MKL1888:Schmarotzerpflanzen

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schmarotzerpflanzen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 550
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Schmarotzerpflanzen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 550. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schmarotzerpflanzen (Version vom 14.04.2024)

[550] Schmarotzerpflanzen, s. Schmarotzer.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 830834
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[830] Schmarotzerpflanzen (parasitische Pflanzen, hierzu Tafel „Schmarotzerpflanzen“). Abgesehen von dem großen Heere der pflanzen- und tierbewohnenden Schmarotzerpilze ist die Zahl der höhern, mit Blüten ausgestatteten S. eine verhältnismäßig geringe, da im ganzen nur etwa 1400 Phanerogamen mit parasitischer Lebensweise bekannt sind. Die S. stehen in nahen Beziehungen teils zu den Saprophyten oder Humuspflanzen (s. d.), teils zu den Scheinschmarotzern oder Epiphyten (s. d., Bd. 17); sie leben wie erstere wenigstens teilweise von organischen, bereits assimilierten Stoffen, unterscheiden sich aber dadurch von ihnen, daß sie ihre Nahrung lebenden Gewächsen entnehmen. Von den Scheinschmarotzern, die sich gleich den echten Parasiten auf fremden Gewächsen ansiedeln und mit ihnen in Verbindung treten, trennen sich die S. ebenfalls durch die Art ihrer Ernährung, indem sie die Nährstoffe nicht wie jene ausschließlich in der Atmosphäre, den Niederschlägen oder einer abgestorbenen Humusunterlage, sondern auch in dem innern Gewebe ihrer Wirtspflanzen finden. Zu letzterm Zwecke sind sie ohne Ausnahme mit eigenartigen Organen der Anheftung und Ernährung versehen, welche bei ihren verschiedenen Formen ungleich ausgebildet erscheinen und daher auch unter mannigfachen Bezeichnungen, wie Haftscheiben, Haftwurzeln, Rindensaugwurzeln, Saugwarzen oder Haustorien, Saugscheiben, Saugfortsätzen oder Senkern, Saugfäden oder mycelialen Thallushyphen, beschrieben worden sind. Für das Verständnis der höchst mannigfaltigen und teilweise verwickelten Lebensbeziehungen der S. ist vor allem festzuhalten, daß verschiedene Grade des Parasitismus von den gewöhnlichen, mit grünen Laubblättern versehenen Formen bis zu völlig umgestalteten, der Wurzeln, der Laubblätter und der vegetativen Stengel gänzlich entbehrenden Gewächsen hinführen. Auf der niedersten Stufe stehen diejenigen S., welche noch wie echte Chlorophyllpflanzen die Kohlensäure der Luft unter Einfluß des Sonnenlichts zu zersetzen vermögen und sich nur nebenher auch von organischem, ihren Wirtspflanzen entnommenem Material ernähren. Zu diesen sogen. Halbschmarotzern gehört eine Reihe von Pflanzenarten aus den Familien der Rhinanthaceen und Santalaceen, welche äußerlich kaum für S. gehalten werden, da sie in der Erde wurzeln und mit normalen, grünen Laubblättern ausgestattet sind; sie besitzen jedoch an ihren Wurzeln warzen- oder zangenartige Haftorgane (Haustorien), mit welchen sie fremde Wurzeln oder Rhizome ergreifen; von der Unterseite der Haftscheiben aus dringt ein mit Gefäßgruppen ausgestatteter Zellenstrang, der sogen. Saugfortsatz (Senker), in das innere Gewebe der Nährwurzel ein und legt sich den Leitungsgeweben derselben an, um auf diese Weise bereits assimilierte Stoffe auf Kosten der Wirtspflanze aufsaugen zu können. Genauer verfolgt ist diese Art des Schmarotzers innerhalb der Familie der Santalaceen bei den Gattungen Thesium, Santalum und Osyris, die als Keimpflanzen zunächst eine normale Hauptwurzel erzeugen; erst die Seitenzweige derselben bilden die Haustorien aus; sobald letztere keine Wirtspflanze zu erreichen vermögen, wachsen ihre Anlagen zu senkrecht abstehenden, kleinen Wurzelzweigen aus. Innerhalb der Familie der Rhinanthaceen gibt es, wie neuerdings von Koch nachgewiesen wurde, neben blaugrünen, echten Wurzelschmarotzern, wie z. B. dem auf unsern Wiesen häufigen Klappertopf (Rhinanthus major), auch blattgrüne Humuspflanzen, wie Melampyrum (s. Humuspflanzen); außerdem können aber auch erstere statt einer lebenden Nährwurzel gelegentlich auch abgestorbene Pflanzenteile umklammern. Ebenso besitzen Augentrost- (Euphrasia) und Läusekrautarten (Pedicularis), ferner Bartsia alpina u. a. echte Saugwarzen; letztere Art ist jedoch nach Kerner v. Marilaun zugleich eine halbe Verwesungspflanze, da sie an ihren unterirdischen Rhizomen

