Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Messenĭen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 511512
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Messenĭen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 511–512. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Messen%C4%ADen (Version vom 24.06.2023)

[511] Messenĭen (griech. Messēne, dorisch Messāna, später Messenia), die südwestlichste Landschaft des Peloponnes, umfaßt die westlichste der drei großen südlichen Landzungen der Halbinsel und reichte im Altertum im N. bis an den Nedafluß (jetzt Buzi), der sie von Elis schied, im O. bis an das Taygetongebirge, welches die Grenze gegen Lakonien bildete. Gegen Arkadien lief die Grenze auf der Wasserscheide zwischen den Gebieten des Pamisos und Alpheios hin. Im heutigen Königreich Griechenland bildet diese Landschaft den Nomos M.; doch gehört zu diesem nördlich noch das Land bis zum Ruphiafluß (Alpheios), während der südöstlichste Streifen des alten M., an der Ostseite des Messenischen Meerbusens (Golf von Koron), zum Nomos Lakonien geschlagen wurde. Der Nomos M. hat 3443 qkm (62,52 QM.) Flächeninhalt mit (1879) 155,760 Einw. und zerfällt in fünf Eparchien. M. ist seinem Kerne nach das Thal des wasserreichen Pamisos (jetzt Pirnatza), eine schöne weite Kulturebene, welche in eine nördliche und eine südliche Hälfte zerfällt. Erstere ist die von Stenyklaros, wie das Heerlager der eindringenden Dorier hieß; die zweite ist die fruchtbare Küstenebene Makaria. M. ist durch vereinzelt auftretende Gebirge reich gegliedert: im äußersten Süden der Akritas (Hagios Dimitri, 516 m), nördlich davon der Mathia (Lykodimo, 957 m), im W. des Landes das Ägaleongebirge (bis 1220 m) und im Zentrum von M. die Gipfel Ithome (802 m) und Eua. Milde des Klimas, Regen, Wasserfülle und dankbarer Boden machen M. zu der bevorzugtesten Landschaft Griechenlands, in der wie im Altertum, so noch jetzt Wein- und Getreidebau fast überall stattfindet. Das nördliche Gebirgsland enthält die schönsten Weiden, und die südliche, überaus heiße Ebene hat das ergiebigste Land und die üppigste Vegetation. Zu M. gehören auch mehrere Inseln an der Süd- und Westküste des Landes, darunter Sphakteria (jetzt Sphagia), das im Peloponnesischen Krieg eine Rolle spielte. Die historisch merkwürdigsten Orte waren: die Bergfeste Ithome, an deren Belagerung sich das Hauptinteresse des ersten Messenischen Kriegs knüpft; Pylos, die Residenz Nestors; Pharä (das heutige Kalamata), Methone und die 369 von Epameinondas am Fuß des Ithome gegründete Hauptstadt Messene, deren beim [512] Dorf Mavromati noch vorhandene Ruinen überaus großartig sind. Heute liegen die bedeutendsten Städte an der See, auf den Trümmern alter Plätze oder in der Nähe von Trümmerstätten; Hauptstadt ist Kalamata. – Die ältesten Einwohner Messeniens waren Leleger, zu denen jedoch schon frühzeitig Achäer kamen. Später gehörte der westliche Teil des Landes zu der Herrschaft der äolischen Neleiden und der östliche zu Lakonien. Mit der Wanderung der Dorier, welche von Stenyklaros aus das Land eroberten und es Messene, d. h. Mittel- oder Binnenland, nannten, wurde M. eigner Staat und fiel dem Herakliden Kresphontes zu. Die Einwanderer verschmolzen jedoch rasch mit den alten Einwohnern, welche sie nicht völlig hatten unterjochen können; ja, selbst das Königtum war nicht den Doriern geblieben, nach Kresphontes’ Sturz war das arkadische Geschlecht der Aipytiden auf den Thron gekommen. M. verlor ganz den dorischen Charakter, und in Ithome wurde wieder der pelasgische Zeus verehrt. Dagegen war das Land zu großem Wohlstand gediehen, da die Ebenen außerordentlich fruchtbar, die Küsten hafenreich und für den Handel günstig waren. Dies erregte den Neid und die Eroberungsgier der Spartaner, welche in zwei Kriegen, den Messenischen, 743–724 und 685–668 das Land nach tapferm Widerstand unterwarfen. Die messenischen Geschlechter, welche übriggeblieben waren, wanderten meist aus, nach Arkadien und übers Meer nach Italien. Die Zurückbleibenden wurden Heloten der Spartaner und mußten die Ackerlose der Sieger bebauen. Was nicht als Landgut verteilt war, blieb als Weide liegen; die Küsten verödeten, und das herrliche Land verfiel in einen traurigen Zustand. Eine Verwüstung Spartas durch ein Erdbeben 464 benutzend, erhoben sich die Messenier zugleich mit den Heloten von neuem (dritter Messenischer Krieg), unterlagen jedoch nach zehnjähriger tapferer Gegenwehr (464–455) und wurden von den Athenern in Naupaktos angesiedelt, von wo sie 425 das Unternehmen des Demosthenes gegen Pylos unterstützten und nach dem Fall Athens nach Hesperides in Kyrenaika auswanderten. M. lag nun ganz verödet und blieb spartanische Provinz bis nach dem Fall Spartas. Epameinondas rief 370 nach der Schlacht bei Leuktra die Messenier zurück, gründete 369 die neue, befestigte Hauptstadt Messene am Berg Ithome und führte eine demokratische Verfassung ein. Die Bevölkerung des Landes aber blieb im ganzen gering. Später schlossen sich die Messenier an Philipp von Makedonien an, und 146 kam das Land unter römische Herrschaft. Vgl. Hertzberg, Die Geschichte der Messenischen Kriege (3. Aufl., Halle 1875).