MKL1888:Pilze
[64] Pilze (Schwämme, Fungi, Mycētes, hierzu 2 Tafeln), in den ältern Systemen kryptogamische Pflanzenklasse unter den Thallophyten, nur durch den Mangel des Chlorophylls von den Algen unterschieden und daher gegenwärtig mit diesen vereinigt (s. Thallophyten), durch Formenreichtum und Mannigfaltigkeit der Lebensverhältnisse vor allen übrigen Klassen des Pflanzenreichs ausgezeichnet. Zu ihnen zählte man zunächst zwei Ordnungen, welche von den eigentlichen Pilzen erheblich abweichen. Die einen sind die Schizomyceten, einzellige Organismen, die kleinsten lebenden Wesen, bei welchen die Zelle kein Spitzenwachstum zeigt, sondern, von kugeliger, stäbchenförmiger oder spiralig gekrümmter Gestalt, nur durch Teilung in ihrer Mitte zu zwei neuen Zellen oder durch ungeschlechtliche Sporen sich vermehrt, daher den Chrookokkaceen unter den Algen sowie den niedern Infusionstieren am nächsten verwandt und als die niedrigsten u. einfachsten Pflanzen sich erweisend. Die andern sind die Myxomyceten, welche wegen ihres nicht von einer Zellhaut umgebenen, nach tierischer Art beweglichen Protoplasmas, aus welchem später eine die Pilzsporen erzeugende Frucht sich formt, zwischen dem Tier- und Pflanzenreich in der Mitte stehen und deshalb in neuester Zeit vielfach von den Pilzen getrennt werden (s. Myxomyceten). Bei den übrigen Pilzen (eigentliche Schwämme) ist das Elementarorgan eine fadenförmige, durch Spitzenwachstum sich verlängernde Zelle, eine sogen. Hyphe, die sich meistens durch [65] Seitensprossung verzweigt. Die Pilzhyphen wachsen entweder isoliert, oder verflechten sich untereinander u. bilden dann die von der der höhern Pflanzen wesentlich abweichende Form des Zellgewebes, welche als Filz- oder Pilzgewebe (tela contexta) bezeichnet wird. Nur bei sehr inniger Verflechtung der Fäden, und wenn diese dabei kurz gegliedert sind, nähert sich das Gewebe der P. in seiner Form dem Parenchym der höhern Pflanzen und heißt dann Pseudoparenchym. Bei den Chytridiaceen und einigen Saprolegniaceen hat die einzige Zelle, aus welcher die Pflanze besteht, noch nicht die Form der eigentlichen Hyphe, indem die runde oder kurz schlauchförmige Zelle hier Ernährungs- und Fortpflanzungsorgan zugleich ist. Auch bei der hefeartigen Sprossung, bei welcher Pilzzellen aus ihrer Spitze oder Seite kurze Gliederzellen treiben, welche sich leicht voneinander lösen (s. Hefe), kommt es nicht zur Bildung echter Hyphen. Mit Ausnahme der eben angegebenen Fälle gliedert sich der Organismus des Pilzes meist deutlich in ein Ernährungs- und ein Fortpflanzungsorgan. Das erstere, welches einen Thallus darstellt, wird hier allgemein Mycelium (Unterlage, Pilzmutter, hyphasma) genannt. Dies bei der Keimung aus den Sporen zuerst hervorgehende und anfangs allein sich entwickelnde Organ des Pilzes ist zur Aufnahme der Nährstoffe bestimmt und befindet sich daher immer auf oder in dem Substrat, so daß es den meist am wenigsten sichtbaren und ausgezeichneten Teil des Pilzes darstellt. Die gewöhnlichste Form (freifädiges oder flockiges Mycelium) besteht aus vielen, aber isolierten Fäden, die als Zweige auseinander hervorgehen. Es bildet eine faserige oder flockige, meist sehr zarte Ausbreitung, welche peripherisch wächst, indem die am Rand befindlichen Hyphen sich verlängern und neue Zweige bilden. Bisweilen vereinigen sich viele Myceliumfäden, parallel nebeneinander liegend, zu dicken, faserigen Strängen, welche meist vielfach sich verzweigen, wohl auch miteinander anastomosieren. Auch zusammenhängende, dicke, hautartige Ausbreitungen von faseriger oder filziger Struktur bildet das Mycelium bisweilen. Eine besondere Form eines Pilzmyceliums sind die wegen ihrer Ähnlichkeit mit alten Pflanzenwurzeln unter dem Gattungsnamen Rhizomorpha Pers. beschriebenen Bildungen (s. unten) in alten Baumstämmen und im Holz der Bergwerke: sehr lange, cylindrische oder bandartig flache Stränge mit dunkelbrauner Rinde und weißem Mark. Hierher gehören ferner die Sklerotien, welche häufig als Ruhezustände des Myceliums auftreten. Es sind knollenförmige, meist feste und harte Körper, gebildet aus innig verflochtenen Hyphen oder aus einem pseudoparenchymatischen Gewebe mit meist deutlichem Unterschied einer dünnen, dunkel gefärbten Rinde und eines weißen Markes, dessen Zellen gewöhnlich reich sind an fettem Öl und andern Reservenährstoffen für die Bildung der beim Wiedererwachen der Vegetation entstehenden Fruchtträger des Pilzes. P., welche leblose Körper bewohnen, breiten ihr Mycelium mitunter auf der Oberfläche des Substrats aus, wie manche Schimmelpilze etc.; auf porösem Substrat, wie Erde, Mist, Holzwerk u. dgl., durchwuchert es auch die Zwischenräume desselben, oder es findet sich ganz und gar innerhalb desselben. Das Mycelium kann sogar nicht poröse, sehr harte Körper durchdringen, indem es feste Substanz aufzulösen und dadurch in derselben sich Bahn zu brechen vermag. Viele auf und in faulem Holz vorkommende Mycelien durchdringen die feste Masse der Holzzellwände nach allen Richtungen und tragen so zu der Zerstörung dieser Teile bei. Das Mycelium der auf lebenden Pflanzen schmarotzenden P. siedelt sich entweder nur auswendig auf der Epidermis der Pflanze an, dieselbe mit seinen zahlreichen Fäden nach allen Richtungen hin überziehend (epiphyte Schmarotzerpilze), oder es findet sich nur im Innern des Pflanzenkörpers (endophyte P.). Die Sporen keimen auch im letzten Fall an der Oberfläche der Pflanze, die Keimschläuche jedoch dringen durch die Spaltöffnungen oder unmittelbar die Epidermiszellen durchbohrend in die innern Gewebe ein, wo sie nun erst zum Mycelium heranwachsen. Diese bleiben nur zwischen den Zellen der Nährpflanze, indem sie immer in den Intercellulargängen hinwachsen, oder der zwischen den Zellen wachsende Faden sendet eigentümliche blasen- oder schlauchförmige und oft verzweigte Ausstülpungen quer durch die Zellenwand in den Innenraum der Zelle hinein. Auch die Fäden des epiphyten Myceliums treiben oft solche Seitenorgane, welche sich hier fest an die Außenseite der Epidermiszellwand anstemmen oder auch abermalige Fortsätze treiben, welche wirklich durch dieselbe in den Innenraum der Zelle eindringen. Diese Saugwarzen (Haustorien) dienen ohne Zweifel der Ernährung des Schmarotzerpilzes. Bei vielen endophyten Pilzen wachsen die Myceliumfäden sowohl zwischen den Zellen als auch innerhalb derselben, indem sie die Zellmembranen an vielen Punkten quer durchdringen, den Hohlraum der Zelle oft ganz ausfüllen und die Membran derselben verdrängen, so daß das Zellgewebe mehr oder weniger aufgelöst wird und der Pilz an dessen Stelle tritt. Manche endophyte P. fruktifizieren auch innerhalb der Nährpflanze, so daß erst nach Zerfall der letztern die Sporen in Freiheit gesetzt werden; aber bei den meisten treten, während das Mycelium endophyt bleibt, die Fruchtträger an die Oberfläche der Nährpflanze hervor und sind dann der einzige Teil des Pilzes, welcher äußerlich bemerkbar ist. Die tierbewohnenden Schmarotzer unter den myceliumbildenden Pilzen siedeln ihr Mycelium entweder auf der Oberfläche der äußern Haut und der Schleimhäute innerer Höhlungen des Körpers, auch innerhalb der Haut und in den Haarwurzeln an, oder durchdringen, zumal bei Insekten, die Haut, gelangen in die Fettkörper, die Muskelbündel, ins Blut, in den Darmkanal, in die Zähne und Knochen und können endlich den Körper, nachdem der Tod eingetreten ist, ganz anfüllen.
Bei vielen Pilzen vollendet sich das Leben des Myceliums und somit des ganzen Pilzes in höchstens einem Jahr, während andre eine lange, oft vieljährige Dauer haben. Diese bringen gewöhnlich alljährlich an derselben Stelle wiederum neue Fruchtträger hervor, ähnlich wie die perennierenden Kräuter blühende Stengel, wenn nicht die Fruchtträger selbst mehrjährige Dauer haben. Dahin gehören manche auf der Erde wachsende und in faulendem Holz und an Rinden vorkommende Schwämme, ferner der Hausschwamm und auch manche derjenigen Schmarotzerpilze welche perennierende Pflanzen bewohnen, indem ihr Mycelium in den während des Winters bleibenden Teilen der Nährpflanze sich erhält und dann gewöhnlich alljährlich in die neuen grünen Triebe hineinwächst, um in diesen zu fruktifizieren. Aus dem Perennieren des Myceliums erklären sich auch die sogen. Hexenringe (s. d.) auf Wiesen- und Waldboden.
