Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 11 (1888), Seite 521523
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Metalle. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 521–523. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Metalle (Version vom 24.08.2021)

[521] Metalle (griech.), diejenigen chemischen Elemente, welche gute Leiter der Wärme und Elektrizität sind, eigentümlichen starken Glanz besitzen, in einigermaßen starker Schicht undurchsichtig sind und mit wenigen Ausnahmen mit Sauerstoff und Wasserstoff basische Verbindungen bilden. Man teilte früher die Elemente in M. und Nichtmetalle, aber diese Einteilung stützt sich auf schwankende und ungewisse Unterschiede und läßt vor allem die chemischen Eigenschaften [522] der Elemente unberücksichtigt. Zu den Metallen, welche das gewöhnliche Leben als solche bezeichnet, rechnet man auch eine Anzahl ähnlicher, aber doch in vieler Hinsicht abweichender Körper, welche ihres geringen spezifischen Gewichts halber (unter 5,0) als Leichtmetalle zusammengefaßt werden, nämlich: a) Alkalimetalle: Kalium, Natrium, Lithium, Cäsium, Rubidium; b) Erdalkalimetalle: Baryum, Strontium, Calcium, Magnesium; c) Erdmetalle: Beryllium, Aluminium, Zirkonium, Thorium, Yttrium, Erbium, Cerium, Lanthan, Didym. Diesen Leichtmetallen stehen gegenüber die Schwer- oder Erzmetalle, welche man wieder in edle: Quecksilber, Silber, Gold, Platin, Palladium, Iridium, Ruthenium, Rhodium, Osmium, und unedle: Mangan, Eisen, Kobalt, Nickel, Uran, Chrom, Zink, Kadmium, Gallium, Germanium, Kupfer, Blei, Indium, Thallium, Zinn, Titan, Tantal, Niobium, Wolfram, Vanadin, Molybdän, Tellur, Wismut, Antimon teilt. Diese Einteilung ist wenig exakt, und man ordnet deshalb die M. besser nach ihren chemischen Eigenschaften in Gruppen wie die übrigen Elemente (s. Elemente).

Alle M. außer Quecksilber sind bei gewöhnlicher Temperatur starr und bilden auch fast nur starre Verbindungen. Sie besitzen bei ebener Oberfläche starken Glanz und reflektieren das Licht in hohem Grad (Metallspiegel); die Farbe ist meist ein ins Graue ziehendes Weiß (Gold ist im fein verteilten Zustand braungelb, Kupfer gelbrot). Alle M. sind kristallisierbar, einige kristallisieren sehr leicht (Wismut, Antimon, Zink), bei andern erscheint das kristallinische Gefüge erst durch Ätzen. Die Härte beträgt, wenn man die des Bleies = 1 setzt, bei Zinn 1,7, Wismut 3,3, Kadmium 6,9, Gold 10,7, Zink 11,7, Silber 13,3, Aluminium 17,3, Kupfer 19,3, Platin 24,0, Schmiedeeisen 60,7, grauem Gußeisen 64,0. Die M., welche stets vollkommen kristallinische Struktur zeigen, sind sehr spröde, oft pulverisierbar (Antimon, Wismut, Zink); andre sind äußerst geschmeidig, u. im allgemeinen wächst die Geschmeidigkeit mit der Temperatur; doch ist z. B. Zink bei gewöhnlicher Temperatur brüchig, bei 100° geschmeidig, bei 200° sehr spröde. Die geschmeidigen M. sind hämmerbar und dehnbar; sie werden beim Hämmern, Walzen und Ausziehen dichter, härter, elastischer, zuletzt sehr spröde; doch erhalten sie dann durch Ausglühen ihre frühere Beschaffenheit wieder. Ziehbarkeit ist nicht immer der Hämmerbarkeit proportional. In folgender Tabelle stehen die M. in der Reihenfolge, in welcher sie abnehmend walzbar und ziehbar sind:

Walzbar Ziehbar
Gold
Silber
Kupfer
Zinn
Platin
Blei
Zink
Eisen
Nickel.
Gold
Silber
Eisen
Nickel
Kupfer
Zink
Zinn
Blei.

Girardin gibt folgende Tabelle, in der von der Walzbarkeit noch die Hämmerbarkeit unterschieden wird:

Hämmerbar Walzbar Ziehbar
Blei
Zinn
Gold
Zink
Silber
Aluminium
Kupfer
Platin
Eisen.
Gold
Silber
Aluminium
Kupfer
Zinn
Blei
Zink
Platin
Eisen
Nickel
Palladium.
Platin
Silber
Eisen
Kupfer
Gold
Aluminium
Nickel
Palladium
Zink
Zinn
Blei.

