Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Radierung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 541
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Radierung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 541. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Radierung (Version vom 10.01.2023)

[541] Radierung (Radierkunst), eine zur Kupferstecherkunst (s. d., S. 329) gehörige Technik, welche nach dem Vorgang der niederländischen Meister des 17. Jahrh. einen bedeutenden Aufschwung genommen und eine reiche Ausbildung erfahren hat. Während die Künstler früherer Zeit meist nur eigne Erfindungen in Kupfer radierten (Malerradierer), nimmt die R. heute wegen der Schnelligkeit ihrer Ausführung und wegen der leichten Erzielung einer malerischen Wirkung eine hervorragende Stelle als reproduzierende Technik ein. In Deutschland hat W. Unger seit Mitte der 60er Jahre mit der Reproduktion von Gemälden, Zeichnungen und andern Kunstwerken mittels der R. begonnen und schnell so große Erfolge erzielt, daß er zahlreiche Schüler und Nachfolger gefunden hat, welche gleich ihm nicht nur einzelne Blätter, sondern ganze Galerien in Radierungen reproduziert haben. Besonders zu erwähnen sind: Wörnle, J. L. Raab, Forberg, W. Hecht, Halm, Krauskopf, F. Böttcher. Daneben hat sich auch die Malerradierung in Deutschland, zum Teil durch Stiftung von Genossenschaften (Düsseldorfer Radierklub, Gesellschaft für Radierkunst in Weimar, Verein für Originalradierung in Berlin), zu hoher Blüte entfaltet. Die Zahl der Malerradierer wächst von Jahr zu Jahr. Am meisten mit Originalradierungen haben sich neuerdings B. Mannfeld, M. Klinger, C. Stauffer, C. Röhling, Krostewitz, Geyger und J. Ehrentraut in Berlin beschäftigt. Von französischen Malerradierern neuerer Zeit sind Ch. Méryon (1821–68), A. Legros, J. F. Bracquemont, J. F. Millet, Daubigny, Ch. Jacque, A. Appian hervorzuheben. Zu höchster Virtuosität ist die R. in Frankreich als reproduzierende Technik entwickelt. Hier stehen Flameng, Jacquemart, M. Lalanne, Rajon und Ch. Waltner obenan, dessen Schüler C. Köpping aus Dresden die Genannten jedoch noch übertroffen hat. 1863 wurde die Société des aquafortistes in Paris gegründet. Ebenso eifrig wird die R. von den Malern Englands kultiviert, wo ebenfalls zu London eine Society of painter-etchers besteht. H. Herkomer, Seymour-Haden, Whistler, Tissot, E. Edwards, C. P. Slocombe, J. C. Robinson, R. W. Macbeth sind die hervorragendsten Malerradierer, welche einen Teil ihrer malerischen Wirkung durch raffinierte Druckprozeduren erreichen. Aus Rußland stammt der Rembrandt-Radierer Massalow. Vgl. Lützow, Die vervielfältigende Kunst der Gegenwart (Wien 1886 ff.); Roller, Technik der R. (das. 1887).