Das Fortpflanzungsorgan der P., der Fruchtträger, derjenige Teil, an welchem die Keime neuer Individuen, die Sporen oder Keimkörner, erzeugt [66] werden, ist meist deutlich vom Mycelium unterschieden, ein Erzeugnis desselben und gewöhnlich in Mehrzahl auf demselben auftretend, sehr häufig der ansehnlichste und auffallendste Teil des Pilzes, der im gemeinen Leben vielfach für den ganzen Pilz genommen wird (Tafel II, Fig. 5). Der Fruchtträger wird entweder von einer einzelnen vom Mycelium aufwachsenden Hyphe (Fruchthyphe) gebildet, oder es entsteht am Mycelium ein aus vielen gewebeartig vereinigten Hyphen zusammengesetzter Körper, welcher an bestimmten Stellen seiner Oberfläche oder in innern Räumen die Sporen erzeugt (Fruchtkörper). An einem solchen sind gewöhnlich die sporenbildenden Zellen in großer Anzahl in ein zusammenhängendes Lager oder eine Schicht vereinigt (Sporenlager, Fruchtlager, Fruchtschicht oder Hymenium). Man unterscheidet eine Sporenbildung durch Abschnürung und eine endogene oder Sporenbildung durch freie Zellbildung. Im erstern Fall bekommt die sporenbildende Zelle (Basidie, basidium) an ihrer Spitze eine oder nebeneinander mehrere Ausstülpungen, welche sich zu einer Spore entwickeln und sich durch Bildung einer Querscheidewand von der Basidie trennen. Diese Akrosporen oder Basidiosporen werden entweder einzeln abgeschnürt, oder bilden, wenn die Basidie an ihrer Spitze wiederholt Sporen abschnürt, eine Sporenkette; die an Fruchthyphen gebildeten Akrosporen heißen gewöhnlich Konidien. Durch freie Zellbildung in Mutterzellen werden die Sporen erzeugt bei allen Phykomyceten, bei denen sich aus dem Inhalt der gewöhnlich sehr großen Sporenmutterzelle (Sporangium) meist sehr viele Sporen formen, die entweder als Schwärmsporen geboren werden, oder als ruhende Sporen durch Zerfall der Sporangiumwand frei werden. Bei den Askomyceten ist die sporenbildende Zelle (Sporenschlauch, ascus, theca) meist schlauch- oder keulenförmig, entspringt mit einer stielartig verdünnten Basis aus dem Hymenium und schließt in ihrem Innern im reifen Zustand eine bestimmte Anzahl von Zellen ein (meist acht). Diese in Sporenschläuchen entstandenen Askosporen oder Thekasporen werden häufig dadurch in Freiheit gesetzt, daß die Membran des Sporenschlauchs zuletzt zu Schleim zerfließt und wegen der Quellung des letztern die Sporen mit demselben aus dem Fruchtkörper ausgequetscht werden, oder dadurch, daß der Ascus bei der Reife plötzlich zerreißt und die Sporen elastisch herausschnellt, bisweilen auch erst durch allmähliches Verwesen des Fruchtkörpers und der in ihm enthaltenen Sporenschläuche.
Die Sporen der P. sind für jede Spezies von konstanter Bildung. Sie sind fast immer mikroskopisch klein, werden jedoch meist in sehr großer Anzahl gebildet, so daß sie sich oft als ein massenhaftes, meist gefärbtes, sehr feines Pulver ansammeln. Die Sporen unsers gemeinsten Schimmelpilzes, Penicillium glaucum, sind z. B. 0,0025 mm, die des Flugbrandes 0,007–0,008 mm, die des Weizensteinbrandes 0,0160–0,0192 mm im Durchmesser. Die Pilzsporen sind rund oder oval, seltener länglich, spindelförmig oder faden- oder nadelförmig; sie sind einzellig (einfach) oder mehrzellig (mehrfächerig, septiert, zusammengesetzt). Ihre Membran besteht fast immer aus zwei Schichten, dem äußern, meist stark entwickelten, häufig gefärbten und auf der Außenfläche bisweilen regelmäßig gezeichneten Episporium und dem innern, gewöhnlich zarten, dünnen, farblosen Endosporium. Der Inhalt der Sporenzelle ist ein meist dichtes, homogenes oder mit einem Kern versehenes Protoplasma, welches sehr häufig fettes Öl einschließt. Alle mit einer Membran versehenen Pilzsporen sind ohne Bewegung. Manche P. erzeugen aber sogen. Schwärmsporen, welche keine Membran besitzen, nackte Protoplasmakörper darstellen und mit einer selbständigen Bewegung im Wasser begabt sind (s. unten: Phykomyceten). Dieselben scheiden nach Erlöschen der Bewegung eine Membran an ihrer Oberfläche aus und verhalten sich dann wie ruhende Sporen.
Meist sind die Keimkörner vom Augenblick ihrer Reife und ihrer Abtrennung vom Pilz an keimfähig; manche werden es erst nach Verlauf einer Ruheperiode, die gewöhnlich den Winter überdauert. Im allgemeinen erlischt aber auch die Keimfähigkeit zeitig wieder, doch hat man trocken aufbewahrte Sporen von Brandpilzen nach 2–3 Jahren noch keimfähig gefunden; aber auch diese keimen im ersten Jahr nach ihrer Reife am besten. Zu den Keimungsbedingungen gehören Anwesenheit von Feuchtigkeit, sauerstoffhaltige Luft und eine gewisse Temperatur, die jedoch sehr nahe an den Nullpunkt herabreicht. Die Sporen der meisten P. keimen, wenn die Bedingungen erfüllt sind, sehr rasch, in einem oder wenigen Tagen, manche bei günstiger Temperatur nicht selten schon in wenigen Stunden. Die Keimung besteht in der Entwickelung eines Keimschlauchs, welcher dadurch gebildet wird, daß das Endosporium unter Durchbrechung des Episporiums schlauchartig nach außen wächst und der Inhalt der Spore in diesen Fortsatz übertritt. In der Regel wird durch fortgehendes Spitzenwachstum des Keimschlauchs und Eintritt von Zweigbildung daraus die erste Hyphe des Myceliums. Bei manchen Pilzsporen wird kein Keimschlauch getrieben; der Sporeninhalt zerfällt in eine Anzahl Portionen, welche sich zu Schwärmsporen ausbilden, aus der Spore ausschwärmen und erst, nachdem sie zu ruhenden Sporen geworden sind, mit Keimschlauch in gewöhnlicher Weise keimen.
Von großer Bedeutung ist die Pleomorphie der Fruktifikationsorgane, welche besonders unter den Uredineen, Pyrenomyceten und Diskomyceten fast allgemein vorkommt. Der gewöhnlichste Fall ist der, daß das Mycelium des Pilzes sich dauernd erhält, aber in regelmäßiger Aufeinanderfolge die einzelnen voneinander verschiedenen Fruchtzustände erzeugt, gewöhnlich so, daß der vorhergehende verschwunden ist, wenn der nächstfolgende fertig ist. Dabei sind gewöhnlich die zuerst erscheinenden Fruktifikationen (Vorläufer) von einfacherer Art, die letzten, mit denen der Pilz den Höhepunkt seiner Entwickelung erreicht, die vollkommensten. Die Sporen jeder dieser verschiedenen Früchte liefern meist dieselben Produkte bei ihrer Keimung, indem alle denselben Pilz hervorbringen, der seinen Entwickelungsgang wieder mit der Vorläufer-Fruktifikation beginnt. Sporen der Vorläufer sind aber meist sofort keimfähig und besorgen die Weiterverbreitung des Pilzes in demselben Sommer (Sommersporen), während die am Schluß der Entwickelung sich bildenden Sporen der vollkommenen Früchte (Teleutosporen, Wintersporen) meist erst nach abgelaufenem Winter keimen und den Pilz im nächsten Jahre reproduzieren, was den Sommersporen, weil ihre Keimfähigkeit zeitig erlischt, gewöhnlich nicht möglich ist. Bei manchen Uredineen kommt zu dieser Form der Pleomorphie noch eine andre, welche einen vollkommenen Generationswechsel bedingt. Es entsteht nämlich aus den Sporen der einen Fruktifikation ein Pilz, der von demjenigen, von welchem die Sporen abstammen, ganz verschieden ist, aber dennoch nur eine [67] Generation desselben darstellt, indem erst aus seinen Sporen wieder der ursprüngliche Pilz hervorgeht.