[Ξ]

Schmarotzerpflanzen.
Fig. 1. Viscum album (Europäische Mistel).
Fig. 2. Lathraea Squamaria (Schuppenwurz) mit Saugwarzen an Pappelwurzeln.
Fig. 3. Lophophytum mirabile.
Fig. 4. Apodanthes Flacourtiana.
Fig. 5. Rafflesia Padma, auf oberflächlich verlaufenden Wurzeln schmarotzend.
Fig. 6. Cynomorium coccineum (Malteserschwamm).

[831] auch lange Wurzelhaare entwickelt, mit denen sie der Humuserde Stoffe entzieht. Mehrfach gelang es auch, Rhinanthaceen aus Samen nur in Sand und Humus bei Abwesenheit irgendwelcher Nährpflanzen, freilich meist nur zu Kümmerlingen, aufzuziehen.

Eine zweite Untergruppe der Halbschmarotzer veranschaulicht am besten unsre einheimische, durch ihre zweigabelige Verzweigung, gegenständige, immergrüne Blätter und weiße, mit Klebstoff erfüllte Beeren auffallende Mistel (Viscum album, s. Tafel, Fig. 1). Bei ihr findet, wie auch für bei der Mehrzahl ihrer Familiengenossen, den Loranthaceen oder Riemenblumengewächsen, zwar noch selbständige Kohlensäurezersetzung mittels der chlorophyllhaltigen Blätter oder Stammteile statt; allein ihre Samen keimen und wurzeln niemals in der Erde, sondern nur auf der Rinde andrer Holzgewächse (Kiefern, Pappeln, Obstbäumen, selten auch auf Eichen), auf der sich die Keimwurzel des durch Klebstoff befestigten Samens sofort mit einer Haftscheibe festsetzt, dessen Unterseite dann ein in das Gewebe der Nährpflanze eindringender Senker entspringt; dieses primäre Saugorgan entwickelt blattgrünführende, am Ende mit haarartig verlängerten Saugfäden versehene Rindensaugstränge (Fig. 1), die parallel der Längsrichtung der Nährzweige in deren Rinde verlaufen und senkrecht zu ihrer Hauptrichtung gestellte, keilartige Senker in das umgebende Nährholz eintreiben, um sich mit den Leitungsbahnen (Gefäßröhren) desselben in Verbindung zu setzen. Diese Senker werden von den neu sich bildenden Holzschichten des Nährstammes allmählich umwallt und halten ihrerseits durch eine Zellbildungsschicht (Meristem) mit dem Jahresringzuwachs des Wirtes gleichen Schritt; der Schmarotzer vermag so zu einem stattlichen Busche bis zu mehreren Metern Umfang heranzuwachsen und kann ein Alter von 30–40 Jahren erreichen; auch erzeugen die Rindenwurzeln durch Brutknospenbildung junge Mistelpflänzchen, die aus der Rinde hervorbrechen. Die südeuropäische Wachholdermistel (Arceuthobium Oxycedri) mit roten Beeren und verkümmerten Blättern entwickelt nur Krautstengel und im Innern der Nährrinde eine Art von Fadengeflecht, das die parasitäre Ernährung besorgt. Bei der auf Eichen und Edelkastanien Ost- und Südeuropas schmarotzenden Riemenblume (Loranthus europaeus), die zierliche Träubchen gelber Beeren trägt, wachsen die Saugstränge (Fig. 2) innerhalb der Kambial- und Jungholzschichten der Nährbäume; die allmählich erhärtenden Holzzellen leisten den Strängen schließlich solchen Widerstand, daß letztere treppenartig ausbiegen und ihre fortwachsenden Spitzen um 5–8 mm nach außen verlegen müssen. Andre Loranthaceen (Oryctanthus, Phthirusa) erzeugen auch Haftwurzeln von echter Wurzelnatur, die um den Nährast herum eine Art von Gitterwerk bilden und an den Berührungsstellen Haftscheiben erzeugen. Den S. der Mistelform schließen sich auch einige Santalaceen (Henslowia, Phacellaria) sowie die kleine, auf Amerika beschränkte Familie der Myzodendreae an, deren Früchte nicht wie bei den Loranthaceen durch den Klebstoff der Beeren, sondern durch 3 lange Haftborsten der Rinde des Nährbaumes angeheftet werden. Die einstmalige Urform der Loranthaceen wird durch zwei Gattungen Australiens (Nuytsia und Gaiadendron) angedeutet, deren Arten höhere Bäume oder Sträucher mit gewöhnlichen Erdwurzeln darstellen.