Die Festigkeit (s. d.) ist ziemlich proportional der Härte. Die geschmeidigen M. lassen sich schweißen, Kaliumstücke vereinigen sich unter dem Druck des Fingers; fein verteiltes Platin, Kupfer, Blei werden durch starken Druck in eine dichte Masse verwandelt; kompaktes Eisen, Kupfer, Platin sind in der Hitze schweißbar. Das spezifische Gewicht der M. wird durch Walzen, Hämmern, Ausziehen meist erhöht; es beträgt bei

Lithium 0,59
Kalium 0,87
Natrium 0,97
Rubidium 1,52
Calcium 1,58
Magnesium 1,75
Beryllium 2,10
Strontium 2,50
Aluminium 2,67
Baryum 4,00
Zirkon 4,15
Cer 5,50
Arsen 5,73
Tellur 6,24
Niob 6,27
Antimon 6,71
Chrom 6,81
Zink 6,90
Zinn 7,29
Indium 7,42
Thorium 7,73
Eisen 7,84
Mangan 8,00
Molybdän 8,60
Kadmium 8,60
Kobalt 8,60
Nickel 8,90
Kupfer 8,94
Wismut 9,82
Silber 10,57
Tantal 10,78
Blei 11,35
Palladium 11,40
Thallium 11,80
Rhodium 12,10
Ruthenium 12,26
Quecksilber 13,59
Uran 18,40
Wolfram 19,13
Gold 19,26
Iridium 21,40
Platin 21,46
Osmium 22,48

Setzt man die Wärmeleitungsfähigkeit des Silbers = 100, so beträgt die der übrigen Metalle:

nach Calvert u. Johnson nach Wiedemann u. Franz
Gold 98,1
Kupfer 84,5
Quecksilber 67,7
Aluminium 66,5
Zink 64,1
Kadmium 57,7
Eisen 43,6
Zinn 42,2
Platin 37,9
Blei 28,7
Wismut 6,1
Kupfer 73,6
Gold 53,2
Zinn 14,5
Eisen 11,9
Blei 8,5
Platin 8,4
Wismut 1,8

Umstände, welche die Molekularstruktur ändern, modifizieren auch die Leitungsfähigkeit für Wärme, und der letztern ist wahrscheinlich auch die Leitungsfähigkeit für Elektrizität proportional. Die Schmelzpunkte schwanken zwischen −40° (Quecksilber) und einer mit unsern Hilfsmitteln nicht mehr meßbaren Temperatur. Am schwersten zu schmelzen sind Chrom, Platin, Iridium. Bei hinreichend hoher Temperatur sind wohl alle M. flüchtig; aber nur Quecksilber, Kalium, Natrium, Kadmium, Zink, Magnesium sind so flüchtig, daß sie destilliert werden können. Die M. verbinden sich unter sich zu Legierungen, welche den metallischen Habitus bewahren und mit überschüssigem Metall zusammenschmelzen. Alle M. verbinden sich mit Sauerstoff und die meisten in mehreren Verhältnissen. Bei gewöhnlicher Temperatur oxydiert sich kein Metall in ganz trockner Luft, alle aber beim Erhitzen, bis auf Gold, Platin, Iridium, Rhodium, Palladium, Silber, die sich auch dann nur unter besondern Verhältnissen mit Sauerstoff verbinden. Auf kompaktem Metall schützt oft die gebildete Oxydschicht, indem sie die Luft abschließt, das darunter befindliche Metall vor weiterer Oxydation. Viele M. zersetzen das Wasser, um sich mit dessen Sauerstoff zu verbinden; aber bei einigen geschieht dies schon bei gewöhnlicher Temperatur (Kalium, Natrium etc.), bei andern erst in hoher Temperatur (Eisen, Zink etc.). Diejenigen M., welche bei gewöhnlicher Temperatur Wasser nicht zersetzen, thun dies oft bei Gegenwart einer Säure, welche mit dem Metall ein Salz bildet (Eisen, Mangan, Zink etc.), andre bei Gegenwart einer alkalischen Base (Aluminium, Antimon etc.). In feuchter Luft bleiben Quecksilber, Gold, Silber und die Platinmetalle unverändert (daher edle M.); [523] Zink, Blei, Kupfer bedecken sich dabei mit einer fest haftenden und schützenden Oxydschicht, während Eisen allmählich ganz zerfressen wird. Kalium, Natrium und einige andre M. oxydieren sich so schnell an der Luft, daß sie in einer sauerstofffreien Flüssigkeit aufbewahrt werden müssen. Sehr fein verteilte M. oxydieren sich an der Luft bisweilen unter Feuererscheinung. Die Kohlensäure der feuchten Luft befördert die Oxydation ebenso wie die Dämpfe andrer Säuren und bei manchen Metallen das Ammoniak (Kupfer). Der Salpetersäure entziehen die meisten M. einen Teil ihres Sauerstoffs, um ein Oxyd zu bilden, welches sich dann in der Regel mit einem andern Teil der Salpetersäure zu einem Salz verbindet. Konzentrierte Schwefelsäure bildet mit einigen Metallen Schwefelsäuresalze, indem ein Teil der Säure zu schwefliger Säure reduziert wird. Fast alle M. bilden mit Sauerstoff und Wasserstoff basische Oxyde (Hydroxyde), welche durch Austritt von Wasser in Basenanhydride (Oxyde) verwandelt werden und mit Säuren meist kristallisierbare Salze bilden. Die Oxyde der Leichtmetalle sind farblos, die der Erzmetalle meist charakteristisch gefärbt. Manche Hydroxyde verhalten sich gegen starke Säuren wie Basen und gegen starke Basen wie Säuren (Aluminium, Zink). Einige Schwermetalle aber bilden mit Sauerstoff u. Wasserstoff nur oder hauptsächlich Säuren (Titan, Molybdän etc.), andre als niedere Oxydationsstufen auch Basen (Eisen, Chrom, Antimon, Zinn etc.). Die Oxyde der edlen M. werden schon durch Erhitzen, die übrigen durch Erhitzen mit Kohle, Kohlenoxyd, Wasserstoff, Kohlenwasserstoff zu Metall reduziert. Aus Metallsalzlösungen werden manche M. durch andre M. oder durch gewisse reduzierend wirkende Substanzen gefällt, auch werden Metallverbindungen durch den elektrischen Strom reduziert. Alle M. verbinden sich mit Schwefel (s. Schwefelmetalle) und mit den Haloiden (s. Chlor-, Brom-, Jodmetalle). Mehrere M. nehmen große Mengen Wasserstoff auf, ohne den metallischen Habitus zu verlieren, so daß die Verbindung wie eine Legierung mit metallischem Wasserstoff zu betrachten ist. Bei Rotglut sind Platin, Palladium, Eisen für Wasserstoff durchdringlich. Glühendes Eisen ist auch für Kohlenoxyd durchdringlich, und dies Gas sowie Kohlensäure und Sauerstoff werden auch von andern Metallen im geschmolzenen Zustand absorbiert.