Für die wissenschaftliche Erforschung der P. sind sichere Kulturmethoden von großer Wichtigkeit, da nur durch diese der ganze Lebensgang eines Pilzes von der Spore bis zum ausgebildeten Fruchtkörper sich ermitteln läßt. Die Methode der Kultur richtet sich ganz nach dem Charakter des zu kultivierenden Pilzes, besonders nach der parasitischen oder saprophytischen Lebensweise desselben. In bestimmten Nährpflanzen wachsende Pilzparasiten werden in der Weise kultiviert, daß man ihre Sporen mittels eines Wassertropfens auf bestimmte Stellen der Blätter, des Stengels u. dgl. bringt und dann den Erfolg der Infektion abwartet. Von Zeit zu Zeit werden Proben dem infizierten Exemplar entnommen, mikroskopisch untersucht und so die allmähliche Entwickelung des Pilzes nebst den sich daran knüpfenden krankhaften Veränderungen der Nährpflanze studiert. De Bary erzeugte auf diese Weise durch Aussaat der Sporen von Peronospora infestans auf vorher gesunde Kartoffelstauden die Kartoffelkrankheit. Kühn rief durch künstliche Infektion den Mutterkornpilz (Claviceps purpurea) auf Grasblüten hervor; diese und andre Forscher bewiesen durch zahlreiche ähnliche Kulturversuche, daß die als Rost und Brand bekannten Krankheitsformen der Gewächse nur durch ganz bestimmte Uredineen- und Ustilagineen-Arten verursacht worden, deren merkwürdige Entwickelung sie schrittweise verfolgten. Auf lebenden Tieren, z. B. Insekten, schmarotzende P. werden behufs Kultur ebenfalls als Sporen auf geeignete Stellen, wie besonders die Haut des betreffenden Tiers, gebracht. Bei Raupen geschieht dies am besten durch feine Hautstiche, bei Fliegen und ähnlichen Insekten werden Sporen auf die weichen Hautstellen zwischen den Chitinringen ausgesäet. Brefeld hat auf diese Weise sowohl die Entwickelung des Kohlraupenpilzes (Entomophthora radicans) als die der Empusa Muscae auf Stubenfliegen ermittelt. Noch viel lückenloser lassen sich Kulturen mit saprophytischen Pilzen anstellen. Hier ist es durch besondere Vorsichtsmaßregeln gegen Abhaltung fremder Pilzsporen möglich, die Entwickelung eines Pilzes von einer einzigen Spore aus durch alle Stadien hindurch zu beobachten. Man bereitet sich durch Auskochen von Früchten oder Mist eine klare Nährflüssigkeit, in welcher durch längeres Sieden alle etwa vorhandenen fremden Sporen getötet werden, bringt einen Tropfen derselben auf einen vorher geglühten Objektträger und säet mittels einer feinen Nadel eine einzelne Spore des zu kultivierenden Pilzes auf den Tropfen aus. Den Objektträger stellt man in einen dampfgesättigten Raum, welcher das Verdunsten des Tropfens verhindert. Die allmähliche Entwickelung des Pilzes läßt sich bei der Durchsichtigkeit der Nährflüssigkeit sehr schön beobachten. Größere P. kultiviert man auf Brot, das längere Zeit bei einer Temperatur von 120° C. getrocknet und dann mit der betreffenden Nährlösung getränkt wurde, oder auf ausgekochtem Pferdemist. Durch diese neuerdings durch Brefeld vervollkommten Kulturmethoden gelang es, vorher ganz unvollständig gekannte P., wie Penicillium, auch größere Hutpilze, wie Coprinus-Arten, Agaricus melleus L. u. a., von einer Spore aus zu kultivieren. Die Schwierigkeit liegt darin, daß viele Pilze nur unter ganz besondern, oft sehr versteckten Umständen zur Entwickelung zu bringen sind, und daß man diese nähern Bedingungen entweder nicht kennt, oder nur unvollkommen nachahmen kann.
Die Zellmembran der P. besteht aus Cellulose, häufiger aus einer Modifikation derselben und ist bisweilen verholzt. Sehr reich sind die P. an Stickstoff, die meisten Schwämme enthalten, bei 100° getrocknet, zwei- oder dreimal soviel Stickstoffsubstanz wie Weizen, der Champignon enthält 45,37 Proz., Boletus edulis, Cantharellus cibarius, Clavaria flava, Morchella esculenta und Tuber cibarium 22,82–36,32 Proz. Stärkemehl fehlt den Pilzen, dagegen enthalten sie viel Mannit, Zucker, fettes Öl, organische Säuren, oxalsauren Kalk, der gewöhnlich in vielen kleinen Kristallen auf der Außenseite der Pilzhyphen abgeschieden wird, Farbstoffe, gewisse noch wenig bekannte giftige Alkaloide, endlich mineralische Stoffe, unter welchen Phosphorsäure und Kali vorwalten; die erstere macht in den oben genannten Arten 20–37, das letztere 48–56 Proz. der Asche aus. Viele P. enthalten im frischen Zustand viel Wasser, z. B. Boletus aureus 94,25 Proz., Cantharellus cibarius 92,02 Proz.
Wegen des Chlorophyllmangels sind die P. nicht im stande, unter dem Einfluß des Lichts Kohlensäure aufzunehmen und zu zerlegen. Sie scheiden daher auch nicht Sauerstoff aus, und die Atmung, d. h. die Aufnahme von Sauerstoff und Aushauchung von Kohlensäure, tritt zu jeder Zeit rein hervor. Nach Aufhören der Vegetation tritt bei manchen Pilzen Ausscheidung von Ammoniak oder Trimethylamin ein. Sie ernähren sich alle aus schon vorgebildeten organischen Verbindungen, und damit hängt die Eigentümlichkeit ihres Vorkommens zusammen. Nach diesem unterscheidet man Saprophyten oder Fäulnisbewohner und Parasiten oder Schmarotzer. Die erstern, die Mehrzahl der P., erregen und befördern die Fäulnis und Verwesung der abgestorbenen Tier- und Pflanzenkörper, und während sie so die massenhafte Anhäufung der toten organischen Substanz beseitigen, bringen sie die letztere zugleich in die zur Wiederverwendung für das Leben geeignetste Form, weil die Zersetzungsprodukte der organischen Substanz und die leicht sich selbst wieder zersetzenden Pilzkörper für die Pflanzenwelt Nährstoffe liefern und düngend wirken.
Die P. sind über die ganze Erde verbreitet, die meisten bekannten gehören der gemäßigten Zone an; doch dürfte ihre Zahl in den warmen und heißen Ländern, die nur erst mangelhaft nach ihnen durchforscht sind, noch größer sein. Auch geht eine große Zahl von Pilzen weit gegen die Pole hin, und erst in größerer Nähe derselben verschwinden sie; viel rascher ist ihre Abnahme in den höhern Gebirgsregionen der gemäßigten Zone. Die obern Regionen der Alpen zeigen gegen das klimatisch gleiche pilzreiche Skandinavien eine auffallende Armut an Pilzen, weil in der dünnern, leichten Luft auf den hohen Gebirgen das Wasser schneller verdunstet und dadurch den Pilzen eine Hauptlebensbedingung entzogen wird. Die Gesamtzahl der jetzt lebenden Arten dürfte 6000 weit überschreiten. Obgleich die Substanz der P. ihrer fossilen Erhaltung nicht günstig ist, so muß doch aus manchen Überresten auf die Existenz dieser Pflanzen auch in der Vorwelt geschlossen werden. Ihre Spuren finden sich schon in der Steinkohlenperiode, besonders aber in der Tertiärzeit. In fossilen Hölzern kommen ebensolche Pilzhyphen vor wie gegenwärtig im faulenden Holz. Auch hat man auf fossilen Blättern kleine härtere Pyrenomyceten und Diskomyceten und im Bernstein eingeschlossen schimmelartige und andre P. auf toten Insekten beobachtet. Daß aber auch größere [68] Schwämme in den dunkeln, feuchten Urwäldern der Tertiärzeit nicht gefehlt haben, beweisen einige Überreste solcher (Hydnum antiquum Heer, Polyporites Bowmanni Lindl.) sowie besonders die zahlreichen Pilzmücken und Pilzkäfer, deren fossile Reste noch erhalten sind.
Nutzen haben vorzüglich die vielen eßbaren Schwämme, besonders in Gebirgsgegenden. In Thüringen, Böhmen, Ungarn, in der Moldau und Walachei, in Oberitalien und in Rußland zur Fastenzeit werden viele P. gegessen. Schon im Altertum standen die eßbaren Schwämme in hohem Ansehen; die geschätztesten waren den Römern die Trüffel (Tuber) und der Kaiserling (Boletus). Bei uns gibt es ungefähr 40 Arten anerkannt guter Speiseschwämme und zwar in den Gattungen: Agaricus, Cantharellus, Hydnum, Boletus, Polyporus, Fistulina, Clavaria, Sparassis, Lycoperdon, Bovista, Morchella, Helvella, Tuber (s. Tafel „Pilze I“). Man muß die eßbaren Schwämme im Frühling sowie im Herbst und Spätsommer einsammeln; die meisten findet man in Wäldern, besonders auf mit Nadelholz bestandenem, mit niedrigem Moos überzogenem, sandigem Boden; auch in Gärten, auf Wiesen und Grasplätzen kommen manche vor. Weil die Schwämme leicht verderben, so müssen sie bald nach dem Einsammeln zubereitet, am besten gebraten oder geschmort werden; doch kann man sie auch roh ohne allen Zusatz verzehren. Manche P. werden vorwiegend nur als Gewürz an andre Speisen verwendet, besonders Trüffeln und Morcheln. Viele Arten werden getrocknet oder eingemacht. Eßbare P. zu kultivieren, gelingt mit Sicherheit nur mit dem Champignon und mit dem Polyporus tuberaster (s. d.). Der Nahrungswert der P. ist wegen des hohen Stickstoffgehalts vielfach überschätzt worden, er ist nicht größer als der der Gemüse, da nur ein geringer Teil der Stickstoffsubstanz die Bedeutung eines Nährstoffs besitzt. Medizinisch werden für den innern Gebrauch das Mutterkorn und Polyporus officinalis, äußerlich als blutstillendes Mittel die Zunder liefernden Feuerschwämme (s. Polyporus) angewandt, die Hefepilze, welche alkoholische Gärung hervorrufen, sind für die Herstellung von Wein, Bier, Spiritus, Met, Kumys, Brot von größter Bedeutung. Auch die Essigfabrikation beruht auf der Thätigkeit eines Pilzes.