In der äußern Tracht von den S. der Mistelform sehr abweichend zeigt sich die Reihe der Schlingschmarotzer, deren fadenförmige, oft zwirnartig dünne Stengel (Fig. 3, bei a, S. 832) die Nährpflanzen umwickeln u. sich an denselben mit Hilfe reihenweise übereinanderstehender Haftorgane von Form der Raupenfußstummel

Fig. 2. Fig. 1.
Fig. 1. Mistel (Viscum album), Längsdurchschnitt des untern Stammteils nebst Rindensaugsträngen und Senkern (die dunklern Partien der Figur), die in einen Holzstamm eindringen. – Fig. 2. Riemenblume (Loranthus europaeus), Längsschnitt des untern Stammteils nebst Saugstrang (die dunklere Partie der Figur), der einem Holzstamm aufsitzt.

festsetzen; auch hier entspringt der Unterseite derselben (Fig. 3, bei b) ein in das Innere der Nährpflanze eindringender Saugstrang, dessen Zellen sich mehr oder weniger fächerförmig ausbreiten. Wenn ein Zweig des Schmarotzers einen andern berührt, so entwickeln sich zwar auch die Haftorgane, aber die Bildung des Saugstranges bleibt rudimentär. Dieser Reihe von S. gehören zwei Familien an, von denen die eine, die Flachsseiden- oder Teufelszwirngewächse (Cuscuteae) nach der Art ihres Blüten- und Fruchtbaues mit den Windenpflanzen (Convolvulaceae), die andre, die Kassytheen, mit den Lorbeergewächsen am nächsten verwandt ist. Trotz so ungleicher Familienabstammung besitzen sie große Ähnlichkeit, da ihre Blätter zu kleinen unscheinbaren Schuppen verkümmern; der Chlorophyllgehalt ist bei Cuscuta sehr gering, bei Cassytha sind deutliche Chlorophyllkörner ausgebildet; dem entsprechend sind bei ersterer auch die Spaltöffnungen sehr spärlich, bei Cassytha dagegen [832] reichlich vorhanden. Die Keimung der Samen von Cuscuta findet in der Erde oder auf der verwitterten Borke von Bäumen statt; der im Ruhezustand eingerollte Keimling streckt sich, wird schraubenförmig, und sein Wurzelende dringt in den Boden, während das entgegengesetzte Ende sich wie der Zeiger einer Uhr herumbewegt und eine Stütze zu erfassen sucht; sobald dies gelungen ist, umwickelt es dieselbe mit einigen Windungen und bildet Haftwarzen aus, welche dann, wenn die ergriffene Unterlage eine lebende Pflanze ist, den schon geschilderten Saugstrang aussenden. Das untere Ende der Pflanze stirbt darauf ab, und dieselbe steht dann nicht mehr mit dem Boden, sondern nur noch durch die Haustorien mit der Wirtspflanze in Verbindung; im Gewebe letzterer laufen die Saugstränge in myceliumähnliche Zellfäden aus. Der Parasitismus von Cuscuta ist demnach viel weiter vorgeschritten als bei den

