Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Musa“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 909
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Musa. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 909. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Musa (Version vom 15.09.2022)

[909] Musa L. (Pisang, Banane, Paradiesfeige), Gattung aus der Familie der Musaceen, sehr große, üppig entwickelte, baumartige Stauden der Tropengegenden, mit einfachem, kurzem, von den Blattstielscheiden vollständig umschlossenem und durch sie scheinbar verlängertem Stamm und mächtigen, kurzgestielten, meist länglichen, ganzrandigen Blättern, zwischen welchen lange Blütenkolben hervortreten, die unten fruchtbare, weiter nach oben unfruchtbare Zwitterblüten und zu oberst männliche Blüten tragen. Sobald diese Blüten zur Entwickelung gelangen, fallen die dazugehörigen, lebhaft gefärbten Deckscheiden ab. Die Frucht ist gurkenähnlich, drei- bis sechskantig, dreifächerig, vielsamig, bei den Kulturvarietäten häufig samenlos. M. paradisiaca L. (gemeine Banane) hat einen knolligen Wurzelstock, wird 6 m hoch, mit bis 4 m langen, 60 cm breiten Blättern, 1,5 m langen Kolben und gelblichweißen Blütenscheiden mit roten Spitzen. Die Früchte sind 20–30 cm lang. M. sapientium L. (Bananenpisang, s. Tafel „Nahrungspflanzen II“) hat einen purpurrot gestreiften oder gefleckten Schaft, am Grund ungleich herzförmige Blätter, violette Blütenscheiden und kürzere, gekrümmte Früchte. Bei beiden stirbt der Schaft nach der Fruchtreife ab, und es erscheinen neue, schnell wachsende Nebensprosse, welche nach wenigen Monaten Früchte tragen. Wild findet sich die Banane auf der Küste von Koromandel, den Philippinen, in Kotschinchina und auf Ceylon; durch Kultur ist sie aber über fast alle Tropenländer verbreitet und zwar der Bananenpisang weiter als der gemeine. Sie geht bis zum 30., selbst bis zum 35.° und unter den Tropen bis zu einer Höhe von 1560 m, während die Früchte des gemeinen Pisangs schon bei 900 m nicht mehr reifen. In Mittelamerika gedeiht die Banane noch bei einer mittlern Temperatur von 12°. Sie ist nahrhafter als die Brotfrucht; man genießt sowohl die unreifen mehligen als die reifen Früchte, in welchen fast alle Stärke in Zucker umgewandelt ist. In manchen Gegenden der Tropen bildet die Banane das Hauptnahrungsmittel, und man kultiviert sie in mehr als 50 Varietäten. Ein Stamm gibt bis 40 kg Früchte, und da an derselben Stelle in einem Jahr drei fruchttragende Stämme hintereinander erscheinen können, so kann eine einzige Pflanze über 2 Ztr. Früchte liefern. Auf gleicher Grundfläche gibt sie 44mal mehr Nahrungsstoff als die Kartoffel und 133mal mehr als der Weizen. Aus den unreifen Früchten des Bananenpisangs bereitet man Stärke (Arrowroot von Guayana); die unreifen, ausgeschnittenen, an der Sonne getrockneten Früchte geben ein rötliches, angenehm riechendes und schmeckendes Pulver (Bananenmehl), aus welchem die Stärke leicht abgeschieden werden kann. Auch die Blätter der Banane finden mannigfache Verwendung. Aus dem Stamm beider Arten gewinnt man an mehreren Orten eine Faser, welche als Manilahanf (Musafaser) in den Handel kommt. Die größte Menge des letztern stammt aber von M. textilis Nees auf den Molukken und Philippinen. M. Ensete Gmel., in Abessinien, wird 9 m hoch und trägt 6 m lange, 90 cm breite Blätter. Ihre Früchte sind ungenießbar, aber ihre Schößlinge bilden ein treffliches Gemüse, und das Innere des Stammes wird gekocht und ist das einzige vegetabilische Nahrungsmittel einiger afrikanischer Völkerschaften. Eine einzige Pflanze produziert gegen 19,000 Blüten. Aus dem Stamm gewinnt man ebenfalls Gespinstfasern, namentlich auch in Neusüdwales, wo die Pflanze kultiviert wird. Seit 1853 kultiviert man sie in Europa. M. Cavendishii Paxt. und M. coccinea And., beide in China, bleiben kleiner als die vorigen Arten und werden deshalb häufig in Warmhäusern als Zierpflanzen kultiviert; auch eignen sie sich für das Zimmer.