sonnenkörpers wie ein fester Körper rotiert. Unter der Annahme, daß die Fackeln die Entstehungsstellen der Flecke bezeichnen, erklärt sich die oft beobachtete Erscheinung, daß die Längsrichtung der Fleckengruppen parallel zum Äquator ist, aus der verschiedenen Umdrehungsgeschwindigkeit der Fackeln und Flecke: der zuerst entstandene Fleck bleibt gegen die Fackel zurück im Sinn der Rotation, die später entstehenden ordnen sich auf dem Parallelkreis der Fackel an. Daraus folgt zugleich, daß die später entstehenden Flecke sich westlich (im terrestrischen Sinn) von den ältern bilden.

Daß die bei totalen Sonnenfinsternissen zu beobachtende Korona nicht bloß ein optisches Phänomen ist, etwa durch Beugung des Sonnenlichts am Mondrand verursacht, sondern etwas wirklich in der Umgebung der S. Bestehendes, hat sich mit großer Sicherheit aus der Übereinstimmung der während der totalen Sonnenfinsternis am 19. Aug. 1887 in den verschiedensten Gegenden Rußlands, von der Westgrenze bw zum Japanischen Meer erhaltenen Photographien und Handzeichnungen dieser Umhüllung der S. ergeben, ohne daß wir indessen über das wahre Wesen derselben sichern Aufschluß erhalten haben. Insonderheit bleibt unentschieden, ob die Korona aus glühenden, in heftiger Bewegung bestehenden Gasmassen, oder ob sie aus unzähligen Mengen kleiner fester Körper, aus Meteorschwärmen, besteht, die uns reflektiertes Sonnenlicht zusenden. Dagegen haben die Beobachtungen während der erwähnten und während der am 1. Jan. 1889 in Nordamerika sichtbaren totalen Sonnenfinsternis die auf Grund der Wahrnehmungen von 1867 und 1878 beobachtete Abhängigkeit der Gestalt der Korona vom Fleckenstand der S. bestätigt: bei beiden Finsternissen besaß die Korona die für die Zeit des Minimums der Fleckenhäufigkeit charakteristische Form, nämlich große Ausdehnung in der Richtung des Äquators und büschelförmige Struktur als Andeutung von Strömungen an den Polen.

Was die Beziehungen der Sonnenthätigkeit zu Erscheinungen auf der Erde anlangt, [767] so ist der parallele Gang der Fleckenhäufigkeit mit den Variationen der magnetischen Deklination besonders durch die Arbeiten von Wolf schon lange festgestellt, und ebenso scheint es sich zu bestätigen, daß um die Zeit des Minimums der Fleckenhäufigkeit die Entwickelung der Polarlichter auf der Erde eine spärlichere ist. Aber auch in andrer Richtung scheint ein solcher Parallelismus vorhanden zu sein. So hat Fritz aus Beobachtungen in Deutschland gefunden, daß bei Zunahme der Fleckenthätigkeit die Anzahl und Heftigkeit der Hagelfälle rasch wächst, bei rascher Abnahme der Flecke auch die Hagelfälle sich vermindern, bei relativem Stillstand der Fleckenthätigkeit aber die Hagelfälle wieder häufiger werden. Ferner findet Fritz bei den Weinerträgen in Süddeutschland und der Schweiz eine ähnliche Periodizität wie bei der Häufigkeit der Sonnenflecke, und das Gleiche gilt auch für die periodischen Änderungen der Länge der Gletscher. Vgl. Fritz, Die wichtigsten periodischen Erscheinungen der Meteorologie und Kosmologie (Leipz. 1889).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 867868