Fig. 3. Cuscuta europaea, auf dem Stengel des Hopfens schmarotzend: a in natürlicher Größe. – b Durchschnitt des Nährstengels und des Haftorgans, vergrößert.

Rhinanthaceen und bei der Mistel, da dort die selbständige Assimilation fast ganz aufgegeben erscheint.

Dasselbe gilt von der Gruppe der Braunschuppschmarotzer, die von den lippenblütigen Orobancheen gebildet wird. Dieselben entwickeln oberhalb der Erde einen dicken, fleischigen, mit Schuppenblättern besetzten, gelblich oder braungefärbten, oft auch bläulich oder violett überlaufenen Blütensproß, der unterwärts in eine Art von Knolle übergeht; letztere sitzt der Wurzel einer Nährpflanze auf und trägt an ihrer Basis eine Anzahl kurzer Fasern, von denen sich einige ebenfalls der Nährwurzel anheften. Bei der Keimung des sehr kleinen Samens von Orobanche, die nach Koch nur bei dichter Berührung einer Nährwurzel erfolgt, entwickelt sich der völlig ungegliederte Embryo zu einem Faden, dessen unteres Ende mit warzenartigen Ausstülpungen in die Nährwurzel eindringt und dort ein keilförmiges primäres Saugorgan ausbildet, während gleichzeitig die außerhalb des Wirts verbleibende Basis des Keimlings zu einem knollenförmigen Körper etwa von Erbsengröße heranwächst, der in seinem Innern (endogen) nach oben zu Stammvegetationspunkte, nach unten Anlagen von Wurzeln erzeugt. Umgekehrt wie bei Cuscuta, bei welcher das obere Ende des Keimlings sich allein weiter entwickelt, stirbt dasselbe bei Orobanche frühzeitig ab. Der aus der Keimlingsbasis hervorgegangene Knollenkörper gewinnt durch die an ihm auftretenden Wurzelanlagen zunächst die Form eines kleinen Streitkolbens und läßt erst nach längerer Zeit (bei Phelipaea ramosa z. B. 31/2 Monat nach der Aussaat) den Blütensproß hervortreten. Die meisten Orobancheen sind nur auf einer beschränkten Zahl von Nährpflanzen entwickelungsfähig, so z. B. Phelipaea ramosa auf Hanf und Tabak, Orobanche caryophyllacea auf Galiumarten, Orobanche Teucrii auf Arten von Teucrium etc. Die bisweilen ebenfalls zu den Braunschuppern gezählte Schuppenwurz (Lathraea Squamaria, s. Tafel, Fig. 2) unterscheidet sich von ihnen sowohl in systematischer als in biologischer Beziehung und wird deshalb neuerdings zu den Rhinanthaceen gestellt. Sie besitzt ein fleischiges, weiß gefärbtes, dicht mit Blattschuppen nach Art eines Fichtenzapfens besetztes, sich verzweigendes Rhizom, dessen Enden sich über die Erde erheben und anfangs hakenförmig eingekrümmte, violettrötlich überlaufene Blütenstände mit einseitswendigen Lippenblumen tragen. Die Keimpflanze von Lathraea entwickelt ein Würzelchen, das auf einer Nährwurzel (Haselnuß, Hainbuche u. a.) eine primäre Haftscheibe nebst Saugfortsatz erzeugt, während sich das Stengelende zu dem Schuppenrhizom entwickelt. Letzteres bildet Beiwurzeln, die in dickliche, fadenförmige Ästchen mit Haftscheiben und Saugfortsätzen auslaufen.

