MKL1888:Psychisches Messen

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Psychisches Messen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 443
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Psychisches Messen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 443. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Psychisches_Messen (Version vom 19.12.2021)

[443] Psychisches Messen bedeutet s. v. w. Anwendung der Mathematik auf Psychologie, indem die psychischen Vorgänge wie Kräfte angesehen und entweder untereinander oder mit den ihnen korrespondierenden physischen Vorgängen (Reizen) ihrer Quantität nach verglichen werden. Jenes geschieht in der eigentlichen mathematischen Psychologie, wie sie zuerst von Herbart (s. d.) versucht worden, dieses in der Psychophysik (s. d.), wie sie von Weber und Fechner begründet worden ist. Der gegen dieselbe erhobene Einwurf, daß jeder Meßversuch eine absolute Maßeinheit voraussetze, eine solche aber für die Bewußtseinszustände fehle, ist deshalb nicht stichhaltig, weil es sich nicht um absolute Maßbestimmungen, sondern um bloße Relationen zwischen Zuständen handelt, und weil die sogen. Maßeinheiten bei physischen Zuständen auch keine absoluten sind. Eine besondere Form des psychischen Messens bildet die Feststellung der Zeit, welche zum Zustandekommen eines Bewußtseinsaktes, z. B. einer Association zwischen zwei oder mehreren Vorstellungen, im Bewußtsein erforderlich ist, eine Untersuchung, welche besonders Wundt angeregt und wobei sich z. B. für obigen Vorgang eine mittlere Zeitdauer von 0,721 Sekunde als notwendig herausgestellt hat. Vgl. Zeller, Über die Messung psychischer Vorgänge (Berl. 1881), und Wundts Erwiderung darauf in dessen „Philosophischen Studien“, Heft 2, S. 251 ff. (Leipz. 1882).