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[867] Sonne. Das Hauptinteresse beim Studium der Umgebung der S. während einer totalen Sonnenfinsternis konzentriert sich gegenwärtig auf die äußerste Hülle, die Korona. Daß dieselbe eine wirkliche Umhüllung der S., nicht lediglich eine optische Erscheinung ist, hat die Übereinstimmung der photographischen Aufnahmen, die während der Finsternis vom 19. Aug. 1887 von den westlichen Gegenden des europäischen Rußland bis nach Ostasien erhalten worden sind, unzweifelhaft nachgewiesen. Weitere Aufschlüsse sind bei den totalen Sonnenfinsternissen 1. Jan. und 22. Dez. 1889 erlangt worden. Bei der erstern fiel der größte Teil der Totalitätszone in den Stillen Ozean, sie ging aber noch durch Nevada, Utah, Wyoming und Dakota, um in Britisch-Nordamerika zu enden. Sie wurde an vielen Orten beobachtet und von der Lick-Sternwarte ist durch Holden ein ausführlicher Bericht über dieselbe veröffentlicht worden: „Reports on the observations of the total eclipse of the Sun of January 1, 1889“. Bei der Finsternis vom 22. Dez. 1889 ging die Totalitätszone von der Küste von Guayana über den Atlantischen Ozean nach der portugiesischen Besitzung Loando in Westafrika; indessen waren nur die Beobachtungen an der amerikanischen Küste von Erfolg begleitet. Was nun die Struktur der Korona anlangt, so gibt unsre Fig. 1 (S. 868) die Umrisse derselben bei den beiden genannten Finsternissen an, wie sie sich auf den Photographien darstellen. Zunächst fallen in der Umgebung der beiden Pole eine Anzahl durch dunkle Zwischenräume getrennte sogen. Polarstreifen auf, welche meist geradlinig verlaufen und rückwärts verlängert sich ungefähr im Sonnenmittelpunkt treffen würden. Viel ausgedehnter ist die Korona nach W. und O. hin, wo man schweifartige Ausstrahlungen trifft, welche immer mehr konvergieren, je weiter sie sich von der S. entfernen. Wie Holden bemerkt hat, werden aber die konvergierenden Schweife in einer Entfernung, die größer ist als der Sonnendurchmesser, wieder divergent. Er hat dies besonders auf der Westseite beobachtet, und zwar auf einer Photographie vom 1. Jan. 1889, auf welcher man die Schweife bis zur zehnfachen Entfernung des Sonnenhalbmessers verfolgen konnte. Im übrigen scheinen die charakteristischen Formen der Korona einer periodischen Veränderung, entsprechend der Periode der Sonnenflecke, zu unterliegen. Die Korona von 1889 hatte denselben Typus wie die von 1867, 1878 und 1887, entsprechend dem Minimum der Fleckenhäufigkeit, und charakterisiert durch starke Entwickelung der äquatorialen Teile.

Eine mathematische Theorie der Sonnenkorona gab Bigelow in der Abhandlung „The Solar Corona, discussed by sphaerical harmonics“ (Washington 1889). Derselbe geht von der Voraussetzung aus, daß die Anordnung der Koronamaterie bestimmt wird durch statische elektrische Kraftwirkungen, welche [868] die S. ausübt, und daß die einzelnen Koronastrahlen Kraftlinien der elektrischen Fernewirkung darstellen. Wenn an den beiden Polen die freien Elektrizitäten hochgespannt angehäuft sind, so entstehen dort vertikal aufsteigende Kraftlinien, die sich in der Höhe seitlich umbiegen und in einem gewissen Abstand von der Oberfläche der S. in der Äquatorregion zusammenfließen. Bei den Kraftlinien aber, welche von Punkten in niedrigern heliographischen Breiten unter kleinern Winkeln gegen die Oberfläche sich erheben und niedrigern Werten des elektrischen Potenzials entsprechen,

Am 1. Januar 1889. Am 22. Dezember 1889.
Fig. 1. Umriß der Korona.

findet die Vereinigung mit den von der andern Halbkugel kommenden schon in geringerer Höhe statt. In Fig. 2 ist der ungefähre Verlauf dieser Linien in einem Meridianschnitt der S. schematisch dargestellt. In der That sind die verschiedenen Formen der Koronastrahlen in den polaren und den äquatorialen Regionen schon längst den Beobachtern aufgefallen, und Fig. 1 zeigt eine gewisse Ähnlichkeit mit der schematischen Fig. 2. In den polaren Gegenden

Fig. 2. Elektrische Kraftlinien und Koronastrahlen in einem Meridianschnitt der Sonne, nach Bigelow.

