Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Plutárchos“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 139
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Plutárchos. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 139. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Plut%C3%A1rchos (Version vom 22.05.2023)

[139] Plutárchos (Plutarch), 1) griech. Schriftsteller, geboren um 50 n. Chr. zu Chäroneia in Böotien, studierte vermutlich zu Athen und hielt sich sodann einige Zeit in Rom auf. Trajan verlieh ihm die konsularische Würde und erteilte allen Behörden Illyriens die Weisung, seinen Anordnungen Folge zu leisten. Hadrian, mit dessen Unterweisung P. früher betraut gewesen war, ernannte ihn zum Prokurator von Griechenland. In seiner Vaterstadt verwaltete er die Ämter eines Archon sowie die eines Festordners und Priesters des Apollon. Er starb um 120. Von den Schriften des P. sind seine Biographien ausgezeichneter Männer Griechenlands und Roms hervorzuheben, von denen immer je ein Grieche und ein Römer zur Vergleichung nebeneinander gestellt sind. Wir besitzen dieser Parallelbiographien noch 46, nämlich die des Theseus und Romulus, des Lykurgos und Numa Pompilius, des Solon und Valerius Publicola, des Themistokles und Camillus, des Perikles und Fabius Maximus, des Alkibiades und Coriolanus, des Timoleon und Ämilius Paullus, des Pelopidas und Marcellus, des Aristeides und des ältern Cato, des Philopömen und Flaminius, des Pyrrhos und Marius, des Lysandros und Sulla, des Kimon und Lucullus, des Nikias und Crassus, des Eumenes und Sertorius, des Agesilaos und Pompejus, Alexanders von Makedonien und Cäsars, des Phokion und des jüngern Cato, des Agis und Kleomenes und der beiden Gracchen, des Demosthenes und Cicero, des Demetrios Poliorketes und des Triumvirs Antonius, des Dion und Brutus, wozu noch die einzelnen Biographien des Artaxerxes Mnemon, des Aratos, des Galba und des Otho kommen. Andre biographische Schriften sind verloren; entschieden unecht ist die „Vita Homeri“. Was die Würdigung jener Biographien anlangt, so muß man im Auge behalten, daß P. keine Geschichte, sondern Schilderungen von Charakteren geben wollte. Seine umfassende Belesenheit läßt ihm keinen irgendwie bedeutenden Zug entgehen, und er weiß aus solchen einzelnen Zügen mit hoher Kunst ein Bild zusammenzustellen. Alle Biographien bekunden des Verfassers sittlichen Ernst und reine Moral sowie einen milden, menschenfreundlichen Sinn, tiefes Gefühl und echt religiöse Gesinnung. Die übrigen moralphilosophischen, antiquarischen und litterarhistorischen Schriften P.’ werden gewöhnlich unter dem Titel: „Moralia“ zusammengefaßt, enthalten aber wohl manches Unechte, wohin die sogen. „Parallela minora“, die Abhandlungen: „Über die Namen der Flüsse und Berge“, „De Herodoti malignitate“ u. a., wahrscheinlich auch die den Anfang der ganzen Sammlung bildende Schrift über die „Kindererziehung“, ferner die „Apophthegmata“ (Sammlung sinnreicher Aussprüche von Feldherren und Königen), die „Biographien der zehn Redner“, die Schrift „Über die Lehrmeinungen der Philosophen“ u. a. zu rechnen sind. Bei weitem die Mehrzahl der Abhandlungen hat einen populär-praktischen Inhalt, so die Schriften: „Über Tugend und Laster“, „Über die Beherrschung des Zorns“, „Über Elternliebe“, „Über Liebe zum Reichtum“ etc.; ferner die „Trostschriften“ an Apollonios und an sein eignes Weib, die „Gesundheitsvorschriften“, die „Ehevorschriften“, und die „Tischgespräche“. Mehr in das Gebiet der Religion und des Kultus schlagen die Schriften: „Von der Abnahme und dem Verschwinden der Orakel“, „Über Isis und Osiris“, „Über das Schicksal“ u. a. ein. Wichtiger als einige in die Naturphilosophie hinüberstreifende Schriften sind die „Untersuchungen über Platon“ und „Über die Weltseele im Platonischen Timäos“. Andre Aufsätze sind gegen die Stoiker und Epikureer gerichtet. Von Interesse ist endlich die Schrift „De musica“ (hrsg. von Westphal mit Übersetzung, Leipz. 1865). Auf wissenschaftliche Tiefe und Originalität machen alle diese Schriften keinen Anspruch. Was die philosophische Richtung des P. anlangt, so ist er ein Eklektiker, aber mit einer gewissen Vorliebe für die ältere Akademie. Die Sprache ist im ganzen klar, korrekt und, abgesehen von einer gewissen Überladung und den häufig zu langen und schwerfälligen Sätzen, der klassischen Muster des Attizismus, denen er nacheifert, nicht unwürdig. Eine Ausgabe der sämtlichen Werke Plutarchs lieferten nach Stephanus (Par. 1572) Reiske (Leipz. 1774–82, 12 Bde.), Hutten (Tübing. 1791–1805, 14 Bde.); Ausgaben der Biographien unter andern Sintenis (neue Ausg., Leipz. 1873–75, 5 Bde.), Döhner (Par. 1846–48, 2 Bde., lat. und griech.), I. Bekker (Leipz. 1855–57, 5 Bde.). Einzelne „Vitae“ wurden von Bähr, Schömann, Sintenis, Westermann, Kraner u. a. bearbeitet. Ausgaben der „Moralia“ besorgten Wyttenbach (Oxf. 1795, 8 Bde.), Dübner (Par. 1839–42, 2 Bde.), Hercher (Leipz. 1872) und Bernadakis (das. 1888); Übersetzungen sämtlicher Werke Klaiber, Bähr, Fuchs u. a. (Stuttg., 60 Tle.), der „Moralia“ Kaltwasser (Wien 1797, eine vorzügliche Arbeit), der Biographien Eyth (Auswahl, 2. Aufl., Berl. 1880 ff.). Vgl. Volkmann, Leben, Schriften und Philosophie des P. (Berl. 1869, 2 Bde.). – Nach dem Muster der Biographien Plutarchs werden Sammlungen von Biographien berühmter Personen „Plutarch“ genannt, so der von Gottschall herausgegebene „Neue Plutarch“ (Leipz. 1874–88, 12 Bde.).

2) Neuplatonischer Philosoph, lehrte um 400 n. Chr. zu Athen den Neuplatonismus im schwärmerisch-phantastischen Geiste des Iamblichos und soll nach Suidas vieles geschrieben haben, wovon aber nichts auf uns gekommen ist.