Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Sealsfield“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 790791
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Sealsfield. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 790–791. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Sealsfield (Version vom 03.11.2022)

[790] Sealsfield (spr. ssihlsfild), Charles, mit seinem eigentlichen Namen Karl Anton Postl, namhafter Schriftsteller, geb. 3. März 1793 zu Poppitz bei Znaim in Mähren, trat nach vollendeter Gymnasialbildung in den Kreuzherrenorden zu Prag, entfloh aber im Herbst 1822 nach Nordamerika, wo er den Namen Charles S. annahm. Im J. 1826 nach Deutschland zurückgekehrt, veröffentlichte er hier ein Buch über die Vereinigten Staaten, wandte sich darauf nach England, wo von ihm die anonyme Schrift „Austria as it is“ (Lond. 1828) erschien, begab sich 1827 wieder [791] nach Amerika, bereiste die südwestlichen Staaten der Union und Texas und schrieb seinen ersten Roman: „Tokeah, or the white rose“ (Philad. 1828, 2 Bde.). 1829–30 war er als Mitarbeiter an dem „Courrier des États-Unis“ zu New York thätig, lebte dann als Berichterstatter mehrerer Zeitungen in Paris und London und siedelte 1832 nach der Schweiz über, von wo aus er in der Folge noch dreimal Amerika besuchte, und starb, erst in seinem Testament das Geheimnis seines Lebens enthüllend, 26. Mai 1864 auf seinem Gut „Unter den Tannen“ bei Solothurn. 1881 wurde ihm in Znaim ein Denkmal errichtet. Seine deutschen Schriften, als: „Transatlantische Reiseskizzen“ (Zürich 1834, 2 Bde.), „Lebensbilder aus beiden Hemisphären“ (das. 1835–37, 6 Bde.; 2. Aufl. u. d. T.: „Morton, oder die große Tour“, 1846), „Kajüttenbuch, oder nationale Charakteristiken“ (das. 1841, 2 Bde.), ferner die Romane: „Der Legitime und die Republikaner“ (das. 1833, 3 Bde., eine Umarbeitung des „Tokeah“), „Der Virey und die Aristokraten“ (das. 1834, 2 Bde.), „Die deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften“ (das. 1839–40, 5 Bde.) und „Süden und Norden“ (das. 1842–43, 3 Bde.), fanden ungemeinen und verdienten Anklang. S. erscheint darin als Schöpfer einer neuen Auffassung des historischen Romans, die auf unmittelbare Wiedergabe großer sozialer und historischer Bewegungen abzielt. Die Helden seiner Romane sind nicht einzelne Personen, sondern Völker in ihrem öffentlichen und Privatleben, in ihren materiellen, politischen und religiösen Beziehungen. Namentlich sein „Virey“, die mexikanischen Zustände um 1811 schildernd, muß in dieser Beziehung als ein Meisterstück ersten Ranges angesehen werden. Dabei zeichnen sich diese Dichtungen durch treffliche Charakterzeichnung, geistvollen, dramatischen Dialog und unübertreffliche Schilderungen aus, über welchen Vorzügen man eine gewisse Nachlässigkeit in der Ausführung und gelegentlichen Manierismus des Stils wohl übersehen kann. Aus seinem Nachlaß trat die Erzählung „Die Grabesschuld“ (hrsg. von A. Meißner, Leipz. 1873) hervor. Seine „Gesammelten Werke“ erschienen in 3. Auflage Stuttgart 1845–46, 15 Bde. Vgl. Kertbény, Erinnerungen an S. (Leipz. 1864); Gottschall in „Unsere Zeit“, neue Folge, Bd. 1 (das. 1865); Smolle, Charles S. (Wien 1875); Hamburger, S.-Postl, bisher unveröffentlichte Briefe etc. (das. 1879).