MKL1888:Schleier
[508] Schleier, Stück des weiblichen Putzes, besteht gewöhnlich aus einem feinen, florartigen Gewebe und ist dazu bestimmt, das Gesicht und den Kopf oder auch noch andre Teile des Körpers zu verhüllen. Der Gebrauch des Schleiers ist im Orient seit uralter Zeit heimisch, und noch gegenwärtig legt die herrschende Sitte den dortigen Frauen die strenge Verpflichtung auf, sowohl auf der Straße als auch im Haus in Gegenwart von Fremden das Gesicht verschleiert zu tragen. Bei den griechischen und namentlich bei den römischen Frauen der Kaiserzeit war der S. mehr ein Putzstück. Ihre Art, ihn zu tragen, ähnelte der heutigen der Nonnen, für deren Stand er symbolische Bedeutung hat, daher den S. nehmen, s. v. w. ins Kloster gehen. Im Mittelalter gewann er besonders seit dem 14. Jahrh. an Bedeutung und wurde seitdem bald länger, bald kürzer getragen, am meisten und am elegantesten ausgestattet von den Italienerinnen, so namentlich noch jetzt in Genua. Die flandrischen Frauen des 14. Jahrh. trugen lange S., die von den Spitzen ihrer zuckerhutförmigen Hauben herabfielen (s. Tafel „Kostüme II“, Fig. 3). Als Symbol des Unerforschlichen galt er in den Mysterien der Alten. Vgl. auch Flinder. – In der Botanik bezeichnet S. die an den jungen Fruchtkörpern mancher Hymenomyceten vom Hutrand aus nach dem Stiel über das Hymenium ausgespannte Haut (s. Pilze, S. 71); auch das sogen. Indusium (s. d.) auf den Fruchthäufchen der Farne.