Schädlich sind unter den Pilzen die zahlreichen Parasiten, welche an Pflanzen, Tieren und Menschen Krankheiten hervorbringen, ferner die Schimmelpilze und vor allen die Bakterien, welche als Krankheitserreger und -Übertrager wirken und durch Erregung von Gärung, Fäulnis und Verwesung viele Produkte menschlicher Thätigkeit zerstören. Der Hausschwamm wird dem geschlagenen Holz verderblich. Viele den eßbaren Schwämmen mehr oder minder ähnliche P. sind gefährliche Giftpflanzen und haben schon oft zu Verwechselungen und Unglücksfällen Veranlassung gegeben. Die Wirkungen der Giftschwämme werden meist erst 4–5 Stunden nach dem Genuß bemerkbar und beginnen mit Schwere und Spannung in der Magengegend, Leibschneiden, Angstgefühl, Ekel, Erbrechen und Durchfall; die Schmerzen steigern sich und werden von großer Hitze in den Gedärmen und unauslöschlichem Durst begleitet; dann stellen sich Herzklopfen, Ohnmachten, Krämpfe, Schwindel und Delirien ein; der Puls wird klein, hart, frequenter und immer schwächer; kalter Schweiß bedeckt die Glieder; der Kranke stirbt entweder unter schrecklichen Krämpfen, oder in eine tiefe Lethargie versunken. Bis zur Herbeirufung des Arztes ist schnelle Hilfe nötig, um das Gift aus dem Körper zu entfernen durch Anwendung innerer oder mechanischer Brechmittel und Purgiermittel. Zeigen sich bereits Symptome der entzündlichen Affektion der Verdauungsorgane, so sind Aderlaß, schleimige Getränke, schleimige oder ölige Klystiere anzuwenden. Nach Chansarel soll ein wirksames Gegenmittel Gerbstoff sein, wenn er nach Verabreichung eines Brechmittels als eine Abkochung von Galläpfeln oder China- oder Eichenrinde von 5 zu 5 Minuten getrunken und als Klystier gegeben wird. In vielen Städten bestehen polizeiliche Anordnungen, um Verwechselungen beim Verkauf zu verhüten; in Österreich haben die Marktrichter den Verkauf der Schwämme zu kontrollieren, auch sind bestimmte Plätze zum Pilzverkauf angewiesen, und die zu verkaufenden Schwämme dürfen nur in zwei Stücke zerschnitten sein. Die angeblichen Erkennungszeichen giftiger P.: die lebhafte Farbe und die klebrige Oberfläche, der weiße oder farbige Milchsaft mancher Arten, die blaue Färbung beim Zerschneiden, das Bräunen eines in kochende P. getauchten silbernen Löffels, das Schwärzen einer mitgekochten Zwiebel, das Gelbwerden von Salz etc., haben sich als trügerisch erwiesen. Das sicherste Schutzmittel ist immer, sich die Merkmale der wenigen entschieden giftigen Schwämme einzuprägen, deren es in Deutschland ungefähr 11 gibt aus den Gattungen Agaricus, Boletus und Scleroderma, und unter denen es wiederum nur die drei Arten Agaricus muscarius (Tafel I), A. phalloides und A. emeticus sind, auf welche sich, weil es die häufigsten und gefährlichsten sind, fast alle konstatierten Fälle von Pilzvergiftung mit tödlichem Ausgang zurückführen lassen (vgl. Agaricus, Boletus und Giftpflanzen), und zweitens, daß man nur die anerkannt guten und häufigen Speiseschwämme benutzt, alle übrigen aber, die in ihren Eigenschaften nicht bekannt sind, ebenso unberührt läßt wie die als giftig erwiesenen. Da der giftige Bestandteil in Wasser, Wein, Essig, Alkohol, Salzwasser, Öl löslich ist, so kann man ihn aus den Schwämmen ausziehen, wenn man dieselben in diesen Flüssigkeiten maceriert oder kocht, wodurch die letztern äußerst giftig werden. Schon die Alten kannten dieses Mittel, Giftschwämme unschädlich zu machen, und die Russen verzehren viele, besonders Fliegenpilze, welche so behandelt worden sind, ohne Nachteil, eine Thatsache, welche die irrige Meinung erzeugte, daß das nordische Klima die Giftschwämme ihrer giftigen Eigenschaften beraube.
Die nachfolgende Einteilung der P. gründet sich auf das von De Bary aufgestellt neue System und die seitdem nötig gewordenen Änderungen und Erweiterungen.
I. Ordnung: Spaltpilze (Bakterien, Schizomycetes), die einfachsten und kleinsten lebenden Wesen, von den eigentlichen Pilzen wesentlich verschieden (s. oben), von Ehrenberg früher als Vibrionia zu den Infusorien gestellt, von Cohn neuerlich mit den Chrookokkaceen vereinigt und zu einer besondern Pflanzenklasse, Schizophyten, erhoben. Sie leben fast alle in Flüssigkeiten, treten meist in ungeheurer Menge auf, so daß sie trotz ihrer Kleinheit dem unbewaffneten Auge oft als wolkige weiße Trübungen in den Flüssigkeiten erscheinen; manche erzeugen auch Farbstoffe und verraten ihre Anwesenheit durch Farbenerscheinungen an ihrem Substrat. Sie sind zum Teil Saprophyten, und diese erregen Fäulnis oder verschiedenartige Gärungen (Essiggärung, Milchsäure-, Buttersäuregärung etc.); andre sind Parasiten
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PILZE I. (Die Beschreibung der Arten siehe unter den voranstehenden Namen.) |
1. Agaricus muscarius (Fliegenschwamm). a Jugendzustand. – 2. Champignon (Agaricus campestris). a Jüngeres Exemplar, durchschnitten. – 3. Cantharellus cibarius (Eierschwamm, Pfifferling). – 4. Boletus edulis (Steinpilz). Durchschnitt. – 5. Hydnum imbricatum (Habichtsschwamm, Hirschzunge). a Durchschnitt eines Stückes. – 6. Clavaria flava (Gelber Hirschschwamm, Ziegenbart). – 7. Bovista nigrescens (Eierbovist), a durchschnitten. – 8. Geaster hygrometricus (Erdstern). Der entwickelte Pilz, bei Trockenheit die äußere Peridie geöffnet. Im feuchten Zustand, geschlossen. Jugendzustand. – 9. Phallus impudicus (Gichtschwamm), a durchschnitten. – 10. Clathrus cancellatus (Gitterschwamm). a Mit der Sporenmasse, b nach Ausfließen derselben. – 11. Eßbare Trüffel (Tuber cibarium), ein Stück davon ist abgeschnitten. – 12. Morchella esculenta (Morchel). |
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[69] und als Erreger vieler Krankheiten des menschlichen und tierischen Körpers im Blut, im Darminhalt, in Sekreten gefunden worden. Sie sind einzellig oder zu linearen Fäden verbunden; nur die Gattung Sarcina Goods. bildet würfelförmige Zellkörper. Die Gestalt der Spaltpilze ist kugelig, stäbchenförmig, fadenförmig, oder sie bilden schraubig gedrehte, an den Enden mit zarter Geißel versehene Fäden. Ihre durchschnittliche Größe beträgt 2–30 Mikromillimeter (= 1/1000 mm); von den kleinern Formen gehen 30,000 Mill. auf ein Milligrammgewicht. Oft sind sie in eine farblose oder gefärbte Gallerte eingebettet; die meisten besitzen eine energische, bisweilen durch Schwingfäden unterstützte Bewegung. Sie vermehren sich durch Teilung; bei einigen wurden Sporen im Innenraum der Zellen beobachtet. Vgl. Zopf, Die Spaltpilze (3. Aufl., Berl. 1886); De Bary, Vorlesungen über Bakterien (2. Aufl., Leipz. 1887). Die Gattungen unterscheidet man nach der Form und
Teilung ihrer Zellen; die wichtigsten sind: Bacterium Duj., Vibrio Ehrb., Spirillum Ehrb., Spirochaete Ehrb., Sarcina Goods., Micrococcus Cohn, Bacillus Cohn, Leptothrix Ktz., Beggiatoa Trevis. (s. Textfig. 1). Vgl. Bakterien mit Tafel.
II. Ordnung: Sproß- oder Hefepilze (Saccharomycetes), einzeln lebende oder zu kurzen Ketten vereinigte, meist in Flüssigkeiten lebende, einzellige P., die keine Eigenbewegung haben, sich durch hefeartige Sprossung vermehren, bisweilen auch in ihrem Innern Sporen hervorbringen und die alkoholische Gärung zuckerhaltiger Flüssigkeiten bewirken. Einzige Gattung: Saccharomyces Mey. (s. Hefe). Vgl. Reeß, Botanische Untersuchungen über die Alkoholgärungspilze (Leipz. 1870).
III. Ordnung: Algenpilze (Phycomycetes, Mycophyceae), teils Parasiten in Pflanzen, teils Saprophyten an der Luft oder im Wasser; Mycelium ohne Querscheidewände, also einzellig, meist schlauchförmig. Sporen bei vielen von doppelter Art: 1) geschlechtslose, die bei allen vorkommen, entweder am Mycelium selbst oder an Fruchthyphen gebildet werden und zwar bei vielen innerhalb eines Sporangiums, wobei ruhende Sporen oder Schwärmsporen erzeugt werden, bei einigen auch durch Abschnürung (Konidien) auf Fruchthyphen; 2) geschlechtlich erzeugte, welche je nach der Art des Geschlechtsaktes Zygosporen oder Oosporen genannt werden. Gegenwärtig teilt man daher die Algenpilze in die Ordnungen der Zygomyceten und Oosporeen. Dazu gehören:
1. Unterordnung: Chytridiaceae. Auf Pflanzen und Infusorien parasitisch lebende, meist ein- oder zweizellige, selten mit einem verästelten Mycelium versehene P., die sich durch Bildung von Schwärmsporen von der folgenden Familie unterscheiden. In manchen Fällen, z. B. bei Chytridium A. Br., stellt eine einzige meist kugelige oder längliche Zelle (Tafel II, Fig. 8 A, a und a′) vegetatives Organ und Sporangium zugleich vor. Letzteres erzeugt die Schwärmsporen b c, die ausschlüpfen und eine neue Nährpflanze aufsuchen. C. Olla A. Br. (Fig. 8 B) hat einen zitzenförmigen Deckel und eine schlauchartige Wurzel (r), mit der es in einer Algenzelle steckt. Die letztgenannte Gattung lebt auf oder in Algenzellen und Infusorien, Synchytrium de By et Woron. dagegen in Epidermiszellen phanerogamer Landpflanzen, welche dadurch kleine, gelbe oder rote, buckelförmige Flecke bekommen, weil die befallenen Epidermiszellen sich außerordentlich vergrößern.