steigen nach Bigelow die leichtesten Substanzen, wie Wasserstoff, meteorischer Staub, zurückgebliebene Kometenbestandteile u. ähnliche empor, welche in einigem Abstand von der S. infolge ihrer Zerstreuung unsichtbar werden. Daher das büschelförmige Aussehen der polaren Teile der Korona. Die starken viereckigen Strahlen aber, welche man seitlich von den Polen, besonders in Perioden gesteigerter Sonnenthätigkeit beobachtet, werden durch Kraftlinien erzeugt, welche geringern Potenzialwerten entsprechen, und die langen, zur Zeit der Fleckenminima sichtbaren äquatorialen Flügel verdanken ihre Entstehung der Vereinigung der Kraftlinien über der äquatorialen Zone. Ungefähr gleichzeitig mit Bigelow hat Schaeberle eine mechanische Theorie der Korona zu geben versucht. Auch nach dieser Theorie wird die Korona erzeugt durch Materie, die von der S. fortgeschleudert und von deren Strahlen beleuchtet wird. Die Kräfte, welche dieses Fortschleudern bewirken, sollen im allgemeinen senkrecht zur Oberfläche der S. und am kräftigsten in der Mitte einer jeden der beiden Fleckenzonen wirken. Auf diese Weise soll die vierstrahlige Sternform der Korona zu stande kommen. Übrigens müssen die emporgeschleuderten Massenteilchen infolge der Rotation der S. in der Höhe eine gekrümmte Gestalt annehmen, da sie mit ihrer ursprünglichen Rotationsgeschwindigkeit in Regionen mit immer größerer und größerer gelangen. Die Veränderungen im Aussehen der Korona führt Schaeberle darauf zurück, daß der Äquator der S. nicht in der Ebene der Erdbahn liegt, und daß wir infolgedessen bald auf der einen, bald auf der andern Seite der Äquatorebene stehen. In der That gelang es Schaeberle, die verschiedenen typischen Formen der Korona zu erzeugen, indem er auf einer Kugel in 30° nördlicher und südlicher Breite durch Nadeln die Koronastrahlen darstellte und nun den Schatten betrachtete, den dieses Modell, bei verschiedenen Stellungen in ein Bündel paralleler Lichtstrahlen gehalten, auf eine Ebene warf.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 847849
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[847] Sonne. Nachdem die Thätigkeit der S. im J. 1889 auf ihren kleinsten Wert herabgesunken war, ist sie seitdem in rascher Zunahme begriffen. Auf der Sternwarte zu Lyon wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 1891 durch ein Brunnersches Äquatorial von 18 cm Öffnung 65 Gruppen von Sonnenflecken beobachtet, deren Gesamtfläche 3517 Milliontel von der Halbkugel der S. bedeckte, während im Verlauf des ganzen Jahres 1890 nur 43 Gruppen mit einer Gesamtfläche von 3760 Millionteln sichtbar waren. Ebenso war auch die Anzahl der fleckenfreien Tage vom Anfang des Jahres 1891 in stetiger Abnahme begriffen und wurde schon im April gleich Null. Entsprechend dem Gesetz, daß beim Wiedererwachen der Fleckenthätigkeit die Flecke zuerst in höhern Breiten auftreten, zeigten sich in der ersten Hälfte 1891 die meisten Flecke in den Zonen zwischen 20 und 30° heliographischer Breite, doch lagen 22 Gruppen zwischen 10 und 20°, und 4 davon hatten weniger als 15° Breite. Übrigens traten die Flecke häufiger auf der nördlichen Halbkugel auf (40 Gruppen) als auf der südlichen (25 Gruppen). Auch in der Fackelentwickelung gibt sich die neuerwachte Sonnenthätigkeit kund. Während nach den Lyoner Beobachtungen die gesamte Fackelfläche im J. 1890 nur 103,3 Milliontel der Hemisphäre betrug, erreichte sie in der ersten Hälfte 1891 schon den Wert von 126,3. Übrigens