Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schreibkrampf“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 626
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Schreibkrampf. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 626. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schreibkrampf (Version vom 10.05.2021)

[626] Schreibkrampf (Mogigraphie, Cheirospasmus), Krampf der beim Halten der Feder beteiligten und die schreibende Hand bewegenden Muskeln, welcher reflektorisch durch das Ermüdungsgefühl der betreffenden Muskeln hervorgerufen wird. Am häufigsten äußert er sich in den Beugemuskeln durch krampfhaftes Andrücken des die Feder haltenden Daumens gegen den Zeige- und Mittelfinger, welches die Federhaltung stört und endlich so stark wird, daß sich die ganze Hand beim Schreiben klauenartig zusammenballt. Seltener wird die Feder plötzlich nach der Hohlhand hineingeschnellt. Sind die Streckmuskeln der Finger der Sitz des Schreibkrampfes, so öffnen sich bei dem Versuch zu schreiben plötzlich die Finger, oder nur der Zeigefinger streckt sich aus, und dem Schreibenden entfällt die Feder. Selten werden die Vorderarmmuskeln zusammengezogen, wobei mitten im Schreiben die Hand plötzlich über das Papier hinweggeschnellt wird. Endlich ist der S. eine Folge des Zitterns und beginnender Lähmung der Vorderarmmuskeln, wo dann die krampfartige Anstrengung beim Federhalten Rückwirkung gegen den muskelschwachen Zustand des Arms ist. In allen Fällen ist der S. äußerst lästig und oft sehr schmerzhaft. Die Ursachen können sehr verschieden sein; die häufigste ist wohl eine falsche Methode des Schreibunterrichts, der Federhaltung und Körperstützung beim Schreiben, auch wohl der Gebrauch zu harter Federn, zu dünner Federhalter, rauhen Papiers. Diese Ursachen sind zu beseitigen. Der Schreibende gewöhne sich an eine flüchtige Handschrift, welche die Hauptthätigkeit in den aufsteigenden Haarstrich des Buchstabens legt, somit die Streckmuskeln der Finger mehr als ihre Beugemuskeln beschäftigt. Nur bei halb gelähmten und zitternden Armen ist eine andre Methode nötig. Ein solcher Kranker klemme die Feder fest in die Falte zwischen den Mittelhandknochen des Daumens und Zeigefingers, gegen letztern sie andrückend, und schreibe mehr aus dem Handgelenk mittels der Muskeln des Ober- und Vorderarms. Der Gebrauch sehr dicker, rauh gearbeiteter Federhalter, sogar das Einschließen des Federkiels in einen Kork oder in ein dickeres Rohr sind Erleichterungsmittel für die Federhaltung. Maas’ Atremograph ist der Hohlhand genau nachgebildet und macht jede willkürliche wie auch unwillkürliche, beim Schreiben unnötige Bewegung der Finger unmöglich. Jedenfalls muß durch angemessene Beschränkung der Schreibarbeit dem Ausbruch des Schreibkrampfes vorgebeugt werden. In den hartnäckigsten Fällen ist elektrische Behandlung oder Massage notwendig. Vgl. Nußbaum, Einfache und erfolgreiche Behandlung des Schreibkrampfs (Münch. 1882).