Eine vierte Reihe der S., die Knollensproßschmarotzer, zu welchen die merkwürdigen, oft an Pilze erinnernden Formen der Balanophoreen gehören, knüpft in mancher Beziehung an die Entwickelung der Orobancheen an, indem auch bei ihnen der primäre Vegetationskörper eine Art von Knollen bildet, aus welchem die blütentragenden Sprosse hervorwachsen; jedoch ist die Gruppe von den Braunschuppengewächsen durch zahlreiche systematische und biologische Merkmale verschieden. In Europa wird sie nur durch den Malteserschwamm (Cynomorium coccineum, s. Tafel, Fig. 6) vertreten, während die übrigen 36 bekannten Arten vorzugsweise die tropischen Urwälder Südasiens und Südamerikas bewohnen und dort auf [833] Wurzeln von Holzgewächsen schmarotzen. Die erstgenannte Art wächst am Meeresstrand Südeuropas und Nordafrikas auf Tamarisken, Salikornien und Melden, deren Wurzeln die Haftorgane aufsitzen. Oberhalb der Erde erscheint ein fleischiger, dunkelroter Sproß, der unterseits Blattschuppen, oberseits einen cylindrischen Blütenkolben trägt; unter der Erde verlängert er sich in ein kurzes Rhizom, das dicht mit wurzelähnlichen, die Verbindung mit der Nährwurzel bewerkstelligenden Fortsätzen besetzt ist. Bei der Keimung entwickelt, wie bei Orobanche, das untere Ende des ungegliederten Keimlings auf einer Nährwurzel eine spindelförmige Anschwellung, in welcher die Anlagen der Stamm- und Wurzelorgane entstehen; die Blütensprosse bilden sich als direkte Verlängerungen des cylindrischen Rhizoms. Bei andern Balanophoreen dagegen werden die blütentragenden Zweige im Innern eines mächtig entwickelten Knollenstockes angelegt und durchbrechen später die Rinde desselben, welche als ring- oder becherförmige, bisweilen auch gelappte Scheide am Grunde der Blütenstandachse stehen bleibt. Das in Brasilien einheimische Lophophyton mirabile, das auf unsrer Tafel, Fig. 3, dargestellt ist, bildet 1/2–15 kg schwere Knollen, die aus einem anfangs mit Schuppenblättern besetzten Rhizom hervorgehen, und denen die 1–1,5 cm langen, fingerdicken, weißlichen oder rötlichen Spindeln mit gelben oder orangefarbigen Blütenköpfchen entspringen. Verzweigte Blütenstände hat die im Kapland vorkommende Sarcophyte sanguinea; bei der amerikanischen Gattung Scybalium sind sie flach und hutpilzähnlich, bei andern kugelig oder keulenförmig. Häufig nimmt z. B. bei der teils amerikanischen, teils südasiatischen Gattung Balanophora an der Knollenbildung auch das Gewebe der Nährwurzel teil, indem es strangartige, fächer- oder geweihförmig angeordnete Holzmassen in den Schmarotzerkörper aussendet. Die Rinde einiger Gattungen (Balanophora, Langsdorffia und Thonningia) zeichnet sich durch reichlichen Gehalt eines wachsartigen, brennbaren Stoffes aus, der auf Java und in Neugranada die Verwendung der Rhizome zu Kerzen veranlaßt. Den knollensproßtreibenden Balanophoreen schließt sich die kleine, nur aus 8 Arten (und zwar 7 südafrikanischen und einer amerikanischen Art, Prosopanche Burmeisteri) bestehende Familie der Hydnoraceen an, deren Formen als Ansatz der Nährwurzel ebenfalls einen knollenartigen Stock besitzen; letzterer trägt bei ihnen aber eigentümliche, walzenförmige oder kantige Zweige (Rhizoidzweige), an welchen ohne jede Blattbildung in Gestalt kugeliger Bauchpilze die Blütenknospen auftreten; letztere öffnen sich an der Spitze mit drei fleischigen Klappen (Blütenblättern) und strömen dann einen widerlichen Aasgeruch aus.