Die M. finden sich in der Natur selten gediegen, nur diejenigen, welche geringe Verwandtschaft zum Sauerstoff haben, treten hauptsächlich oder nur gediegen auf (Gold, Platin, Palladium, Iridium, Rhodium). Sonst kommen die M. meist vererzt in der Natur vor, d. h. verbunden mit Sauerstoff, Schwefel, seltener mit Tellur, Arsen, Chlor und Jod. Aus den Erzen gewinnt man die M. auf sehr verschiedene Weise: a) durch mechanische Prozesse, Verwaschen von Goldsand oder goldhaltigem Schwefelkies; b) durch Ausschmelzen oder Ausseigern, z. B. Wismut aus begleitenden Nickel- und Kobalterzen, oder durch Destillation, wie beim Quecksilber; c) durch Reduktion von Metalloxyden bei erhöhter Temperatur, z. B. Blei aus Glätte oder Weißbleierz, Zinn aus Zinnstein, Kupfer aus Malachit und Lasur, Eisen aus Eisenstein, Nickel aus Nickeloxyd, Zink aus Galmei etc.; d) durch Zersetzung von Schwefelungen mittels des Sauerstoffs der Luft, z. B. Quecksilber und Gold aus deren Schwefelungen, oder durch andre M., z. B. Zersetzung von Schwefelsilber, Schwefelblei, Schwefelquecksilber, Schwefelantimon, Schwefelzink durch Eisen; e) durch Ausziehen mit Blei und Abtreiben des silberhaltigen Bleies, wie Gold und Silber; f) durch Ausziehen mit Quecksilber und Erhitzen des Amalgams zur Verflüchtigung des Quecksilbers, wie Gold und Silber; g) durch Auflösen und Fällen mit andern Metallen, wie Silber aus Silbervitriollösung oder aus silberhaltiger Kochsalzlösung durch Kupfer, Kupferlösung durch Eisen, oder mit reduzierenden Körpern, wie Gold aus Chlorgold durch Eisenvitriol; h) durch Zersetzung fester Chlormetalle durch andre M., wie Chlorsilber[WS 1] durch Eisen oder Zink.

Gold, Silber, Kupfer, Zinn, Blei, Eisen waren sehr früh bekannt geworden, und auf ihrer Verarbeitung beruhte die Kultur der frühsten Perioden. Theophrast kannte auch das Quecksilber, und Basilius Valentinus im 15. Jahrh. kannte auch Zink, Wismut, Antimon. Die übrigen M. wurden später entdeckt, viele erst gegen das Ende des 18. und 19. Jahrh. Die bekannten M. aber erregten die Aufmerksamkeit der ältesten Chemiker in besonders hohem Grad, man glaubte an die Möglichkeit, sie ineinander zu verwandeln, und die Metallveredelung war die Hauptaufgabe der Chemie viele Jahrhunderte hindurch und gipfelte in der Alchimie (s. d.). Auch gegenwärtig spielen M. und Metallverbindungen in der Technik die größte Rolle, und ohne dieselben wäre unsre Kultur gar nicht denkbar. Vgl. Ledebur, Die M., ihre Gewinnung und Verarbeitung (Stuttg. 1887); Derselbe, Die Metallverarbeitung (Braunschw. 1882); Esner, Die M., deren Bearbeitung etc. (Halle 1882); Andree, Die M. bei den Naturvölkern (Leipz. 1884).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Chorsilber