2. Unterordnung: Mucorineae, Schimmelpilze auf faulenden Substanzen an der Luft, mit deutlich geschiedenem Mycelium und Fruchthyphen. Das erstere ist fadenförmig, bis zur Fruktifikation meist einzellig, mit dem Auftreten der Fruchthyphen durch Querscheidewände sich gliedernd. Letztere sind von mannigfaltiger Bildung, häufig aber charakterisiert durch ein meist kugeliges, mit zahlreichen ruhenden Sporen erfülltes Sporangium auf ihrer und ihrer Äste Spitzen. Bei andern Gattungen werden an den Enden der quirlig oder gabelig verzweigten Fruchthyphen einzelne oder in Reihen stehende Konidien gebildet. Charakteristisch sind für die Mukorineen die geschlechtlich erzeugten Sporen. Der Geschlechtsakt ist von eigentümlicher Art und wird als Kopulation bezeichnet. Zwei gegeneinander wachsende, anschwellende und mit ihren Enden sich vereinigende Myceliumzweige grenzen nämlich ihre sich berührenden Enden (Textfig. 2 A, cc)
Fig. 2. Kopulation (A. u. B) und Zygosporenbildung von Rhizopus nigricans (90/1). | |
durch je eine Scheidewand ab, das trennende Hautstück (s) der beiden Zweige verschwindet, und die beiden Endzellen werden so zu einer einzigen [70] Zelle (Textfig. 2 B), deren Inhalt aus den vereinigten Protoplasmakörpern beider gebildet worden ist. Die Zelle nimmt beträchtliche Größe, ungefähr runde Gestalt an und ist endlich zu einer sich ablösenden Spore geworden (Textfig. 2 C, zs), welche ein dunkel gefärbtes, dickes, auswendig mit zahlreichen Protuberanzen versehenes Episporium und ein dichtes, Öltropfen enthaltendes Protoplasma besitzt und erst nach einer längern Ruheperiode keimt. Diese Sporen heißen Zygosporen, die Mukorineen und Chytridiaceen werden daher auch Zygomyceten genannt. Man kennt etwa fünf Gattungen, deren wichtigste Mucor (s. auch Schimmel) ist. Vgl. Brefeld, Botanische Untersuchungen über Schimmelpilze, Heft 1 (Leipz. 1872); Nowakowski, Beiträge zur Kenntnis der Chytridiaceen (in Cohns „Beiträgen zur Biologie“, Bd. 2); Schröter, Die Pflanzenparasiten aus der Gattung Synchytrium (ebendaselbst).
3. Unterordnung: Saprolegniaceae, Saprophyten auf Pflanzen- und Tierleichen im Wasser, wo sie fädige oder flockige, schleimige Massen bilden; wenige Parasiten in Algenzellen, mit meist langem, schlauchförmigem, einzelligem Mycelium. Die Schläuche bilden an ihren Enden kugelige oder längliche Sporangien (Tafel II, Fig. 9 B), in welchen zahlreiche Schwärmsporen entstehen, welche austreten (a), wobei sie sich bisweilen häuten, ihre Haut (b) zurücklassen, dann durch Wimpern beweglich ausschwärmen (c) und bei ihrer Keimung wieder ein Mycelium erzeugen. Außerdem sind von vielen Geschlechtsorgane bekannt. Die weiblichen (Oogonien) sind kugelig angeschwollene Zellen auf den Enden einzelner Schläuche (Tafel II, Fig. 10 A, B und C); ihr reichliches Protoplasma zieht sich vor der Befruchtung in eine, zwei, drei oder viele dichte, kugelige Massen (Eizellen) zusammen (c in D). Die männlichen Organe (Antheridien) sind dünne Zweiglein, welche von dem das Oogonium tragenden oder auch von benachbarten Zweigen entspringen, und deren Ende sich als eine etwas krumme, längliche Zelle durch eine Scheidewand abgrenzt (a in B, C, D). Diese legt sich dem Oogonium an gewissen Stellen, den sogen. Kopulationswarzen, an und treibt durch die Wand desselben nach den Eizellen einen schlauchförmigen Fortsatz (Befruchtungsschlauch, b in D), welcher aus seinen sich öffnenden Enden einen Teil seines körnigen Protoplasmas entleert, durch welches die Eizellen befruchtet werden. Letztere bilden sich dann zu Oosporen (E) aus, welche nach längerer Ruhe keimen und den Pilz von neuem erzeugen. Man hat auch Bildung keimfähiger Oosporen ohne Beteiligung von Antheridien, also parthenogenetisch, beobachtet. Man kennt zehn Gattungen mit ungefähr 80 Arten; die wichtigsten sind: Leptomitus Ag., Achlya Nees ab Es., Saprolegnia Nees ab Es. und Pythium Pringsh. Vgl. Lindstedt, Synopsis der Saprolegniaceen (Berl. 1872).
4. Unterordnung: Peronosporeae, pflanzenbewohnende, endophyte Parasiten mit fadenförmigem, einzelligem Mycelium, dessen Fäden zwischen den Zellen der Nährpflanze wachsen und oft Haustorien in das Innere derselben senden. Die Fortpflanzungsorgane sind Konidienträger, welche bei der Gattung Peronospora Corda meist einzeln aus den Spaltöffnungen hervorwachsende, baumartig verzweigte Fruchthyphen darstellen, die auf den Spitzen der Äste die Konidien einzeln abschnüren, bei Cystopus Lév. kurze, keulenförmige Basidien sind, welche, in zusammenhängenden Lagern unter der Epidermis stehend, jede in kettenförmiger Anordnung Konidien abschnüren. Die Keimung der Konidien, welche als Sommersporen fungieren, geschieht entweder mittels Keimschlauchs oder unter Bildung von Schwärmsporen, welche nach einiger Zeit zu ruhenden Sporen werden, die dann ebenfalls mit einem Keimschlauch keimen, welcher in die Nährpflanze eindringt. Bei vielen kommen wiederum am Mycelium, also innerhalb der Nährpflanze, Oogonien vor, welche durch Antheridien befruchtet werden und je eine Oospore in ihrem Innern erzeugen; letztere keimt im nächsten Frühling entweder mit einem Keimschlauch, oder sie erzeugt Schwärmsporen, welche sich den durch die Konidien erzeugten gleich verhalten. Alle Peronosporeen wirken tödlich auf die befallenen Pflanzenteile, welche unter Gelb- oder Braunwerden oder Fäulnis vorzeitig absterben. Man kennt nur die zwei genannten Gattungen mit gegen 60 Arten (s. Tafel „Pflanzenkrankheiten“). Der früher zu Peronosphora gestellte, die Kartoffelkrankheit bewirkende Pilz wird neuerdings als besondere Gattung Phytophthora De Bary betrachtet.
IV. Ordnung: Basidiomycetes, eine sehr formenreiche Abteilung, bei deren Angehörigen auf dem immer deutlich ausgebildeten, aus Fäden mit Querscheidewänden bestehenden Mycelium Fruchtkörper entstehen, welche ihrerseits erst die Sporen erzeugen, und zwar durch Abschnürung auf Basidien. Letztere sind cylindrische, keulenförmige oder kugelige Zellen, deren Enden sich entweder unmittelbar zu Sporen abgliedern, wie bei den Rost- und Brandpilzen, oder die besondere, pfriemenförmige Ausstülpungen, die Sterigmen, treiben, auf deren Enden die Sporen erscheinen, wie bei den Hymenomyceten, Tremellinen und Gastromyceten.
5. Unterordnung: Rostpilze (Uredineae), lauter pflanzenbewohnende, endophyte Parasiten, deren Fruchtkörper nackte oder von einer Hülle (Peridie) eingeschlossene Sporenlager darstellen, welche in Gestalt kleiner, staubiger oder krustiger, farbiger Flecke durch die Epidermis der Nährpflanze hervorbrechen (s. Rostpilze und Tafel „Pflanzenkrankheiten“).
6. Unterordnung: Brandpilze (Ustilagineae), pflanzenbewohnende, endophyte Parasiten, deren Mycelium in bestimmten Teilen der Nährpflanze eine große Masse von Sporen erzeugt, die später als rußartiges, schwarzes oder braunschwarzes Pulver den betreffenden Pflanzenteil erfüllen (s. Brandpilze und Tafel „Pflanzenkrankheiten“). Vgl. De Bary, Untersuchungen über die Brandpilze (Berl. 1853), und andre Schriften des Verfassers; Fischer de Waldheim, Les Ustilaginées (Warsch. 1877–78).
7. Unterordnung: Entomophthoreen (Entomophthoreae), insektenbewohnende Parasiten, deren Mycelium im Innern des lebenden Tieres wuchert und schließlich aus der Haut desselben mit den Basidien hervorbricht, von deren Spitze je eine Spore abgeschleudert wird. Gattungen: Empusa Cohn und Entomophthora Fresen. Vgl. Brefeld, Untersuchungen über die Entwickelung der Empusa Muscae (Halle 1871).