Für die letzte Reihe, die Thallussproßschmarotzer, welche von der Familie der Rafflesiaceen gebildet wird, erscheint die Bildung eines im Gewebe der Nährpflanze zwischen Holz und Rinde auftretenden, thallus- oder myceliumartigen Vegetationskörpers bezeichnend, aus welchem die Blütensprosse hervorgehen; die gewöhnliche Gliederung der höhern Pflanzen erscheint damit völlig aufgegeben. Die Familie umfaßt nur 24 Arten, von denen eine einzige, nämlich der auf Cistrosen schmarotzende, durch verzweigte Blütenstengel und gelbe Blüten mit hochroten Deckblättern ausgezeichnete Cytinus Hypocistis, in Südeuropa einheimisch ist. Sein Vegetationskörper wächst zwischen Kambium und Holz der Wirtspflanze zu einem Hohlcylinder aus, der fortgesetzt von neuen Nährholzschichten überlagert wird, und aus welchem die Anlagen der nach außen durchbrechenden Blütensprosse entstehen. Bei den übrigen Rafflesiaceen ist der Vegetationskörper auf ein Geflecht von Thallusfäden beschränkt, welche das Gewebe der Nährpflanze durchwuchern und an einzelnen Stellen zu Gewebeballen (Floralpolster) zusammentreten, in welchen die später nach außen durchbrechenden Blüten angelegt werden. Bei dem amerikanischen Apodanthes Flacourtiana (s. Tafel, Fig. 4) durchbrechen die sehr kleinen Blütensprosse herdenweise die befallene Nährrinde, während die 5–6 Arten der Gattung Rafflesia auf Java, Sumatra und den Philippinen sich durch ihre tellerförmigen, fünflappigen, dicht den Nährwurzeln aufliegenden Riesenblumen auszeichnen; die kleinste Art (Rafflesia Rochussenii) in Westjava hat Blüten von 0,15 m, die größte, R. Arnoldi auf Sumatra, deren Blüte einem riesigen Kohlkopf gleicht, zeigt 1 m Durchmesser und rote Blumenblätter mit hellern, flachen Warzen; die auf der Tafel, Fig. 5 abgebildete R. Padma auf Java liegt mit ihren fleischfarbenen Blüten den schlangenförmig über den Waldgrund sich hinziehenden Wurzeln von Cissus-Arten auf und entwickelt einen unangenehmen Leichengeruch; ihre in einer breiigen Fruchtmasse eingebetteten kleinen Samen sollen durch die Füße der Elefanten verbreitet werden, da die Pflanze vorzugsweise an den von diesen Tieren eingehaltenen und mit ihrem Kot gedüngten Pfaden gefunden wird. Die ebenfalls auf den südasiatischen Inseln einheimischen Brugmansia-Arten haben flach kegelförmige, in zahlreiche, schmale Lappen geteilte, große Blüten von ca. 1 cm Durchmesser, während die Gattung Pilostyles, von denen eine Art (P. Haussknechtii) auf Tragantsträuchern in Syrien und Kurdistan, die übrigen Spezies in Südamerika und Afrika (Angola) vorkommen, aus kleinblütigen Formen besteht. Bei allen diesen S. beschränkt sich der zur Ernährung bestimmte Körper der Pflanze auf bloße Thallusfäden, die teils in der Rinde älterer Stämme und Wurzeln (Rafflesia Brugmansia), teils (bei Pilostyles Haussknechtii) in jungen Trieben der Nährpflanze wuchern; bei Pilostyles aethiopica treten dagegen in der Rinde des Wirtes sitzende, massige Gewebekörper auf, die zu dem Hohlcylinder von Cytinus überleiten.