waren die Fackeln fast gleich zahlreich in beiden Hemisphären, während 1890 die nördliche Hemisphäre beträchtlich mehr aufwies. Die Zonen von 20–30° Breite waren am fackelreichsten, fast ebenso viele Fackeln fanden sich aber zwischen 10 und 20°, nur wenige dagegen zwischen 0 und 10°. Eigentümliche rotierende Bewegungen sind im August 1890 von Maunder in Greenwich an einer schönen Fleckengruppe beobachtet worden, die er durch drei Rotationen der S. verfolgen konnte. Bei der zweiten Rotation erschien dieselbe 25. Aug. am Ostrande der S., am 27. bestand sie aus einem vorangehenden Fleckenpaar, dem ein Haufe kleinerer blasser Flecke folgte, und den Schluß bildete ein großer Fleck mit sehr dunkeln, in zwei Gruppen verteilten Kernen. Der Haufe kleiner Flecke hatte sich am 28. in eine Anzahl gut entwickelter verwandelt, deren größter zwei große dunkle Kerne enthielt. In der Zeit vom 27. Aug. bis 1. Sept. führten nun die drei Kernpaare der vorangehenden Flecke des großen mittlern und dem folgenden Rotationsbewegungen um einander aus, die den Erfolg hatten, das 1. Sept. die beiden vorangehenden Flecke und der mittlere zusammengeflossen waren; auch die beiden Kerne des folgenden Fleckes berührten sich an diesem Tage, waren aber nachher wieder durch Lichtbrücken getrennt. Diese Bewegungen entsprachen der Neigung der Flecke, sich geradlinig parallel dem Äquator der S. anzuordnen.

Cortin hat über spektroskopische Beobachtungen von Sonnenflecken berichtet, die 1883 bis 1889 auf der Sternwarte von Stonyhurst angestellt worden sind, und welche deshalb ein besonderes Interesse darbieten, weil dieselben sich einesteils auf die Periode starker Sonnenthätigkeit von 1882–86, andernteils auf die darauf folgende ruhige Periode geringster Thätigkeit beziehen. Sie erstreckten sich auf den Teil des Spektrums zwischen den Fraunhoferschen Linien B und D, also von der Wellenlänge 686,7 µµ (Milliontel-Millimeter) bis 589 µµ und auf 90 Flecke. Die dunkeln Linien im Spektrum eines Fleckes sind im allgemeinen breiter als im gewöhnlichen Sonnenspektrum, eine Folge der stärkern Absorption in den kühlern und dichtern Dämpfen, durch welche das Licht in den Flecken geht. Die allgemeine, von einem Sonnenfleck verursachte Absorption ist in den verschiedenen Teilen des Spektrums verschieden stark und manchmal am roten Ende so bedeutend, daß die Linien verschwinden. Von den 53 Eisenlinien der untersuchten Region wurde während der Periode lebhafter Sonnenthätigkeit nur eine einzige mehr als die Hälfte, aber weniger als ihre ganze Breite verbreitert, während in der Ruheperiode bei einer größern Anzahl Eisenlinien eine solche Verbreiterung beobachtet wurde; mehr als das Doppelte der normalen Breite erreichten in der unruhigen Periode nur 3, in der ruhigen aber 14 Linien. Ein ähnliches Resultat hat auch Lockyer schon 1880 erhalten. Übrigens ist nach Cortie die Verbreiterung der Eisenlinien verschieden in verschiedenen Flecken und auch zu verschiedenen Zeiten bei demselben Fleck. Von 11 Titanlinien waren 7 auf mehr als das Doppelte verbreitert, sowohl in der Thätigkeits- als in der Ruheperiode; bei den Calciumlinien war die Verbreiterung etwas stärker zur Zeit geringer Sonnenthätigkeit, die Natriumlinien wurden in der Maximumperiode, besonders in großen Flecken stark verbreitert. Ferner traten in der Maximumperiode, bei großen Flecken aber auch in der Minimumperiode eine große Anzahl feiner Linien auf, welche Ångström nicht angegeben hat.