8. Unterordnung: Hautpilze (Hymenomycetes), meist auf der Erde oder auf faulenden Pflanzenteilen wachsende, vorwiegend größere Schwämme, deren Fruchtkörper an bestimmten Teilen der freien Oberfläche die Basidien in einer zusammenhängenden Schicht, Fruchthaut oder Hymenium (Tafel II, Fig. 6 A), beisammenstehend trägt. Die Basidien h sind meist kurz walzen- oder keulenförmig und bilden an ihrem Scheitel vier nebeneinander stehende, kurze, dünne Fortsätze, Sterigmen genannt, deren jeder an seiner Spitze eine einzellige Spore abschnürt (Tafel II, [71] Fig. 6 B). Der Fruchtkörper (stroma) tritt hier in großer Mannigfaltigkeit der Gestalt auf. Bei vielen ist er ein dünner und flacher, haut- oder krustenartiger Körper, welcher der Unterlage aufgewachsen ist und oft ohne bestimmte Begrenzung sich ausbreitet; die freie Oberseite ist vom Hymenium überzogen. In andern zahlreichen bildet er einen Hut (pileus), d. h. einen mehr oder weniger regelmäßigen, schirm- oder hutförmigen Teil, welcher auf seiner Unterseite mit dem Hymenium besetzt ist und in der Mitte auf einem Stiel oder Strunk (stipes) ruht. Manche Hymenomyceten haben sogen. halbierte Hüte, welche exzentrisch oder seitlich gestielt sind oder auch gar keinen Stiel haben, indem der halbierte Hut an einer Seite an die dann meist vertikale oder schiefe Fläche der Unterlage angewachsen ist und in horizontaler Richtung absteht, so daß die hymeniumtragende Unterseite ebenfalls nach unten gekehrt ist. An den regelmäßigen Hüten mancher Hymenomyceten sind noch folgende Teile zu unterscheiden: Die Hülle (volva) ist eine Haut, welche den jungen Hut ganz umgibt, indem sie an die dann meist knollig verdickte Basis des Stiels angewachsen ist und über den ganzen Hut sich hinwegzieht; wenn der Stiel sich streckt, so zerreißt sie, und ihre Reste bleiben um die knollige Stielbasis und auf der Oberfläche des Huts oft als Fetzen oder Tupfen zurück. Der Schleier (velum) ist anfangs als eine Haut vom Hutrand nach der Mitte oder nach dem obern Teil des Stiels ausgespannt und verhüllt das Hymenium; er zerreißt später, wobei seine Reste entweder als Fasern am Hutrand hängen, oder als eine ringförmige Manschette um den Stiel zurückbleiben; die letztere heißt Ring (annulus). Der Fruchtkörper der Hymenomyceten bildet sich auf rein ungeschlechtlichem Weg durch adventive, ein dichtes Fadenknäuel herstellende Sprossungen des Mycels. Die Mycelien erscheinen als weiße, oft reichverzweigte Fäden, deren Zellen häufig miteinander verschmelzen. Bisweilen vereinigen sich die Mycelzweige zu derben, lederartigen oder holzigen Strängen und Häuten, die früher für besondere sterile Pilzgattungen angesehen wurden. So ist die in Form schwarzbrauner Stränge in der Nähe von Kiefern im Boden wachsende und in die Kiefernwurzeln zwischen Holz und Rinde eindringende Rhizomorpha fragilis Roth nach übereinstimmenden Untersuchungen von Hartig und Brefeld das Mycelium des Hallimasch (Agaricus melleus L.). Bei manchen Hymenomyceten, z. B. Arten von Coprinus, treten an den Mycelien außer den gewöhnlichen Fruchtkörpern verästelte, aufrechte Hyphen auf, die an ihren Enden stäbchenartige Zellen abschnüren (die Stäbchenfruktifikation). Die wichtigsten Charaktere zur Unterscheidung der Gattungen bietet die eigentümliche und mannigfaltige Figuration der Hymeniumfläche dar. Die Hymenomyceten sind über die ganze Erde verbreitet; es gibt ihrer wenigstens 3000 Arten, von denen beinahe 2800 in Europa vorkommen, s. Tafel I (Farbendruck). Gattungen: Agaricus L., Polyporus Fr., Merulius Hall., Hydnum L., Thelephora Ehrh., Clavaria L., Boletus L., Canthorellus Adans.
9. Unterordnung: Zitterpilze (Tremellini), den Hymenomyceten am nächsten verwandt, von denselben nur durch die gallertartig zitternde Beschaffenheit des Fruchtkörpers und besonders durch die Basidien unterschieden, welche entweder fadenförmig, aufrecht und durch Querscheidewände gegliedert, oder kugelig und durch Längswände in 2–4 nebeneinander stehende Gliederzellen geteilt sind; in beiden Fällen ist jedes Glied in ein frei stehendes, langes Sterigma verlängert, welches je eine Spore abschnürt. Es sind meist größere, verschieden gestaltete, auf faulem Holz und auf der Erde wachsende, weder eßbare noch giftige P. mit über 30 Arten in ungefähr fünf Gattungen, deren wichtigste Tremella Fr. und Hirneola Fr. sind.
10. Unterordnung (resp. Ordnung V): Bauchpilze (Gastromycetes), meist große Schwämme, deren Fruchtkörper das Hymenium nie auf der freien Oberfläche, sondern stets in Kammern oder Höhlungen des Innern enthält. Die Fruchtkörper werden von einer meist stark entwickelten Haut, Peridie genannt, gebildet. Diese umschließt einen Innenraum, welcher anfangs durch anastomosierende Gewebeplatten, die von der innern Fläche der Peridie ausgehen, in zahlreiche Kammern geteilt ist, welche zusammen als Gleba bezeichnet werden. Auf den Wänden dieser Kammern befindet sich das Hymenium; von den Hyphen, aus denen die Kammerwände bestehen, gehen kurze Zweige ab, welche zu den keulenförmigen Basidien werden, oder diese Zweige sind verlängert und verzweigt, füllen den ganzen Kammerraum aus und tragen an ihren Ästen die Basidien. Auf den letztern werden die Sporen, ähnlich wie bei den Hymenomyceten, zu 2, 4 oder 8 durch Abschnürung erzeugt (Tafel II, Fig. 4 B). Bei manchen Gastromyceten bleibt die Gleba auch im reifen Zustand unverändert oder vertrocknet nur; bei den meisten aber löst sie sich auf, und es bleiben gewisse schon vorher in dem Gewebe der Kammerwände bemerkbare, durch ihre dicken Membranen ausgezeichnete, einfache oder verzweigte Fasern zurück (Tafel II, Fig. 4 A), welche als ein lockeres Haargeflecht (capillitium) den ganzen Innenraum durchweben, in welchen das reichliche, meist braune Sporenpulver eingestreut ist. Die Gastromyceten wachsen meist auf der Erde, manche auch unterirdisch, ähnlich den Tuberaceen; mehrere sind jung eßbar, wenige giftig. Sie sind über die ganze Erde verbreitet; es gibt viele exotische Gattungen von eigentümlichen Formen; man kennt überhaupt an 60 Gattungen mit über 100 Arten, s. Tafel I (Farbendruck). Gattungen: Lycoperdon Tourn., Bovista Dill., Geaster Mich., Phallus L., Clathrus L.
V. Ordnung: Schlauchpilze (Ascomycetes), die formenreichste und daher von manchen Botanikern auch in mehrere gleichwertige Gruppen (Ordnungen VI–VIII) aufgelöste Abteilung der P., charakterisiert durch die Bildung der Sporen in Sporenschläuchen. Das Mycelium ist meist deutlich entwickelt, aus Hyphen mit Querscheidewänden gebildet, erzeugt meist Fruchtkörper von mannigfaltiger Beschaffenheit, welche die Sporenschläuche tragen, selten unmittelbar die letztern selbst. Vgl. De Bary, Über die Fruchtentwickelung der Askomyceten (Leipz. 1863).
11. Unterordnung: Gymnoasci. Die Sporenschläuche entstehen unmittelbar am Mycelium aus Zweigen der Fäden desselben und sind nicht von einem besondern Fruchtkörper umschlossen. Teils Mistbewohner (Gymnoascus Baran.), teils endophyte Schmarotzer an Pflanzen, aus deren Epidermis die Sporenschläuche hervorragen, und an welchen diese P. Krankheiten hervorbringen (s. Exoascus).
12. Unterordnung: Perisporiaceae. Auf dem deutlich entwickelten Mycelium bilden sich kleine, kugel- oder flaschenförmige, ringsum geschlossene Behälter (Perithecien, Tafel II, Fig. 2 F), an welchen ein meist dunkles Gehäuse von zelliger Struktur und ein heller, weicherer Kern zu unterscheiden sind. Letzterer besteht aus einem oder mehreren oder vielen Sporenschläuchen (E). Das Perithecium bleibt auch bei der [72] Reife meist geschlossen, so daß die Sporen erst nach Verwesung desselben frei werden, oder es öffnet sich, indem es am Scheitel unregelmäßig zerfällt, besitzt aber keinen vorgebildeten Mündungskanal. Man hat in einigen Fällen einen geschlechtlichen Befruchtungsvorgang nachweisen können, durch welchen die Perithecien erzeugt werden, und der darin besteht, daß am Mycelium an gewissen Stellen zweierlei Fäden von männlichem (Pollinodium, Tafel II, Fig. 2 C, p) und weiblichem Charakter (Carpogonium oder Ascogon, as in C und D) auftreten, zwischen denen Kopulation stattfindet, worauf aus dem Ascogon das Perithecium sich entwickelt. Bei manchen Perisporiaceen entstehen auf demselben Mycelium vor den Perithecien Fruchthyphen, welche Konidien abschnüren (c in A); letztere sind sofort keimfähig und erzeugen wieder den vollkommenen Pilz, während die Askosporen gewöhnlich erst nach einer Ruheperiode keimen. Manche der gemeinsten Schimmelpilze (Eurotium, Fig. 6 A, früher als Aspergillus beschrieben) sind als solche konidienbildende Zustände erkannt worden. Die Perisporiaceen sind kleine P., welche teils Fäulnisbewohner sind, teils parasitisch auf Pflanzen leben und an diesen Krankheiten hervorrufen. Man kennt über 100 Arten in ca. 20 Gattungen, deren wichtigste Erysiphe Hedw. und Eurotium Link (s. d.) sind.