Der Entwickelungsgeschichte nach bilden die S. drei durch einzelne Übergänge verknüpfte, aber doch deutlich gesonderte Gruppen, von denen die erste und unterste Stufe aus den chlorophyllhaltigen, erdbewohnenden Formen der Halbschmarotzer (Rhinanthaceen, Santalaceen) besteht; bei ihnen entwickelt das obere Stammknospenende des normal gebildeten Keimlings gewöhnliche Laubblattstengel und das untere Wurzelende Wurzeln, die ausschließlich die parasitären Organe der Anheftung (Haftscheiben) und Ernährung (Saugfortsätze) erzeugen. Beziehungen zu den Humuspflanzen sind hier deutlich vorhanden (s. oben). Den Übergang zu weiter fortgeschrittenem Parasitentum bildet Lathraea durch das Aufgeben der selbständigen Assimilationsthätigkeit und Reduktion der Laubblätter zu Schuppen. Bei einer zweiten Gruppe von S., den Stammparasiten (im entwickelungsgeschichtlichen Sinn), bildet sich vorwiegend nur das Stammknospenende des Keimlings aus, während das Wurzelende frühzeitig zu Grunde geht oder umgestaltet wird; die Stammknospe entwickelt sich entweder zu einem fortgesetzt in die Dicke wachsenden Holzstamm mit selbständiger Assimilation (viele Loranthaceen) oder zu einem chlorophyllarmen, wenig oder gar nicht verdickungsfähigen Schlingstengel [834] (Cassytha, Cuscuta); die parasitären Organe vertreten physiologisch die Wurzel und passen sich bei den Loranthaceen durch besondere Neubildungsgewebe (Rindenwurzeln, Senker) der dikotylen Stammverdickungsform an; bei Cuscuta wie auch bei andern krautartigen S. tritt dagegen die Bildung von parasitären Thallusfäden als letzter Ausläufer der Haustorien auf. Die Gruppe scheint aus stammbewohnenden oder windenden Epiphyten hervorgegangen zu sein; wie eine Anzahl von Scheinschmarotzern, besitzen auch viele Stammparasiten zur Anheftung an hochgelegenen Baumästen geeignete Früchte (Klebschicht in den Beeren der Loranthaceen, Haftborsten der Myzodendreen). Bei der dritten Gruppe, den Wurzelparasiten (im entwickelungsgeschichtlichen Sinne), wächst umgekehrt wie bei der vorhergehenden Reihe nur das untere Ende des stets ungegliederten Embryos weiter, während sein oberes Ende zu Grunde geht; als Hauptvegetationsorgan entsteht entweder ein außerhalb der Wirtspflanze verbleibendes, mehr oder weniger reduziertes, häufig knollenförmiges Rhizom (Orobancheen, Balanophoreen) oder ein völlig in der Nährpflanze eingeschlossener Thallus (Rafflesiaceen); diesem oder dem außerhalb der Wirtspflanze verharrenden Vegetationskörper entspringen in verschiedener Weise angelegte Blütensprosse. Der Thallus wiederholt (bei Rafflesia u. a.) entweder die Mycelialfäden von Cuscuta oder bildet dem dikotylen Stammbau angepaßte, fortbildungsfähige Gewebekörper (bei Cytinus) und stellt den verkümmerten Rest einer Blütenpflanze dar, die ihre vegetativen Hauptorgane, nämlich Wurzeln und assimilierende Sproßteile, vollständig verloren hat. Parallel mit dieser Rückbildung der vegetativen Teile geht eine ebensolche der Fortpflanzungsorgane, indem sowohl die Samenknospen als ihre Träger (die Placenten) und ihre Einschlüsse (Embryonen) eine Reihe merkwürdiger Umbildungen und Gliederungshemmungen erfahren, durch welche das Erkennen der systematischen Zugehörigkeit stark rückgebildeter schmarotzender Pflanzenfamilien zu einer sehr schwierigen Aufgabe gemacht wird. Nach Solms-Laubach, Eichler und Engler werden die Balanophoreen zu der Verwandtschaft der Santalaceen, die Rafflesiaceen und Hydnoraceen dagegen in die Nähe der Aristolochiaceen gestellt. Bei letztern S. kann vielleicht ebenfalls ein epiphytischer Ursprung angenommen werden, wofür das Verhalten des parasitären Thallus bei Cytinus und die Verbreitung durch beerenartige Früchte zu sprechen scheinen.