[848] Unter den in der letzten Zeit beobachteten Protuberanzen befinden sich einige durch ihre Höhe und die Geschwindigkeit des Emporsteigens bemerkenswerte. Eine solche wurde 6. Okt. 1890 bald nach 1 Uhr von Fényi in Kalocsa beobachtet. Ihre Basis reichte auf der südlichen Halbkugel von 30°21′–20°13′ Breite. Anfangs waren dort nur zwei kleine Flammen sichtbar, aber schon um 1 Uhr hatte die Protuberanz 53″ (38,000 km) und um 1 Uhr 49 Min. 327″ (235,000 km) Höhe. Die Bewegung des Aufsteigens war eine beschleunigte bis zur Höhe von 204″ (147,000 km), wo die mittlere Geschwindigkeit 275,5 km in der Sekunde betrug. Wahrscheinlich infolge der schnellen Auflösung in der Höhe nahm die Geschwindigkeit von da ab. Um 1 Uhr 59 Min. begann die Protuberanz zu verschwinden, und wenige Minuten später erblickte man an ihrem Orte nur die gewöhnliche Chromosphäre. Ähnliche merkwürdige Erscheinungen wurden 17. Juni 1891 beobachtet. Um 10 Uhr 16 Min. Pariser Zeit bemerkte Trouvelot in Nizza am Westrande der S. einen 3° umfassenden Fleck, der heller war als die hellsten Fackeln, aber nicht von weißer, sondern von gelblicher Farbe. Einige Minuten später erschien nördlich davon eine schmale Fackel von 5–6° Länge von ähnlicher Färbung, aber etwas weniger hell, an deren innerem Rande einige schwarze Punkte auftraten, wie sie oft am Rande von Fackeln in der Nähe des Sonnenrandes gesehen werden. Nachdem Trouvelot diese Erscheinung 2–3 Minuten lang beobachtet hatte, brachte er das Spektroskop am Fernrohr an, und nun erblickte er in 286–292° vom höchsten Punkte der S. entfernt ein vulkanisches Zentrum, von dem außerordentlich helle Bomben bis zu 2–3′ (86,000–130,000 km) Höhe über die Chromosphäre aufstiegen, wo sie gleich leuchtenden Kugeln schweben blieben; der helle Fleck war inzwischen verschwunden. Die aufsteigenden Kugeln gingen später in zahlreiche glänzende Fäden über. Um 10 Uhr 24 Min. erreichten die längsten Strahlen eine Höhe von 5′24″ (234,000 km). Mittags war die Eruption weniger heftig, aber am Vormittag des 18. Juni wurden wieder Ausbrüche beobachtet, deren Heftigkeit bald zu-, bald abnahm; bei zunehmender Thätigkeit stiegen die Strahlen parallel empor, um in der Höhe umzubiegen und dann wieder zur S. zurückzukehren. Um 2 Uhr 25 Min. nachmittags war alles vorüber. Fényi in Kalocsa hat diese Eruptionen am Nachmittag des 17. Juni beobachtet. Um 5 Uhr 30 Min. Pariser Zeit erblickte er in 21° heliographischer Breite eine in der Entwickelung befindliche Fleckengruppe im Begriff, in 282° den westlichen Sonnenrand zu überschreiten, und in dieser Gegend bildete eine glänzende, 18″ (12,000 km) hohe Erhöhung den Sitz einer Eruption von außergewöhnlicher Heftigkeit. Nach 4 Uhr 36 Min. erreichten die von dort aufgestiegenen Massen die Höhe von 109″ (78,000 km). Einige Minuten vor 6 Uhr erhob sich dort eine Masse von 111″ (80,000 km) vertikaler Ausdehnung mit einer Geschwindigkeit, welche Fényi im Mittel zu 485 km in der Sekunde schätzt (gemessen wurden Geschwindigkeiten von 797 und 890 km), bis zu der Höhe von 256,9″ (242,000 km) empor, und aus der Verschiebung der Spektrallinien gegen das blaue Ende des Spektrums fand Fényi für die Bewegung der Protuberanzmassen in der Richtung zur Erde die Werte von 337 km (bei einer Gipfelhöhe von 182,7″ oder 132,000 km) und 449 km (Gipfelhöhe 256,9″) in der Sekunde. Außerdem besaß diese Masse auch in meridionaler Richtung eine Geschwindigkeit, welche Fényi, allerdings sehr unsicher, auf etwa 100 km in der Sekunde schätzt. Ohne Berücksichtigung