Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Punĭca“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 467
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Punĭca. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 467. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Pun%C4%ADca (Version vom 27.01.2022)

[467] Punĭca Tourn. (Granatbaum), Gattung aus der Familie der Myrtaceen mit der einzigen Art P. granatum L. (s. Tafel „Zimmerpflanzen I“), einem baumartigen, 5–8 m hohen, bisweilen stachligen Strauch mit gegenständigen, an Kurztrieben gebüschelten, kurzgestielten, lanzettförmigen, kahlen, ganzrandigen Blättern, kurzgestielten, endständigen, einzeln oder zu dreien stehenden, scharlachroten Blüten mit gleichfarbigem Kelch und etwas niedergedrückt kugelrunder, außen holziger, vom lederartigen Kelche gekrönter, durch eine gegen die Mitte sich erhebende Querwand in zwei mehrfächerige Stockwerke geteilter, vielsamiger, roter oder gelber Frucht (Granatapfel). Der Granatbaum wächst in Nordafrika, Südeuropa und im wärmern Asien und wird im ganzen Gebiet des Mittelmeers bis in die südliche Schweiz und in Bozen, auch in Cornwall im Freien, bei uns als Kalthauspflanze kultiviert. Man hat Varietäten mit gelblichen oder weißen, auch gefüllten Blüten, und eine Abart, P. nana L. (Zwerggranatbaum), welcher strauchartig bleibt und lineal-lanzettliche, spitzige Blätter besitzt, ist auf den Antillen heimisch geworden. Die Wurzelrinde des Granatbaums, welche in außen graugelben, feinrunzeligen, innen grünlichgelben Stücken in den Handel kommt, enthält über 22 Proz. Gerbsäure, ist offizinell, dient seit dem Altertum als kräftiges Bandwurmmittel; die Blüten schmecken herb, färben den Speichel violett und waren früher ebenfalls offizinell; die Früchte bilden im Süden ein beliebtes Obst mit rotem, mehr oder weniger süß und weinartig schmeckendem Fleisch und werden in vielen Varietäten, auch kernlos, gezogen. Die Fruchtschalen sind reich an Gerbsäure und werden zum Gerben benutzt. Der Granatbaum erregte schon in sehr früher Zeit die Phantasie und war im syrisch-phönikischen Götterdienst von hervorragender Bedeutung; er wuchs nach der Odyssee im Garten des Phäakenkönigs; auf Cypern hatte Aphrodite ihn selbst gepflanzt, und an seinen wohl aus dem Karischen oder Phrygischen stammenden Namen side erinnern die Namen vieler Ortschaften. In Griechenland dienten der Baum und seine Frucht zum Ausdruck dunkler Vorstellungen von Zeugung und Befruchtung sowie von Tod und Vernichtung. Die Frucht erscheint als Attribut der Hera auch in den achäischen Städten Italiens, und von hier gelangte der Baum zu den Römern wohl schon zur Zeit der Tarquinier. Den Beinamen punicum (sc. malum, punischer Apfel) erhielt die Frucht wohl erst, als die Römer den Reichtum an Granatbäumen in den Kolonien der Karthager und dann in Afrika kennen lernten; doch scheint derselbe nie ganz volkstümlich geworden zu sein. Im Mittelalter war der Granatapfel Symbol der die köstlichste Frucht gebärenden Jungfrau Maria. Gegenwärtig hat der Granatapfel durch die Orangenfrüchte viel an Bedeutung verloren, er dient mehr zum Schmuck als zum Genuß; doch verknüpft man immer noch mit der Granate die Vorstellung reichen Segens, und die Blüte ist das Symbol feuriger Liebe. Vgl. Granatapfelmuster.