13. Unterordnung: Trüffelpilze (Tuberaceae), gänzlich unterirdisch wachsende P. mit deutlich entwickeltem Mycelium, an dem sich große, knollenförmige Fruchtkörper bilden, welche eine dicke, fleischige oder lederartige Schale (Peridie, Tafel II, Fig. 11 p) besitzen und im Innern meist durch gewundene Gewebeplatten in Kammern (k) geteilt sind; die Kammerwände (w) bilden meist eine fleischige Masse, in welcher die Sporenschläuche (a) liegen, und die Kammern sind mit lufthaltigem, sterilem Gewebe angefüllt. Seltener ist der Innenraum nicht gekammert, in reifem Zustand nur mit den frei gewordenen Sporen angefüllt. Die Sporenschläuche sind meist kugelig oder annähernd kugelig und bilden in ihrem Innern 1–3 oder 4–6 meist runde, einzellige Sporen mit oft stachligem oder durch Leisten verdicktem, gefärbtem Episporium. Die Tuberaceen kommen meist in der Nähe der lebenden Wurzeln von Pflanzen, besonders unter Bäumen, vor; doch ist es für einzelne Arten gewiß, daß sie wirkliche Parasiten sind. Man kennt gegen 80 Arten, von denen nicht wenige eßbar sind. Die wichtigsten Gattungen sind: Tuber Mich., Elaphomyces Nees ab Es., Choiromyces Vitt., Terfezia Tul. und Penicillium L., dessen Konidienträger einen der verbreiteten Schimmelpilze darstellen, und das unter geeigneten Umständen eine den Tuberaceen durchaus ähnliche Fruchtform mit Sporenschläuchen erzeugt (s. Penicillium).
14. Unterordnung (resp. Ordnung VI): Kernpilze (Pyrenomycetes, Sphaeriaceae). Mycelium meist deutlich entwickelt, die Sporenschläuche werden in Perithecien gebildet, welche denen der Perisporiaceen ähnlich sind, aber an der Spitze eine enge Mündung (ostiolum) besitzen, welche bald als bloßer Porus in der Wand des Peritheciumscheitels, bald als eine kurze Papille, bald als ein mehr oder minder langer Hals erscheint (Tafel II, Fig. 1 C). Das Perithecium enthält einen hellen, weichen Kern, welcher aus den Sporenschläuchen, oft untermengt mit fadenförmigen Zellen (Paraphysen), besteht (Tafel II, Fig. 7 B, 1 a), die auf der ganzen Innenwand oder im Grunde des Bauchteils des Peritheciums entspringen. Die Sporenschläuche sind meist länglich keulenförmig oder cylindrisch und bilden bei den meisten Gattungen je acht Sporen in ihrem Innern. Die reifen Sporen werden, nachdem die Sporenschläuche sich aufgelöst haben, durch die Mündung des Peritheciums ausgestoßen. Sie sind von sehr verschiedenartiger Bildung: einzellig, zweizellig, mehr- bis vielzellig, kugelig, oval, spindelförmig bis fadenförmig. Man unterscheidet einfache und zusammengesetzte Pyrenomyceten (Sphaeriaceae simplices und compositae); außerdem werden die auf Mist lebenden Arten als besondere Gruppe (Coprophileae) betrachtet, während die Gruppen der Simplices und Compositae stets auf Pflanzenteilen oder Tieren leben. Bei den erstern befinden sich die Perithecien unmittelbar auf dem Mycelium (Tafel II, Fig. 7 A), wie bei den Perisporiaceen; bei den letztern entstehen auf dem Mycelium Fruchtkörper (stroma) von mannigfaltiger Gestalt, und erst diese tragen oft in großer Anzahl die Perithecien (Tafel II, Fig. 1 A u. B). Das Stroma ist bald ein dünnes, krustenförmiges, dem Substrat auf- oder eingewachsenes, oft weit ausgebreitetes Lager, bald ein in das Substrat eingesenkter, mehr oder weniger hervorbrechender, polster- oder warzenförmiger Körper, bald vertikal aufrecht, keulen-, gestielt kopfförmig oder strauchartig ästig. Die Perithecien sind in die Substanz des Stromas, bei größern Fruchtkörpern in die peripherischen Teile derselben eingesenkt, immer so, daß wenigstens die Hälse mit ihren Mündungen an der Oberfläche sich befinden (Fig. 1 C). Die erste Anlage der Perithecien wird in den genauer bekannten Fällen durch einen Geschlechtsakt zwischen Carpogon und Pollinodien (s. oben) vermittelt. Viele Pyrenomyceten haben eine reichgegliederte Pleomorphie der Fruktifikationsorgane: den Perithecien gehen auf demselben Mycelium verschiedene andre Fruchtträger voraus. Dies sind zuerst Fruchthyphen mit Konidien, welche rasch keimfähig sind und den Pilz sogleich wieder erzeugen können. Oft bleibt die Entwickelung auf diesem Zustand stehen, daher man diese Konidienträger früher als selbständige P. beschrieb (die oben genannten Hyphomyceten stellen zum größten Teil solche dar) und auch gegenwärtig von vielen derselben noch nicht ermittelt ist, zu welchem Pyrenomycet sie gehören. Statt solcher Fruchthyphen bilden manche Pyrenomyceten eigentümliche konidientragende Fruchtkörper, die an ihrer Oberfläche mit einem Hymenium sporenabschnürender Basidien besetzt sind. Auch diese galten früher für selbständige P. und bildeten die Gattungen: Tubercularia Tode, Sphacelia Lév., Isaria Hill. u. a., welche zusammen die Gymnomycetes der alten Pilzsysteme ausmachten. Oder endlich die perithecientragenden Stromata sind selbst anfangs mit einem konidienbildenden Hymenium überzogen. Eine dritte und vierte Form von Früchten sind die Spermogonien und Pykniden. Beide sind den Perithecien ähnliche, kleine, geschlossene Gehäuse (Tafel II, Fig. 7 C), die auf ihrer Innenwand ein Hymenium (h) tragen, welches aus dicht beisammenstehenden Basidien gebildet ist, die durch Abschnürung Sporen erzeugen (Fig. 7 D). Diese sind bei den Spermogonien sehr kleine, meist einfache, kugelige bis stäbchenförmige Zellen, Spermatien genannt, welche gewöhnlich in Schleim eingebettet mit diesem zusammen aus der engen Mündung an der Spitze herausgepreßt werden. Dieselben sind meist nicht keimfähig; neuerdings hat man sie für befruchtende Elemente bei der ersten Anlage der nach ihnen entstehenden Perithecien ausgegeben. Die Pykniden sind von den Spermogonien wesentlich nur durch ihre größern, oft mehrzelligen und keimfähigen Sporen, hier Stylosporen [73] genannt, unterschieden. Zuletzt von allen Früchten erscheinen die Perithecien. Bei manchen zusammengesetzten Pyrenomyceten bilden sich die Vorläufer-Fruktifikationen an dem Stroma, welches später die Perithecien entwickelt, indem dasselbe anfangs entweder mit einem konidienbildenden Hymenium überzogen ist, oder eingesenkt in seiner Substanz Spermogonien oder Pykniden, bisweilen schon zusammen mit Perithecien, enthält. Bisweilen wird die Aufeinanderfolge der Fruktifikationen durch die Entwickelung eines Sklerotiums aus dem Mycelium unterbrochen, welches eine Ruheperiode durchläuft und danach keimt, d. h. die perithecienbildenden Stromata aus sich hervorwachsen läßt. Die Pyrenomyceten bewohnen teils faulende Pflanzenteile, teils sind sie zeitlebens Parasiten auf Pflanzen, wenige auf Tieren, auf beiden Krankheiten erzeugend, teils auch leben sie nur in einer ersten Periode parasitisch auf Pflanzen und erreichen den Höhepunkt ihrer Entwickelung (die Ausbildung der Perithecien) erst, wenn die von ihnen befallenen Teile abgestorben und in Verwesung übergegangen sind. Die Mehrzahl der Pyrenomyceten sind kleine, zum Teil sehr kleine P., unter den zusammengesetzten gibt es einige größere Formen; sie sind meist hart, dunkel gefärbt, dauerhaft; eßbare gibt es nicht. Früher die einzige Gattung Sphaeria Hall. bildend, zerfallen sie jetzt in mehr als 100 Gattungen mit gegen 900 deutschen Arten. Wichtigste Gattungen: Sphaeria Hall., Sphaerella Fr., Pleospora Tul., Fumago Tul., Valsa Fr., Diatrype Fr., Hypoxylon Bull., Xylaria Hill., Nectria Fr., Cucurbitaria Fr., Cordyceps Fr., Claviceps Tul. (s. Tafel „Pflanzenkrankheiten“), Dothidea Tul., Polystigma Tul. Vgl. Nitschke, Pyrenomycetes germanici (Bresl. 1867–70).