dieser letztern ergibt sich durch Vereinigung der beiden ersten eine Resultante von 1014 km in der Sekunde. Aus der Größe dieses Wertes zieht Fényi den Schluß, daß Teile der Protuberanzen in den Weltraum hinausgeschleudert werden, die nicht wieder zur S. zurückkehren. Diese großen Geschwindigkeiten können aber nicht bloß das Ergebnis von Atombewegungen bei der Expansion von Gasen sein, die der S. entströmen, vielmehr müssen wir zur Erklärung andre Kräfte, allem Anschein nach elektrische, zu Hilfe nehmen. Auf solche Kräfte glaubt auch Fizeau die Erscheinung der Protuberanzen zurückführen zu müssen, weil der Wasserstoff beim Erhitzen oder Verbrennen weder im verdünnten noch im verdichteten Zustande die charakteristischen Linien zeigt, welche wir im Spektrum der Protuberanzen erblicken, welch letztere besonders durch das Vorherrschen der Linie C rosenrot gefärbt sind; diese Linien erscheinen nur unterm Einfluß der Elektrizität. Damit im Einklang sind auch die raschen Formänderungen in den Protuberanzen, die plötzlichen Wechsel des Glanzes, das bandartige, wellenförmige Aussehen, die Absonderung gut begrenzter, von der S. losgetrennter Teile. Alles dieses beobachtet man in ähnlicher Weise auch an den Polarlichtern. Bei den Bewegungen der Lichterscheinungen dürfen wir aber weder hier noch bei den Protuberanzen an eine wirkliche Fortführung von materiellen Teilen denken, wir haben es vielmehr nach Fizeaus Ansicht, die hier wesentlich von der Fényis abweicht, lediglich mit einer allmählichen Fortpflanzung von elektrischen Lichterscheinungen in Gasmassen (Wasserstoff) zu thun, die übrigens ihre eignen, ganz selbständigen Bewegungen haben können. Vielleicht verbreiten über diesen Punkt einmal nach ihrem Abschluß die Untersuchungen ein neues Licht, welche Goldstein in Berlin unternommen hat. Die bisherigen Ergebnisse derselben und gewisse von Herz gewonnene Resultate drängen nämlich zu dem Schlusse, daß die Lichterscheinungen der elektrischen Entladung nicht notwendig Träger der Entladung selbst, sondern nur ein durch die Entladung ausgelöstes Phänomen sind, das sich den bisher schon bekannten Agenzien neu zur Seite stellt. Sollte sich diese Vermutung bestätigen, so brauchten auch kosmische Phänomene, die uns unter den leuchtenden Erscheinungsformen der elektrischen Entladung entgegentreten, nicht notwendig durch elektrische Prozesse bedingt zu sein. Zu den Beobachtungen der großen Protuberanz vom 17. Juni durch Fényi ist noch zu bemerken, daß letzterer am 1. Juli, als dieselbe Stelle der S. wieder am Ostrande erschien, dort wieder lebhafte Thätigkeit und ein Protuberanz von mäßiger Höhe bemerkt hat. Es scheint also dort längere Zeit hindurch ein Herd eruptiver Thätigkeit bestanden zu haben.

Einen ähnlichen gelben Fleck, heller als die gleichzeitig auftretenden Fackeln, wie ihn Trouvelot 17. Juni bemerkt, hat auch in Berlin Maas am rechten Rande der S. wahrgenommen, als er 2. Aug. 1891 um 5 Uhr 20 Min. nachmittags das Bild der S. bei 90facher Vergrößerung auf einen weißen Schirm projizierte. Bei Anwendung 180facher Vergrößerung zeigte sich derselbe zusammengesetzt aus einer großen Anzahl von hellen gelben Linien und Punkten, welche gleichmäßig hell blieben, aber durch Veränderung ihrer gegenseitigen Lage bedeutende Schwankungen in der Gestalt und Helligkeit des Fleckes verursachten. Am 3. Aug. gegen 5 Uhr waren an derselben Stelle nur noch Fackeln sichtbar, auch schien die [849] Bewegung in den Granulationen der Oberfläche der S. ungewöhnlich stark zu sein.