In der geographischen Verbreitung der S. zeigen sich ähnliche Verhältnisse wie bei den Epiphyten (s. den Artikel in Bd. 17), indem die Mehrzahl der Arten die tropischen Gegenden beider Halbkugeln bewohnt. Die Hauptmasse (ca. 540 Arten) bilden die Loranthaceen, die sich ungefähr zur Hälfte auf die Alte und Neue Welt verteilen, und denen sich in biologischer Hinsicht einige Santalaceen (15) und Myzodendreen (9) anschließen. Die halbschmarotzenden Rhinanthaceen (etwa 340 Arten, unter denen die des Parasitismus nur verdächtigen mitgezählt sind) und Santalaceen (ca. 160 Arten) bilden die zweitgrößte Gruppe; von ersterer Familie kommen in Europa 85, von der zweiten 20 Vertreter vor, während von Loranthaceen nur 5 Arten daselbst einheimisch sind. Unter den Schlingschmarotzern (92 Arten) ist die Mehrzahl der Cuscuta-Arten in Amerika, die der Kassytheen in Australien ansässig. Die Orobancheen (ca. 150 Arten) bewohnen vorwiegend das Waldgebiet beider Hemisphären und treten sonst nur mit einzelnen Arten auf, scheinen jedoch in Australien zu fehlen. Die Balanophoreen, Rafflesiaceen und Hydnoraceen (zusammen ca. 70 Arten) sind mit wenigen Ausnahmen Tropenbewohner und bilden besondere Gattungen, resp. Arten auf der östlichen und westlichen Halbkugel aus; Afrika zeigt sich auch bei dieser Familie wie für die Epiphyten als der verhältnismäßig artenärmste Weltteil. Vgl. Solms-Laubach, Über den Bau und die Entwickelung parasitischer Pflanzenorgane (in Pringsheims Jahrbüchern, Bd. 6); Derselbe, Das Haustorium der Loranthaceen und der Thallus der Rafflesiaceen und Balanophoreen (in „Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle“, Bd. 13); Derselbe, Rafflesiaceae (in „Flora brasiliensis“, Heft 77); Eichler, Balanophoraceae (ebenda, Heft 47); Schimper, Die Vegetationsorgane von Prosopanche Burmeisteri („Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle“, Bd. 10); Koch, Die Klee- und Flachsseide (Heidelb. 1880); Derselbe, Untersuchungen über die Entwickelung der Orobancheen („Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft“, 1883); Engler, Loranthaceae und Balanophoraceae (in Englers „Natürliche Pflanzenfamilien“, Leipz. 1889); Kerner v. Marilaun, Pflanzenleben, Bd. 1 (Leipz. 1887), welchem Werke die Abbildungen der Tafel entnommen sind.