15. Unterordnung (resp. Ordnung VII): Scheibenpilze (Discomycetes), den Pyrenomyceten am nächsten verwandt; wie bei diesen, gehen bisweilen besondere Fruchthyphen oder Fruchtkörper mit Konidien oder Spermogonien oder Pykniden den ascusbildenden Früchten voran. Letztere sind aber dadurch charakterisiert, daß das aus den Sporenschläuchen bestehende Hymenium im reifen Zustand an der freien Oberfläche des Fruchtkörpers in Gestalt einer ebenen, konkaven oder konvexen, oft durch andre Farbe und Beschaffenheit ausgezeichneten Scheibe (discus) sich befindet. Die Fruchtkörper sind entweder flach aufgewachsene, gestreckte, strichförmig gerade oder gewundene oder auch kreisrunde, dunkle Gehäuse, ähnlich den Perithecien der Pyrenomyceten, aber sich ganz öffnend, so daß die anfänglich innerliche Scheibe entblößt wird, wie bei den Gattungen Hysterium Tode, Phacidium Fr., Rhytisma Fr., oder becher-, kelch- oder napfförmige Körper (Tafel II, Fig. 3 A; in B und C vergrößert), welche auf ihrer vertieften Fläche die Scheibe (h in C) tragen, bald klein, mitunter aber auch von ansehnlicherer Größe, von kork-, leder- oder hornartiger und dauerhafter oder aber von wachsartiger, gallertiger oder fleischiger und vergänglicher Beschaffenheit sind, wie bei den Gattungen Cenangium Fr., Ascobolus Pers., Peziza L., oder endlich sie sind vertikal gestielt und der hymeniumtragende Teil keulen-, kopf- oder hutförmig, haben dann wachsartig weiche Beschaffenheit und ansehnliche Größe (Gattungen: Helvella L., Morchella Dill.; Tafel I, Fig. 12). Die Diskomyceten sind mit Ausnahme der letztgenannten Gattungen, unter denen sich auch eßbare Schwämme befinden, meist kleine und sehr kleine P., welche teils auf der Erde, teils auf faulenden Vegetabilien, teils parasitisch auf lebenden Pflanzen vorkommen. Auch bei ihnen werden, wie bei den Pyrenomyceten häufig, an den Mycelien Sklerotien erzeugt, aus denen nach einer Ruheperiode die Fruchtkörper hervorbrechen. Man kennt ungefähr 800 Arten. Vgl. Woronin, Zur Entwickelungsgeschichte des Ascobolus pulcherrimus und einiger Pezizen (Frankf. a. M. 1866).
[Litteratur.] Persoon, Synopsis methodica fungorum (Götting. 1801); Bulliard, Histoire des champignons de la France (Par. 1780–97); Schäffer, Fungorum Bavariae et Palatinatus icones (Regensb. 1780–1800); Lenz, Nützliche, schädliche und verdächtige Schwämme (6. Aufl., Gotha 1879); Fries, Systema mycologicum (Greifsw. 1821–32, 3 Bde.); Ders., Summa vegetabilium Scandinaviae (Stockh. 1846–49, 2 Bde.); Derselbe, Hymenomycetes europaei (das. 1874); Krombholz, Abbildungen und Beschreibungen der schädlichen, eßbaren und verdächtigen Schwämme (Prag 1831–47, 10 Hefte); Nees v. Esenbeck, Henry und Bail, Das System der P. (Bonn 1837–58, 2 Tle.); Rabenhorst, Deutschlands Kryptogamenflora, Bd. 1 (2. Aufl., bearbeitet von G. Winter, Leipz. 1884 ff.); Corda, Icones fungorum (Prag 1837–42, 5 Bde.); Derselbe, Prachtflora europäischer Schimmelbildungen (Leipz. 1839); Harzer, Abbildungen der vorzüglichsten P. etc. (Dresd. 1842–44, 16 Hefte); Sturm, Deutschlands Flora, Abteilung P.; L. R. und C. Tulasne, Selecta fungorum carpologia (Par. 1861–65, 3 Bde.); L. R. Tulasne, Fungi hypogaei (das. 1851); De Bary, Vergleichende Morphologie und Biologie der P., Mycetozoen und Bakterien (Leipz. 1884); Cooke u. a., An introduction to the study of microscopic fungi (5. Aufl., Lond. 1886); Fuckel, Symbolae mycologicae (mit 3 Nachträgen, Wiesb. 1869–73); Hoffmann, Index fungorum (Leipz. 1863); Derselbe, Icones analyticae fungorum (Gießen 1861–65); Weberbauer, Die P. Norddeutschlands mit besonderer Berücksichtigung Schlesiens (Bresl. 1873–75). Für Entwickelungsgeschichte der P. besonders wichtig: De Bary und Woronin, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der P. (Frankf. a. M. 1864–81, 5 Hefte); Brefeld, Botan. Untersuchungen über die Schimmelpilze (Leipz. 1872–88, 7 Hefte). Über eßbare P. vgl. Lorinser, Die wichtigsten eßbaren, verdächtigen und giftigen Schwämme (3. Aufl., Wien 1883); Röll, Die eßbaren P. (Tübing. 1888). Plastische Nachbildungen von Pilzen gibt es von Büchner u. a. (Hildburghausen) und Arnoldi (Gotha 1871–81).
[735] Pilze. Die lebhaften Farben und starken Gerüche vieler P. sind im vergangenen Jahre durch Straton, Cooke und andre englische Botaniker einer Untersuchung unterzogen worden, aus der hervorzugehen scheint, daß man hier, ebenso wie bei höhern Pflanzen und Tieren, von Anlockungs- und Trutzfarben, von Verbergungsfarben und Mimikry wird reden dürfen. Viele P. schimmern schneeweiß aus der grünen Umgebung hervor, andre sind [736] lebhaft zitronengelb oder purpurrot gefärbt, einige leuchten sogar durch die Nacht, während wieder andre sich auch am Tage unter schwarzen und grünen Färbungen verbergen. Was die Anlockungsgerüche anbetrifft, so ist zu bemerken, daß viele P. (z. B. Agaricus fragrans, Trametes suaveolens, T. odora, Polyporus salicinus und Hydnum suaveolens) nach Anis, andre nach Kumarin (z. B. Lactarius camphoratus, Hydnum graveolens und tomentosum), andre nach Zwiebeln (z. B. Marasmius porreus und M. scorodonius) oder nach frisch gemahlenem Getreide, Kleie oder Mehl duften (z. B. Agaricus frumentarius und 15 andre Agaricus-Arten), und daß diese Gerüche dem Weidevieh angenehm scheinen, welche die Sporen derselben mit ihrem Miste verbreiteten. Sicherer verbürgt als diese vielfach bestrittene Hypothese, welche voraussetzt, daß die Sporen unverdaut den Darm verlassen müßten, dürfte die Anlockungskraft der Fäulnisgerüche vieler P. auf Aasfliegen und andre Aasinsekten sein, die zur Verbreitung ihrer Sporen beitragen mögen. In den „Annals of Botany“ von 1889 wurde gezeigt, daß die Abteilung der Phalloiden durch Färbung, Geruch und andre Anziehungsmittel ebenso hervortrete wie irgend welche Phanerogamengruppe. Unter 1288 andern Pilzen wurden 73 Proz. unauffällige ermittelt, während sie bei den Phalloiden nur 2 Proz. ausmachen: 90 Proz. derselben sind rot oder weiß gefärbt. Nach Köhler und Schübler beträgt das Verhältnis der unauffälligen Phanerogamenblüten bei mehr als 4000 Arten 4 Proz., das der rot und weiß blühenden Arten 50 Proz. Unter den Blumen fanden sich nur 10 Proz. duftende, während die Zahl der einen starken Geruch verbreitenden Phalloiden 76 Proz. erreicht. Außerdem besitzen 18,6 Proz. dieser P. strahlige oder sternförmige Formen, die sie ihren Besuchern schon aus weiter Entfernung erkennbar machen. Bei der Gattung Coprinus, wo die Sporen in einer schwarzen, stark riechenden Flüssigkeit (welche nach Haas zwei Glukoside enthält) schwimmen, erinnern manche Arten an Fliegenblumen. Auch die Peziza-Arten, welche frei auf der Hautschicht ausgebreitete Sporen tragen, sind lebhaft und oft noch brillanter gefärbt als die Phalloiden.
Anderseits hält Cooke die Farben vieler Arten für Schutzfarben. So wachsen auf den Plätzen, wo Kohlen gebrannt wurden, und die daher einen schwarzen Hintergrund bieten, verschiedene Arten mit schwarzbraunem oder schwarzem Hute, wie Cantharellus carbonarius, Agaricus atratus, A. ambustus und A. carbonarius, ferner zwei kleine dunkle Collybia-Arten etc. In der Kiefernstreu wachsende Arten, wie A. vaccinus und A. imbricatus nebst Hydnum auriscalpium, gleichen den umherliegenden Kiefernzapfen, A. sordidus alten Dunghäufchen, A. hypnorum mit seinen kleinen spitzen Hütchen sogar den Mooskapseln, die Cortinarius-Arten mit ihren lebhaften Farben verstecken sich im Herbstlaub, Paxillus panuoides gleicht in Farbe und rauher Oberfläche den Sägespänen, auf denen man ihn findet. Infolge dieser Anähnlichung vieler P. an den Standort sind gewisse Pilzarten schwer zu finden und erfordern sehr scharfe Augen. An die Erscheinung der Mimikry erinnert endlich die für den Pilzgenuß sehr verhängnisvolle Thatsache, daß viele genießbare P. Erscheinungsform und Tracht der giftigen und daher gemiedenen Arten angenommen haben. Wachsen sie dann gar noch durcheinander, wie die beiden Lactarius-Arten, so sind Verwechselungen beim Sammeln sehr naheliegend und bringen zuweilen gute, als Speise schätzbare Arten in Verdacht. Es wäre daher nützlich, wenn die guten Arten mit ihren giftigen Vorbildern auf Schultafeln nebeneinander abgebildet würden, da die Nachahmung niemals so vollkommen ist, daß sie nicht bei größerer Aufmerksamkeit zu unterscheiden wären. Als solche Doppelgänger sind namentlich folgende Arten hervorzuheben:
I. Eßbare Arten: | II. Giftige Arten: | |||||
Agaricus | caesarius | gleicht | Agaricus | muscarius | ||
„ | ovoideus | „ | „ | phalloides | ||
„ | rubescens | „ | „ | pantherinus | ||
„ | procerus | „ | „ | rachodes | ||
„ | campestris | „ | „ | melaspermus | ||
„ | fastibilis | |||||
„ | Taylori | |||||
Lactarius deliciosus | „ | Lactarius torminosus | ||||
Russula alutacea | „ | Russula emetica | ||||
Cantharellus cibarius | „ | Cantharellus aurantius | ||||
Marasmius oreades | „ | Marasmius urens |