Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mineralöle“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 651
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Mineralöle. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 651. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mineral%C3%B6le (Version vom 21.01.2023)

[651] Mineralöle, die durch trockne Destillation aus Braunkohlen, Steinkohlen, Torf und bituminösen Schiefern erhaltenen Öle, besonders die als Leuchtmaterialien verwertbaren Öle, wie Photogen, Solaröl etc. Braunkohlen, Torf und Schiefer werden der trocknen Destillation unterworfen, um aus dem Teer Paraffin (s. d.) und M. zu gewinnen. Bei der Destillation des Teers erhält man zuerst Rohöl und bei höherer Temperatur Paraffinmasse. Das Rohöl wird mit konzentrierter Natronlauge innig gemischt, um es von den Phenolen (Karbolsäure etc.) zu befreien. Die mit diesem sauren Teerbestandteil gesättigte Lauge wird von dem Öl getrennt, letzteres gut ausgewaschen und in gleicher Weise mit konzentrierter Schwefelsäure behandelt, um Brandharze zu zerstören. Das abermals gewaschene Öl wird aus eisernen Blasen über freiem Feuer destilliert und dabei unter Beachtung der Siedetemperatur Leichtöl, Rohsolaröl und beim Erkalten erstarrende Paraffinmasse voneinander getrennt. Aus der ersten Paraffinmasse gewinnt man durch Pressen ein Öl, welches nach Art des Rohöls weiter verarbeitet wird. Das Leichtöl wird abermals mit Schwefelsäure behandelt, gut gewaschen und rektifiziert, wobei man Benzinöl und der Hauptmasse nach Photogen erhält. Aus dem Benzinöl wird nach abermaligem Säuern und Waschen durch Einleiten von Dampf das Benzin abgeblasen, der Rückstand wird mit dem Photogen gemeinschaftlich rektifiziert. Das Photogen (Mineralöl, Hydrokarbür, Schieferöl, Turfol) ist ein Gemenge von Kohlenwasserstoffen, bildet eine farblose oder hell weingelbe Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,800–0,810, riecht schwach, löst Fette, Harze, Kautschuk, siedet bei 145–150° und wird als Leuchtmaterial benutzt. Je niedriger das spezifische Gewicht bei hohen Siedepunkten, um so besser ist das Photogen. Das sogen. deutsche Petroleum wird durch Behandeln von kaltem Photogen mit Schwefelsäure, Waschen, Behandeln mit heißer Natronlauge, abermaliges Waschen und Filtrieren dargestellt, ist farblos, blau schillernd, von mildem ätherischen Geruch. Das Rohsolaröl wird mit Preßölen von der Paraffinfabrikation wie das Rohöl gereinigt und gibt dann bei der Rektifikation Solaröl, Paraffinöl und Paraffin. Das Solaröl besteht ebenfalls aus Kohlenwasserstoffen, ist klar, farblos oder gelblich, dickflüssiger als Photogen, fast geruchlos oder von mehr oder weniger intensivem Geruch, spez. Gew. 0,825–0,835, siedet bei 175–200°. Bisweilen scheidet es bei Winterkälte Paraffin aus. Man benutzt es als Leuchtmaterial. Das Paraffinöl (Schmieröl, Gasöl) besteht aus den schwersten flüssigen Kohlenwasserstoffen, soll aber möglichst wenig Paraffin enthalten, von welchem es durch starke Abkühlung getrennt wird. Es besitzt das spez. Gew. 0,850–0,860, ist gelb, braun oder schwarz, dickflüssig, mischt sich mit fetten Ölen und Harzöl, brennt nicht in Lampen, wird aber als Schmiermittel und zur Darstellung von Leuchtgas benutzt. Es liefert mit Hilfe sehr einfacher Vorrichtungen pro Zentner 30 cbm Gas, welches drei- bis viermal heller leuchtet als Steinkohlenleuchtgas. Vgl. Perutz, Industrie der M. (Wien 1880).